[0001] Die Erfindung betriffl eine Messinglegierung, also eine geknetete oder gegossene
Kupfer-Zinklegierung. Derartige Legierungen finden beispielsweise Anwendung in der
optischen Industrie, der Schmuckindustrie, bei der Pumpenherstellung und bei der Herstellung
von Bauteilen für Trinkwasser- oder Sanitärinstallationen. Durch Zusatz bestimmter
Legierungsbestandteile können Messingsorten mit bestimmten Eigenschaften erhalten
werden. Beispielsweise ist es gebräuchlich, dem Messing Blei beizumengen, um die spangebende
Bearbeitbarkeit zu verbessern. Derartige Messingsorten werden auch als "Automatenmessing"
bezeichnet.
[0002] Zur Herstellung von Bauteilen für die Sanitärinstallation, insbesondere von Wasserarmaturen,
werden bleihaltige Messingsorten, beispielsweise Gk Ms 60 Fk, verwendet.
[0003] Derartige Messinglegierungen haben den Nachteil, daß sie nicht entzinkungsbeständig
sind. Unter korrodierenden Einflüssen löst sich das Zink insbesondere aus den Korngrenzbereichen
zunächst der oberflächennahen Schichten heraus. Mit in die Tiefe des Werkstoffes fortschreitender
Entzinkung wird die Gefügestruktur des Werkstücks zusehends verändert, was die allgemein
bekannten Folgen nach sich zieht. Bei Wasserarmaturen, die mit relativ aggressivem
Wasser in Berührung kommen, kann dies zu Undichtigkeiten in der Armatur führen und
letztlich deren Austausch erforderlich machen.
[0004] Davon ausgehend ist die Aufgabe der Erfindung, eine Messinglegierung bereitzustellen,
bei der dieser Nachteil nicht auftritt. Diese Aufgabe wird durch eine Messinglegierung
mit der in Anspruch 1 genannten Zusammensetzung gelöst.
[0005] Die erfindungsgemäße Legierung ist entzinkungsbeständig und weist darüber hinaus
mechanische Eigenschaften auf, die sie für die Herstellung insbesondere von Bauteilen
für die Wasserinstallation, also etwa Ventile und Armaturen, geeignet machen.
[0006] Um ausgehend von herkömmlichen Messinglegierungen wie Ms 60 Fk zu entzinkungsbeständigen
Messinglegierungen zu gelangen, ist es notwendig den Cu-Gehalt zu erhöhen, beispielsweise
auf 64 %. Derartige Legierungen sind jedoch für viele Anwendungen, insbesondere für
die Herstellung von Armaturen für den Sanitärbereich nicht geeignet, da sie ein zu
grobes Gefüge aufweisen, was die bekannten negativen Begleiterscheinungen wie verstärkte
Lunkerbildung nach sich zieht. Versuche, bei Messinglegierungen mit einem erhöhten
Cu-Gehalt eine Kornfeinung mit dem üblicherweise dafür verwendeten Bor durchzuführen
mißlangen bisher. Deshalb wurden für den angesprochenen Verwendungszweck praktisch
nur die bekannten, nicht entzinkungsbeständigen Legierungen verwendet.
[0007] Es hat sich nun überraschenderweise gezeigt, daß trotz eines gegenüber den bekannten
Legierungen erhöhten Cu-Gehaltes eine Kornfeinung mit Bor möglich ist, wenn die Elemente
Mn, Si und Sb in erfindungsgemäßen Mengen zulegiert werden und gleichzeitig der Fe-Gehalt
auf maximal 0,25 Gew.% begrenzt wird. Es stellte sich weiterhin überraschenderweise
heraus, daß die Legierung eine verbesserte Warmbrüchigkeit aufweist, wenn der Gehalt
an Sn möglichst gering ist, zumindest aber 0,25 Gew. % nicht überschreitet. Ein weiterer
Vorteil der Erfindung besteht darin, daß Auftreten von Harteinschlüssen stark zurückgedrängt
ist. Harteinschlüsse, die vor allem bei der Oberfächenbearbeitung störend sind, treten
bei herkömmlichen Messinglegierungen vor allem dann verstärkt auf, wenn sie mit Bor
gefeint sind.
