[0001] Die Erfindung betrifft eine Schiene mit einer in Schienenlängsrichtung mittig im
Schienenkopf verlaufenden Ausnehmung einer Breite von etwa 6 bis 25 mm und einer Tiefe
von etwa 3 bis 15 mm, wobei die Ausnehmung mit einem schienenfremden Werkstoff ausgefüllt
ist, sowie ein Verfahren zur ihrer Herstellung.
[0002] Es ist bekannt, daß Schienenfahrzeuge, insbesondere in Kurven mit engen Radien, Geräusche
verursachen können, deren Stärke in vielen Fällen über das erträgliche und zulässige
Maß hinausgehen. Diese Geräusche werden im wesentlichen durch Schlupfschwingungen
verursacht, die z.B. darauf zurückzuführen sind, daß die fest auf einer Achse angeordneten
Räder bei Kurvenfahrten unterschiedliche Wege zurücklegen müssen, wodurch ein Schlupf
für den Wegausgleich auftritt. Bis zum Schlüpfen tritt jedoch eine steigende Verspannung
der Räder ein, bis der Haftwert zwischen Rad und Schiene überschritten wird und eine
ruckartige Entspannung einsetzt. Unter ihrem Einfluß führt der Radsatz Drehschwingungen
aus, deren Schwingungsenergie zum Teil als Luftschall an die Umgebung übergeht, während
ein anderer Teil als Körperschall abgegeben wird.
[0003] Diese Verhältnisse treten insbesondere bei Bahngleisen auf, die kleine Kurvenradien
aufweisen. Die Steifheit und Einbettung des Rillen- bzw. Vignolschienengleises erlauben
den in Kurven zwängenden und schlüpfenden Rädern der Schienenfahrzeuge unter bestimmten
Berührungsverhältnissen kurze, schnelle Reibschwingungen, die zu den bekannten, in
vielen Fällen unerträglichen Geräuschen hoher Tonlage führen.
[0004] Zur Verringerung oder Verminderung dieser Quietschgeräusche sind schon zahlreiche
Vorschläge gemacht worden.
[0005] So ist aus der DE-PS 19 03 177 eine geräuschmindernde Schiene, insbesondere eine
Rillenschiene für Kurven von Straßenbahngleisen, bekannt, die im Bereich der Lauf-
und Führungsflächen Auflagen aus NE-Metall aufweist und im Restquerschnitt aus Stahl
besteht, wobei als NE-Metall eine ein- oder mehrphasige Bronze mit mindestens 50 %
Kupfergehalt und einem oder mehreren Legierungselementen, vorzugsweise Aluminium,
Eisen, Mangan oder bzw. und Nickel, ausgewählt ist.
[0006] Die DE-PS 25 54 704 betrifft eine geräuschmindernde Schiene, bei der die Fahrfläche
des Schienenkopfes in eine oder mehrere im Abstand voneinander in Schienenlängsrichtung
verlaufende Teilflächen unterteilt ist, die aus einem metallischen Zusatzwerkstoff
bestehen, welcher einen geringeren Reibungskoeffizienten als das Material der überfahrenden
Räder aufweist, wobei die Teilflächen aus auf der Fahrfläche des Schienenkopfes angeordnetem(n)
Metalldraht, Metallstäben oder Schweißraupen mit einer Höhe von 3 bis 10 mm, einer
Breite von 6 bis 15 mm gebildet sind.
[0007] Gegenstand der DE-PS 38 29 340 ist eine geräuschmindernde Schiene, bei der eine in
Schienenlängsrichtung verlaufende Nut mit Lagermetall ausgefüllt ist und eine mittlere
Breite von 8 bis 18 mm und eine Tiefe von 3 bis 10 mm aufweist.
[0008] Diesen bearbeiteten Schienen des Standes der Technik ist gemeinsam, daß das schienenfremde
Material, welches sich in der Ausnehmung (Nut) der Schiene befindet, die Ausnehmung
völlig ausfüllt und profilgerecht beschliffen ist. Es besteht ein unmittelbarer Kontakt
zwischen dem Fremdmaterial und der Lauffläche des Radkranzes.
[0009] In älteren Patentschriften ist auch bereits beschrieben worden, die in Schienenlängsrichtung
verlaufende Ausnehmung mit einem nichtmetallischen Werkstoff auszufüllen.
[0010] So betrifft die GB-PS 1 112 870 eine Schiene, bei der die Ausnehmung mit einem ausgehärteten
Epoxidharz, welches mit calciniertem Bauxit gefüllt sein kann, vollständig und profilgerecht
ausgefüllt ist.
[0011] Gegenstand der US-PS 213 132 ist eine Schiene, die mittig in Längsrichtung in zwei
gleiche Schienenhälften getrennt ist, welche durch Schrauben, die durch den Schienensteg
geführt sind, zusammengehalten werden. Dabei wird zwischen die beiden Schienenhälften
eine Packung aus Vulkanfiber oder Pappmasché eingelegt, welche das Profil des Schienenkopfes
überragt. Der Radkranz der Schiene berührt beim Abrollen diese Packung.
[0012] Schließlich sei noch auf die US-PS 209 739 hingewiesen. Gegenstand dieses Schutzrechtes
ist eine Schiene mit einer in Schienenlängsrichtung verlaufenden Ausnehmung, die im
Querschnitt kreisförmig ist. Diese Ausnehmung ist mit einem der Ausnehmung entsprechenden
Formkörper aus Gummi oder anderem elastischen Material ausgefüllt, der das Fahrflächenprofil
überragt.
[0013] Die Vielzahl dieser Lösungsvorschläge zeigt, daß das Problem, das Quietschen von
Schienen beim Befahren zu beseitigen oder wenigstens zu mindern, noch nicht zur Zufriedenheit
gelöst ist. Füllt man die beschriebene Ausnehmung einer Schiene mit einem Metall oder
einer Legierung, besteht die Gefahr, daß die Haftreibung der Radkränze auf dem Schienenkopf
so reduziert wird, daß ein nicht mehr tolerierbarer Bremsweg resultiert. Ist das Ausfüllmaterial
härter als das übrige Schienenmaterial, wird der Schienenkopf ungleich abgefahren.
Ist das Ausfüllmaterial weicher als das umgebende Material des Schienenkopfes, wird
beim Befahren das weichere Metall weggedrückt. Es wird auch beobachtet, daß gemäß
der vorgenannten Patentschriften bearbeitete Schienen zunächst quietschfrei sind,
aber nach einer gewissen Zeit doch wieder anfangen zu quietschen.
[0014] Die vorliegende Erfindung befaßt sich mit diesem technischen Problem. Es wurde eine
neue Lösung dieses Problems gefunden, die sich aus dem bisherigen Stand der Technik
nicht ableiten ließ.
[0015] Gegenstand der Erfindung ist eine Schiene mit einer in Schienenlängsrichtung mittig
im Schienenkopf verlaufenden Ausnehmung einer Breite von etwa 6 bis 25 mm und einer
Tiefe von etwa 3 bis 15 mm, wobei die Ausnehmung mit einem schienenfremden Werkstoff
ausgefüllt ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Ausnehmung mit einem vulkanisierten
Kautschuk bis zu einer Höhe von etwa 1 bis 2 mm unterhalb der Schienenoberkante ausgefüllt
ist.
[0016] Ein wesentliches Merkmal der Erfindung ist darin zu sehen, daß der vulkanisierte
Kautschuk die Ausnehmung nur teilweise ausfüllt und im Bereich des Schienenkopfes
ein Freiraum bleibt, der durch die Oberfläche des ausfüllenden Kautschukmaterials,
den beiden vom Kautschuk nicht bedeckten senkrechten Wandflächen der Ausnehmung und
der virtuellen Schienenoberkante gebildet ist und eine Tiefe von etwa 1 bis 2 mm hat.
Hierdurch wird sichergestellt, daß beim Befahren einer erfindungsgemäßen Schiene der
die Ausnehmung nur teilweise ausfüllende Kautschukformkörper nicht in Berührung mit
dem Radkranz des abrollenden Rades kommt. Es war in hohem Maße überraschend, daß ohne
Kontakt des Rades mit dem schienenfremden Füllmaterial das Quietschen beim Befahren
der Schiene vermieden oder aber zumindest auf ein erträgliches Maß reduziert wird.
[0017] Ohne den Gegenstand der Erfindung durch Theorien erklären zu wollen, hat es den Anschein,
daß der Kautschuk einen schwingungsdämpfenden Einfluß ausübt, wobei die Positionierung
des Kautschuks in einem bestimmten Bereich des Schienenkopfes möglicherweise auch
von Bedeutung ist.
[0018] Als vulkanisierbarer Kautschuk kann Naturkautschuk oder Synthesekautschuk verwendet
werden:
Naturkautschuk ist cis-1,4-Polyisopren, der mit Schwefel und gegebenenfalls Beschleunigern
vulkanisiert werden kann.
[0019] Synthesekautschuke sind Styrol-Butadien-Kautschuk, cis-1,4-Polybutadienkautschuk,
Butylkautschuk, Ethylen-Propylen-Kautschuk, Ethylen-Vinylacetat-Copolymere, Chloroprenpolymerisate,
Nitrilkautschuk, Urethankautschuk, Polysulfidkautschuk, Acrylesterkautschuk, Epichlorhydrinkautschuk,
chlorsulfoniertes Polyethylen, Fluorkautschuk und Siliconkautschuk.
[0020] Die Kautschuke können durch aktive Füllstoffe verstärkt sein. Hierzu zählen insbesondere
Ruß und feinteilige Kieselsäure.
[0021] Über die Zusammensetzung der Kautschuke, die Auswahl der im jeweiligen Falle optimalen
Vulkanisationsmittel, Vulkanisationsbeschleuniger und Füllstoffe wird hierzu auf die
entsprechenden Handbücher verwiesen, wie z.B. das Kunststoff-Taschenbuch, 20. Auflage
von Hansjürgen Saechtling, Carl Hanser Verlag München oder Ullmanns Encyclopädie der
technischen Chemie, 4. Auflage, Band 13, Verlag Chemie Weinheim.
[0022] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist das Verfahren zur Herstellung der erfindungsgemäßen
Schienen. Entsprechend diesem Verfahren bringt man in die Ausnehmung einen vulkanisierbaren
Kautschuk bis zu einer Höhe von 1 bis 2 mm unterhalb der Schienenoberkante ein und
vulkanisiert den Kautschuk in der für die jeweilige Kautschuksorte üblichen Weise,
insbesondere durch mäßiges Erwärmen auf eine Temperatur von ≦ 150°C.
[0023] Es ist für eine gute Verbindung des Kautschuks mit dem Material des Schienenkopfes
vorteilhaft und bevorzugt, die Ausnehmung mit einem Haftvermittler (Primer) für den
Kautschuk vorzubehandeln. Man kann hierfür verdünnte Lösungen des Kautschuks oder
im Handel befindliche spezielle, übliche Haftvermittler verwenden. Das in den meisten
Haftvermittlern enthaltene Lösungsmittel wird abgedampft, wobei die Belüftung durch
ein Gebläse unterstützt werden kann.
[0024] Die erfindungsgemäße Schiene wird durch die Figuren 1 und 2 noch näher erläutert.
Fig. 1 zeigt einen Querschnitt durch eine Vignolschiene, Fig. 2 einen entsprechenden
Querschnitt durch eine Rillenschiene. Bei beiden Schienen 1 ist die Ausnehmung im
Schienenkopfbereich mit 2 bezeichnet. Die Ausnehmung ist mit einem vulkanisierten
Kautschuk partiell in der Weise gefüllt, daß zur Schienenoberkante ein Abstand von
1 bis 2 mm eingehalten ist, der in Fig. 1 und 2 in vergrößerter Darstellung mit a
bezeichnet ist.
1. Schiene mit einer in Schienenlängsrichtung mittig im Schienenkopf verlaufenden Ausnehmung
einer Breite von etwa 6 bis 25 mm und einer Tiefe von etwa 3 bis 15 mm, wobei die
Ausnehmung mit einem schienenfremden Werkstoff ausgefüllt ist, dadurch gekennzeichnet,
daß die Ausnehmung mit einem vulkanisierten Kautschuk bis zu einer Höhe von etwa 1
bis 2 mm unterhalb der Schienenoberkante ausgefüllt ist.
2. Verfahren zur Herstellung einer Schiene nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
man in die Ausnehmung der Schiene einen vulkanisierbaren Kautschuk bis zu einer Höhe
von 1 bis 2 mm unterhalb der Schienenoberkante einbringt und den Kautschuk in der
für die jeweilige Kautschuksorte üblichen Weise, insbesondere durch mäßiges Erwärmen
auf eine Temperatur von ≦ 150°C vulkanisiert.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß man die Ausnehmung in der Schiene
vor dem Einbringen des Kautschuks mit einem Haftvermittler vorbehandelt.