(19)
(11) EP 0 572 959 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
08.12.1993  Patentblatt  1993/49

(21) Anmeldenummer: 93108730.8

(22) Anmeldetag:  29.05.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C22C 9/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE

(30) Priorität: 02.06.1992 DE 4218514
28.05.1993 DE 4318377

(71) Anmelder:
  • HETZEL METALLE GmbH
    D-90451 Nürnberg (DE)
  • HANSA METALLWERKE AG
    D-70567 Stuttgart (DE)

(72) Erfinder:
  • Waschke, Helmut
    D-90547 Stein (DE)
  • Stoss, Jürgen
    D-72649 Wolfschlugen (DE)
  • Möhner, Bernd
    D-58640 Iserlohn (DE)

(74) Vertreter: Tergau, Enno, Dipl.-Ing. 
Mögeldorfer Hauptstrasse 51
90482 Nürnberg
90482 Nürnberg (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Messinglegierung


    (57) Es wird eine entzinkungsbeständige Messinglegierung vorgeschlagen, die (in Gew.%) folgende Zusammensetzung aufweist:
    62,5 - 64 % Cu, 0,5 - 1,5 % Pb, 0,3 - 0,4 Mn, 0,5 - 0,7 Si, 0,3 - 0,7 Al, 0,05 - 0,15 % Sb,5 - 20 ppm B, 0 - 0,25 % Fe, 0 - 0,5 % Ni, 0 - 0,25 % Sn als Rest Zn.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betriffl eine Messinglegierung, also eine geknetete oder gegossene Kupfer-Zinklegierung. Derartige Legierungen finden beispielsweise Anwendung in der optischen Industrie, der Schmuckindustrie, bei der Pumpenherstellung und bei der Herstellung von Bauteilen für Trinkwasser- oder Sanitärinstallationen. Durch Zusatz bestimmter Legierungsbestandteile können Messingsorten mit bestimmten Eigenschaften erhalten werden. Beispielsweise ist es gebräuchlich, dem Messing Blei beizumengen, um die spangebende Bearbeitbarkeit zu verbessern. Derartige Messingsorten werden auch als "Automatenmessing" bezeichnet.

    [0002] Zur Herstellung von Bauteilen für die Sanitärinstallation, insbesondere von Wasserarmaturen, werden bleihaltige Messingsorten, beispielsweise Gk Ms 60 Fk, verwendet.

    [0003] Derartige Messinglegierungen haben den Nachteil, daß sie nicht entzinkungsbeständig sind. Unter korrodierenden Einflüssen löst sich das Zink insbesondere aus den Korngrenzbereichen zunächst der oberflächennahen Schichten heraus. Mit in die Tiefe des Werkstoffes fortschreitender Entzinkung wird die Gefügestruktur des Werkstücks zusehends verändert, was die allgemein bekannten Folgen nach sich zieht. Bei Wasserarmaturen, die mit relativ aggressivem Wasser in Berührung kommen, kann dies zu Undichtigkeiten in der Armatur führen und letztlich deren Austausch erforderlich machen.

    [0004] Davon ausgehend ist die Aufgabe der Erfindung, eine Messinglegierung bereitzustellen, bei der dieser Nachteil nicht auftritt. Diese Aufgabe wird durch eine Messinglegierung mit der in Anspruch 1 genannten Zusammensetzung gelöst.

    [0005] Die erfindungsgemäße Legierung ist entzinkungsbeständig und weist darüber hinaus mechanische Eigenschaften auf, die sie für die Herstellung insbesondere von Bauteilen für die Wasserinstallation, also etwa Ventile und Armaturen, geeignet machen.

    [0006] Um ausgehend von herkömmlichen Messinglegierungen wie Ms 60 Fk zu entzinkungsbeständigen Messinglegierungen zu gelangen, ist es notwendig den Cu-Gehalt zu erhöhen, beispielsweise auf 64 %. Derartige Legierungen sind jedoch für viele Anwendungen, insbesondere für die Herstellung von Armaturen für den Sanitärbereich nicht geeignet, da sie ein zu grobes Gefüge aufweisen, was die bekannten negativen Begleiterscheinungen wie verstärkte Lunkerbildung nach sich zieht. Versuche, bei Messinglegierungen mit einem erhöhten Cu-Gehalt eine Kornfeinung mit dem üblicherweise dafür verwendeten Bor durchzuführen mißlangen bisher. Deshalb wurden für den angesprochenen Verwendungszweck praktisch nur die bekannten, nicht entzinkungsbeständigen Legierungen verwendet.

    [0007] Es hat sich nun überraschenderweise gezeigt, daß trotz eines gegenüber den bekannten Legierungen erhöhten Cu-Gehaltes eine Kornfeinung mit Bor möglich ist, wenn die Elemente Mn, Si und Sb in erfindungsgemäßen Mengen zulegiert werden und gleichzeitig der Fe-Gehalt auf maximal 0,25 Gew.% begrenzt wird. Es stellte sich weiterhin überraschenderweise heraus, daß die Legierung eine verbesserte Warmbrüchigkeit aufweist, wenn der Gehalt an Sn möglichst gering ist, zumindest aber 0,25 Gew. % nicht überschreitet. Ein weiterer Vorteil der Erfindung besteht darin, daß Auftreten von Harteinschlüssen stark zurückgedrängt ist. Harteinschlüsse, die vor allem bei der Oberfächenbearbeitung störend sind, treten bei herkömmlichen Messinglegierungen vor allem dann verstärkt auf, wenn sie mit Bor gefeint sind.

