[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Eisenaluminid-Werkstoffen
gemäss Oberbegriff von Anspruch 1 sowie Eisenaluminidbasis-Legierungen, die als Zwischen-oder
Endprodukt eines derartigen Verfahrens entstehen.
[0002] Aus der Patentanmeldung WO 90/10722 ist bekannt, dass gewisse Eisenaluminidbasis-Legierungen
als Material für die Ausführung von technischen Konstruktionen geeignet sind, insbesondere
für Konstruktionen, die bei erhöhter Temperatur (bis 650°C) und in aggressiver Umgebung
(beispielsweise H₂S + H₂ + H₂O) eine gute Korrosionsbeständigkeit sowie eine gute
mechanische Festigkeit aufweisen müssen. Solche Legierungen bieten sich beispielsweise
als kostengünstiger Ersatz für Nickelbasis-Legierungen oder hochlegierte Stähle an.
Eisenaluminide, die hauptsächlich aus Fe₃Al bestehen, zeichnen sich durch eine geordnete
Kristallstruktur mit DO₃-Symmetrie aus: die eine Hälfte der Gitterplätze, die ein
kubisches Gitter bilden, sind von Fe-Atomen besetzt; die andere Hälfte der Gitterplätze,
die bezüglich den Kuben des ersten Gitters raumzentriert liegen, weisen eine schachbrettartige
Anordnung von Fe- und Al-Atomen auf. Die Eisenaluminidbasis-Legierung ist eine geordnete
intermetallische Legierung. Sie wird im folgenden Fe₃Al-basis-Legierung genannt. Der
Anteil des Aluminiums dieser Legierung mit DO₃-Struktur weist einen Wert im Bereich
zwischen 18 und 35% (at.% = Atomprozent) auf. Neben der DO₃-Struktur liegt in der
Fe₃Al-basis-Legierung teilweise auch eine B2-Struktur (oder CsCl-Struktur) oder eine
ungeordnete raumzentrierte Alfa-Struktur vor.
[0003] Bei bekannten Fe₃Al-basis-Legierungen, denen bis zu 10 at.% Chrom und in kleineren
Mengen Molybdän, Niobium, Zirkonium, Yttrium, Vanadium, Kohlenstoff und/oder Bor zugemischt
sind, bilden sich keine niedrigschmelzenden Eutektika aus. Fe₃Al-basis-Legierungen
weisen eine schützende, die Oberfläche überziehende Aluminiumoxidschicht auf. Allerdings
haben Eisenaluminide und viele der Fe₃Al-basis-Legierungen eine sehr geringe Duktilität
bei Raumtemperatur. Erst wenn die grosse Sprödigkeit dieser Materialien überwunden
werden kann, sind sie als Werkstoffe verwendbar.
[0004] Die Duktilität kann in der Regel verbessert werden, wenn mittels Legierungszusätzen
die Körnigkeit des Gefüges verfeinert wird. Aus einer Druckschrift (S.A.David et al
(1989), Welding Research Sup., p.372) ist eine Fe₃Al-basis-Legierung bekannt, bei
der mittels Zusatz von Titandiborid (TiB₂) eine Erhöhung der Duktilität bei Raumtemperatur
erzielt worden ist. Allerdings wurde bei Schweissversuchen (mit Elektronenstrahl,
Lichtbogen) eine Wärmerissbildung beobachtet. Untersuchungen mit Sekundärionen-Massenspektrometrie
ergab, dass an der Rissfläche Bor und Titan angereichert auftreten. Dieser Befund
führte zu folgender Einsicht: Das Titandiborid geht in der Schmelze in Lösung; es
hat auf die Kornbildung keinen Einfluss. Titan und Bor werden nicht in die Kristallstruktur
der Körner eingebaut, daher sind diese Komponenten schliesslich nach dem Erstarren
der Fe₃Al-basis-Legierung an den Korngrenzflächen vorzufinden. Durch den Wärmeeinfluss
beim Schweissen wird der Kraftschluss zwischen benachbarten Körnern wegen des Titandiborids
stark reduziert (wegen lokaler Schmelzpunkterniedrigung an den Korngrenzen), wodurch
sich eine Wärmerissbildung einstellen kann. Folglich ist es ratsam, trotz Verbesserung
der Duktilität auf den Zusatz von Titandiborid oder Stoffen, die zu ähnlichen Erscheinungen
führen, zu verzichten.
