[0001] Die Erfindung betrifft einen mehrphasigen hochwarmfesten Werkstoff aus einer Legierung
auf der Basis einer intermetallischen Verbindung vom Typ Ti₃Al, insbesondere für den
Einsatz in Wärmekraftmaschinen, wie Verbrennungsmotoren, Gasturbinen, Flugtriebwerken.
[0002] Die Entwicklung der Wärmekraftmaschinen zielt in verstärktem Maße auf höhere Leistungen
bei möglichst gleichbleibender Baugröße ab, wodurch sich die Wärmebelastung der einzelnen
Komponenten stetig erhöht, so daß von den eingesetzten Werkstoffen in zunehmenden
Maße bessere Wärmebeständigkeit als auch Festigkeit gefordert werden.
[0003] Neben zahlreichen Entwicklungen auf dem Werkstoffgebiet, z. B. Nickelbasislegierungen,
haben insbesondere Legierungen auf der Basis einer intermetallischen Verbindung vom
Typ Ti₃Al wegen des hohen Schmelzpunktes bei gleichzeitig geringer Dichte zunehmend
Interesse gefunden für einen derartigen Einsatz in Wärmekraftmaschinen. Zahlreiche
Entwicklungen befassen sich mit dem Versuch, die mechanischen Eigenschaften dieser
Hochtemperaturwerkstoffe zu verbessern. Dabei spielt neben der Verbesserung der mechanischen
Eigenschaften insbesondere die Beständigkeit gegen den Korrosionsangriff bei denen
hohen Einsatztemperaturen eine besondere Rolle, z. B. die Beständigkeit gegenüber
dem Angriff heißer Verbrennungsgase, gasförmiger Chloride sowie von Schwefeldioxid.
[0004] Darüberhinaus wird bei tieferen Temperaturen die Lebensdauer durch kondensierte Alkali-
und Erdalkalisulfate begrenzt, wodurch eine Ausnutzung des an sich vorhandenen Festigkeitspotentials
dieser Werkstoffe verhindert ist, das heißt die an sich von der Hochwarmfestigkeit
her gesehen erreichbare Einsatztemperatur wird aufgrund der beschränkten Oxidationsbeständigkeit
reduziert.
[0005] Es ist hinlänglich bekannt, daß die Oxidationsbeständigkeit der binären Titan-Aluminiumverbindungen
völlig unzureichend ist für die zuvor erwähnten Anwendungsfälle, da die Oxidationsgeschwindigkeit
um mehrere Zehnerpotenzen über der von heute verwendeten Superlegierungen liegt und
ihre Oxidschichten eine geringe Haftfestigkeit besitzen, was zu einem stetigen Korrosionsabtrag
führt. Es ist bekannt, daß Verbindungen auf Titan-Aluminidbasis mit nennenswerten
Gehalten an Chrom und Vanadin zwar bei Temperaturen oberhalb von 900°C gute Oxidationsbeständigkeit
aufweisen, die vergleichbar ist mit der von heute verwendeten Superlegierungen, aber
bei tieferen Temperaturen ein völlig unzureichendes Oxidationsverhalten zeigen, vergleichbar
mit dem von binären Titan-Aluminiden, z. B. Ti₃Al.
[0006] In gleicher Weise sind die mechanischen Eigenschaften dieser Verbindungen für technische
Anwendungen völlig unzureichend. Bei niedrigen Temperaturen haben sie praktisch keine
Duktilität, bei höheren Temperaturen weisen sie eine unzureichende Kriechbeständigkeit
bzw. Zeitstandfestigkeit auf.
[0007] Ausgehend von diesem Stand der Technik ist es daher Aufgabe der Erfindung einen Hochtemperaturwerkstoff
der eingangs genannten Art zu schaffen, der sowohl über die gewünschten mechanischen
Eigenschaften verfügt als auch die erforderliche Korrosionsbeständigkeit aufweist.
[0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst
(Angaben jeweils in Atom-%). Demgemäß wird eine Ti₃Al-Basislegierung mit einem Titangehalt
von 20 - 40 At-% und einem Aluminiumgehalt von 30 - 40 At-% durch Zulegieren von Silicium
(0,1 bis 20 At-%) und Niob (0,1 bis 15 At-%) in ihrer Oxidationsbeständigkeit erheblich
verbessert. Die angegebenen Zusätze an Silicium führen zur Bildung von Ti₅Si₃-Ausscheidungen
und dabei zu einer erheblichen Verringerung der Oxidationsgeschwindigkeit bei gleichzeitig
erhöhter Haftung der Oxidschicht. Die angegebenen Zusätze an Niob bewirken insbesondere
in Kombination mit Silicium eine weitere Erniedrigung der Oxidationsgeschwindigkeit
verbunden mit einer erhöhten Oxidhaftung. Die Zusätze von Silicium und Niob führen
zu einem verringerten Anteil an Titandioxid (TiO₂) in der Oxidschicht, welches aufgrund
seiner hohen Eigenfehlordnung eine hohe Wachstumsgeschwindigkeit aufweist.