[0008] Die mechanischen Kenndaten der erfindungsgemäßen Legierung sind durchwegs mit den
bisher für den genannten Zweck verwendeten Messinglegierungen vergleichbar. Das Gefüge
der erfindungsgemäßen Legierung weist im wesentlichen globulitische Körner mit einer
maximalen Größe von etwa 100 µm auf. Ein feinkörniges Gefüge ist die Voraussetzung
dafür, daß eine Schmelze lunkerfrei, d.h. also ohne Ausbildung von Hohlräumen oder
porösen, schwammartigen Bereichen erstarrt. Die genannten Gefügefehler sind beispielsweise
verantwortlich für Oberfächenfehler und Undichtigkeiten bei Armaturen.
[0009] In den Unteransprüchen 2 bis 4 sind vorteilhafte Ausführungsbeispiele der erfindungsgemäßen
Legierung angegeben.
[0010] Die Erfindung wird im folgenden näher erläutert:
[0011] Es wurden Versuche mit einer Messinglegierung durchgeführt, die (in Gew.%) 63,20
% Cu, 1,38 % Pb, 0,39 % Mn, 0,55 Si, 0,55 Al, 0,09 % Sb, 9 ppm B, 0,23 % Fe, 0,19
% Ni, 0,21 % Sn und als Rest Zn enthält. Die weiter unten erwähnten Proben P5 - P10
wurden aus dieser Legierung gegossen.
[0012] Die erfindungsgemäße Legierung wurde einer Entzinkungsbeständigkeitsprüfung nach
ISO 6509 (Corrosion of metals and alloys/Determination of dezincification resistance
of brass, Ausgabe 1981) unterzogen. Die Entzinkungstiefen wurden im polierten Schliff
gemessen. Das Ergebnis der Entzinkungsbeständigkeitsprüfung geht aus der folgenden
Tabelle hervor:
Tabelle 1:
|
Entzinkungstiefe (µm) |
P1-4 |
⌀393 |
P5 |
70 |
P6 |
100 |
[0013] Die Proben P1 - P4 betreffen ein herkömmliches Messing mit der folgenden Zusammensetzung
(in Gew.%): 60,06 % Cu, 1,65 % Pb, < 0,010 % Mn, < 0,010 % Si, 0,65 % Al, 0,020 %
Sb, 0,0008 % B, 0,080 % Fe, 0,030 % Ni, 0,10 % Sn und als Rest Zn. Die Werte für die
Proben P 1 - P 4 wurden in einer Zeile zusammengefaßt und der Durchschnittswert der
Entzinkungstiefe angegeben; der maximale Wert lag bei 600 µm, der minimale bei 200
µm.
[0014] Aus der Tabelle 1 geht deutlich hervor, daß die aus der erfindungsgemäßen Legierung
bestehenden Proben P 5 und P 6 wesentlich geringere Entzinkungstiefen aufweisen als
die Vergleichsproben P1 - P4. Entsprechend der Normen BS 2872, BS 2874 (BS= Britischer
Standard) und SS 11710 (SS= schwedischer Standard (bzw. der schwedischen Baunorm R
8 ist die erfindungsgemäße Legierung daher als entzinkungsbeständig einzustufen. Die
zulässige Entzinkungstiefe gemäß der BS-Norm für Gußstücke beträgt 100 µm.
[0015] In weiteren Versuchen wurden übliche mechanische Kennwerte ermittelt. Das Ergebnis
dieser Versuche ist in der Tabelle 2 dargestellt. Die Zusammensetzung der Proben P
7 bis P 10 entspricht jener der Proben P 5 und P 6. Die Proben P 11 bis P14 sind Vergleichsproben,
die aus einer herkömmlichen Messinglegierung mit einer den Proben P1 bis P4 entsprechenden
Zusammensetzung gegossen wurden.

