[0001] Die Erfindung betrifft eine Mechanik für Arbeitsstühle, insbesondere Bürodrehstühle,
mit synchron verstellbarer Neigung von Rückenlehne und Sitz gemäss dem Oberbegriff
des unabhängigen Patentanspruchs 1.
[0002] Die in Büros beschäftigten Personen verbringen den überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit
in sitzender Position. Es gilt als erwiesen, dass die dabei oftmals eingenommene schlechte
Sitzhaltung massgeblich zu Rükkenschäden beiträgt. Besonders stundenlange vorgebeugte
Schreibhaltung an einem Tisch führt zu beträchtlicher Beanspruchung des Skeletts sowie
von Muskeln und Gewebe des Rückens, bis hin zur bleibenden Wirbelsäulenverkrümmung,
dem sogenannten Rundrücken (Kyphose).
[0003] Hieraus ergaben sich vielfältige Anstrengungen, die Geometrie und die Anpassungsfähigkeit
der Stühle an die jeweilige Benutzungssituation, im Sinne gesünderen Sitzens, zu verbessern.
Man erkannte, dass eine häufige - wenn auch nur kurzzeitige - Entlastung des menschlichen
Rückens durch Zurücklehnen bzw. Anlehnen in einer entspannten Position die Rückenbeanspruchung
schon wesentlich verringert.
[0004] Der, abgesehen von der Drehbarkeit, ansonsten weitgehend starre Aufbau herkömmlicher
Bürostühle war kaum geeignet, den Rücken eines Benutzers wirksam zu stützen. Allenfalls
in aufrechter Sitzposition bewirkten solche Rückenlehnen an solcherart Stühlen Positives.
Eine erste Verbesserung brachte die CH-PS 647 665, worin eine horizontal zweigeteilte
Rückenlehne mit einem unteren festen Lehnenteil und einem darüber federnd angeordneten
Lehnenoberteil vorgeschlagen wurde. Die Konstruktion ermöglichte dem Benutzer, sich
etwas entspannter nach hinten zu lehnen. Eine tatsächliche Relaxposition war jedoch
nicht erreichbar, weil sich zwar die Rückenlehne teilweise der jeweiligen Benutzungssituation
anpasste, die Sitzfläche aber dieser Anpassung nicht harmonisch folgte, sondern feststehend
angeordnet war, bzw. sich lediglich vor- und rückwärts verschieben liess.
[0005] Anschliessend wurden die Gestellkonstruktionen für Bürostühle dahingehend weiter
verbessert, dass bei Verstellung der Rückenlehne, über Hebel- und Gelenkverbindungen,
der Sitz synchron folgt, wobei jeder Rückenlehnenneigung die ergonomisch angepasste
Positionierung der Sitzfläche zugeordnet ist. Derartige Synchronmechaniken werden
beispielsweise in der CH-PS 629 945 und in der DE-OS 37 35 256 beschrieben. Diese
Mechaniken ermöglichen dem Benutzer, aus der aufrechten Arbeitshaltung durch einfaches
Lehnen mit dem Körpergewicht nach hinten - gegen die zumeist gedämpft abgefederte
Rückenlehne -, sich in eine rückwärts geneigte Relaxposition - z.B. bei einem längeren
Telefonat - zu begeben. Hierbei folgt der Sitz gleichsinnig der sich neigenden Rückenlehne,
so dass für den Benutzer eine, nach längerer aufrechter oder nach vorn gebeugter Sitzhaltung,
seine Rücken- und Hüftpartien entlastende Ruhestellung sich ergibt. Mittels solch
gestalteter Stühle, die einen leichten und häufigen Wechsel in eine entspannende Benutzerposition
erlauben, konnte der Sitzkomfort verbessert werden.
[0006] Zumeist jedoch leistet man die Büroarbeit nicht in aufrechter oder entspannter zurückgelehnter
Position, sondern in nach vorn gebeugter bis gekrümmter Haltung, um, je nach Leistungsvermögen
der Augen, in möglichst nahem Kontakt zu den auf dem Arbeitstisch befindlichen Geschäftspapieren
zu sein. Bei langer tischbezogener Arbeit sind die vorgenannten Stuhlkonstruktionen,
im Sinne gesünderen Sitzens, allerdings nur eine partielle Verbesserung, da der Benutzer
sich nur wenig in aufrechte oder zurückgelehnte Position begeben kann, hingegen muss
er überwiegend eine nach vorn gekrümmte Sitzhaltung beibehalten. In dieser Sitzhaltung
drückt der vordere Abschnitt des Stuhlsitzes gegen die Unterseite der Oberschenkel,
und die Rückenlehne stützt nicht wirksam die Rückenpartie des Benutzers, der auch
nicht veranlasst wird, die gekrümmte Haltung zu unterlassen.
