[0001] RS-Thioctsäure (DL-alpha-Liponsäure) wird in pharmazeutischen Formulierungen sowohl
in Infusionslösungen bzw. auch als feste galenische Formulierung zur oralen Anwendung
eingesetzt.
Wenn im folgenden von Thioctsäure die Rede ist, sind immer sowohl die enantiomerenreinen
Verbindungen (R- oder S-Thioctsäure) als auch das racemische Gemisch (R,S-Thioctsäure)
und Mischungen mit beliebigen Gehalten an Enantiomeren zu verstehen.
Verwendet wird hierfür auf synthetischem Wege gewonnene DL-Thioctsäure, die über die
Vorstufe der Dihydroliponsaüre (6,8-Dimercaptooctansäure) durch Oxidation gewonnen
wird. Das synthetische Verfahren kann hier auch so durchgeführt werden, daß aus enantiomerenreiner
R- oder S-Dihydroliponsäure enantiomerenreine R- oder S-Thioctsäure erzeugt und vorteilhaft
eingesetzt werden kann (D- oder L-alpha-Liponsäure) DE 41 37 773.7, EP 0427247. Enantiomerenreine
R-Thioctsäure und S-Thioctsäure ist auch nach dem in der DE-OS 36 29 116 beschriebenen
Verfahren zugänglich.
[0002] Die bisher erhältliche Ware lag in einer für die pharmazeutische Verarbeitung nicht
sehr günstigen Form vor: sie war nicht rieselfähig, was zu Ungleichmäßigkeiten bei
der Füllung führte und einen erhöhten Einsatz an Hilfsstoffen, oder eine intensive
Granulation erforderte, um mit diesem Wirkstoff pharmazeutische Tabletten herzustellen.
Darüberhinaus neigt sie zum Stauben, was sich vom Standpunkt des Arbeitsschutzes als
nachteilig erweist.
[0003] Aufgabe der vorliegenden Erfindung war die Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung
von reiner, pharmazeutisch einsetzbarer Thioctsäure in einer für die galenische Verarbeitbarkeit
günstigen Form.
[0004] Literaturbekannt sind hierfür Verfahren (Chem. Ber. 1959, 1177), bei denen die Dimercaptooctansäure
destilliert und nach Oxidation zur Thioctsäure erneut durch Destillation gereinigt
wird, um dann schließlich bei -70 °C aus Essigester kristallin erhalten zu werden.
Eine weitere Methode (J.Am.Chem.Soc.
77(1955), 416) verwendet das nach der Oxidation von Dimercaptooctansäure durch Einengen
der organischen Lösungsmittel erhältliche viskose Öl. Dieses wird mit Skellysolve
B mehrfach extrahiert wobei ein wechselnder Anteil eines "polymeren" Materials zurückbleibt.
[0005] Die vereinigten Extrakte werden angeimpft und bei Raumtemperatur oder während einiger
Stunden im Kühlschrank kristallisiert. Die Umkristallisation aus Skellysolve B ergibt
schließlich analysenreines Produkt mit einem Schmelzpunkt von 61 °C - 62 °C.
[0006] Eine weitere Vorschrift (J.Am.Chem.Soc.
77(1955) 5148) empfiehlt zur Extraktion und Kristallisation Cyclohexan wobei auch enantiomerenreine
(+)-alpha-Liponsäure auf analogem Wege erhalten wurde (J. Chem. Soc. Perkin Trans.
1(1990), 1615).
Derartig erzeugte Kristallisate weisen die von Reed et al., J.Am.Chem.Soc.,
7(1953)1267 für (+)-alpha-Liponsäure und die von ElLi Lilly für DL-alpha-Liponsäure
publizierten Röntgen-Diffraktogramme auf. [Transmissions-Röntgen Diffraktometer Aufnahmen
mit Cu K
α1-Strahlung (2 Theta)].
