(19)
(11) EP 0 603 485 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.06.1994  Patentblatt  1994/26

(21) Anmeldenummer: 93116838.9

(22) Anmeldetag:  19.10.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C25F 3/14, C25F 3/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB LI NL

(30) Priorität: 25.11.1992 DE 4239538

(71) Anmelder: Forschungszentrum Karlsruhe GmbH
D-76133 Karlsruhe (DE)

(72) Erfinder:
  • Stark, Walter, Dr.
    D-76287 Rheinstetten-Forchheim (DE)
  • Rapp, Richard, Dr.
    D-76297 Stutensee (DE)

(74) Vertreter: Gottlob, Peter, Dipl. Ing. 
Forschungszentrum Karlsruhe GmbH Stabsabteilung Patente und Lizenzen Weberstrasse 5
D-76133 Karlsruhe
D-76133 Karlsruhe (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum elektrolytischen Ätzen


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum elektrolytischen Ätzen, bei dem

    a) an eine zu ätzende Probe ein erstes elektrisches Potential angelegt wird,

    b) die zu ätzende Probe mit einer Elektrolytlösung in Kontakt gebracht wird,

    c) in die Elektrolytlösung eine Elektrode eingeführt wird,

    d) an die Elektrode ein zweites elektrisches Potential angelegt wird, wobei sich das erste vom zweiten Potential unterscheidet,

    Aufgabe der Erfindung ist, das Verfahren so auszugestalten, daß auch mikroskopisch kleine Stellen einer Probe abätzbar sind.
    Die Aufgabe wird dadurch gelöst, daß als Elektrode eine elektrisch leitende Mikro-Carbonfaser eingesetzt wird.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum elektrolytischen Ätzen gemäß dem Oberbegriff des ersten Patentanspruchs.

    [0002] Ein solches Verfahren ist beispielsweise aus der Publikation von D. M. Allen mit dem Titel "The principles and practice of photochemical machining and photoetching", Verlag Adam Hilger, Bristol und Boston bekannt. In Kapitel 4 (Etching, Etchants and Etching Machines) ist unter 4.7 (Electrolytic etching) auf Seite 104 eine Vorrichtung zum elekrolytischen Ätzen abgebildet und kurz beschrieben. Diese Vorrichtung umfaßt ein Gefäß, das mit einer Elektrolytlösung gefüllt ist, in die die zu ätzende Probe eintaucht. Die Probe ist als Anode geschaltet. In die Elektrolytlösung taucht zusätzlich eine Elektrode ein, die als Kathode geschaltet ist. Der Stromdurchgang in dieser elektrochemischen Zelle bewirkt eine anodische Auflösung. Es ist weiterhin angegeben, daß diese Technik üblicherweise nur für schwer ätzbare Materialien wie Keramiken, Edelmetalle, rostfreie amorphe Legierungen und Superlegierungen eingesetzt wird.

    [0003] Es ist leicht feststellbar, daß die gezeigte Vorrichtung und das damit durchgeführte Verfahren nur für relativ große abzuätzende Flächen einsetzbar ist. Sie sind ungeeignet, wenn an kleinen Proben gezielt einzelne Bereiche abgeätzt werden sollen.

    [0004] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, diesem Nachteil des bekannten Verfahrens abzuhelfen. Es soll ein Verfahren der eingangs genannten Art vorgeschlagen werden, mit dem auch mikroskopisch kleine Bereiche einer Probe abätzbar sind, wobei das Abätzen bei Bedarf selektiv gegenüber anderen Bestandteilen oder räumlichen Bereichen der Probe durchgeführt werden kann.

    [0005] Die Aufgabe wird durch das gekennzeichnete Merkmal des ersten Patentanspruchs gelöst. In den abhängigen Ansprüchen sind bevorzugte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens angegeben.

    [0006] Beim elektrolytischen Ätzen werden Metalle durch Elektrolysevorgänge aufgelöst, wobei mit Hilfe einer Stromquelle an Elektroden chemische Reaktionen erzwungen werden. Schaltet man - wie in der oben angegebenen Publikation - eine zu ätzende Probe als Anode und bringt diese mit einer Elektrolytlösung in Kontakt, in welcher sich eine Kathode als Gegenelektrode befindet, dann laufen wegen der Potentialdifferenz zwischen den beiden Elektroden an den Phasengrenzflächen Anode/Elektrolytlösung/Kathode elektrochemische Reaktionen ab, wobei z. B. an der Anode Metall oxidiert wird und als Metallion in Lösung geht. An der Kathode finden entsprechende reduzierende Reaktionen statt wie z. B. die Entladung von Wasserstoffionen oder Metallionen.