[0007] Nach diesen Erkenntnissen bemühte man sich, die negativen Folgen des Dauersitzens
auch auf anderem Wege zu lindern. Nun wurden Mechaniken vorgeschlagen, wo in nach
vorn geneigter Schreibhaltung des Benutzers sich durch die Gewichtsverlagerung die
Sitzfläche nach vorn absenkt (Negativneigung). Dadurch wird der Benutzer veranlasst,
seine Wirbelsäule gerade zu stellen.
[0008] Eine Vorrichtung dieser Art ist in dem DE-Gm 81 33 573 in der Ausführung als Sekretärinnenstuhl
beschrieben. Vorgeschlagen wird darin eine Wippe, die durch wahlweisen Einbau des
Bedienungshebels von zwei verschiedenen Seiten, in der einen Variante für einen -
aus der senkrechten Grundstellung - sich nach vorn neigenden Sekretärinnenstuhl und
in der anderen Variante für einen - aus der Grundstellung - sich nach hinten neigenden
Chefsessel, geeignet ist. Dieser Vorrichtung haftet der Mangel an, dass damit nicht
alle im Büro typischen Stuhleinstellungen bzw. -bewegungsabläufe realisierbar sind.
Es sind jeweils nur die Grundstellung und die Negativneigung, respektive die Grundstellung
und die Relaxposition möglich.
[0009] Schliesslich kam eine Extremform eines Stuhles mit Negativneigung und ohne Rückenlehne
auf den Markt. In diesen Stuhl kniet sich der Benutzer hinein, er muss die Beine nach
hinten anwinkeln. Seine Knie und Schienbeine werden von einer Auflage, etwa auf halber
Höhe zwischen Sitzfläche und Fussboden, abgestützt. Diese Gestaltung ist für die praktischen
Erfordernisse im Büro - durch die gezwungene Hockstellung - wenig geeignet.
[0010] Gemäss der CH-PS 650 136 ist eine weitere Mechanik für einen Bürostuhl mit arretierbarer
Negativneigung bekannt. Um dem Benutzer dieses Stuhles wenigstens ein wenig die Möglichkeit
des Zurücklehnens zu schaffen, wurde die Rückenlehne horizontal zweigeteilt und der
obere Teil der Rückenlehne federnd an ihrem unteren Teil angebracht. Die hier vorgeschlagene
Konstruktion ist sehr aufwendig, da zwei separate Bewegungsmechaniken - unter dem
Sitz und in der Rückenlehne - erforderlich sind. Ueberdies erlaubt auch dieser Stuhl
nicht, alle Sitzhaltungen und Bewegungsabläufe einzunehmen bzw. auszuführen.
[0011] Somit gibt es nun zwei Richtungen, der schädigenden Sitzhaltung in andauernder Schreibposition
- mit der Gefahr der Rundrückenbildung - durch konstruktive Gestaltung der Bürostühle
entgegenzuwirken.
[0012] Einerseits orientierte man auf die Entwicklung von Synchronmechaniken, um dem Benutzer
häufige kurzzeitige Entspannungsphasen in rückwärts geneigter Relaxposition zu ermöglichen.
Gleichzeitig versuchte man durch eine Rückenlehnenverformung mit einer Lumbalstütze
- oft in Verbindung mit einer Anhebung der hinteren Sitzfläche - das Rückwärtsrollen
des Beckens, mit der Folge eines gekrümmten Rückens, zu verhindern. Die stützende
Wirkung der Rückenlehne tritt jedoch nur ein, wenn der Benutzer gänzlich im Stuhl
sitzt und starken Kontakt mit der Rückenlehne hat. In der Realität sitzen die meisten
Büroangestellten jedoch nicht voll im Stuhl - sondern weiter vorn auf dem Sitz - und
erhalten somit keine Stützung ihrer Rückenpartie.
[0013] Andererseits - jene Linie wird vorrangig in Skandinavien verfolgt - orientierte man
auf die Entwicklung von Mechaniken, die eine Negativneigung, in Schreibhaltung des
Benutzers, ausführen. Der sich nach vorn neigenden Sitzfläche folgt die entgegengesetzte
Reaktion des Beckens des Benutzers und damit eine zwar nach vorn geneigte, aber eben
gerade Haltung des gesamten Oberkörpers.
[0014] Die bisherigen Stuhlgenerationen lösen die Probleme des Dauersitzens nur unvollkommen.
