(19)
(11) EP 0 601 420 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.06.1994  Patentblatt  1994/24

(21) Anmeldenummer: 93119134.0

(22) Anmeldetag:  27.11.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5E01B 5/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE FR NL

(30) Priorität: 10.12.1992 DE 4241607

(71) Anmelder: Elektro-Thermit GmbH
D-45139 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Müller, Reinhard
    D-45257 Essen (DE)
  • Plage, Klaus
    D-63165 Mühlheim am Main (DE)
  • Waniek, Werner
    D-60437 Frankfurt (DE)

(74) Vertreter: Rotenberg, Klaus, Dr. 
c/o Th. Goldschmidt AG Patentabteilung Goldschmidtstrasse 100
45127 Essen
45127 Essen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Schiene mit einer in Schienenlängsrichtung mittig im Schienenkopf verlaufenden Ausnehmung, welche mit schienenfremdem Material ausgefüllt ist


    (57) Schiene (1) mit einer in Schienenlängsrichtung mittig im Schienenkopf verlaufenden Ausnehmung (2) einer Breite von etwa 6 bis 25 mm und einer Tiefe von etwa 3 bis 15 mm, wobei die Ausnehmung mit einem schienenfremden Werkstoff ausgefüllt ist, mit dem Kennzeichen, daß die Ausnehmung mit einem vulkanisierten Kautschuk bis zu einer Höhe von etwa 1 bis 2 mm unterhalb der Schienenoberkante ausgefüllt ist.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine Schiene mit einer in Schienenlängsrichtung mittig im Schienenkopf verlaufenden Ausnehmung einer Breite von etwa 6 bis 25 mm und einer Tiefe von etwa 3 bis 15 mm, wobei die Ausnehmung mit einem schienenfremden Werkstoff ausgefüllt ist, sowie ein Verfahren zur ihrer Herstellung.

    [0002] Es ist bekannt, daß Schienenfahrzeuge, insbesondere in Kurven mit engen Radien, Geräusche verursachen können, deren Stärke in vielen Fällen über das erträgliche und zulässige Maß hinausgehen. Diese Geräusche werden im wesentlichen durch Schlupfschwingungen verursacht, die z.B. darauf zurückzuführen sind, daß die fest auf einer Achse angeordneten Räder bei Kurvenfahrten unterschiedliche Wege zurücklegen müssen, wodurch ein Schlupf für den Wegausgleich auftritt. Bis zum Schlüpfen tritt jedoch eine steigende Verspannung der Räder ein, bis der Haftwert zwischen Rad und Schiene überschritten wird und eine ruckartige Entspannung einsetzt. Unter ihrem Einfluß führt der Radsatz Drehschwingungen aus, deren Schwingungsenergie zum Teil als Luftschall an die Umgebung übergeht, während ein anderer Teil als Körperschall abgegeben wird.

    [0003] Diese Verhältnisse treten insbesondere bei Bahngleisen auf, die kleine Kurvenradien aufweisen. Die Steifheit und Einbettung des Rillen- bzw. Vignolschienengleises erlauben den in Kurven zwängenden und schlüpfenden Rädern der Schienenfahrzeuge unter bestimmten Berührungsverhältnissen kurze, schnelle Reibschwingungen, die zu den bekannten, in vielen Fällen unerträglichen Geräuschen hoher Tonlage führen.

    [0004] Zur Verringerung oder Verminderung dieser Quietschgeräusche sind schon zahlreiche Vorschläge gemacht worden.

    [0005] So ist aus der DE-PS 19 03 177 eine geräuschmindernde Schiene, insbesondere eine Rillenschiene für Kurven von Straßenbahngleisen, bekannt, die im Bereich der Lauf- und Führungsflächen Auflagen aus NE-Metall aufweist und im Restquerschnitt aus Stahl besteht, wobei als NE-Metall eine ein- oder mehrphasige Bronze mit mindestens 50 % Kupfergehalt und einem oder mehreren Legierungselementen, vorzugsweise Aluminium, Eisen, Mangan oder bzw. und Nickel, ausgewählt ist.

    [0006] Die DE-PS 25 54 704 betrifft eine geräuschmindernde Schiene, bei der die Fahrfläche des Schienenkopfes in eine oder mehrere im Abstand voneinander in Schienenlängsrichtung verlaufende Teilflächen unterteilt ist, die aus einem metallischen Zusatzwerkstoff bestehen, welcher einen geringeren Reibungskoeffizienten als das Material der überfahrenden Räder aufweist, wobei die Teilflächen aus auf der Fahrfläche des Schienenkopfes angeordnetem(n) Metalldraht, Metallstäben oder Schweißraupen mit einer Höhe von 3 bis 10 mm, einer Breite von 6 bis 15 mm gebildet sind.