[0007] Die erfindungsgemäße Aufgabe wurde nun so gelöst, daß das durch Oxidation des 6,8-Dimercaptooctansäure-Natriumsalzes
in wäßriger Lösung entstehende Natriumsalz der alpha-Liponsäure durch Zusatz von Mineralsäuren
in die freie alpha-Liponsäure überführt wird und dabei direkt in ein organisches Lösungsmittel
mit einer Dielektrizitätskonstante epsilon von 2,5 bis 5,5 bei Raumtemperatur extrahiert
wird. Die entstehende organische alpha-Liponsäurelösung wird dann nach vollständiger
Phasentrennung langsam auf +10 °C bis -20 °C abgekühlt, wobei sowohl für racemische
als auch für enantiomerenreine alpha-Liponsäure ein neuartiges Kristallisat entsteht,
das ein Röntgen-Diffraktogramm mit einer neuartigen Linienintensitätsverteilung sowie
eine für die Verarbeitung geeignete Korngrößenverteilung und Partikelbeschaffenheit
aufweist. Darüberhinaus ist bei der erfindungsgemäßen Ware die Auflösegeschwindigkeit
in wässrigem Phosphat-Puffer (pH 6,8) im Vergleich zur handelsüblichen Ware erhöht
und es treten weniger Klumpen auf.
[0008] Die Verwendung der erfindungsgemäßen Lösungsmittel mit einer Dielektrizitätskonstante
von 2,5 bis 5,5 haben darüberhinaus gegenüber den literaturbeschriebenen den Vorteil,
daß sie bei der Kristallisation ein sehr reines Kristallisat liefern, während beispielsweise
eine Fällung aus Cyclohexan auch zum Einschluß von Nebenverbindungen führt. Als Lösungsmittel
können beispielsweise dienen: aliphatische Kohlenwasserstoffe mit einer Kettenlänge
von C
5 - C
7, cycloaliphatische Kohlenwasserstoffe wie Cyclopentan, Cyclohexan, Methylcyclohexan
Carbonsäureester von aliphatischen Carbonsäuren wie Essigsäure und Propionsäure mit
aliphatischen Alkoholen wie Methanol, Ethanol oder Propanol sowie Ether aus aliphatischen
Alkoholen mit einer Kettenlänge von 1-4 Kohlenstoffatomen.
[0009] Die Ether können auch ringgeschlossen sein, wie beispielsweise Tetrahydrofuran oder
Dioxan. Auch Mischungen der vorgenannten Lösungsmittel können eingesetzt werden.
[0010] Bei der Synthese von Thioctsäure anfallende Nebenprodukte sind beispielsweise 6-Mercapto-8-chloroctansäure
oder 6-Chlor-8-mercaptooctansäure, die nach Oxidation des Stoffgemisches mit 6,8-Dimercaptooctansäure
polymere Disulfide bilden. Die Disulfide müssen, um eine pharmazeutische Anwendung
zu erlauben, mit der Mutterlauge abgetrennt werden.
[0011] Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe, während der Synthese anfallende Nebenprodukte
ohne Destillation der 6,8-Dimercaptooctansäure oder der Thioctsäure selbst zu entfernen,
kann so einfach und ohne die sonst zu erwartende Zersetzung der Octansäuren erreicht
werden.
[0012] Die erfindungsgemäße Ware löst sich darüberhinaus schneller als Ware gemäß des Standes
der Technik und bildet keine Agglomerate.
[0013] Die erfindungsgemäße Ware besitzt in wäßriger Lösung (1 g Thioctsäure in 20 ml 1N
NaOH) eine Extinktion von < 0,300 (430 nm), Schichtdicke 1 cm.
Beispiel 1
[0014]
- Einsatzmengen:
- 50,0 g R(+)-α-Liponsäure
500 ml Gemisch aus Cyclohexan/Essigester 2:1
Durchführung:
[0015] 50 g R(+)-α-Liponsäure wurden in 500 ml Lösungsmittelgemisch bei Raumtemperatur eingetragen.
Die Temperatur sank auf 10 °C und nach wenigen Minuten erhielt man eine klare Lösung.
Geringe Mengen Polymeranteile blieben ungelöst zurück.
Die Lösung wurde abdekantiert und langsam unter Rühren mit Eiswasser abgekühlt. Anschließend
wurde mit Eis/Kochsalz-Gemisch langsam weitergekühlt.
Bei -6 °C begann der Kristallisationsprozeß. Nachdem die Hauptmenge auskristallisiert
war, wurde weiter bis auf ca -15 °C abgekühlt und 2 Stunden bei dieser Temperatur
nachgerührt.
Anschließend wurde abgesaugt und im Vakuum bei Raumtemperatur getrocknet.
- Ergebnis:
- 15,6 g R(+)-α-Liponsäure
- Ausbeute:
- 31 %
[0016] Die Mutterlauge kann für weitere Kristallisationen eingesetzt werden.