    [0008] Die mechanischen Kenndaten der erfindungsgemäßen Legierung sind durchwegs mit den bisher für den genannten Zweck verwendeten Messinglegierungen vergleichbar. Das Gefüge der erfindungsgemäßen Legierung weist im wesentlichen globulitische Körner mit einer maximalen Größe von etwa 100 µm auf. Ein feinkörniges Gefüge ist die Voraussetzung dafür, daß eine Schmelze lunkerfrei, d.h. also ohne Ausbildung von Hohlräumen oder porösen, schwammartigen Bereichen erstarrt. Die genannten Gefügefehler sind beispielsweise verantwortlich für Oberfächenfehler und Undichtigkeiten bei Armaturen.

    [0009] In den Unteransprüchen 2 bis 4 sind vorteilhafte Ausführungsbeispiele der erfindungsgemäßen Legierung angegeben.

    [0010] Die Erfindung wird im folgenden näher erläutert:

    [0011] Es wurden Versuche mit einer Messinglegierung durchgeführt, die (in Gew.%) 63,20 % Cu, 1,38 % Pb, 0,39 % Mn, 0,55 Si, 0,55 Al, 0,09 % Sb, 9 ppm B, 0,23 % Fe, 0,19 % Ni, 0,21 % Sn und als Rest Zn enthält. Die weiter unten erwähnten Proben P5 - P10 wurden aus dieser Legierung gegossen.

    [0012] Die erfindungsgemäße Legierung wurde einer Entzinkungsbeständigkeitsprüfung nach ISO 6509 (Corrosion of metals and alloys/Determination of dezincification resistance of brass, Ausgabe 1981) unterzogen. Die Entzinkungstiefen wurden im polierten Schliff gemessen. Das Ergebnis der Entzinkungsbeständigkeitsprüfung geht aus der folgenden Tabelle hervor:
    Tabelle 1:
      Entzinkungstiefe (µm)
    P1-4 ⌀393
    P5 70
    P6 100


    [0013] Die Proben P1 - P4 betreffen ein herkömmliches Messing mit der folgenden Zusammensetzung (in Gew.%): 60,06 % Cu, 1,65 % Pb, < 0,010 % Mn, < 0,010 % Si, 0,65 % Al, 0,020 % Sb, 0,0008 % B, 0,080 % Fe, 0,030 % Ni, 0,10 % Sn und als Rest Zn. Die Werte für die Proben P 1 - P 4 wurden in einer Zeile zusammengefaßt und der Durchschnittswert der Entzinkungstiefe angegeben; der maximale Wert lag bei 600 µm, der minimale bei 200 µm.

    [0014] Aus der Tabelle 1 geht deutlich hervor, daß die aus der erfindungsgemäßen Legierung bestehenden Proben P 5 und P 6 wesentlich geringere Entzinkungstiefen aufweisen als die Vergleichsproben P1 - P4. Entsprechend der Normen BS 2872, BS 2874 (BS= Britischer Standard) und SS 11710 (SS= schwedischer Standard (bzw. der schwedischen Baunorm R 8 ist die erfindungsgemäße Legierung daher als entzinkungsbeständig einzustufen. Die zulässige Entzinkungstiefe gemäß der BS-Norm für Gußstücke beträgt 100 µm.

    [0015] In weiteren Versuchen wurden übliche mechanische Kennwerte ermittelt. Das Ergebnis dieser Versuche ist in der Tabelle 2 dargestellt. Die Zusammensetzung der Proben P 7 bis P 10 entspricht jener der Proben P 5 und P 6. Die Proben P 11 bis P14 sind Vergleichsproben, die aus einer herkömmlichen Messinglegierung mit einer den Proben P1 bis P4 entsprechenden Zusammensetzung gegossen wurden.



    [0016] Wie die Tabelle 2 zeigt, sind die mechanischen Kenndaten der erfindungsgemäßen Legierung mit jenen der herkömmlichen Legierungen vergleichbar. Die Zugfestigkeit ist im Durchschnitt sogar etwas höher als bei den Vergleichsproben aus der bekannten Legierung.

    [0017] Mit der erfindungsgemäßen Legierung wurden Wasserarmaturen gegossen und mit üblichen Fertigungsmethoden bearbeitet. Dabei zeigte sich, daß die Oberfläche der Gußteile eine mindestens ebenso gute Polierfähigkeit aufweist, als jene von aus herkömmlichen Messinglegierungen gegossenen Armaturen. Es wurden auch keine signifikanten Unterschiede bei der Bearbeitung der Gußteile an automatischen Fertigungsmaschinen beobachtet. Es konnten im wesentlichen bisher übliche Bearbeitungs- und Einstell-Parameter beibehalten werden.