[0016] Wie die Tabelle 2 zeigt, sind die mechanischen Kenndaten der erfindungsgemäßen Legierung
mit jenen der herkömmlichen Legierungen vergleichbar. Die Zugfestigkeit ist im Durchschnitt
sogar etwas höher als bei den Vergleichsproben aus der bekannten Legierung.
[0017] Mit der erfindungsgemäßen Legierung wurden Wasserarmaturen gegossen und mit üblichen
Fertigungsmethoden bearbeitet. Dabei zeigte sich, daß die Oberfläche der Gußteile
eine mindestens ebenso gute Polierfähigkeit aufweist, als jene von aus herkömmlichen
Messinglegierungen gegossenen Armaturen. Es wurden auch keine signifikanten Unterschiede
bei der Bearbeitung der Gußteile an automatischen Fertigungsmaschinen beobachtet.
Es konnten im wesentlichen bisher übliche Bearbeitungs- und Einstell-Parameter beibehalten
werden.
[0018] Mit Hilfe von zahlreichen, aus einer Legierung gemäß Anspruch 3 gegossenen Bruchproben
wurde festgestellt, daß das Gefüge der erfindungsgemäßen Legierung praktisch keine
Lunker- oder schwammartigen Bereiche aufweist. Bei letzteren handelt es sich um eine
aufgelockerte, nach Art eines Schwammes Hohlräume enthaltende Gefügestruktur. Sowohl
Lunker als auch "Schwammbereiche" können, wenn sie in Trennwänden zwischen unterschiedlichen
Druckbereichen oder in Dichtungsflächen auftreten, zu Undichtigkeiten führen. Bei
einer Versuchsreihe wurde der in Fig. 1 dargestellte Gußkörper verwendet. Der Bruch
wurde entlang der Linie II-II ausgeführt. Die Bruchlinie wurde so gewählt, daß sie
durch einen gießtechnisch kritischen Bereich verläuft, in dem erfahrungsgemäß sehr
häufig Gefügefehler auftreten. Fig. 2 zeigt in 1O-facher Vergrößerung die Aufnahme
der Bruchstelle eines Probenkörpers aus herkömmlicher Messinglegierung. Es ist deutlich
ein mit L gekennzeichneter schwammig aufgelockerter Bereich zu erkennen, der sich
nahezu über die gesamte Dicke D der Gußteilwand erstreckt. Derartige Bereiche können
später zu Undichtigkeiten führen. Sofern sich die Bereiche über die gesamte Dicke
einer Trennwand erstrecken ist im Falle einer Wasserarmatur von anfang an eine Undichtigkeit
vorhanden. Fig. 3 zeigt die Bruchstelle eines mit der erfindungsgemäßen Legierung
gegossenen Probekörpers. Es ist deutlich zu sehen, daß hier ein durchgehend feinkörniges
und dichtes Gefüge vorhanden ist. Es wurden insgesamt jeweils zehn Proben untersucht.
Schwammartige Bereiche wie in Fig. 2 dargestellt traten bei 5 der Vergleichsproben
auf. Die Proben aus der erfindungsgemäßen Legierung waren stets frei von den genannten
Gefügefehlern.
[0019] Es wurden auch Schliffe angefertigt und mit üblichen metallographischen Methoden
die Gefügestruktur sichtbar gemacht. Es zeigte sich, daß das Gefüge der erfindungsgemäßen
Legierung etwa globulitische Körner mit einer maximalen Größe von 100 µm aufweist.
[0020] Ein indirekter Rückschluß auf das Fehlen von Schwammbereichen konnte durch eine Druckdichtigkeitsuntersuchung
von Wasserarmaturen erhalten werden. Es wurden 110 Armaturen mit 6 Bar Luft unter
Wasser beaufschlagt. Bei keiner der Armaturen konnte eine Undichtigkeit beobachtet
werden.