Beispiel 2
Umkristallisation von RS-α-Liponsäure aus Diisopropylether
[0017]
- Einsatzmengen:
- 50,0 g RS-α-Liponsäure
500 ml Diisopropylether
Durchführung:
[0018] 50 g RS-α-Liponsäure wurden in 500 ml Diisopropylether bei Raumtemperatur eingetragen.
Mit Warmwasser wurde langsam erwärmt. Bei 33 °C erhielt man eine klare Lösung. Geringe
Mengen Polymeranteile blieben ungelöst zurück.
Die Lösung wurde bei 33 °C abfiltriert und langsam unter Rühren mit Eiswasser abgekühlt.
[0019] Bei 15-16 °C begann der Kristallisationsprozeß. Nachdem die Hauptmenge auskristallisiert
war, wurde mit Eis/Kochsalz-Gemisch langsam weiter bis auf ca. -15 °C abgekühlt und
2 Stunden bei dieser Temperatur nachgerührt.
Anschließend wurde abgesaugt und im Vakuum bei Raumtemperatur getrocknet.
- Ergebnis:
- 38,2 g RS-α-Liponsäure
- Ausbeute:
- 76 %
Beispiel 3
Umkristallisation von RS-α-Liponsäure aus Pentan/Essigester 2:1
[0020]
- Einsatzmengen:
- 50,0 g R,S-α-Liponsäure
500 ml Gemisch aus Pentan/Essigester 2:1
Durchführung:
[0021] 50 g RS-α-Liponsäure wurden in 500 ml Lösungsmittelgemisch bei Raumtemperatur eingetragen.
Mit Warmwasser wurde langsam erwärmt.
[0022] Bei 35 °C erhielt man eine klare Lösung. Geringe Mengen Polymeranteile blieben ungelöst
zurück.
Die Lösung wurde bei 35 °C abfiltriert und langsam unter Rühren mit Eiswasser abgekühlt.
Bei 16-17 °C begann der Kristallisationsprozeß. Nachdem die Hauptmenge auskristallisiert
war, wurde mit Eis/Kochsalz-Gemisch langsam weiter bis auf ca. -15 °C abgekühlt und
2 Stunden bei dieser Temperatur nachgerührt.
Anschließend wurde abgesaugt und im Vakuum bei Raumtemperatur getrocknet.
- Ergebnis:
- 40,4 g RS-α-Liponsäure
- Ausbeute:
- 81 %
Beispiel 4
Umkristallisation von RS-α-Liponsäure aus Cyclohexan/Essigester 5:1
[0023]
- Einsatzmengen:
- 50,0 g RS-α-Liponsäure
500 ml Gemisch aus Cyclohexan/Essigester 5:1
Durchführung:
[0024] 50 g RS-α-Liponsäure wurden in 500 ml Lösungsmittelgemisch bei Raumtemperatur eingetragen.
Mit Warmwasser wurde langsam erwärmt.
Bei 41 °C erhielt man eine klare Lösung. Geringe Mengen Polymeranteile blieben ungelöst
zurück.
Die Lösung wurde bei 40 °C abfiltriert und langsam unter Rühren abgekühlt.
Bei 26-27 °C begann der Kristallisationsprozeß.
Nachdem die Hauptmenge auskristallisiert war, wurde mit Eiswasser langsam weiter bis
auf ca. 5 °C abgekühlt und 2 Stunden bei dieser Temperatur nachgerührt.
Anschließend wurde abgesaugt und im Vakuum bei Raumtemperatur getrocknet.
- Ergebnis:
- 44,4 g RS-α-Liponsäure
- Ausbeute:
- 89 %
[0025] Die erfindungsgemäß hergestellten Thioctsäuren wurden einer Röntgenbeugungsanalyse
mit Cu K-alpha-Strahlung unterzogen.
[0026] Figur 1 zeigt eine RS-Thioctsäure gemäß dem Stand der Technik, Figur 2 zeigt die
Analyse der erfindungsgemäßen RS-Thioctsäure.
[0027] Figur 3 zeigt eine R-Thioctsäure gemäß dem Stand der Technik, Figur 4 zeigt eine
Analyse der erfindungsgemäßen R-Thioctsäure.
Figurenbeschreibung
[0028]
Figur 1 stellt das Pulverdiagramm der Rohware dar. (racemisches Gemisch)
Figur 2 stellt das Pulverdiagramm der erfindungsgemäßen Ware dar. (racemisches Gemisch)
Figur 3 stellt das Pulverdiagramm einer handelsüblichen, enantiomerenreinen R-α-Liponsäure
dar
Figur 4 stellt das Pulverdiagramm einer erfindungsgemäßen, enantiomerenreinen R-α-Liponsäure
dar.
1. Kristalline RS-Thioctsäure und enantiomerenreine kristalline R- oder S-Thioctsäure,
gekennzeichnet durch folgende Eigenschaften:
a) das Intensitätsverhaltnis der Reflexionslinien bei 2θ= 18° und 2θ= 22 ° beträgt
mindestens 1 für RS-Thioctsäure, und das Intensitätsverhältnis der Reflexionslinien
bei 2θ = 18° und 2θ = 22° mindestens 2,5 für R- oder S-Thioctsäure.
b) der Extinktionskoeffizient einer Lösung von 1 g Thioctsäure in 20 ml 1N NaOH ist
< 0,300 (430 nm).
2. Verfahren zur Herstellung kristalliner Thioctsäure, dadurch gekennzeichnet, daß man
ein Teil Thioctsäure bei 10 °C bis 60 °C in 5-20 Teilen Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemisch
löst und innerhalb von 2-10 Stunden auf 0 °C bis -20 °C abkühlt, wobei das Lösungsmittel
oder das Lösungsmittelgemisch eine Dielektrizitätskonstante epsilon zwischen 2,5 und
5,5 aufweist.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Lösungsmittelgemisch ein
Gemisch aus Pentan, Cyclohexan und Essigsäureethylester oder Ethern eingesetzt wird.
4. Thioctsäure, erhältlich nach einem oder mehreren der vorhergegangenen Verfahrensansprüche.
5. Verwendung von Thioctsäure nach einem der vorstehenden Ansprüche 1-4 zur Herstellung
von Arzneimitteln.
1. Crystalline RS-thioctic acid and enantiomerically pure crystalline R- or S-thioctic
acid, characterised by the following properties:
a) the intensity ratio of the reflectance lines at 2θ = 18° and 2θ = 22° is at least
1 for RS-thioctic acid, and the intensity ratio of the reflectance lines at 2θ = 18°
and 2θ = 22° is at least 2.5 for R- or S-thioctic acid,
b) the extinction coefficient of a solution of 1 g thioctic acid in 20 ml 1N NaOH
is < 0.300 (430 nm).
2. A method for preparing crystalline thioctic acid, characterised in that one part thioctic
acid is dissolved in 5 to 20 parts solvent or solvent mixture at 10°C to 60°C and
is cooled to 0°C to -20°C over a period of 2 to 10 hours, the solvent or the solvent
mixture having a dielectric constant epsilon of between 2.5 and 5.5.
3. A method according to claim 2, characterised in that a mixture of pentane, cyclohexane
and ethyl acetate or ethers is used as the solvent mixture.
4. Thioctic acid, obtainable by one or more of the preceding method claims.
5. The use of thioctic acid according to one of the above claims 1 to 4 for the production
of medicines.
1. Acides RS-thioctique cristallin et acides R- ou S-thioctiques cristallins énantiomériquement
purs,
caractérisés par les propriétés suivantes :
a) le rapport d'intensité des lignes de réflexion à 2θ = 18 et 2θ = 22° s'élève au
moins à 1 pour l'acide RS-thioctique et le rapport d'intensité des lignes de réflexion
à 2θ = 18 et 2θ = 22° s'élève au moins à 2,5 pour l'acide R- ou S-thioctique.
b) le coefficient d'extinction d'une solution de 1 g d'acide thioctique dans 20 ml
de NaOH 1 N est < 0,300 (430 nm).
2. Procédé de production d'acide thioctique cristallin,
caractérisé en ce qu'
on dissout une partie de l'acide thioctique à 10°C à 60°C dans 5-20 parties de solvant
ou de mélange de solvants, et en l'espace de 2 à 10 heures on refroidit à 0°C à -20°C,
procédé dans lequel le solvant ou le mélange de solvants possède une constante diélectrique
epsilon comprise entre 2,5 et 5,5.
3. Procédé selon la revendication 2,
caractérisé en ce qu'
on met en oeuvre, comme mélange de solvants, un mélange à base de pentane, de cyclohexane
et d'acétate d'éthyle ou d'éthers.
4. Acide thioctique que l'on peut obtenir selon l'une ou plusieurs des revendications
de procédé précédentes.
5. Utilisation de l'acide thioctique selon l'une des revendications précédentes 1-4 en
vue de la production de médicaments.