    [0007] Gegenstand der DE-PS 38 29 340 ist eine geräuschmindernde Schiene, bei der eine in Schienenlängsrichtung verlaufende Nut mit Lagermetall ausgefüllt ist und eine mittlere Breite von 8 bis 18 mm und eine Tiefe von 3 bis 10 mm aufweist.

    [0008] Diesen bearbeiteten Schienen des Standes der Technik ist gemeinsam, daß das schienenfremde Material, welches sich in der Ausnehmung (Nut) der Schiene befindet, die Ausnehmung völlig ausfüllt und profilgerecht beschliffen ist. Es besteht ein unmittelbarer Kontakt zwischen dem Fremdmaterial und der Lauffläche des Radkranzes.

    [0009] In älteren Patentschriften ist auch bereits beschrieben worden, die in Schienenlängsrichtung verlaufende Ausnehmung mit einem nichtmetallischen Werkstoff auszufüllen.

    [0010] So betrifft die GB-PS 1 112 870 eine Schiene, bei der die Ausnehmung mit einem ausgehärteten Epoxidharz, welches mit calciniertem Bauxit gefüllt sein kann, vollständig und profilgerecht ausgefüllt ist.

    [0011] Gegenstand der US-PS 213 132 ist eine Schiene, die mittig in Längsrichtung in zwei gleiche Schienenhälften getrennt ist, welche durch Schrauben, die durch den Schienensteg geführt sind, zusammengehalten werden. Dabei wird zwischen die beiden Schienenhälften eine Packung aus Vulkanfiber oder Pappmasché eingelegt, welche das Profil des Schienenkopfes überragt. Der Radkranz der Schiene berührt beim Abrollen diese Packung.

    [0012] Schließlich sei noch auf die US-PS 209 739 hingewiesen. Gegenstand dieses Schutzrechtes ist eine Schiene mit einer in Schienenlängsrichtung verlaufenden Ausnehmung, die im Querschnitt kreisförmig ist. Diese Ausnehmung ist mit einem der Ausnehmung entsprechenden Formkörper aus Gummi oder anderem elastischen Material ausgefüllt, der das Fahrflächenprofil überragt.

    [0013] Die Vielzahl dieser Lösungsvorschläge zeigt, daß das Problem, das Quietschen von Schienen beim Befahren zu beseitigen oder wenigstens zu mindern, noch nicht zur Zufriedenheit gelöst ist. Füllt man die beschriebene Ausnehmung einer Schiene mit einem Metall oder einer Legierung, besteht die Gefahr, daß die Haftreibung der Radkränze auf dem Schienenkopf so reduziert wird, daß ein nicht mehr tolerierbarer Bremsweg resultiert. Ist das Ausfüllmaterial härter als das übrige Schienenmaterial, wird der Schienenkopf ungleich abgefahren. Ist das Ausfüllmaterial weicher als das umgebende Material des Schienenkopfes, wird beim Befahren das weichere Metall weggedrückt. Es wird auch beobachtet, daß gemäß der vorgenannten Patentschriften bearbeitete Schienen zunächst quietschfrei sind, aber nach einer gewissen Zeit doch wieder anfangen zu quietschen.

    [0014] Die vorliegende Erfindung befaßt sich mit diesem technischen Problem. Es wurde eine neue Lösung dieses Problems gefunden, die sich aus dem bisherigen Stand der Technik nicht ableiten ließ.

    [0015] Gegenstand der Erfindung ist eine Schiene mit einer in Schienenlängsrichtung mittig im Schienenkopf verlaufenden Ausnehmung einer Breite von etwa 6 bis 25 mm und einer Tiefe von etwa 3 bis 15 mm, wobei die Ausnehmung mit einem schienenfremden Werkstoff ausgefüllt ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Ausnehmung mit einem vulkanisierten Kautschuk bis zu einer Höhe von etwa 1 bis 2 mm unterhalb der Schienenoberkante ausgefüllt ist.

    [0016] Ein wesentliches Merkmal der Erfindung ist darin zu sehen, daß der vulkanisierte Kautschuk die Ausnehmung nur teilweise ausfüllt und im Bereich des Schienenkopfes ein Freiraum bleibt, der durch die Oberfläche des ausfüllenden Kautschukmaterials, den beiden vom Kautschuk nicht bedeckten senkrechten Wandflächen der Ausnehmung und der virtuellen Schienenoberkante gebildet ist und eine Tiefe von etwa 1 bis 2 mm hat. Hierdurch wird sichergestellt, daß beim Befahren einer erfindungsgemäßen Schiene der die Ausnehmung nur teilweise ausfüllende Kautschukformkörper nicht in Berührung mit dem Radkranz des abrollenden Rades kommt. Es war in hohem Maße überraschend, daß ohne Kontakt des Rades mit dem schienenfremden Füllmaterial das Quietschen beim Befahren der Schiene vermieden oder aber zumindest auf ein erträgliches Maß reduziert wird.