Die modernen Synchronmechaniken sind für Benutzer vorteilhaft, deren Arbeitsaufgaben
einen häufigen Haltungswechsel zulassen. Das betrifft z.B. aufrechtes Sitzen während
Dienstbesprechungen, vorgebeugte Position bei der Aktenbearbeitung und Relaxhaltung
während längerer Telefonate sowie intensiven Nachdenkens. Mitarbeiter jedoch mit vor
allem tischbezogenen Tätigkeiten - also in vorgebeugter Haltung - können die sich
aus einer Synchronmechanik ergebenden Vorteile nur wenig nutzen. Ideal sind derartige
Konstruktionen auch nicht für den Aufstehvorgang. Der Benutzer muss sich aus einer
ungünstigen Grundposition heraus - völlig im Stuhl in aufrechter Haltung sitzend -,
mit Anstrengung und Armunterstützung herausschwingen. Die andere Linie, wo durch eine
nach vorn - negativ - geneigte Sitzfläche die ansonsten typische schlechte Sitzposition
korrigiert wird, führt infolge des Sitzens auf schräger Ebene alsbald zu Ermüdungserscheinungen.
[0015] Für die Funktion der Mechaniken sind die eingesetzten Federn von massgeblicher Bedeutung.
Zur Realisierung der Synchronbewegung werden weitverbreitet Gasdruckfedern eingesetzt,
die teilweise zur Optimierung des Bewegungsablaufes bei der Stuhlverstellung noch
mit Schraubendruckfedern gekoppelt sind (vgl. DE-OS 39 16 474, CH-PS 629 945). Die
Verwendung von Gasdruckfedern ist jedoch in mehrfacher Hinsicht nachteilig. Zunächst
sind diese relativ teuer, was den Kostenaufwand für den gesamten Stuhl belastet. Ferner
müssen die Gasdruckfedern zur Erzielung eines vorteilhaften Bewegungsablaufes mit
mechanischen Federn gekoppelt werden. Dies führt zu weiteren Kosten und Komplizierung
der gesamten Konstruktion. Ausserdem haben Gasdruckfedern, infolge der dem Verschleiss
unterliegenden Abdichtungen, nur eine begrenzte Standzeit. Deshalb wurde neuerdings
vorgeschlagen, für die Abfederung bei der Synchronbewegung - als problemlose mechanische
Lösung - eine besonders gestaltete Torsionsfeder einzusetzen (vgl. WO 92/03072 ).
[0016] Ausgehend von den bisherigen Unvollkommenheiten existierender Stuhlmechaniken und
positiver Lösungsansätze, liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Mechanik
zu schaffen, welche die vorteilhafte Geradstellungstendenz für den menschlichen Oberkörper
bei der Negativneigung der Sitzfläche, mit den Nutzungsmöglichkeiten einer Synchronmechanik,
in sich vereinigt. Stufenlos und durchgängig sollen alle Sitzhaltungen bei den im
Büro anfallenden Arbeiten, in die Hüften und das Rückrat schonender Weise, selbstanpassend
- allein durch eine Haltungsänderung bzw. Verlagerung des Oberkörpergewichtes, ohne
Abstützen und Anheben des Gesässes - realisierbar sein. Die Vorrichtung soll dabei
für die Körpergewichtsspanne von ca. 45 kg bis ca. 120 kg ihre Funktion erfüllen und
besondere Optionen, z.B. für Personen mit sehr geringem Körpergewicht oder mit Rückgratproblemen,
bieten. Ueberdies muss die Vorrichtung, im Interesse ästhetischer Formgestaltung des
gesamten Stuhles, in kompakter Bauweise erstellt werden. Schliesslich müssen die Konstruktion
und die eingesetzten Bauteile eine effiziente und kostengünstige Serienproduktion
erlauben.
[0017] Die Erfindung ist im kennzeichnenden Teil des unabhängigen Patentanspruchs 1 definiert;
bevorzugte Ausführungsbeispiele ergeben sich aus den abhängigen Patentansprüchen.
[0018] Ein Ausführungsbeispiel der erfindungsgemässen Synchronmechanik mit integrierter
Negativneigung wird nachstehend, unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen,
beschrieben. Es zeigen:
- Fig. 1
- Stuhlmechanik (aufgeschnitten);
- Fig. 2
- Sitzstütze (aufgeschnitten);
- Fig. 3
- Stuhl in der Aufrechthaltung (Grundposition: Sitzfläche waagerecht; Rückenlehne senkrecht);
- Fig. 4
- Stuhlmechanik in der Aufrechthaltung;
- Fig. 5
- Stuhl in der Schreibhaltung (Negativneigung: Sitzfläche und Rückenlehne nach vorn
geneigt);
- Fig. 6
- Stuhlmechanik in der Schreibhaltung;
- Fig. 7
- Stuhl in der Relaxhaltung (Sitzfläche und Rückenlehne nach hinten geneigt);
- Fig. 8
- Stuhlmechanik in der Relaxhaltung;
- Fig. 9
- Option Synchronmechanik arretiert;
- Fig. 10
- Option Negativneigung arretiert und
- Fig. 11
- Option Synchronmechanik und Negativneigung arretiert.
[0019] Mit Hilfe der Figuren 1 und 2 wird zunächst der prinzipielle Aufbau erläutert. Die
Stuhlmechanik 1 ist in ihrer Gesamtheit auf das Standrohr 2 des Stuhlgestells gesteckt,
wobei das Standrohr 2 in einem Aufnahmekonus 3 der Stuhlmechanik 1 sitzt. Die Stuhlmechanik
1 besteht aus der Sitzstütze 4 - diese ist aus einem beweglichen Sitzstützenteil 5
und einem feststehenden Sitzstützenteil 6 (z.B. aus Guss) gebildet - sowie aus dem
Sitzträger 7, dem Rückenlehnenträger 8 und der Torsionsfeder 9. Der Rückenlehnenträger
8 ist einerseits mit an der Negativneigungs-Drehachse 10 und anderseits an der Sitz-Rückenlehnenträger-Drehachse
11 angelenkt. Die Negativneigungs-Drehachse 10 verläuft horizontal und mittig durch
den Aufnahmekonus 3. Negativneigungs-Drehachse 10 und Sitz-Rückenlehnenträger-Drehachse
11 liegen parallel zueinander; ebenfalls parallel dazu erstrecken sich die Torsionsfeder
9 - ihre Mittelachse ist zugleich die Synchronbewegungs-Hauptdrehachse 12 - sowie
die vordere Sitz-Drehachse 13. Der Sitzträger 7 ist einerseits auf der Sitz-Rückenlehnenträger-Drehachse
11 mit dem Rückenlehnenträger 8 gelenkig verbunden und andererseits an der vorderen
Sitz-Drehachse 13 angelenkt.
[0020] Zwischen der vorderen Sitz-Drehachse 13 und der Torsionsfeder 9 - mit dem darin befindlichen
Torsionsstab 14 - sind, beide verbindend, zwei Mitnehmerlaschen 15 in parallelem Abstand
angeordnet. Die Mitnehmerlaschen 15 haben etwa die Gestalt eines Blechwinkels, durch
deren aufragende Schenkel die Sitz-Drehachse 13 hindurchgeht und durch deren Ecken
die Torsionsfeder 9 hindurchgeht. Zur Uebertragung einer Verstellbewegung auf die
Torsionsfeder 9 sind sowohl die Verbindungen zwischen dieser und den Mitnehmerlaschen
15, als auch zwischen den Mitnehmerlaschen 15 und der vorderen Sitz-Drehachse 13 starr
(z.B. durch Verschweissen). Die zweiten Schenkel der Mitnehmerlaschen 15 sind horizontal
in die Stuhlmechanik 1 hinein gerichtet. An diesen Schenkelenden befinden sich je
eine Laschenausnehmung 16, in welche die Nase 17 eines Sperrhebels 18 für den Synchronablauf
eingeschwenkt werden kann. Der Sperrhebel 18 ist auf der Sperrhebelachse 19 gelagert.
Zwischen dem Zungenstück 20 des feststehenden Sitzstützenteiles 6 und dem darüber
befindlichen beweglichen Sitzstützenteil 5 ist ein Paar von Schraubendruckfedern 21
angeordnet. Unterhalb des Zungenstückes 20 ist ein auf einer Arretierhebelachse 22
schwenkbar gelagerter Arretierhebel 23 mit einer Arretiernase 24 angebracht. Das bewegliche
Sitzstützenteil 5 ist einerseits - wie auch der Rückenlehnenträger 8 - auf der Negativneigungs-Drehachse
10 gelagert und andererseits starr mit der durch die Aufnahmebohrungen 25 hindurchgehenden
Torsionsfeder 9 verbunden. Es ist auch möglich, die Sitzstütze 4 als einteilig federndes
Bauteil aus einer Blattfeder oder aus einem elastischen Kunststoffkörper zu gestalten,
wobei der Arretierhebel 23 dann auf diese einteilige Sitzstütze 4 wirken muss.
[0021] In der Verlängerung des Standrohres 2 und des Aufnahmekonus 3 verläuft eine zu diesem
verkleinerte Bohrung 26 durch das feststehende Sitzstützenteil 6. Aus der Bohrung
26 heraus ragt das Betätigungsgestänge 27 für die nicht dargestellte Gasdruckfeder
zur Sitzhöheneinstellung.
[0022] Anhand der folgenden Figuren wird die Synchronmechanik mit der integrierten Negativneigung
nun in den verschiedenen funktionalen Stellungen beschrieben. Dabei bedeuten:
- Vollstrichlinie
- - die momentane Stellposition
- Strich-Punkt-Strich-Linie
- - die "O"-Lage (keine Auslenkung
- gestrichelte Linie
- - die mögliche(n) Auslenkung(en)
[0023] Die Figur 3 zeigt den Stuhl in der Grundposition. Der darin sitzende Benutzer hat
eine aufrechte Haltung, wie etwa bei einer Besprechung oder dem Sortieren von Akten.
Figur 4 ist die dazugehörige Konfiguration der Stuhlmechanik 1. Das Sitzpolster auf
dem Sitzträger 7 verläuft praktisch horizontal; senkrecht dazu erstreckt sich die
auf dem Rückenlehnenträger 8 montierte Rückenlehne.
[0024] Die Torsionsfeder 9 sowie die Druckfedern 21 sind über ihre Vorspannung hinaus nicht
belastet. Der Sperrhebel 18 für den Synchronablauf ist nicht eingeschwenkt; die Sperrhebelnase
17 ist mit der Laschenausnehmung 16 nicht in Eingriff und die Sperrhebelachse 19 liegt
am unteren Zapfen der Laschenausnehmung 16 an. Gleichwohl könnte in dieser Grundposition
der Sperrhebel 18 eingeschwenkt werden (s. hierzu die Erläuterung zu Fig. 9 und 11).
[0025] In dieser Grundposition bleibt die Synchronmechanik unbetätigt. Der Benutzer bringt
sein Körpergewicht - in der senkrechten Sitzhaltung - so zentral auf den Stuhl, dass
die Rückenlehne nicht aus der "O"-Stellung ausgelenkt wird. Seinen Rücken drückt der
Sitzende nicht gegen die Rückenlehne und die Krafteinwirkung auf den Rückenlehnenträger
8 durch das auf die Sitz-Rückenlehnenträger-Drehachse 11 lastende Körpergewicht wird
durch die Vorspannung der Torsionsfeder 9 kompensiert. Die Synchronbewegungs-Hauptdrehachse
12, die vordere Sitz-Drehachse 13, die Sitz-Rückenlehnenträger-Drehachse 11 und der
zusätzlich auf der Negativneigungs-Drechachse 10 angelenkte Rückenlehnenträger 8 sind
nicht verdreht.
[0026] Durch die in senkrechter Benutzungshaltung auf den Stuhl aufgebrachte Körpergewichtsverteilung
erfolgt auch keine Betätigung der Negativneigung in Form eines Nach-Vorn-Schwenkens
der Stuhlmechanik 1 um die Negativneigungs-Drehachse 10 und gegen das feststehende
Sitzstützteil 6. Die Normalbelastung des Sitzträgers 7 kompensiert die Vorspannung
der Druckfedern 21; überdies reduziert sich die auf den vorderen Teil des Sitzes wirkende
Belastung dadurch, dass der Benutzer etwas Gewicht mit seinen auf dem Fussboden abgestützten
Füssen abfängt. Die Spannweite, im Bereich der Druckfedern 21 zwischen dem Zungenstück
20 des feststehenden Sitzstützenteils 6 und dem darüberliegenden, schrägen Ausläufer
des beweglichen Sitzstützenteils 5, hat ihr Maximum. Hingegen ist die Spannweite zwischen
dem Zungenstück 20 und dem darunterliegenden, abgewinkelten Ausläufer des beweglichen
Sitzstützenteils 5 minimal, so dass der Arretierhebel 23 für die Negativneigung, mit
seiner Arretiernase 24, nicht unter das Zungenstück 20 eingeschwenkt werden kann.
Im Falle der Aktivierung der Negativneigung führt das bewegliche Sitzstützenteil 5,
im Bereich der Druckfeder 21 und der darunterliegenden Arretierhebelachse 22, eine
abwärts schwenkende Drehbewegung aus. Da die Arretierhebelachse 22 mit dem beweglichen
Sitzstützenteil 5 fest verbunden ist, würde die sich vergrössernde Spannweite schliesslich
ein Einschwenken des Arretierhebels 23 ermöglichen. Bei einer Haltungsänderung bzw.
Gewichtsverlagerung durch den Benutzer könnte sich die Stuhlmechanik 1, je nach Richtung
der Belastung, aus der Grundposition - ohne eingeschwenkten Sperrhebel 18 - nach vorn,
in Richtung der Negativneigung, oder nach hinten, in Richtung der Relaxhaltung, übergangslos
neigen.
[0027] Die Figur 5 zeigt den Stuhl in der Negativneigung. Der darin sitzende Benutzer hat
eine nach vorn gebeugte Haltung, wie etwa beim Schreiben. Figur 6 ist die dazugehörige
Konfiguration der Stuhlmechanik 1. Das Sitzpolster auf dem Sitzträger 7 ist etwas
nach vorn geneigt, ebenfalls neigt sich die Rückenlehne vorwärts. Die Darstellung
betrifft die vordere Endlage der Negativneigung. Es sind jedoch stufenlos alle Zwischenpositionen
möglich, je nach Belastung durch die Gewichtsverlagerung.
[0028] In dieser Position ist die Synchronmechanik - wie auch in Figur 3 und 4 - nicht aktiviert.
Insoweit gilt Analogie zur vorangehenden Erläuterung. Durch die Schreibhaltung des
Benutzers verändert sich die Gewichtsverteilung dahingehend, dass auf den vorderen
Teil der Sitzfläche ein erhöhter Druck ausgeübt wird, der gegen die Druckfedern 21
wirkt und zu einem mehr oder weniger weiten, bis zu einem Anschlag reichenden Nach-Vorn-Schwenken
der Stuhlmechanik 1 um die Negativneigungs-Drehachse 10, abhängig vom Mass der Gewichtsverlagerung,
führt.
[0029] In der grössten Negativneigung sind die Druckfedern 21 maximal zusammengedrückt und
die Spannweite - im Federbereich - zwischen dem Zungenstück 20 und dem darüberliegenden,
schrägen Ausläufer des beweglichen Stützenteils 5 ist auf ein Minimum verengt. Entgegengesetzt
verhält es sich mit der Spannweite zwischen dem Zungenstück 20 und dem darunterliegenden,
abgewinkelten Ausläufer des beweglichen Sitzstützenteils 5. Diese hat sich maximal
vergrössert, so dass der Arretierhebel 23 mit der Arretiernase 24 unter das Zungenstück
20 eingeschwenkt werden könnte (s. hierzu die Erläuterung zu Fig. 10 und 11).
[0030] Richtet sich nun der Benutzer wieder auf, bewirkt die Belastungsänderung eine gleitende
Rückstellung der Negativneigung. Und lehnt er sich nach hinten, erfolgt ein stufenloser
Uebergang in die Relaxhaltung.
[0031] Die Figur 7 zeigt den Stuhl in der Relaxhaltung. Der darin Sitzende hat eine nach
hinten geneigte Position, wie etwa bei einem längeren Telefonat, eingenommen. Figur
8 ist die entsprechende Konfiguration der Stuhlmechanik 1. Das Sitzpolster auf dem
Sitzträger 7 ist vorn minimal angehoben, hinten aber deutlicher abgesenkt. Gleichsinnig
nach hinten geneigt ist auch die Rückenlehne. Die Darstellung illustriert die hintere
Endlage bei der Relaxhaltung. Stufenlos sind auch hier alle Zwischenpositionen möglich,
in Abhängigkeit vom Druck gegen die Rückenlehne als Folge der Gewichtsverlagerung.
[0032] In dieser Position ist die Negativneigung ohne Belang. Da kein entsprechend erhöhter
Druck auf den vorderen Teil der Sitzfläche ausgeübt wird, stellt sich die Negativneigung
durch die Wirkung der Druckfedern 21 auf den "O"-Wert, d.h. es findet kein Verschwenken
der Stuhlmechanik 1 um die Negativneigungs-Drehachse 10 statt. Weil ein Einschwenken
des Arretierhebels 23 für die Negativneigung nur bei der maximalen Negativneigung
möglich ist, scheidet ihr Arretieren hier natürlich völlig aus.
[0033] Bei der Relaxhaltung ist die Synchronmechanik in Funktion. Ausreichender Druck vom
Benutzer gegen die Rückenlehne bewirkt ein Nach-Hinten-Schwenken dieser und ein Absenken
des Rückenlehnenträgers 8 um die Negativneigungs-Drehachse 10, an welcher der Rückenlehnenträger
8 mit angelenkt ist. Gleichzeitig wird der an der Sitz-Rückenlehnenträger-Drehachse
11 angelenkte Sitzträger 7 nach unten und weiter nach hinten gezogen. Dies wiederum
hat zur Folge, dass durch die Gelenkverbindung zwischen dem Sitzträger 7 und den Mitnehmerlaschen
15, auf der vorderen Sitz-Drehachse 13, die Mitnehmerlaschen 15 um die Synchronbewegungs-Hauptdrehachse
12 geschwenkt, quasi gezogen werden. Da die Mitnehmerlaschen 15 aber einerseits fest
(z.B. verschweisst) an der vorderen Sitz-Drehachse 13 befestigt sind und andererseits
in Eingriff mit dem Torsionsstab 14 stehen, wird das zunehmende Rückwärtsschwenken
der Rückenlehne, gegen die mit dem Verdrehungswinkel des Torsionsstabes 14 steigende
Federkraft, betrieben. Durch zwei Anschläge - z.B. die Sperrhebelachse 19 gegen den
oberen und den unteren Zapfen der Laschenausnehmungen 16 - wird der Schwenkbereich
der Rückenlehne innerhalb der Synchronbewegung begrenzt.
[0034] Richtet sich der Benutzer aus einer hinteren Relaxposition auf - der Druck gegen
die Rückenlehne wird schwächer oder entfällt ganz -, so zieht die Torsionsfeder 9
die Rückenlehne in eine zunehmend senkrechte Lage und gleichsinnig harmonisch richtet
sich die Sitzfläche waagerecht aus. Beugt sich der Benutzer weiter nach vorn, würde
in gleitendem Uebergang von der Synchronbewegung zur Negativneigung gefahren werden.
[0035] Für besondere Fälle sind an der Stuhlmechanik 1 Optionen vorgesehen. Figur 9 zeigt
den aus der "Offen"-Stellung eingeschwenkten Sperrhebel 18, wodurch die Synchronbewegung
blockiert ist und die Stuhlmechanik 1 in der Grundposition steht. Ein Schwenken in
die Negativneigung ist aus dieser Position heraus möglich. Die Option der Sperrung
der Synchronbewegung hat seinen Sinn, z.B. für Personen mit Rückenproblemen, für die
ein Nach-Hinten-Neigen ausgeschlossen werden muss.
[0036] In Fig. 10 ist die Möglichkeit dargestellt, mittels des Arretierungshebels 23 die
eingenommene Maximal-Negativneigung, durch Einschwenken unter das Zungenstück 20,
zu arretieren. Der gesamte Stellbereich der Synchronbewegung kann aus der arretierten
Negativneigung heraus durchlaufen werden. Er ist lediglich um den Negativneigungs-Winkel
nach vorn versetzt und entsprechend ist die hintere Endstellung der Relaxhaltung um
diesen Betrag vorgezogen. Dienlich sein wird die Option, den Stuhl in der Negativneigung
zu arretieren, sehr leichtgewichtigen Personen, für die es stets mit gewissen Anstrengungen
verbunden wäre, die Sitzfläche gegen die Druckfeder 21 vorn herunter zu drücken.
[0037] Für ganz spezifische Anwendungen ist gemäss Fig. 11 schliesslich vorgesehen, sowohl
die Synchronbewegung durch Einschwenken des Sperrhebels 18, als auch die Negativneigung
durch Einschwenken des Arretierhebels 23 zu blockieren.
[0038] Die vorbeschriebene Synchronmechanik mit integrierter Negativneigung vereinigt alle
bisher separat genutzten positiven Erkenntnisse zur erheblichen Minderung der negativen,
schädigenden Einflüsse des Dauersitzens. Mit der vorgeschlagenen Stuhlmechanik wird
man sämtlichen, während der Büroarbeit vorkommenden Sitzhaltungen, nach modernen medizinischen
und ergonomischen Erfordernissen gerecht. Die Schaffung einer Stuhlmechanik mit einer
Bewegungsspanne von der Negativneigung bis zur hinteren Relaxhaltung, bei blosser
Gewichtsverlagerung durch die Oberkörperhaltung des Benutzers - ohne Aufstützen der
Arme oder Anheben des Gesässes - war letzlich nur durch erfinderisches, völlig neues,
konzeptionelles Verarbeiten und konstruktives Umsetzen der Belastungs- und Bewegungsabläufe
beim Sitzen, möglich.