[0009] Gleichzeitig führt das Zulegieren von Silicium und Niob zur Bildung eines zweiphasigen
Gefüges, das gegenüber der Ti₃Al-Basislegierung eine deutliche Verbesserung der mechanischen
Warmfestigkeit sowie der Zeitstandfestigkeit aufweist.
[0010] In weiterer Verbesserung der Erfindung kann vorgesehen sein, die genannten Zusätze,
Silicium und Niob, durch Zulegieren von Chrom, Tantal, Wolfram, Molybdän oder Vanadin
bzw. von Kombinationen dieser Elemente zu ergänzen bzw. zu ersetzen. Als Legierungsgehalte
kommen dabei in Betracht, für Chrom 1 bis 20 At-%, für Tantal 1 bis 10 At-%, für Wolfram,
Molybdän und Vanadin 0,1 bis 5 At-%.
[0011] Die Ausbildung dichter schützender Oxidschichten ist für die Titanaluminide von besonderer
Bedeutung, da sie das Eindringen von Sauerstoff und Stickstoff in die Kernmatrix und
damit deren Versprödung verhindern. Um die Diffusion von gelöstem Sauerstoff und Stickstoff
einzudämmen oder doch zumindest erheblich zu reduzieren, kann die Zugabe sogenannter
reaktiver Elemente, wie z. B. Yttrium, Hafnium, Erbium und Lanthan sowie andere seltene
Erden oder Kombinationen dieser Elemente vorgesehen sein. Einerseits sind diese Oxide
und Nitride thermodynamisch erheblich stabiler als die des Titans; andererseits bewirken
diese Elemente gleichzeitig eine Erhöhung der Oxidationsbeständigkeit der angegebenen
intermetallischen Verbindungen.
[0012] Die Herstellung und Verarbeitung des erfindungsgemäßen Hochtemperaturwerkstoffs bereitet
keine besonderen Schwierigkeiten, sondern kann nach den üblichen Verfahren, wie sie
bei derartigen Werkstoffen zum Einsatz kommen, erfolgen, so z. B. durch Feinguß, gerichtete
Erstarrung oder auf pulvermetallurgischem Wege.
[0013] In weiterer Verbesserung der Erfindung ist vorgesehen, den erfindungsgemäßen Hochtemperaturwerkstoff
unter Zusatz von Oxiden der zuvor genannten reaktiven Elemente durch mechanischen
Legieren herzustellen, um auf diese Weise besonders warmfeste intermetallische Verbindungen
zu erhalten.
[0014] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist der Zusatz von Bor (0,05
bis 5 At-%) oder Kohlenstoff oder Stickstoff (0,05 bis 1 At-%) oder Kombinationen
dieser Elemente vorgesehen, um eine weitere Verbesserung der mechanischen Eigenschaften
sowie ein feinkörniges Gefüge zu erzielen. Dies wird dadurch erreicht, daß durch die
genannten Zusätze an Bor, Kohlenstoff und Stickstoff stabile Boride, Carbide und Nitride
oder Carbonitride gebildet werden.
[0015] Die letztgenannten Zusätze an Bor, Kohlenstoff und Stickstoff sind insbesondere von
Bedeutung im Zusammenhang mit der gerichteten Erstarrung dieser intermetallischen
Verbindungen, wodurch die Ausscheidung langgestreckter Verbindungen bewirkt wird,
wie z. B. von Boriden, Siliciden und ähnlichen Verbindungen, die festigkeitssteigernd
wirken.
[0016] Als Anwendungsbeispiele seien genannt:
1. Hochfeste Turbinenschaufel für Industriegasturbinen und Flugtriebwerke
2. Verdichterrad für Turbolader
Die genannten Legierungen können für hochbeanspruchte Komponenten wie beispielsweise
Gasturbinenschaufeln in stationären Gasturbinen oder Flugtriebwerken verwendet werden
sowie für Verdichterlaufräder für Turbolader in Dieselmotoren.
[0017] Die Herstellung der Komponenten kann prinzipiell nach folgenden Verfahren hergestellt
werden:
Investment casting in Analogie zu Titanlegierungen
[0018] Als Vormaterial für den Abguß wird eine stabförmige Elektrode mit einer Zusammensetzung
gemäß Patentanspruch unter Vakuum in Formschalen durch Lichtbogenschmelzen abgeschmolzen.
Die Schmelze fließt in die Formschale, deren Temperatur zwischen Raumtemperatur und
1200°C betragen kann. Die Formschalen können wahrend des Abgusses ruhend fixiert sein
oder um eine Rotationsachse drehen. Nach dem Abguß und Erkalten des Werkstücks wird
die Formschale entfernt, das Bauteil wärmebehandelt, mechanisch oder chemisch bearbeitet
und als Turbinenschaufel für Leit- und Laufschaufeln verwendet.
[0019] Diese Herstellung erfolgt in Analogie zu Turbinenschaufeln, die aus den heute verwendeten
Nickelbasislegierungen bestehen.
PM-Herstellung
[0020] Pulvermetallurgische Verfahren sind alternative Herstellungsverfahren zum Gießen,
die dann bevorzugt eingesetzt werden, wenn besonders hohe Anforderungen an homogene
Zusammensetzung sowie enge Toleranzen hinsichtlich der Korngrößen des Gefüges bestehen.
Nach diesem Verfahren lassen sich ebenfalls komplex geformte Komponenten wie beispielsweise
Tubinenschaufeln oder Turboladerräder herstellen nach den für andere Werkstoffe bekannten
Herstelltechnologien. Im Falle der Titanaluminide ist lediglich bei der Herstellung
der Pulver auf geringe Sauerstoff- und Stickstoffgehalte zu achten, was durch Vakuum-
oder Schutzgasverdüsung bei der Pulverherstellung erzielt werden kann.
[0021] Die nach diesen Verfahren hergestellten Komponenten aus Titanaluminiden werden vorzugsweise
für rotierende Komponenten eingesetzt wie beispielsweise Laufschaufeln in stationären
Gasturbinen und Flugtriebwerken, da sie wegen ihrer niedrigen Dichte (nur ca. 50 %
der Dichte von Nickelbasislegierungen) Fliehkräfte nahezu halbieren und die Lebensdauer
von Rotoren erhöhen. In Flugtriebwerken spielt die mit dem Einsatz verbundene Gewichtseinsparung
zusätzlich eine erhebliche Rolle, da der Treibstoffverbrauch des Triebwerks gesenkt
werden kann. Bei Turboladerrädern sorgt die geringe Dichte des Werkstoffs für kurze
Ansprechzeiten des Verdichterlaufrades auf schnelle Laständerungen.
[0022] Diese und weitere vorteilhafte Zusammensetzungen sowie Verarbeitungsvorschriften
sind Gegenstand der Unteranprüche.
1. Hochwarmfester Werkstoff mit intermetallischen Verbindungen im System Titan-Aluminium,
insbesondere für den Einsatz in Wärmekraftmaschinen, wie Verbrennungsmotoren, Gasturbinen,
Flugtriebwerken, mit einem Gehalt an Titan von 35 bis 45 At-%, an Aluminium von 30
bis 40 At-%, an Silicium von 0,1 bis 20 At-% und an Niob von 0,1 bis 15 At-%.
2. Hochtemperaturwerkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Chrom mit einem
Gehalt von 1 bis 20 At-% anstelle von Silicium vorgesehen ist.
3. Hochwarmfester Werkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Tantal mit einem
Gehalt von 1 bis 10 At-% anstelle von Niob vorgesehen ist.
4. Hochwarmfester Werkstoff nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß Zusätze von Wolfram, Molybdän und/oder Vanadin in Gehalten von 1 bis 5 At-% zuzüglich
zu Silicium und/oder Niob und/oder Chrom und/oder Tantal vorgesehen sind, wobei sich
die Anteile aller Legierungsbestandteile zu 100 At-% ergänzen.
5. Hochwarmfester Werkstoff nach einem der vorherigen Ansprüche, dem Yttrium, und/oder
Hafnium, und/oder Erbium und/oder Lanthan mit Gehalten von jeweils 0,05 bis 2 At-%
jedoch insgesamt maximal 3 At-% zugegeben sind.
6. Hochwarmfester Werkstoff nach Anspruch 5, der durch mechanisches Legieren hergestellt
ist.
7. Hochwarmfester Werkstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 5, der einen Gehalt an Bor
von 0,05 bis 5 At-% aufweist.
8. Hochwarmfester Werkstoff nach Anspruch 7, dem ergänzend oder als Ersatz für Bor Kohlenstoff
und/oder Stickstoff mit einem Gehalt von 0,05 bis 1 At-% zugesetzt sind.