    [0017] Ohne den Gegenstand der Erfindung durch Theorien erklären zu wollen, hat es den Anschein, daß der Kautschuk einen schwingungsdämpfenden Einfluß ausübt, wobei die Positionierung des Kautschuks in einem bestimmten Bereich des Schienenkopfes möglicherweise auch von Bedeutung ist.

    [0018] Als vulkanisierbarer Kautschuk kann Naturkautschuk oder Synthesekautschuk verwendet werden:
    Naturkautschuk ist cis-1,4-Polyisopren, der mit Schwefel und gegebenenfalls Beschleunigern vulkanisiert werden kann.

    [0019] Synthesekautschuke sind Styrol-Butadien-Kautschuk, cis-1,4-Polybutadienkautschuk, Butylkautschuk, Ethylen-Propylen-Kautschuk, Ethylen-Vinylacetat-Copolymere, Chloroprenpolymerisate, Nitrilkautschuk, Urethankautschuk, Polysulfidkautschuk, Acrylesterkautschuk, Epichlorhydrinkautschuk, chlorsulfoniertes Polyethylen, Fluorkautschuk und Siliconkautschuk.

    [0020] Die Kautschuke können durch aktive Füllstoffe verstärkt sein. Hierzu zählen insbesondere Ruß und feinteilige Kieselsäure.

    [0021] Über die Zusammensetzung der Kautschuke, die Auswahl der im jeweiligen Falle optimalen Vulkanisationsmittel, Vulkanisationsbeschleuniger und Füllstoffe wird hierzu auf die entsprechenden Handbücher verwiesen, wie z.B. das Kunststoff-Taschenbuch, 20. Auflage von Hansjürgen Saechtling, Carl Hanser Verlag München oder Ullmanns Encyclopädie der technischen Chemie, 4. Auflage, Band 13, Verlag Chemie Weinheim.

    [0022] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist das Verfahren zur Herstellung der erfindungsgemäßen Schienen. Entsprechend diesem Verfahren bringt man in die Ausnehmung einen vulkanisierbaren Kautschuk bis zu einer Höhe von 1 bis 2 mm unterhalb der Schienenoberkante ein und vulkanisiert den Kautschuk in der für die jeweilige Kautschuksorte üblichen Weise, insbesondere durch mäßiges Erwärmen auf eine Temperatur von ≦ 150°C.

    [0023] Es ist für eine gute Verbindung des Kautschuks mit dem Material des Schienenkopfes vorteilhaft und bevorzugt, die Ausnehmung mit einem Haftvermittler (Primer) für den Kautschuk vorzubehandeln. Man kann hierfür verdünnte Lösungen des Kautschuks oder im Handel befindliche spezielle, übliche Haftvermittler verwenden. Das in den meisten Haftvermittlern enthaltene Lösungsmittel wird abgedampft, wobei die Belüftung durch ein Gebläse unterstützt werden kann.

    [0024] Die erfindungsgemäße Schiene wird durch die Figuren 1 und 2 noch näher erläutert. Fig. 1 zeigt einen Querschnitt durch eine Vignolschiene, Fig. 2 einen entsprechenden Querschnitt durch eine Rillenschiene. Bei beiden Schienen 1 ist die Ausnehmung im Schienenkopfbereich mit 2 bezeichnet. Die Ausnehmung ist mit einem vulkanisierten Kautschuk partiell in der Weise gefüllt, daß zur Schienenoberkante ein Abstand von 1 bis 2 mm eingehalten ist, der in Fig. 1 und 2 in vergrößerter Darstellung mit a bezeichnet ist.


    Ansprüche

    1. Schiene mit einer in Schienenlängsrichtung mittig im Schienenkopf verlaufenden Ausnehmung einer Breite von etwa 6 bis 25 mm und einer Tiefe von etwa 3 bis 15 mm, wobei die Ausnehmung mit einem schienenfremden Werkstoff ausgefüllt ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Ausnehmung mit einem vulkanisierten Kautschuk bis zu einer Höhe von etwa 1 bis 2 mm unterhalb der Schienenoberkante ausgefüllt ist.
     
    2. Verfahren zur Herstellung einer Schiene nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man in die Ausnehmung der Schiene einen vulkanisierbaren Kautschuk bis zu einer Höhe von 1 bis 2 mm unterhalb der Schienenoberkante einbringt und den Kautschuk in der für die jeweilige Kautschuksorte üblichen Weise, insbesondere durch mäßiges Erwärmen auf eine Temperatur von ≦ 150°C vulkanisiert.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß man die Ausnehmung in der Schiene vor dem Einbringen des Kautschuks mit einem Haftvermittler vorbehandelt.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht