[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bewegungssteuerung einer Giesspfanne.
Bestehende automatische Giessanlagen zum wiederholten geregelten Einfüllen flüssiger
Metalle aus einer kippbaren Pfanne in nacheinander zugeführte Formen funktionieren
folgendermassen: Die Schmelze läuft während des Giessens über einen Schnauzenstein
mit dem Radius R aus der Pfanne, wobei die Kippachse der Pfanne mindestens annähernd
durch den Mittelpunkt dieses Radius' verläuft, derart, dass unabhängig vom Kippwinkel
der Pfanne annähernd gleiche geometrische und damit strömungstechnische Verhältnisse
erreicht werden. Das Kippen erfolgt über einen geregelten Antrieb, der über mechanische
Verbindungsglieder an der Pfanne angreift. Zur Regelung dieses Kippantriebes können
Messonden vorgesehen sein und/oder der Giessvorgang kann weitgehend fest programmiert
sein. Mit derartigen Einrichtungen erreicht man zwar einen einwandfreien Ablauf des
Giessvorganges beim Angiessen, während des Giessens und bei Beendigung des Giessvorganges.
Es ergeben sich jedoch drei Probleme bei Anlagen, in welchen Formen automatisch in
möglichst schneller Taktfolge erstellt und gefüllt werden. Zum ersten fliesst nach
dem Signal "Giessende" der Steuerung, das das Rückkippen einleitet, eine relativ grosse
Menge Schmelze nach, bis der Giessstrahl endgültig abbricht. Zum zweiten tritt der
umgekehrte Effekt auch beim Angiessen ein, das heisst, mit dem Signal "Giessbeginn"
dauert es relativ lange, bis ein gleichmässiger, regelbarer Strahl austritt. Diese
beiden Umstände verlängern die Giesszeit merklich. Zum dritten entstehen durch die
Bewegungen um die Kippachse Fliessbewegungen bzw. Wellenbewegungen in der in der Giesspfanne
enthaltenen Schmelze, die während des raschen Zurückkippens und wieder Vorwärtskippens
der Giesspfanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden Giessvorgängen nicht zur Ruhe kommen
und mindestens zu Beginn jedes Giessvorganges das Ausfliessen der Schmelze beeinflussen
und damit eine sichere Beherrschung des Giessvorganges erschweren oder verunmöglichen.
Man war daher gezwungen, zwischen Giessende und Giessbeginn eine Wartezeit von mindestens
zwei bis drei Sekunden einzulegen, da sonst der Regelvorgang zu stark gestört war.
[0002] Ziel vorliegender Erfindung ist es, ohne Beeinträchtigung des Regelvorganges, einerseits
die Giesszeit für eine Form, anderseits auch die Zeit zwischen zwei Formen herabzusetzen
und damit die Taktfolge des Abgiessens von Formen zu erhöhen. Diese Ziele werden gemäss
dem Anspruch 1 erreicht. Gegenüber herkömmlichen Verfahren ergeben sich dadurch folgende
Vorteile: Zum einen wird die Schmelze bei gleichem Hubbetrag der Giessschnauze um
einen grösseren Winkel gekippt, was sowohl ein schnelles Zurückfliessen und damit
ein rasches Giessende als auch ein schnelles Vorwärtsfliessen und damit einen rascheren
Giessbeginn bewirkt.
[0003] Zum anderen wird die Schmelze viel weniger beschleunigt bzw. abgebremst oder anders
formuliert, es wird viel weniger kinetische Energie in die Schmelze eingeleitet, so
dass die Wellenbewegungen entscheidend herabgesetzt werden.
[0004] Eine besonders einfache, erfindungsgemässe Massnahme besteht darin, dass zum Kippen
der Giesspfanne um den Schwerpunkt der Schmelze die Kippachse angehoben bzw. gesenkt
wird.
[0005] Es ergibt sich damit eine besonders einfache konstruktive Lösung gemäss Anspruch
6, die ebenfalls Gegenstand der Erfindung ist. Es ist zwar an sich bekannt, zwei Hubantriebe
für die Giesspfanne vorzusehen (DE-C-606 988). Diese Antriebe dienen aber nur dazu,
die Giesspfanne mit der Giessform zu kuppeln und die Giessform mit der Giesspfanne
derart zu kippen, dass stets eine direkte Verbindung zwischen der Schmelze in der
Giesspfanne und in der Form besteht.
[0006] Die Erfindung betrifft schliesslich eine vorteilhafte Verwendung dieser Anlage, in
dem Sinne, dass der Kippantrieb und die Hubvorrichtung der Anlage gemeinsam zum zusätzlichen
Anheben der Giesspfanne im wesentlichen ohne Kippbewegung gesteuert werden. Es wird
damit möglich, die Giesspfanne zusätzlich anzuheben und unter Einhaltung eines genügenden
Sicherheitsabstandes zu einer Giessform, verhältnismässig weit gegen die Mitte dieser
Form, einzuführen und dann den Giessvorgang einzuleiten.
[0007] Die Erfindung wird nun anhand der Zeichnung näher erläutert.
Fig. 1 zeigt einen Schnitt durch eine bekannte Giessanlage,
Fig. 2 ist ein Schnitt durch eine erfindungsgemässe Giessanlage,
Fig. 3 ist ein Diagramm zur Erläuterung des Bewegungsablaufes beim Kippen der Giesspfanne,
und
Fig. 4 ist eine der Fig. 2 entsprechende Darstellung der Giessanlage und dient der
Erläuterung einer besonderen Verwendung bzw. Betriebsart der Anlage.
[0008] Fig. 1 zeigt mehr oder weniger schematisch eine herkömmliche Giessanlage mit einer
kippbaren Giesspfanne 1, in welcher sich die Schmelze 1a befindet. Fig. 1 zeigt den
Zustand, in welchem eine Giessform 2 soeben mit Schmelze gefüllt wurde, der Giessvorgang
also durch Rückwärtskippen der Giesspfanne 1 beendet werden soll. Dieses Rückkippen
erfolgt dadurch, dass ein Kippantrieb 3 über ein Zugorgan 4, das an einem Segment
4a angreift, um eine Kippachse 6 verschwenkt wird. Entgegen der schematischen Darstellung
in Fig. 1 ist die Giesspfanne 1 normalerweise auswechselbar in ein Gestell eingesetzt,
an welchem das Segment 4a und die Kippachse 6 angebracht sind. Der Kippantrieb 3 und
die Kippachse 6 sind in einem Gestell 5 gelagert. Die Ausgussöffnung oder Ausgussrinne
der Giesspfanne 1 weist einen Radius R bezogen auf die Kippachse 6 auf. Fig. 1 zeigt
ferner einen Sensor 7, mit Hilfe dessen ermittelt wird, wann die Schmelze im Giesstrichter
ansteigt und somit der Giessvorgang beendet werden soll.
[0009] Wie erwähnt, wird zum Beenden des Giessvorganges die Giesspfanne mit Hilfe des Kippantriebes
3 über das Zugorgan 4 im Uhrzeigersinn um die Kippachse 6 zurückgekippt, so dass keine
Schmelze mehr in die Form 2 fliesst. Aus Fig. 1 ist deutlich sichtbar, dass bei dieser
Kippbewegung praktisch das ganze Volumen der Schmelze 1a seitlich der Kippachse 6
liegt und somit insgesamt eine erhebliche Beschleunigung nach unten erfährt. Erfahrungsgemäss
führt dies zu erheblichen Schwingungen bzw. Wellenbewegungen der Schmelze. Wenn wenig
später die Giesspfanne 1 im Gegenuhrzeigersinn vorwärtsgekippt wird, um Schmelze in
eine nächste Giessform 2 einzugiessen, wird diese erhebliche Wellenbewegung noch weiter
verstärkt und führt zu einem unregelmässigen, unkontrollierten Ausfliessen der Schmelze.
[0010] Dieser Nachteil wird nun bei der erfindungsgemässen Anlage gemäss Fig. 2 vermieden.
In Fig. 2 sind entsprechende Anlageteile gleich bezeichnet wie in Fig. 1. Der Unterschied
besteht darin, dass die Kippachse 6 nicht mehr ortsfest im Maschinengestell gelagert
ist. Die Kippachse 6 ist an seitlichen Trägern 8 befestigt, welche in Führungen 9
vertikal verschiebbar sind. Am oberen Ende 10 der Träger 8 greift die Kolbenstange
11 eines hydraulischen Antriebszylinders an, welcher die Träger 8 mit der Kippachse
6 vertikal anzuheben und abzusenken gestattet, wie der Pfeil andeutet. Diese Hubbewegung
ist in Fig. 2 angedeutet, d.h. die Zeichnung zeigt die Kippachse 6 in einer oberen
Endstellung, aus welcher sie in eine untere, strichpunktiert angedeutete Stellung
um den Betrag h gesenkt werden kann.
[0011] Diese zusätzliche Hubbewegung der Giesspfanne erlaubt es nun, die Kippbewegungen
der Giesspfanne bei der Einleitung und Beendigung des Giessvorganges relativ nahe
um den Schwerpunkt der Schmelze erfolgen zu lassen. In Fig. 2 ist die Kippachse 6
zusätzlich mit K der Angriffspunkt des Zugorganes 4 am Sektor 4a mit D und der Schwerpunkt
der Schmelze mit S bezeichnet. Fig. 3 zeigt nun die Verhältnisse beim Rückwärtskippen
der Giesspfanne zur Beendigung eines Giessvorganges gemäss Anspruch 3. Die Bewegungssteuerung
erfolgt derart, dass die Kippachse 6 mit einer Geschwindigkeit V
K das Zugorgan 4 dagegen mit einer Geschwindigkeit V
D angehoben wird. Aus dem Diagramm in Fig. 3 ist ersichtlich, dass in diesem Falle
im Schwerpunkt S der Schmelze keine Vertikalbewegung erfolgt. Die Kippbewegung erfolgt
somit praktisch um den Schwerpunkt der Schmelze, was zu den oben erwähnten Vorteilen
führt. Beim Vorwärtskippen der Giesspfanne zur Einleitung eines nächsten Giessvorganges
laufen die Bewegungen umgekehrt ab, wobei allerdings dann der Weg an der Stelle D
entsprechend etwas geringer gewählt werden kann, um die Giesspfanne zusätzlich vorwärts
zu kippen. Das verhältnismässig rasche Anheben bzw. Absenken der Kippachse 6 bzw.
der Giessschnauze hat ausserdem den Vorteil, dass jeweils ein Giessvorgang schneller
abgebrochen und dass ebenso die Einleitung eines neuen Giessvorganges schneller erfolgt,
ohne dass dabei die Nachteile bekannter Anlagen in Erscheinung treten.
[0012] Die Form der Giesspfanne 1 ist so gewählt, dass sich die Lage des Schwerpunktes S
bei unterschiedlichem Inhalt der Giesspfanne in horizontaler Richtung nicht erheblich
verschiebt, so dass keine grundsätzliche Steuerung der Bewegungsabläufe in Funktion
des Pfanneninhaltes unbedingt erforderlich ist. Es ist jedoch durchaus möglich, je
nach Pfannenform und Anforderungen, die Menge der in der Giesspfanne enthaltenen Schmelze
zu ermitteln, was bei bestimmten Giessanlagen ohnehin geschieht, und die Steuerung
der Hubbewegung der Kippachse 6 und des Kippantriebes 3 nach bestimmten Vorgaben in
Funktion des Pfanneninhaltes zu regeln, so dass die fiktive Kippachse stets in der
Nähe des Schwerpunkts S liegt. Es sei hier darauf hingewiesen, dass eine Verlagerung
der Kippachse der Giesspfanne von der reellen Kippachse 6 in eine virtuelle Kippachse
im Schwerpunkt S in Horizontal- und Vertikalrichtung praktisch schwer zu realisieren
ist. Entscheidend und realisierbar ist jedoch eine Verlagerung in Horizontalrichtung
in eine Position nahe einer Vertikalen durch den Schwerpunkt S der Schmelze. Eine
gewisse Abweichung in Vertikalrichtung ist für den praktischen Betrieb unerheblich.
[0013] Fig. 4 entspricht weitgehend der Fig. 2, wobei wiederum entsprechende Teile gleich
bezeichnet sind. In Fig. 4 ist eine untere Position der Giesspfanne 1 mit 1' bezeichnet.
Beim Angiessen muss die Giesspfanne einen minimalen Abstand A von der Giessform 2
einhalten. Man könnte also mit der Giesspfanne in dieser unteren Position mit der
Giessschnauze bzw. dem Giessstrahl nur um den Betrag X1 gegen die Formmitte gelangen,
wenn man den Sicherheitsabstand A einhalten will. Hebt man aber die Giesspfanne insgesamt
aus dieser unteren Position in die ausgezogen dargestellte obere Position an, dann
kann offensichtlich unter Einhaltung des Sicherheitsabstandes A die Kippachse und
damit die Giessschnauze weiter um den Betrag X2 bis praktisch in die Mitte der Giessform
2 eintreten. Die dann erreichbare Lage der Kippachse ist mit 6' in strichpunktierten
Linien angedeutet. Es ist dann natürlich auch eine entsprechende Verschiebung des
Trägers 5 des Kippantriebes 3 der Führung 9 und des Trägers 8 in eine nach links versetzte
Position 5', 3', 9' bzw. 8' möglich. Der Hubantrieb für die Kippachse 6 erlaubt nun,
diese Möglichkeit in einfacher Weise zu nutzen, indem mittels des Hubantriebes und
des Kippantriebes die Giesspfanne 1 insgesamt translatorisch angehoben wird, um mit
dem Giessstrahl näher an die Formmitte zu gelangen. Später, wenn die Giesspfanne stärker
gekippt ist, kann man dieselbe wieder in die Normalposition absenken und in der beschriebenen
Weise den Hubantrieb und den Kippantrieb nach dem üblichen Programm steuern.
1. Verfahren zur Bewegungssteuerung einer Giesspfanne (1) mittels zweier Hubvorrichtungen
(3, 4; 8), wobei die reelle bzw. virtuelle Achse, um welche die Giesspfanne (1) gekippt
wird während des Giessens im Mittelpunkt des Radius (R) der Ausgussöffnung liegt,
dadurch gekennzeichnet, dass zur Einleitung und Beendigung des Giessens die reelle
bzw. virtuelle Achse mindestens annähernd in den Schwerpunkt der Schmelze versetzt
ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zum Kippen der Giesspfanne
(1) zur Einleitung und Beendigung des Giessens eine Kippachse (6) im Mittelpunkt der
Ausgussrinne angehoben bzw. gesenkt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Hub- bzw. Senkbewegung
der Kippachse (6) mit der Hub- bzw. Senkbewegung zum Kippen der Giesspfanne derart
koordiniert werden, dass die virtuelle Kippachse der Pfannenbewegung in die Nähe des
Schwerpunktes (S) der Schmelze zu liegen kommt.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Menge
der Schmelze (1a) ermittelt und die Kippvorgänge in Funktion dieser Menge gesteuert
werden.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Giesspfanne
(1) mittels einer Hubvorrichtung (3, 4) zum Kippen derselben und einer Hubvorrichtung
(8 bis 11) für die Kippachse (6) bei Giessbeginn zusätzlich angehoben wird, um bei
gegebener Giesshöhe weiter zur Mitte der Form (2) hin eingiessen zu können.
6. Giessanlage mit einer Giesspfanne (1), die mittels zweier Hubvorrichtungen (3, 4;
8) steuerbar ist, von welchen die eine bei der Ausgussöffnung und die andere auf der
anderen Seite der Giesspfanne angreift, und mit einer gemeinsamen Bewegungssteuerung
für die beiden Hubvorrichtungen, dadurch gekennzeichnet, dass die beiden Hubbewegungen
derart koordiniert sind, dass die Giesspfanne (1) bei Einleitung und Beendigung des
Giessens mindestens annähernd im Schwerpunkt der Schmelze gekippt wird.
7. Giessanlage nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Hubbewegung (6) bei
der Ausgussöffnung starr geführt ist.
8. Anlage nach Anspruch 6 oder 7, gekennzeichnet durch Mittel zur Erfassung der Menge
der in der Giesspfanne enthaltenen Schmelze (1a) und zur Beeinflussung der Bewegungssteuerung
in Abhängigkeit von dieser Menge.
9. Verwendung der Anlage nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Kippantrieb
(3, 4) und die Hubvorrichtung (8 bis 11) gemeinsam zum zusätzlichen Anheben der Giesspfanne
(1) im wesentlichen ohne Kippbewegung gesteuert werden.