[0005] Es ist Aufgabe der Erfindung, durch Zugabe geeigneter Stoffe und Durchführung geeigneter
Verfahrensschritte die Kornbildung in Eisenaluminidbasis-Legierungen solcherart zu
beeinflussen, dass eine verbesserte Duktilität bei Raumtemperatur erzielbar ist, wobei
der erfindungsgemässe Werkstoff nebst einer hohen Festigkeit bei erhöhter Temperatur,
eine gute Schweissbarkeit aufweisen soll. Diese Aufgabe wird durch die im Kennzeichen
des Anspruchs 1 genannten Massnahmen gelöst.
[0006] Die ursprüngliche Idee der Erfindung hat darin bestanden, kleine Partikel - sogenannte
Dispersoide - in der aufgeschmolzenen Fe₃Al-basis-Legierung zu dispergieren, welche
als Keimbildner wirken. Bei der Suche nach geeigneten Stoffen ist von folgenden Forderungen
auszugehen:
1. Die Dispersoide sollen stabile, kristalline Partikel sein, die sich bei der Giesstemperatur
nicht in der Schmelze auflösen. Der Schmelzpunkt der für die Dispersoide verwendeten
Verbindung muss wesentlich grösser als die Liquidustemperatur (rund 1450°C) der Fe₃Al-basis-Legierung
sein.
2. Die Dispersoide sollen gut benetzbar sein, d.h. die Grenzflächenenergie zwischen
den kristallinen Partikeln und der Schmelze soll klein sein. Damit die Dispersoide
mögliche Keimbildner sind, müssen an deren Oberfläche Gitterebenen vorhanden sein,
für welche die Gitterkonstante ungefähr gleich gross wie die Gitterkonstante von Fe₃Al
bei der Erstarrung (CsCl-Struktur) ist, nämlich etwa 0,4 nm.
3. Die Dichte der Dispersoide soll sich wenig von der Dichte der Schmelze (rund 6
bis 6,5 g/cm³) unterscheiden, damit eine inhomogene Verteilung der Dispersoide aufgrund
von Sedimentation im wesentlichen ausbleibt.
[0007] Bei dieser Suche nach möglichen Dispersoiden, welche obigen Forderungen genügen,
ergaben sich Verbindungen, für die eine Auswahl nachfolgend aufgezählt ist:
a) Stoffe mit CaB₆-Struktur: z.B. B₆Ba, B₆Ce, B₆Er, B₆La, B₆Nd und B₆Y;
b) Stoffe mit CaTiO₃-Struktur: z.B. AlCTi₃, CFeIn, CFe₃Sn, CInTi₃ und C₃Nb₄;
c) Stoffe mit Cscl-Struktur: z.B. AlPd, LaZn;
d) Stoffe mit Cu₃Au-Struktur: z.B. FePd₃, HfPd₃, HfRh₃, InTi₃, LaPt₃, MnPt₃, Mn₃Pt,
Mn₃Rh, Nb₃Si, NdPt₃ und Pt₃Sn.
[0008] Die Wahl der Dispersoide muss aufgrund von Experimenten getroffen werden.
[0009] Da die Dispersoide sehr klein sein müssen (im Bereich von 100 nm), empfiehlt es sich,
diese Partikel durch Ausfällung aus der Schmelze entstehen zu lassen. Dazu mischt
man der Schmelze Komponenten der DispersoidVerbindung zu, welche zunächst in Lösung
gehen. Während einer Haltezeit zwischen 100 und 1000 Sekunden reagieren anschliessend
die gelösten Komponenten miteinander, wobei sie unter Ausfällung die dispersoidförmige
Verbindung bilden.