    [0018] Mit Hilfe von zahlreichen, aus einer Legierung gemäß Anspruch 3 gegossenen Bruchproben wurde festgestellt, daß das Gefüge der erfindungsgemäßen Legierung praktisch keine Lunker- oder schwammartigen Bereiche aufweist. Bei letzteren handelt es sich um eine aufgelockerte, nach Art eines Schwammes Hohlräume enthaltende Gefügestruktur. Sowohl Lunker als auch "Schwammbereiche" können, wenn sie in Trennwänden zwischen unterschiedlichen Druckbereichen oder in Dichtungsflächen auftreten, zu Undichtigkeiten führen. Bei einer Versuchsreihe wurde der in Fig. 1 dargestellte Gußkörper verwendet. Der Bruch wurde entlang der Linie II-II ausgeführt. Die Bruchlinie wurde so gewählt, daß sie durch einen gießtechnisch kritischen Bereich verläuft, in dem erfahrungsgemäß sehr häufig Gefügefehler auftreten. Fig. 2 zeigt in 1O-facher Vergrößerung die Aufnahme der Bruchstelle eines Probenkörpers aus herkömmlicher Messinglegierung. Es ist deutlich ein mit L gekennzeichneter schwammig aufgelockerter Bereich zu erkennen, der sich nahezu über die gesamte Dicke D der Gußteilwand erstreckt. Derartige Bereiche können später zu Undichtigkeiten führen. Sofern sich die Bereiche über die gesamte Dicke einer Trennwand erstrecken ist im Falle einer Wasserarmatur von anfang an eine Undichtigkeit vorhanden. Fig. 3 zeigt die Bruchstelle eines mit der erfindungsgemäßen Legierung gegossenen Probekörpers. Es ist deutlich zu sehen, daß hier ein durchgehend feinkörniges und dichtes Gefüge vorhanden ist. Es wurden insgesamt jeweils zehn Proben untersucht. Schwammartige Bereiche wie in Fig. 2 dargestellt traten bei 5 der Vergleichsproben auf. Die Proben aus der erfindungsgemäßen Legierung waren stets frei von den genannten Gefügefehlern.

    [0019] Es wurden auch Schliffe angefertigt und mit üblichen metallographischen Methoden die Gefügestruktur sichtbar gemacht. Es zeigte sich, daß das Gefüge der erfindungsgemäßen Legierung etwa globulitische Körner mit einer maximalen Größe von 100 µm aufweist.

    [0020] Ein indirekter Rückschluß auf das Fehlen von Schwammbereichen konnte durch eine Druckdichtigkeitsuntersuchung von Wasserarmaturen erhalten werden. Es wurden 110 Armaturen mit 6 Bar Luft unter Wasser beaufschlagt. Bei keiner der Armaturen konnte eine Undichtigkeit beobachtet werden.


    Ansprüche

    1. Messinglegierung,
       gekennzeichnet durch
    folgende Zusammensetzung (Gew.%):

    Cu:   62,5 - 64 %

    Pb:   0,5 - 1,5 %

    Mn:   0,3 - 0,4%

    Si:   0,5 - 0,7 %

    Al:   0,3 - 0,7 %

    Sb:   0,05 - 0,15 %

    B:   5 - 20 ppm

    Fe:   0 - 0,25%

    Ni:   0 - 0,5 %

    Sn:   0 - 0,25 %

    Zn:   Rest


     
    2. Messinglegierung nach Anspruch 1,
       gekennzeichnet durch
    folgende Zusammensetzung (Gew.%):

    Cu:   62,5 - 64

    Pb:   1,0 - 1,5

    Mn:   0,3 - 0,4

    Si:   0,5 - 0,7

    Al:   0,3 - 0,7

    Sb:   0,05 - 0,1

    B:   5 - 15 ppm

    Fe:   0 - 0,20

    Ni:   0 - 0,5

    Sn:   0 - 0,25

    Zink:   Rest.


     
    3. Messinglegierung nach Anspruch 1,
       gekennzeichnet durch
    folgende Zusammensetzung (Gew.%):

    Cu:   63,20 %

    Pb:   1,38 %

    Mn:   0,39 %

    Si:   0,55 %

    Al:   0,55 %

    Sb:   0,09 %

    B:   9 ppm

    Fe:   0,23 %

    Ni:   0,19 %

    Sn:   0,21 %

    Zn:   Rest


     
    4. Messinglegierung nach Anspruch 2
       gekennzeichnet durch
    folgende Zusammensetzung (Gew.%):

    Cu:   63,58 %

    Pb:   1,20 %

    Mn:   0,37 %

    Si:   0,55 %

    Al:   0,54 %

    Sb:   0,09 %

    B:   11 ppm

    Fe:   0,15%

    Ni:   0,16%

    Sn:   0,15%

    Zn:   Rest


     
    5. Verwendung einer Legierung gemäß den Ansprüchen 1 bis 4 zur Herstellung von Bauteilen für Trinkwasserinstallationen.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht