[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung der Kochung einer Suspension aus
Holzstoff und Kochflüssigkeit in einer Anlage zur Herstellung von Zellstoff. Die Erfindung
betrifft ferner eine vorteilhafte Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
[0002] Der Vorgang des Aufschlusses von Holzstoff im Zellstoff wird allgemein "Kochung"
genannt. Der Ablauf dieses verfahrenstechnischen Prozesses läßt sich im wesentlichen
in zwei Phasen gliedern. In der ersten Phase der Kochung wird die Suspension z.B.
beginnend bei Umgebungstemperatur allmählig aufgeheizt. Mit Erreichen der sogenannten
"Fertigkochtemperatur" beginnt die zweite Phase der Kochung. Beide Phasen sind in
FIG 1 beispielhaft mit den Zeiträumen T1,T2 annähernd markiert.
[0003] Grundsätzlich besteht das Ziel der Kochung darin, zur Bildung von Zellstoff durch
Einwirkung einer chemische Reaktionsstoffe enthaltenden Kochflüssigkeit aus Holzfasern
das sogenannte "Lignin" vollständig herauszulösen, darüber hinaus aber die Faserstruktur
möglichst unangetastet zu lassen. Nach Herauslösung des Lignins werden nämlich die
Kohlenhydrate in den Zellstoffasern angegriffen. Dies ist unerwünscht, da hierdurch
eine Versprödung der Fasern eintritt. Durch diese "Überkochung" des Holz stoffes sinkt
die Qualität des nutzbaren Zellstoffes, da dessen Reißfestigkeit und Faserlänge abnimmt
("Zerkochung"). Theoretisch müßte somit die Kochung z.B. einer Charge an Zellstoff
in einer diskontinuierlich betriebenen Anlage zur Zellstoffherstellung in dem Moment
abgebrochen werden, in dem das Lignin nahezu vollständig herausgelöst ist, aber darüber
hinausgehend noch kein Abbau der Kohlenhydrate eingesetzt hat. Praktisch ist dies
natürlich nicht möglich, da aufgrund der hohen Temperaturen und Drücke im Inneren
der Anlage zur Zellstoffherstellung der Prozeßablauf nicht schlagartig zum Stillstand
gebracht werden kann.
[0004] Das Diagramm in FIG 2 zeigt den Zeitverlauf der Ausbeute A und der Reißfestigkeit
R des Zellstoffes im wesentlichen in der zweiten Phase der Kochung T2 und dem anschließenden
Bereich der Überkochung beispielhaft für einen kleineren Wert TM1 in durchgezogener
Linie und für einen größeren Wert TM2 der Fertigkochtemperatur TM in strichlierter
Linie. Man erkennt, daß die Zeitverläufe der Ausbeute A(t) an Zellstoff in der Art
einer e-Funktion im Verlauf der zweiten Phase T2 der Kochung abnehmen. Die "Ausbeute"
ist dabei die Masse des erzeugten Fertigzellstoffes bezogen auf die Masse des eingebrachten
Holzes. Demgegenüber weist aber die Reißfestigkeit R(t) des Zellstoffes z.B. für den
kleineren Wert TM1 erst beginnend ab dem Zeitpunkt t₀ zunehmende Werte auf. So weist
der Zeitverlauf der Reißfestigkeit R(t) des Zellstoffes im Zeipunkt t2 ein Maximum
auf, und nimmt mit Zunahme der Kochzeit mit der Ausbeute wieder ab.
[0005] Aus dem Diagramm lassen sich somit Bereiche optimaler Kochung bzw. unerwünschte Bereiche
der "Überkochung" entnehmen. So befindet sich z.B. im Zeitpunkt t1 die Kochung in
einer Phase, bei der eine hohe Ausbeute A(t1) an Zellstoff mit kleiner bzw. mittlerer
Reißfestigkeit R(t1) vorlegt. Erfordern die momentanen Produktionsbedingungen die
Erzeugung einer großen Ausbeute an Zellstoff, so sollte die Kochung möglichst im Zeitpunkt
t1 abgebrochen werden. Wird dagegen die Kochung nicht gestoppt, so nimmt die Reißfestigkeit
des Zellstoffes auf Kosten des erreichbaren Wertes an Reißfestigkeit zu. So befindet
sich z.B. im Zeipunkt t2 die Kochung in einer Phase, bei der die erzielbare Ausbeute
A(t2) an Fertigzellstoff zwar abgenommen hat, dieser aber über einen sehr hohen Wert
an Reißfestigkeit R(t2) verfügt, d.h. eine hohe "Qualität" aufweist. Fordern die aktuellen
Produktionsbedingungen die Erzeugung von hochreißfestem Zellstoff, so sollte die zweite
Phase T2 der Kochung möglichst im Zeitpunkt t2 abgebrochen werden. Läuft aber die
Kochung dennoch weiter, so gerät der Prozeß zunehmend in den unerwünschten Bereich
der "Überkochung", bei dem sowohl die Ausbeute A(t) als auch die Reißfestigkeit R(t)
abnehmen. So weist z.B. im Zeitpunkt t3 der Zellstoff einen Wert R(t3) an Reißfestigkeit
auf, welche der Reißfestigkeit R(t1) im Zeitpunkt t1 entspricht, doch hat die Ausbeute
A(t3) an Fertigzellstoff im Vergleich zum vorangegangenen Zeitpunkt t1 im optimalen
Kochbereich und dem dortigen hohen Wert an Ausbeute A(t1) erheblich abgenommen.
[0006] Wie bereits oben ausgeführt, müßte theoretisch die Kochung abhängig vom jeweils vorliegenden
Produktionsziel in dem zugehörigen Zeitpunkt abrupt abgebrochen werden, z.B. in FIG
2 in Zeitpunkt t1 bei der Anforderung einer hohen Zellstoffausbeute bzw. im Zeitpunkt
t2 bei der Anforderung einer hohen Reißfestigkeit des Fertigzellstoffes. Praktisch
kann aber die Anlage zur Zellstoffherstellung ab einem Endzeitpunkt durch Abbau der
hohen Kochtemperatur und des Innendruckes nur allmählich heruntergefahren werden.
In dieser "Bremsphase" wirkt aber die Kochflüssigkeit weiter auf die Zellstoffasern
ein und verschiebt die anhand von FIG 2 prinzipiell erläuterten Arbeitspunkte in Richtung
auf den Bereich der "Überkochung". So kann im Zeitraum zwischen einem Stop-Befehl
für die Kochung und der endgültigen Öffnung eines z.B. diskontinuierlich betriebenen
Kochers ein merklicher Verlust von Ausbeute an Fertigzellstoff und gegebenenfalls
zusätzlich an Reißfestigkeit des Fertigzellstoffes auftreten.
[0007] Um diesen Zustand zu vermeiden, ist man bestrebt, den Endzeitpunkt der zweiten Phase
T2 der Kochung so zu bestimmen, daß unter Berücksichtigung der noch erfolgenden Einwirkung
der Kochflüssigkeit auf den Zellstoff im Zeitraum der Anlagenstillsetzung trotzdem
die gewünschte Ausbeute an Zellstoff und gegebenenfalls ein gewünschter Reißfestigkeitswert
erreicht wird. Aufgrund der extremen Randbedingungen des Prozesses insbesondere im
Bezug auf Temperaturen und Drücke, und aufgrund der unter Umständen bei jeder Charge
schwankenden Qualität der Eintragsstoffe, insbesondere des eingebrachten Holzstoffes
und der chemischen Reaktionsstoffe in der Kochflüssigkeit, ist es bislang nur sehr
ungenau möglich, diesen optimalen Endzeitpunkt für die zweite Phase T2 der Kochung
bei Fertigkochtemperatur zu extrapolieren. Es hat sich somit häufig nach Begutachtung
des Fertigzellstoffes eine "Unterkochung" mit der Folge eines noch zu kleinen Reißfestigkeitswertes
bzw. eine "Überkochung" mit der Folge eingeschränkter Werte an Ausbeute und gegebenenfalls
Reißfestigkeit herausgestellt.
[0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde ein Steuerverfahren anzugeben, mit dem die
"Steuerbarkeit" des verfahrenstechnischen Prozesses der Kochung einer Suspension aus
Holzstoff und Kochflüssigkeit zu Zellstoff verbessert wird, und somit der oben beschriebene
optimale Abbruchzeitpunkt der Kochung im Hinblick auf die genaue Erreichung vorgegebener
Werte an Ausbeute und gegebenenfalls an Reißfestigkeit des Fertigzellstoffes genauer
bestimmt werden kann.
[0009] Die Aufgabe wird gelöst mit dem im Anspruch 1 enthaltenen Steuerverfahren. Vorteilhafte
Ausführungsformen des Verfahrens und bevorzugte Vorrichtungen zur Durchführung des
Verfahrens sind in den Unteransprüchen angegeben. Die Erfindung wird desweiteren unter
Zuhilfenahme der nachfolgend kurz angeführten Figuren näher erläutert. Dabei zeigt
- FIG 1
- den erfindungsgemäßen Zeitverlauf dem Druckes und der Temperatur im Verlauf einer
Kochung,
- FIG 2
- die Verläufe von Ausbeute und Reißfestigkeit des Zellstoffes für zwei unterschiedliche
Fertigkochtemperaturen in der zweiten Phase der Kochung, und
- FIG 3
- ein "neuronales Netz", welches zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens besonders
geeignet ist.
[0010] Gemäß der Erfindung wird die Suspension aus Holzstoff und Kochflüssigkeit in der
ersten Phase T1 der Kochung während der Aufheizung einem Druck mit einem möglichst
hohen Wert ausgesetzt. Dieser Druck wird desweiteren "Imprägnierdruck" genannt. Für
die zweite Phase T2 der Kochung der Suspension mit Fertigkochtemperatur wird der Wert
des Druckes abgesenkt. Dieser wird desweiteren "Kochdruck" genannt.
[0011] In FIG 1 ist dieser erfindungsgemäße Druckverlauf p(t) dargestellt. So weist der
"Imprägnierdruck" p(T1) in der ersten Phase T1 der Kochung einen sehr hohen Wert von
beispielhaft 10 bar auf. Mit Beginn der zweiten Phase T2 der Kochung, d.h. mit Erreichen
der Fertigkochtemperatur TM(T2) mit dem Wert von beispielhaft 130° C im Zeitpunkt
von ca. 4,5 Stunden wird im Beispiel der FIG 1 der Wert des Druckes auf den sogenannten
"Kochdruck" p(T2) von beispielhaft 6 bar abgesenkt.
[0012] Im Gegensatz zur bisherigen Konstanthaltung des Kochdruckes über den gesamten Zeitraum
der Kochung, d.h. für die Summe der beiden Phasen p1 und p2, lehrt die Erfindung die
Vorgabe eines "Druckprofiles". Hiermit kann besonders vorteilhaft eine Vergleichmäßigung
der erzielbaren Produktqualität und somit eine Verbesserung der Steuerbarkeit des
Prozesses erreicht werden. Dies hat seine Ursache darin, daß durch den hohen Wert
des Druckes in der ersten Phase der Hochheizung der Suspension besser reproduzierbare
Startbedingungen für den Beginn der zweiten Phase T2 der Kochung, d.h. der sogenannten
Hauptkochphase, erreicht werden können. Die Genauigkeit in der Voraussage der am Ende
der Kochung erreichbaren Eigenschaften des Fertigzellstoffes wird größer, so daß der
ideale Zeitpunkt des Abbruches der Kochung genauer extrapoliert werden kann, und nach
Abbau der Kochtemperatur und des Druckes auf Umgebungsbedingungen die vorliegende
Qualität des Fertigzellstoffes und gegebenenfalls auch die Reißfestigkeit weniger
von vorgegebenen Zielwerten abweichen.
[0013] Die erfindungsgemäße Vorgabe des "Druckprofiles" kommt im wesentlichen der Verbesserung
einer genauen Erreichung eines gewünschten Zielwertes für die Reißfestigkeit des Fertigzellstoffes
zugute. Es kann somit bei gleich hoher Gesamtausbeute an Fertigzellstoff eine Erhöhung
des Reißfestigkeitswertes des Fertigzellstoffes erreicht werden.
[0014] Da der Wert des Druckes in der ersten Phase T1 der Kochung keiner technologischen
Begrenzung beim verfahrenstechnischen Prozeß der Zellstoffkochung unterliegt, kann
er möglichst hoch gewählt werden. Dieser "Imprägnierdruckwert" wird somit ausschließlich
durch die maschinenbautechnische Anlegung der Produktionsanlage begrenzt. Der Druck
in der ersten Phase der Kochung kann bevorzugt auf den maximal zulässigen Betriebsdruck
der Anlage erhöht werden. Der Betriebsdruck ist derart ausgelegt, daß im Rohrleitungssystem
der Anlage und insbesondere bei Dichtungen in Rohrleitungsflanschen als schwächste
Elemente der Anlage keine Schäden auftreten. Gegebenenfalls kann der abgesenkte Wert
des "Kochdruckes" in der zweiten Phase der Kochung in Abhängigkeit von einem vorgegebenen
Zielwert der Reißfestigkeit des Fertigzellstoffes vorgegeben werden.
[0015] Die erfindungsgemäße Vorgabe eines "Druckprofiles" hat somit zur Folge, daß in der
ersten Phase der Kochung der Druck als dominierende Prozeßgröße wirkt. Demgegenüber
hat die erst im Anstieg befindliche Kochtemperatur als Prozeßgröße eine untergeordnete
Bedeutung. Auf diese Weise werden am Ende der ersten Phase der Kochung aufgrund der
ausgeprägten Imprägnierung des Holzstoffes, d.h. dessen Aufweichung und Durchdringung
mit Kochflüssigkeit, optimale Startbedingungen für die eigentliche Hauptkochung bei
Fertigkochtemperatur bereitgestellt. In dieser Phase tritt aufgrund der erfindungsgemäßen
Absenkung auf den niedrigen Wert des "Kochdruckes" der Druck als Prozeßhauptregelgröße
zurück. Stattdessen übernimmt die Temperatur der Suspension die Funktion der Hauptregelgröße.
[0016] Am Beispiel der Herstellung von Zellstoff nach dem sogenannten "Sulfitverfahren"
wird ein möglicher optimaler Druckverlauf p(t) angegeben. Während bisher der Kochdruck
über den gesamten Ablauf des Prozesses annähernd konstant bei Werten von ca. 6 bis
8 bar gehalten wurde, hat nun erfindungsgemäß der Druck in der ersten Phase der Kochung
einen darüberliegenden und in der zweiten Phase der Kochung einen darunterliegenden
Wert. Beispielhaft liegt der "Imprägnierdruck" in der ersten Phase T1 der Kochung
im Bereich von 9 bis 12 bar, und der "Kochdruck" in der zweiten Phase T2 der Kochung
im Bereich von 5 bis 7 bar. Die Druckreduzierung vom hohen Wert p(T1) in der ersten
Phase auf den abgesenkten Wert p(T2) in der zweiten Phase sollte mindesten 2 bar betragen.
Im Beispiel der FIG 1 weist der "Imprägnierdruck" einen Wert von 10 bar und der abgesenkte
"Kochdruck" einen Wert von 6 bar auf.
[0017] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens werden bei
Auftreten von Werteveränderungen bei den Konzentrationen der chemischen Reaktionsstoffe
in der Kochflüssigkeit die Werte des Druckes p(T1), p(T2) in der ersten und/oder zweiten
Phase der Kochung T1,T2 der Suspension mit umgekehrter Wirkungsrichtung verändert.
Bei Konzentrationszu- bzw. -abnahmen werden fraglich die Druckwerte reduziert bzw.
erhöht.
[0018] Sind z.B. die Konzentrationen der chemischen Reaktionsstoffe in der Kochflüssigkeit
hoch, so kann in der ersten Phase der Kochung ein unterhalb des maximal zulässigen
Betriebsdruckes der Zellstoffkochanlage liegender "Imprägnierdruckwert" ausreichend
sein. Bevorzugt ist in diesem Fall der Druck um 20 bis 30 % kleiner als der maximal
zulässige Betriebsdruck.
[0019] Bevorzugt wird ferner in diesem Fall in der zweiten Phase der Kochung der Wert des
"Kochdruckes" auf einen im Bereich der unteren Grenze des zulässigen Druckbereiches
liegenden Wert abgesenkt. Diese Maßnahmen bewirken neben einer Energieeinsparung und
einer mechanischen Schonung insbesondere der Rohrleitungen der Anlage, daß die Gefahr
einer "Überkochung" in der zweiten Phase aufgrund einer zu intensiven Imprägnierung
in der ersten Phase der Kochung verringert wird.
[0020] Im Vergleich dazu liegen umgekehrte Prozeßzustände vor, wenn z.B. die Konzentrationen
der chemischen Reaktionsstoffe in der Kochflüssigkeit niedrig sind, bzw. wenn z.B.
der in die Anlage eingeführte Holzstoff von minderer Qualität ist, bzw. wenn z.B.
aufgrund anderer Randbedingungen die Gefahr groß ist, daß am Ende der Kochung ein
hoher Ausschuß auftritt, d.h. der Zellstoff aufgrund von "Unterkochung" nicht genügend
aufgeschlossen ist und einen zu hohen Restgehalt an Lignin aufweist. In diesen Fällen
werden die Druckwerte in beiden Phasen der Kochung möglichst hoch gewählt. Dabei kann
der "Imprägnierdruck" unter Umständen den maximal zulässigen Betriebsdruck der Anlage
geringfügig überschreiten, und der "Kochdruck" weist eine an der oberen Grenze des
abgesenkten Wertebereiches liegende Größe auf.
[0021] Bei einer weiteren Ausführung der Erfindung wird der Zeitpunkt der Absenkung des
Druckes zwischen der ersten und der zweiten Phase der Kochung vorgezogen bzw. aufgeschoben,
wenn die Reißfestigkeit R des Fertigzellstoffes am Ende der Kochung einen höheren
bzw. niedrigeren Wert annehmen soll. So muß z.B. zur Erzeugung eines Zellstoffes mit
höherer Reißfestigkeit der Umschaltzeitpunkt zwischen den beiden Druckniveaus, d.h.
der Zeipunkt der Druckabsenkung, vorverlegt werden. Dies kann aufgrund der aktuell
vorliegenden Produktionsrandbedingungen manchmal notwendig sein, obwohl diese Maßnahme
zu Lasten der erzielbaren Ausbeute geht. Aufgrund der weniger intensiven Imprägnierung
in der ersten Phase T1 kann somit nur weniger Zellstoff erzeugt werden, welcher den
gewünschten hohen Wert an Reißfestigkeit aufweist.
[0022] Bevorzugt wird der Druck im Moment des Erreichens des gewünschten Wertes der Fertigkochtemperatur
abgesenkt. Gegebenenfalls kann mit der Druckabsenkung auch gewartet werden, bis der
Prozeß der Hauptkochung zu Beginn der zweiten Phase in Gang gekommen ist. In diesem
Fall erfolgt die Druckabsenkung bevorzugt 30 % nach Ablauf des Zeitraumes zwischen
dem voraussichtlichen Erreichen der Fertigkochtemperatur und dem Ende der Kochung.
[0023] Gemäß einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die Fertigkochtemperatur
T(T2) in der zweiten Phase 12 der Kochung begrenzt, wenn aufgrund der vorliegenden
Prozeßbedingungen die zu erwartende Ausbeute an Fertigzellstoff mit einem gewünschten
Wert an Reißfestigkeit abnimmt. Durch diese Beeinflussung der Kochtemperatur als "Hauptprozeßgröße"
in der zweiten Phase der Kochung werden Ausbeuteverluste duch versehentliche "Überkochung"
der Suspension vermieden.
[0024] An dem in FIG 2 in strichlierter Linie eingetragenen Zeitverlauf der Ausbeute A(t)
für den höheren Wert TM2 der Kochtemperatur ist zu erkennen, daß in diesem Fall die
Ausbeute im Verlauf der zweiten Phase T2 der Kochung schneller abnimmt, da insgesamt
der Kochprozeß schneller abläuft. Dementsprechend tritt auch der dazugehörige Zeitverlauf
der Reißfestigkeit R(t) bei der höheren Fertigkochtemperatur TM2 früher auf, d.h.
erreicht früher sein Maximum und fällt schneller wieder ab. So tritt im Beispiel der
FIG 2 das Reißfestigkeitsmaximum annähernd im Zeitpunkt t0 auf, während die Reißfestigkeit
in den Zeitpunkten t1 und t2 bereits einen negativen Gradienten hat.
[0025] Durch die erfindungsgemäße Maßnahme der Begrenzung des Kochdruckes in der zweiten
Phase der Kochung wird somit die "Steuerbarkeit" des Prozesses mit dem Ziel der Aufrechterhaltung
einer gewünschten hohen Ausbeute an Zellstoff mit einem vorgegebenen Wert an Reißfestigkeit
weiter verbessert. Aufgrund des reduzierten Kochdruckes in der zweiten Phase wirken
die chemischen Reaktionsstoffe in der Kochflüssigkeit ohnehin nur gebremst auf die
Zellstoffasern ein. Wird darüber hinaus insbesondere bei der Gefahr einer "Überkochung"
des Zellstoffes durch Zerkochung auch die Fertigkochtemperatur begrenzt, so ist es
leichter möglich, einen Fertigzellstoff z.B. mit definierter Lignin-Restkonzentration
bzw. Reißfestigkeit einzustellen.
[0026] Die Begrenzung der Kochtemperatur kann bevorzugt auf zwei unterschiedliche Arten
erfolgen. So kann z.B. für die gesamte zweite Phase T2 der Kochung der maximal zulässige
Wert Tmax der Fertigkochtemperatur T(T2) abgesenkt sein. Dies ist insbesondere dann
von Vorteil, wenn der Wert des "Kochdruckes" zu Beginn der zweiten Phase aufgrund
der vorliegenden Prozeßrandbedingungen an der oberen Grenze des zulässigen Wertebereiches
liegt. Die Begrenzung des maximal zulässigen Wertes der Kochtemperatur begünstigt
die "Steuerbarkeit" des Systems und vermindert somit die Gefahr einer Verfehlung der
gewünschten Ausbeute und gegebenenfalls Reißfestigkeit im Fertigzellstoff mit Ende
der Kochung.
[0027] Andererseits kann die Begrenzung der Fertigkochtemperatur auch durch eine Absenkung
des Sollwertes für die Fertigkochtemperatur in der zweiten Phase T2 erfolgen. In diesem
Fall wird der Sollwert bevorzugt gegen Ende der Kochung bzw. im letzten Drittel der
zweiten Phase T2 abgesenkt. Dies ist im Beispiel der FIG 1 dargestellt. Dabei erfolgt
etwa im Zeitpunkt 7,7 Stunden eine in strichlierter Linie eingetragene Absenkung der
Kochtemperatur von ca. 130° C auf ca. 120° C. Dementsprechend weist z.B. bei der Zellstoffherstellung
nach dem "Sulfitverfahren" die Temperaturabsenkung bevorzugt einen Wert von 5 bis
10° C auf.
[0028] Die erfindungsgemäßen Maßnahmen der Druckabsenkung zu Beginn der zweiten Kochphase
und einer eventuellen zusätzlichen Temperaturbegrenzung in der zweiten Kochphase erhöhen
durch Harmonisierung des Prozeßablaufs dessen Steuerbarkeit. Es ist somit durch präzisere
Vorgabe eines Abbruchzeitpunktes mit einer größeren Genauigkeit möglich, einen gewünschten
Wert an Reißfestigkeit aufweisenden Fertigzellstoff mit möglichst großer Ausbeute
zu erzeugen.
[0029] Eine besonders vorteilhafte Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
weist einen programmgesteuerten Rechner auf, insbesondere eine sogenannte speicherprogrammierbare
Steuerung, ein Automatisierungssystem oder einen Prozeßrechner. Dieser enthält ein
Programm zur Steuerung der Kochung, mit mindestens einem Fuzzy-Regler zur Führung
des Druckes p(t) und gegebenenfalls der Fertigkochtemperatur. Insbesondere werden
damit die jeweils optimalen Werte des "Imprägnierdruckes" p(T1), des "Kochdruckes"
p(T2), des Umschaltzeitpunktes zwischen beiden Druckwerten, der optimalen Fertigkochtemperatur
TM(T2), deren möglicher Begrenzung bzw. Absenkung gegen Ende der Kochung und der im
Hinblick auf die Erzielung eines Zellstoffes mit gewünschter Reißfestigkeit optimale
Abbruchzeitpunkt der Kochung bestimmt. Aufgrund der Tatsache, daß einem Fuzzy-Regler
die Eingangsgrößen nicht in einer meßtechnisch exakten Weise zugeführt werden müssen,
sondern daß es ausreichend ist, die Eingangsgrößen lediglich in "unscharfer Weise"
groben Werteteilbereichen zuzuordnen, ist ein bevorzugt programmtechnisch realisierter
Fuzzy-Regler zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Steuerung der Kochung
einer Suspension aus Holzstoff und Kochflüssigkeit in einer Anlage zur Herstellung
von Zellstoff besonders geeignet.
[0030] Als Eingangsgrößen werden einem derartigen Fuzzy-Regler bevorzugt Sollwerte für die
Reißfestigkeit und Ausbeute des Fertigzellstoffes, und Istwerte für die aktuelle Holzqualität
und die Konzentrationen der chemischen Reaktionsstoffe in der Kochflüssigkeit vorgegeben.
Für den Fall, daß die Anlage zur Zellstoffherstellung nach dem Chargenprinzip betrieben
wird, können dem Fuzzy-Regler als Eingangsgrößen zusätzlich die am Ende der vorangegangenen
Charge an Zellstoff aufgetretenen Istwerte der Reißfestigkeit und Ausbeute als Eingangsgrößen
zugeführt werden.
[0031] So ist im linken Teil der FIG 3 ein beispielhafter Satz von Eingangsgrößen bevorzugt
für einen Fuzzy-Regler zur Führung einer im Chargenbetrieb diskontinuierliche betriebenen
Anlage dargestellt. Dabei kennzeichnet die Ergänzung (n) Istwerte, welche zu Beginn
der Bearbeitung der aktuellen Charge erfaßt wurden. Dies betrifft insbesondere die
Holzqualität Q und die Konzentrationen 1,2 von beispielhaft zwei chemischen Reaktionsstoffen
in der Kochflüssigkeit. Gegebenenfalls kann zusätzlich ein Änderungswert ΔQ der Holzqualität
als Eingangsgröße zusätzlich zugeführt werden. Darüber hinaus kennzeichnet die Ergänzung
(n-1), daß es sich bei diesem Istwert um einen Ergebniswert der Kochung einer vorangegangenen
Charge handelt. Dies betrifft insbesondere die Reißfestigkeit R, die erzielbare Ausbeute
B bzw. den auftretenden Ausschuß A. Auch in diesen Fällen können zusätzlich Änderungswerte
ΔR, ΔB, ΔA zusätzlich als Eingangsgrößen zugeführt werden. Als Ausgangsgröße gibt
der Fuzzy-Regler zumindest Stellgrößen für den "Imprägnierdruck" p(T1) in der ersten
Phase der Kochung, für den "Kochdruck" p(T2) in der zweiten Phase der Kochung und
bevorzugt für die maximal zulässige Fertigkochtemperatur TM(T2) vor.
[0032] Gemäß einer weiteren Ausführung der Erfindung enthält das Programm zur Steuerung
der Kochung in der Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens zusätzlich ein "neuronales
Netz" NZ zur Führung des Druckes und gegebenenfalls der Fertigkochtemperatur in der
Anlage zur Zellstoffherstellung. Nach Inbetriebsetzung wird die Anlage vom Fuzzy-Regler
geführt. Das neuronale Netz wird dabei zwar mit den gleichen Eingangsgrößen versorgt,
läuft aber für die Dauer von dessen Adaption ohne Verbindung mit der Anlage parallel
mit. Erst nach Abschluß der Adaption des neuronalen Netzes übernimmt es anstelle des
Fuzzy-Reglers die Führung der Anlage.
[0033] In FIG 3 ist bildlich ein neuronales Netz NZ dargestellt, dem der bereits oben beschriebene
Satz an Eingangsgrößen zugeführt wird. Die Grobstruktur des neuronalen Netzes ist
der Struktur des Fuzzy-Reglers adäquat. Dies äußert sich zumindest in einem übereinstimmenden
Satz an Ein- und Ausgangsgrößen. Bekanntlich weist ein neuronales Netz eine Vielzahl
von zu Gruppen zusammengefaßten sogenannten "Neuronen" auf.
[0034] So ist im Beispiel der Figur 3 jeder Eingangsgröße ein Neuron aus dem Satz der Eingangsneurode
EN zugeordnet. Entsprechend weist der Satz aus Ausgangsneuronen AN je ein Neuron zur
Abgabe einer Ausgangsgröße auf. Dazwischen sind im Beispiels der Figur 3 zwei weitere
Sätze von Neuronen vorhanden, welche als "hidden-layers" HL1,HL2 bezeichnet werden.
Die Neuronen des Netzes sind über eine Vielzahl von Verbindungen miteinander verschaltet,
welche mit sogenannten "Gewichten" bewertet sind. Im Rahmen der "Adaption" des Netzes
wird die Struktur dieser Verbindungen und die Werte der "Gewichte" pro Verbindung
im Rahmen einer Regressionsrechnung in Abhängigkeit von den aktuellen Werten der jeweiligen
Eingangsgrößen bestimmt. Erst nach Abschluß dieser Adaption kann das neuronale Netz
den Satz der Eingangsgrößen in den Satz an Ausgangsgrößen abbilden. Zu diesem Zweck
muß das neuronale Netz zumindest einmal nach Inbetriebsetzung der Anlage zur Zellstoffherstellung
zum Durchlaufen der Adaption eine gewisse Zeit mit aktuellen Eingangsgrößen versorgt
werden. Dabei läuft es parallel zum Fuzzy-Regler im sogenannten "off-line" Betrieb.
Erst nach Abschluß der Adaption, d.h. nach Bestimmung der "Gewichte" für jede neue
Neuronverbindung, kann das neuronale Netz den Fuzzy-Regler ablösen und die prozeßtechnische
Führung der Anlage zur Zellstoffherstellung übernehmen. Bei einer anderen Ausführungsform
der Erfindung ist die Adaption des neuronalen Netzes ständig in Betrieb und es werden
hierzu zumindest die Istwerte der Reißfestigkeit und Ausbeute des Fertigzellstoffes
ständig als Eingangsgrößen zurückgeführt.
[0035] Ein neuronales Netz ist besonders gut geeignet zur Ausführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens.
1. Verfahren zur Steuerung der Kochung einer Suspension aus Holzstoff und Kochflüssigkeit
in einer Anlage zur Herstellung von Zellstoff, wobei
a) in der ersten Phase (T1) der Kochung während der Aufheizung (TM(t)) die Suspension
einem Druck mit einem möglichst hohen Wert (p(T1)) ausgesetzt wird ("Imprägnierdruck"),
und
b) für die zweite Phase (T2) der Kochung der Suspension mit Fertigkochtemperatur (TM(T2))
der Wert des Druckes (p(T2)) abgesenkt ist ("Kochdruck").
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei bei Auftreten von Werteveränderungen bei den Konzentrationen
der chemischen Reaktionsstoffe in der Kochflüssigkeit die Werte des Druckes (p(T1)
bzw. p(T2)) in der ersten und/oder zweiten Phase der Kochung (T1 bzw.T2) der Suspension
in umgekehrter Richtung verändert werden.
3. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei der Zeitpunkt der Absenkung
des Druckes zwischen der ersten und der zweiten Phase (T1,T2) der Kochung vorgezogen
bzw. aufgeschoben wird, wenn die Reißfestigkeit (R) des Fertigzellstoffes am Ende
der Kochung einen höheren bzw. niedrigeren Wert annehmen soll.
4. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Fertigkochtemperatur
(T(T2)) in der zweiten Phase (T2) der Kochung begrenzt wird, wenn aufgrund der vorliegenden
Prozeßbedingungen die zu erwartende Ausbeute an Fertigzellstoff mit einem gewünschten
Wert an Reißfestigkeit (R) am Ende der Kochung abnimmt.
5. Verfahren nach Anspruch 4, wobei für die zweite Phase (T2) der Kochung der maximal
zulässige Wert (Tmax) der Fertigkochtemperatur (T(T2)) abgesenkt ist.
6. Verfahren nach Anspruch 4 oder 5, wobei in der zweiten Phase (T2) der Kochung der
Sollwert für die Fertigkochtemperatur (T(T2)) gesenkt wird.
7. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
mit einem programmgesteuerten Rechner, insbesondere einer speicherprogrammierbaren
Steuerung, einem Automatisierungssystem oder einem Prozeßrechner, welcher ein Programm
zur Steuerung der Kochung enthält mit mindestens einem Fuzzy-Regler zur Führung des
Druckes (p(T1),p(T2)) und gegebenenfalls der Fertigkochtemperatur (TM(T2)) in der
Anlage zur Zellstoffherstellung.
8. Vorrichtung nach Anspruch 7, wobei
a) das Programm zur Steuerung der Kochung zusätzlich ein neuronales Netz (NZ) zur
Führung des Druckes und gegebenenfalls der Fertigkochtemperatur in der Anlage zur
Zellstoffherstellung aufweist, und
b) nach Inbetriebsetzung wird die Anlage vom Fuzzy-Regler geführt wird und das neuronale
Netz mit den gleichen Eingangsgrößen versorgt wird, das Netz für die Dauer der Adaption
ohne Verbindung mit der Anlage parallel mitläuft, und nach Abschluß der Adaption anstelle
des Fuzzy-Reglers die Führung der Anlage übernimmt.