[0010] Ein Versuch, Dispersoide in der Schmelze der Fe₃Al-basis-Legierung herzustellen,
wurde erfolgreich mit einer Verbindung ausgeführt, die unter den oben aufgeführten
Stoffen nicht genannt worden ist: nämlich mit Titan/Zirkonium-Nitrid, (Ti,Zr)N. Ti
und Zr (2 - 10 g/kg) wurden als Metallgranulat in die überhitzte Schmelze eingetragen,
während der atomare Stickstoff (N) mittels eines Trägers, nämlich in Form einer N-haltigen
Fe-Cr-Legierung, in die Schmelze befördert wurde. Damit der Stickstoff nicht ausgaste,
wurde die Dispersoiderzeugung bei einem Druck von 0.5 bar durchgeführt, welcher mittels
einer Schutzgasatmosphäre aus Argon hergestellt wurde. Während einer Haltezeit von
300 s und bei 1650°C ergaben sich Dispersoide mit einer Grössenverteilung, bei der
die Dispersoiddurchmesser grösstenteils zwischen 50 und 200 nm liegen. Als Ausgangslegierung
wurde die aus der WO 90/10722 bekannte Legierung FA-129 (Zusammensetzung: 28% Al,
5% Cr, 0.5% Nb, 0.2% C, Rest Fe) verwendet.
[0011] Durch die Dispersoide erfährt die Schmelze eine beträchliche Vergrösserung ihrer
Viskosität. Deshalb muss das Giessen der Schmelze bei relativ grosser Überhitzung
(rund 200 K) - im Gegensatz zum Giessen der dispersoidfreien Schmelze - vorgenommen
werden. Dies hat zur Folge, dass bei kleinen Proben die Gefügekörner trotz der Dispersoide
ungefähr gleich gross wie bei der ursprünglichen Fe₃Al-basis-Legierung ausfallen;
bei grossen Gussstücken bilden sich sogar weit grössere Körner aus. Metallurgische
Untersuchungen haben ergeben, das innerhalb der Körner Dispersoide dank guter Kohärenz
der Kristallstrukturen in die monokristalline Phase eingebettet sind. Beim Umformen
durch Warmwalzen verkleinern sich die beim Erstarren entstandenen Körner zu feineren
Körnern, indem an den Stellen, an denen die Dispersoide in die Phase eingebettet sind,
neue Korngrenzen aufbrechen. Durch Glühen der warmgewalzten Legierung bei Temperaturen
zwischen 800 und 1000°C ergibt sich ein stabiler Hochtemperaturwerkstoff.
[0012] Durch das Einbringen der Dispersoide in die Fe₃Al-basis-Legierung findet auch eine
Dispersionshärtung statt. Dies wird durch Härtemessungen bestätigt. Beim erwähnten
Beispiel mit den Nitrid-Dispersoiden beträgt die Härte (Vickershärte HV, Prüflast
1 kg) 260 nach dem Giessen, 280 nach dem Warmwalzen (900°C, 90%) und weiterhin 280
nach dem Glühen (600°C, 24 h); die entsprechenden Werte bei der dispersoidfreien Legierung
sind: 230, 275 bzw. 255. Dank der Dispersionshärtung verringert sich vorteilhafterweise
das Kriechvermögen des Werkstoffs.
[0013] Das Zwischenprodukt des erfindungsgemässen Verfahrens, das nach dem Erstarren der
dispersoidhaltigen Schmelze vorliegt, wird anhand von Zeichnungen näher erläutert.
Es zeigen:
- Fig. 1
- eine Probe einer erfindungsgemässen Legierung (500-fach vergrössert, nach einem Rasterelektronenmikroskopie-Bild
gezeichnet),
- Fig. 2
- eine schematische Darstellung der gleichen Probe wie in Fig.1, bei kleinerer Vergrösserung
(200-fach), und
- Fig. 3
- einen Ausschnitt aus der Probe von Fig.1 mit Dispersoiden (5000-fach vergrössert).
[0014] Der in Fig.1 dargestellte Bildausschnitt 1 ist in schematischer Form und bei kleinerem
Massstab in Fig.2 erkennbar. Der quadratische Ausschnitt 2 in Fig.1 ist vergrössert
in Fig.3 gezeigt.
[0015] Der in Fig.1 strichpunktiert gezeichnete Streckenzug 3, der dem ausgezogenen Streckenzug
3' in Fig.2 entspricht, trennt eine monokristalline Eisenaluminid-Phase 5 von einem
eutektischen Gebiet 6. Im Gebiet 6 befinden sich skelettartige Kristalle 30, die reich
an Eisen, Chrom und Niobium sind. Die Fig.2 bietet einen besseren Überblick über die
Verteilung von eutektischen Gebieten 6 und Eisenaluminid-Phase 5. In der Phase 5 sind
Titan/Zirkonium-Nitrid-Dispersoide 20 eingebettet, die in Fig.1 als strukturlose Punkte
erscheinen. (Der Nachweis, dass die beobachteten Partikel tatsächlich aus der angegebenen
Verbindung (Ti,Zr)N bestehen, ist mittels energiedispersiver Elektronenstrahlanalyse
erfolgt.) Die vier Kristallite 20 des Ausschnitts 2 sind in der Vergrösserung der
Fig.3 als kleine Kreise dargestellt. Der grösste Durchmesser eines Dispersoids 20
beträgt rund 0,3 Mikrometer. Über die Gestalt der Dispersoide lässt sich aufgrund
der mit dem Rasterelektronenmikroskop gemachten Bilder keine Aussage machen.
[0016] Bei thermomechanischen Umformungen der partikelhaltigen Legierung entfalten die Dispersoide
eine wichtige Wirkung: Wie sich beim Warmwalzen von 1 bis 2 kg schweren, dispersoidhaltigen
Gussstücken gezeigt hat, entstehen Körner, die 25 Mikrometer breit (und 0.5 mm lang)
sind, während die entsprechende Umformung bei einer partikelfreien Legierung zu Körnern
mit 60 Mikrometer Breite (Länge ebenfalls 0.5 mm) führt. Nach dem Warmwalzen sind
die Körner des erfindungsgemässen Werkstoffs bedeutend feiner als jene der dispersoidfreien
Legierung, und dies trotz der Tatsache, dass nach dem Giessen die Verhältnisse gerade
umgekehrt gewesen sind.
1. Verfahren zum Herstellen von Eisenaluminid-Werkstoffen aus einer Fe₃Al-basis-Legierung
mit 18-35% Al, mit 3-15% Cr, mit 0.2-0.5% B und/oder C, und mit gesamthaft 0-8% folgender
Legierungszusätze, Mo, Nb, Zr, Y, und/oder V, sowie mit Fe als vorherrschendem Rest,
dadurch gekennzeichnet, dass durch Zugabe von Zusatzstoffen in die Schmelze dieser
Legierung dispergierte Kristallite, sogenannte Dispersoide, gebildet werden, welche
durch die Schmelze gut benetzbar sind, sodass sie bei der Erstarrung in die monokristalline
Phase einbettbar sind, und dass nach der Erstarrung durch Warmwalzen bei einer Temperatur
zwischen 650 und 1000°C ein feinkörniges Gefüge erzeugt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Warmwalzen die Legierung
bei einer Temperatur zwischen 400 und 1000°C geglüht wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Schmelzen
der Fe₃Al-basis-Legierung im Vakuum eine Schutzgasatmosphäre bei einem Druck von zwischen
0.2 und 1 bar in der Schmelzkammer hergestellt wird, dass zur Bildung von 2 - 10 Volumenprozent
(Ti,Zr)N-Dispersoiden Ti, Zr und eine N-haltige Fe-Cr-Legierung bei einer Temperatur
200 - 400 K über der Liquidustemperatur der Schmelze zugegeben werden, dass nach einer
Haltezeit zwischen 100 und 1000 s das Schutzgas abgepumpt und die dispersoidhaltige
Schmelze zur Erstarrung gebracht wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die dispersoidhaltige
Schmelze bei einer Temperatur 100 - 200 K über der Liquidustemperatur gegossen wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, und dass bei rund
900°C und bis zu einer Querschnittsreduktion von mindestens 80% gewalzt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass anschliessend
an das Walzen während rund 24 Stunden bei rund 600°C geglüht wird.
7. Zwischenprodukt des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass innerhalb
der Gefügekörner Dispersoide eingebettet sind.
8. Zwischenprodukt nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die dispersoidfreie
Fe₃Al-basis-Legierung aus 26-30% Al, 3-10% Cr, 0.3-0.8% Nb, 0.1-0.5% C sowie Fe zusammengesetzt
ist und dass die Dispersoide aus (Ti,Zr)N bestehen.
9. Werkstoff, hergestellt nach einem der Verfahren 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass
der kleinste Durchmesser der Gefügekörner kleiner als rund 30 Mikrometer ist.