[0039] Auf einem derart ausgestatteten Stuhl wird in der Schreibhaltung durch die sich nach
vorn, negativneigende Sitzfläche das Becken des Benutzers nach vorn gestellt, worauf
dieser automatisch seinen Rücken nicht mehr krümmt, sondern die unbedenkliche "Reiterhaltung"
einnimmt. Der Stuhl bietet die Möglichkeit normalen aufrechten Sitzens und schliesslich
die entspannende Phase beim Nachhintenlegen, wobei sich der Stuhl der Belastungshaltung
kontinuierlich, harmonisch anpasst.
[0040] Massgebliche Bedeutung kommt u.a. der Anordnung, Funktion und Verbindung der Drehachsen
sowie der Gestaltung der Sitzstütze zu.
1. Stuhlmechanik für einen Arbeitsstuhl mit einer Sitzstütze (4) und einem Rückenlehnenträger
(8), die gleichsinnig und voneinander abhängig schwenkbar angeordnet sind, wobei die
Sitzstütze (4) hinten auf einer Sitz-Rückenlehnenträger-Drehachse (11) an den Rückenlehnenträger
und vorn auf einer vorderen Sitz-Drehachse (13) angelenkt sind, und die vordere Sitz-Drehachse
(13) mit der Synchronbewegungs-Hauptdrehachse (12) - diese stellt die Längsachse einer
Torsionsfeder (9) dar - über an der vorderen Sitz-Drehachse sowie an der Torsionsfeder
fest angebrachte Mitnehmerlaschen (15) verbunden ist, und die Mitnehmerlaschen eine
Laschenausnehmung (16) aufweisen, in welcher ein Anschlag zur Begrenzung des Schwenkbereiches
vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass dem Schwenkbereich der Synchronbewegung
zwischen Sitzträger (7) und Rückenlehnenträger (8) ein Negativneigungs-Bereich, als
Neigung der Stuhlmechanik (1) nach vorn, um eine Negativneigungs-Drehachse (10) vorgeschaltet
ist und somit für den Benutzer, abhängig von seiner Sitzhaltung und der Körpergewichtsverteilung,
ein Schwenkbereich des Stuhles mit stufenlosen Uebergängen, von einer nach vorn geneigten
Position bis zu einer nach hinten geneigten Position, entsteht, indem die verbundenen
Funktionselemente der Synchronmechanik, Sitzträger (7), Mitnehmerlaschen (15), Torsionsfeder
(9) und Rückenlehnenträger (8) auf der in der Verlängerung des Standrohres (2) sich
befindenden Negativneigungs-Drehachse (10) als System aufgesetzt sind und als solches
um diese Drehachse auf einer nachgiebigen Sitzstütze (4) schwenkbar sind.
2. Stuhlmechanik nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Sitzstütze (4) aus
einem feststehenden Sitzstützenteil (6), welches einen Aufnahmekonus (3) zum Aufstecken
auf das Standrohr (2) aufweist, und aus einem beweglichen Sitzstützenteil (5) besteht,
wobei das bewegliche Sitzstützenteil (5) mittels einer Druckfeder (21) am feststehenden
Sitzstützenteil (6) abgefedert ist.
3. Stuhlmechanik nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das bewegliche Sitzstützenteil
(5) der Sitzstütze (4) auf der Negativneigungs-Drehachse (10) federnd gelagert ist
oder die Sitzstütze (4) als elastisches Bauteil im ganzen selbst federt.
4. Stuhlmechanik nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass als selbstfedernde Sitzstütze
(4) eine Blattfeder oder ein elastisches Kunststoffbauteil eingesetzt wird.
5. Stuhlmechanik nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Optionen zur separaten
Verriegelung des Synchronablaufes mittels eines Sperrhebels (18), und der Negativneigung
mittels eines Arretierhebels (23) vorgesehen sind.
6. Stuhlmechanik nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Verriegelung des Synchronablaufes
durch Einschwenken des Sperrhebels in eine Laschenausnehmung (16) an der Mitnehmerlasche
(15) erfolgt.
7. Stuhlmechanik nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Verriegelung der Negativneigung
durch Einschwenken des Arretierhebels (23) gegen das bewegliche Sitzstützteil (5)
erfolgt.
8. Stuhlmechanik nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Positionierung der
Drehachsen, Negativneigungs-Drehachse (10), Synchronbewegungs-Hauptdrehachse (12),
vordere Sitz-Drehachse (13) und Sitz-Rückenlehnenträger-Drehachse (11) sowie die Dimensionierung
der Vorrichtungsbauteile derartig vorgenommen wird, dass die Stuhlmechanik (1) auf
die blosse Gewichtsverlagerung mit dem Oberkörper des Benutzers in ihrem gesamten
Schwenkbereich reagiert.