    [0007] Im allgemeinen wird beim elektrolytischen Ätzen die zu ätzende Probe als Anode geschaltet, wobei die oxidierende Wirkung des elektrischen Stroms ausgenutzt wird. Es kann jedoch auch die umgekehrte Schaltung gewählt werden, bei der die zu ätzende Probe die Kathode darstellt. Bei einer solchen Schaltung können z. B. Metalle indirekt, d. h. unter dem Einfluß der an der Kathode gebildeten Reagentien, angegriffen und aufgelöst werden. Als Beispiel sei die Erzeugung von OH⁻-Ionen genannt, welche eine Erhöhung des pH-Wertes bewirken und auf alkaliempfindliche Metalle wie Aluminium ätzend wirken können. Bei einer solchen Schaltung können auch andere Stoffe als Metalle angegriffen werden.

    [0008] An die als erste Elektrode geschaltete, zu ätzende Probe und an die zweite Elektrode müssen daher lediglich unterschiedliche Potentiale angelegt werden. Außerdem können je nach Problemstellung außer Gleichstrom auch Wechselstrom oder andere periodische Ströme als Elektrodenpotentiale aufgeprägt werden. Als weitere Besonderheiten seien noch das potentiostatische Ätzen (bei konstantem Potential) und das galvanostatische Ätzen (bei konstanter Stromstärke) genannt.

    [0009] Es ist nicht notwendig, daß die zu ätzende Probe vollständig in die Elektrolytlösung eintaucht. Insbesondere in der Mikrostrukturtechnik ist es vorteilhaft, wenn lediglich auf diejenige Stelle der Probe, die abgeätzt werden soll, eine kleine Menge, etwa ein Tropfen, der Elektrolytlösung aufgebracht wird. Hierbei kann das erste elektrische Potential an die gesamte Probe angelegt werden, während das zweite elektrische Potential an eine Elektrode angelegt wird, die in den Tropfen der Elektrolytlösung eintaucht.

    [0010] Insbesondere in der Mikrostrukturtechnik werden an die Ätzschritte besondere Anforderungen gestellt. Da häufig sehr filigrane, zum Teil überhängende und nur an kleinen Grundflächen haftende Strukturen mit strukturdetails im Mikrometermaßstab mit Hilfe der Ätztechnik hergestellt werden, muß der Ätzvorgang sehr schonend und dennoch möglichst schnell und effektiv durchgeführt werden. In jedem Fall muß eine mechanische Schädigung der Mikrostrukturen vermieden werden. Dies muß insbesondere bei der Ausgestaltung der Elektrode berücksichtigt werden.

    [0011] Erfindungswesentlich ist daher, daß als Elektrode eine elektrisch leitende Mikro-Carbonfaser eingesetzt wird. Unter Mikro-Carbonfaser wird eine Carbonfaser verstanden, die einen Durchmesser von weniger als 100 µm, vorzugsweise jedoch einen Durchmesser von weniger als 20 µm aufweist. Die Länge der einzusetzenden Mikro-Carbonfasern kann nahezu beliebig gewählt werden. Sie muß zumindest so bemessen werden, daß ein zu ätzender Strukturgrund, der von Mikrostrukturen umgeben ist, erreicht wird. Die Länge kann andererseits bis zu zwei Zentimeter betragen. Mikro-Carbonfasern, die länger als 5 mm sind, sind im allgemeinen nicht notwendig. Mikro-Carbonfasern, die sich für das erfindungsgemäße Verfahren eignen, sind als Garne oder Einzelfasern in verschiedenen Längen im Handel. Ihre elektrische Leitfähigkeit beträgt ca. 1,5 · 10⁻³ Ωcm; sie ist damit um ca. eine Größenordnung geringer als die Leitfähigkeit von Quecksilber.

    [0012] Solche Mikro-Carbonfasern weisen eine Reihe von Vorteilen auf, die insbesondere in der Mikrostrukturtechnik ins Gewicht fallen:

    [0013] Durch die hohe Formstabilität behält die Faser ihre langgestreckte Form bei und deformiert sich nicht irreversibel. Deshalb ist eine exakte Positionierung der Faser möglich; sie kann nach einem Positionswechsel selbst dann reproduzierbar an die ursprüngliche Stelle zurückgeführt werden, wenn sie sich durch Kollision mit der Probe durchgebogen hat. Bei ungewollter Berührung von feinen Mikrostrukturen sind keine mechanischen Schädigungen zu befürchten, da die Faser von einem Hindernis elastisch abgelenkt wird, ohne schädigende mechanische Kräfte zu übertragen. Mikro-Carbonfasern sind zudem in stark aggressiven Ätzmedien beständig, in denen sie nicht angegriffen werden und daher das Ätzmedium nicht kontaminieren können. Sie lassen sich ferner leicht an einem konventionellen Leitungsdraht fixieren und schnell austauschen. Schließlich sind Mikro-Carbonfasern in verschiedensten Längen und Dicken im Handel; an spezielle Behandlungsschritte lassen sich solche Fasern zudem dadurch anpassen, daß sie durch elektrochemisches Abtragen verjüngt oder zugespitzt werden. Außerdem lassen sich durch Aufbringen von Isolierlack auf die Faser und durch Abschneiden der Faser nach dem Trocknen des Lackes sogenannte Scheibenelektroden herstellen, welche nur noch an der Stirnseite elektrisch leitend sind und daher noch selektiver den Ätzvorgang beeinflussen.

    [0014] Die zu ätzende Probe kann aus einem einzigen Material bestehen. Dieses Material muß dann elektrisch leitend sein, damit es sich elektrolytisch ätzen läßt. Die Probe kann beispielsweise aus einem dünnen Metallplättchen bestehen, in das an einer definierten Stelle ein feines Loch eingeätzt werden soll. In diesem Fall wird auf die Stelle ein kleiner Tropfen einer geeigneten Elektrolytlösung, etwa eine Säure, aufgebracht und mit der Mikro-Carbonfaser die Elektrolytlösung kontaktiert. Unter dem Einfluß der elektrischen Potentialdifferenz läuft an dieser Stelle der Ätzvorgang sehr rasch ab, so daß im Ergebnis das Metallplättchen an dieser Stelle das gewünschte Loch aufweist, während die benachbarten Bereiche praktisch nicht angegriffen werden. Wie oben erwähnt, können auf diese Weise auch andere elektrisch leitende Materialien wie z. B. elektrisch leitende Kunststoffe geätzt werden.

    [0015] Häufig stellt sich in der Mikrostrukturtechnik die Aufgabe, von einer Probe, die aus einem Verbund mehrerer Materialien besteht, selektiv in vorgegebenen Bereichen einen dieser Stoffe abzulösen. In diesem Fall kann in derselben Weise vorgegangen werden. Diese Technik ist insbesondere dann von Vorteil, wenn aufgestäubte (gesputterte) oder aufgedampfte Materialien stellenweise entfernt werden sollen, da beim Aufstäuben und Aufdampfen oft besonders inerte und reaktionsträge Schichten erhalten werden, die mit naßchemischen Ätzverfahren nur schwer angreifbar sind.

    [0016] Soll Aluminium mit dem erfindungsgemäßen Verfahren selektiv gegenüber anderen Stoffen, z. B. Kunststoffen wie Polyimid oder Metallen wie Kupfer oder Titan, abgeätzt werden, so wird als Elektrolytlösung vorzugsweise eine Lösung eines Jodidsalzes, z. B. ein Alkalimetalljodidsalz wie Kaliumjodid eingesetzt. Eine noch schnellere Ätzung des Aluminiums und damit eine noch stärkere Schonung der übrigen Stoffe ist möglich, wenn der Lösung des Jodsalzes Alkohole wie Methanol oder Isopropanol beigemischt werden. Eine solche Elektrolytlösung besitzt jedoch eine geringere Oberflächenspannung, weshalb die aufgebrachten Tropfen zum Verlaufen neigen. Bei längeren Ätzzeiten muß Elektrolytlösung nachdosiert werden, da Verdunstungsverluste eintreten.

    [0017] Ein prinzipieller Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist, daß der Ätzvorgang unter dem Mikroskop beobachtet werden kann. Hierzu wird die Mikro-Carbonfaser in der Weise mit einem konventionellen Leitungsdraht verbunden, daß die Sicht unter dem Mikroskop durch den vergleichsweise großen Leitungsdraht nicht verdeckt ist. Die Verbindung mit dem Leitungsdraht kann mit Hilfe eines Leitlacks, z. B. mit Silberleitlack hergestellt werden.

    [0018] Die Erfindung wird im folgenden anhand von Figuren und Durchführungsbeispielen näher erläutert.

    [0019] Fig. 1 zeigt eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens.

    [0020] Fig. 2 stellt den Versuchsaufbau zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens dar.

    [0021] In Fig. 1 ist eine Probe in Form einer Metallscheibe 1 dargestellt, in die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ein Loch eingeätzt werden soll. Über die elektrische Zuleitung 2 wird die Scheibe 1 als Anode geschaltet. Auf die zu ätzende Stelle der Probe wird ein Elektrolyttropfen 3 aufgetragen. Die Kathode besteht aus dem elektrischen Leitungsdraht 4, an dessen Ende mit Hilfe von Silberleitlack eine Mikro-Carbonfaser 5 befestigt ist.

    [0022] Für Ätzprozesse an Mikrostrukturen wurde der in Fig. 2 dargestellte Versuchsaufbau konzipiert. Hieran läßt sich der elektrolytische Ätzvorgang unter einem Mikroskop 6 beobachten. Die zu ätzende Probe 1 wird auf den Arbeitstisch 7 des Mikroskops 1 gelegt; sie ist über die elektrische Zuleitung 2 mit dem Pluspol einer regelbaren Stromversorgung 8 verbunden. Auf die Probe 1 wird an der zu ätzenden Stelle ein Elektrolyttropfen 3 aufgebracht, in den die Mikro-Carbonfaser 5 eintaucht. Die Mikro-Carbonfaser 5 ist über den elektrischen Leitungsdraht 4 am Minuspol der regelbaren Stromversorgung 8 angeschlossen. Der Leitungsdraht 4 und damit die Mikro-Carbonfaser 5 lassen sich mit Hilfe eines Mikromanipulators 9 in sämtliche Raumrichtungen bewegen.

    Beispiel 1: Alternative Mikroelektroden



    [0023] Mit Hilfe des in Fig. 2 gezeigten Versuchsaufbaus wurden alternative Mikroelektroden auf ihre Eignung untersucht. Hierzu wurden von einem Edelstahldraht mit 25 µm Durchmesser, einem Nickeldraht mit 10 µm Durchmesser und einem Golddraht mit 17 µm Durchmesser ca. 1 cm lange Stücke abgeschnitten und mit Silberleitlack mit dem elektrischen Leitungsdraht 4 verbunden. Der Leitungsdraht bestand aus einem versilberten Kupferdraht. Die freistehenden dünnen Drahtenden wurden auf 3 mm gekürzt und für elektrolytische Ätzversuche verwendet.

    [0024] Der Edelstahldraht und der Nickeldraht waren vom Hersteller (Fa. Goodfellow) auf einen Spulenkörper aufgewickelt und blieben nach dem Abwickeln stark verbogen; sie ließen sich nicht mehr in eine gestreckte Form zurechtbiegen. Deshalb mußte für jedes einzelne Drahtstück der Leitungsdraht zurechtgebogen werden, damit der Strukturgrund von mikrostrukturierten Platten unter mikroskopischer Kontrolle berührt werden konnte. Zudem kam es bei unbeabsichtigten Berührungen mit den Mikrostrukturen zu plastischen Verbiegungen, so daß nicht mehr exakt weitergearbeitet werden konnte, weil eine genaue optische Kontrolle nicht mehr möglich war. Mit verbogenen Drähten war es nicht möglich, bis auf den Strukturgrund von Hohlräumen zwischen eng benachbarten Mikrostrukturen einzudringen.

    [0025] Alle diese Schwierigkeiten traten nicht auf, wenn in gleicher Weise mit kommerziell erhältlichen, ca. 7 µm dicken und 5 - 7 mm langen Mikro-Carbonfasern gearbeitet wurde.

    Beispiel 2: Ätzversuche mit dem erfindungsgemäßen Verfahren an Wafern



    [0026] Als zu ätzende Probe wurden Wafer beschafft, auf denen sich eine aufgestäubte, 1,0 µm dicke Aluminiumschicht und darauf streifenweise angeordnete ca. 35 µm dicke Kupferschichten befanden. Die Versuche dienten dazu, eine möglichst selektiv wirkende Elektrolytlösung für das elektrolytische Ätzen von Aluminium zu finden. Dazu wurden mit einer Pipette punktuell Elektrolyttropfen an vorbestimmte Stellen des Wafers so aufgebracht, daß sowohl das Aluminium als auch ein Teil der Kupferstreifen benetzt wurden. Bei den elektrolytischen Ätzversuchen wurde dann unter dem Mikroskop kontrolliert, ob ein sichtbarer Angriff des Kupfers erfolgte oder ob sich an der als Kathode geschalteten Mikro-Carbonfaser durch eventuelles Auflösen des Kupfers entstandene Kupferionen wieder als Metall niederschlugen.

    [0027] Mit Rücksicht auf später durchzuführende Versuche, bei denen Aluminium in Gegenwart von Polyimid selektiv abgeätzt werden sollte, wurde auf den Einsatz von alkalischen Elektrolytlösungen verzichtet.

    [0028] Folgende Elektrolytlösungen wurden untersucht:
    3 %-ige Salpetersäure; 10 %-ige K₃[Fe(CN)₆]-Lösung in Wasser; eine Lösung aus 20 % K₃[Fe(CN)₆] und 3 % KNO₃; eine Lösung aus 5 ml Glycol und 250 mg Tetrabutylammoniumtetrafluoroborat; eine Lösung aus 500 mg K₃[Fe(CN)₆], 30 mg 1-H-Benzotriazol und 100 mg KNO₃; Kaliumjodid in Konzentrationen von 10, 20 und 30 % sowie eine Lösung aus 10 % Kaliumjodid mit 1,8 % 1-H-Benzotriazol. Dabei zeigte es sich, daß sich Aluminium mit den Kaliumjodid-Lösungen besonders schnell und selektiv gegenüber Kupfer abätzen ließ. Ein Angriff auf Kupfer war mit diesen Lösungen nicht festzustellen.

    [0029] Wie erwähnt, kann bei Kaliumjodidlösungen die Ätzgeschwindigkeit weiter erhöht werden, wobei allerdings Verdampfungsverluste auftreten und die Oberflächenspannung absinkt. Dennoch sind solche Elektrolytlösungen zum Abätzen von kleinen Mengen an Aluminium sehr gut geeignet.

    Beispiel 3: Abätzen von Opferschichten bei der Herstellung von Mikroventilen



    [0030] Die zu ätzenden Proben wurden in folgender Weise hergestellt: Durch Methoden der Mikrotechnik wurden auf einem später ablösbaren Substrat eine ca. 3 µm dünne Titanschicht aufgebaut. Die Titanschicht war von einem kreisförmigen, erhöhten Rand aus Kupfer mit einem Durchmesser von 1400 µm, 940 µm oder 460 µm umgeben. Im Kreismittelpunkt wurde in der Titanschicht eine Öffnung angebracht, die im späteren Ventil als Ventilöffnung diente. Auf der Titanschicht wurde innerhalb des erhöhten Randes eine ca. 1,0 µm dicke Aluminiumschicht aufgestäubt. Die Aluminiumschicht wurde ihrerseits mit einer ca. 2 µm dünnen Polyimidschicht überdeckt, aus der mit Verfahren der Mikrotechnik mehrere radialsymmetrisch angeordnete, kreisförmige Bereiche mit einem Durchmesser von einigen 10 µm herausgelöst wurden. Diese Bereiche dienten später als Ventilöffnung in der Polyimidschicht. Durch das selektive Abätzen der Opferschicht aus Aluminium sollte ein Hohlraum erzeugt werden, so daß eine freie Verbindung zwischen den einzelnen Ventilöffnungen in der Titan- bzw. Polyimidschicht (Einlaß- und Auslaßöffnungen) geschaffen wurde. Sowohl die Titan- als auch die Polyimidschicht dienten als Ventilmembranen. Der Ätzvorgang konnte dabei nur durch die kreisförmigen Bereiche in der Polyimidschicht eingeleitet werden. Da die Polyimidschicht transparent ist, kann der Ätzvorgang an der darunterliegenden Aluminiumschicht optisch gut verfolgt werden; der Endpunkt der Ätzung läßt sich genau definieren. Hierdurch läßt sich verhindern, daS die Ätzlösung unter die Titanschicht kriecht und eine vorzeitigen Ablösung der Titanschicht bewirkt.

    [0031] Zur Durchführung des Ätzschrittes wurde die elektrisch kontaktierte Probe wie in Fig. 2 dargestellt auf den Mikroskoptisch gelegt und ein Tropfen einer Elektrolytlösung aufpipettiert. Die Elektrolytlösung bestand aus einer wäßrigen Lösung von 10 % KJ und 1.8 % 1-H-Benzotriazol. Danach wurde mit Hilfe des Mikromanipulators die Mikro-Carbonfaser (Durchmesser 7 µm) an einen der kreisförmigen Bereiche nahe oberhalb der Aluminiumschicht justiert. Anschließend wurde am regelbaren Netzgerät eine niedrige Gleichspannung (......... Volt) so eingestellt, bis an der als Kathode geschalteten Carbonfaser eine merkliche Wasserstoffgasentwicklung bei der mikroskopischen Beobachtung feststellbar war. In der Regel erfolgte eine Auflösung des Aluminiums nicht bei Beginn der Stromeinschaltung, sondern erforderte eine Induktionsperiode, welche zwischen ca. 1 und 5 Minuten lag und von dem Grad der Passivierung des Aluminiums abhing.

    [0032] Der Beginn der Aluminiumätzung und das Fortschreiten des Ätzvorgangs war jedesmal sehr gut erkennbar, weil das beim Freiätzen darunter zum Vorschein kommende Titan einen guten Kontrast bildete. Je nach Größe der zu ätzenden Fläche betrugen die Ätzzeiten einschließlich der Induktionsperiode zwischen ca. 5 und 15 Minuten. Die für den elektrolytischen Ätzvorgang erforderlichen Spannungen lagen in einem Bereich zwischen 1 und 1,5 V, die dazugehörigen Stromstärken zwischen 10 und 50 µA. Stromdichten lassen sich nicht angeben, da sich die Fläche während des Ätzprozesses fortwährend änderte. Durch Anwendung von Spannungen bis zu 2 V konnte die Ätzgeschwindigkeit wesentlich gesteigert werden, wobei aber aus Sicherheitsgründen im Hinblick auf die Selektivität der Ätzung gegenüber Kupfer verzichtet wurde. Gegenüber dem naßchemischen Ätzen mit 5 %-iger Schwefelsäure wurde mit dem erfindungsgemäßen Verfahren eine Geschwindigkeitssteigerung um den Faktor 60 bis 180 erzielt.

    [0033] Als weitere interessante Tatsache wurde beobachtet, daß es möglich ist, die Induktionsperiode vor dem eigentlichen Aluminiumätzen durch Erzeugung eines Kurzschlusses stark zu verkürzen. Bringt man die Mikro-Carbonfaser kurzzeitig auf die Aluminiumoberfläche und erzeugt so einen Kurzschlußstrom, dann setzt innerhalb kürzester Frist an dieser Stelle der Ätzvorgang ein. Ebenso kann man dann auch an anderen Stellen, an denen noch keine Ätzung stattfindet, durch Erzeugung eines Kurzschlusses den Ätzvorgang induzieren.

    [0034] Die elektrolytische Ätzung verläuft im Falle der hier beschriebenen Unterätzung in alle Richtunen sehr gleichmäßig ab. Nach dem elektrolytischen Ätzen wurden die Proben mit verdünnter Schwefelsäure gut gespült, um die Bildung von unlöslichen basischen Aluminiumverbindungen als Rückstand zu verhindern. Während des Ätzvorgangs wurden die mit der Elektrolytlösung in Kontakt stehenden Kupferstrukturen entweder nur sehr gering oder nicht sichtbar angegriffen.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum elektrolytischen Ätzen, bei dem

    a) an eine zu ätzende Probe ein erstes elektrisches Potential angelegt wird,

    b) die zu ätzende Probe mit einer Elektrolytlösung in Kontakt gebracht wird,

    c) in die Elektrolytlösung eine Elektrode eingeführt wird,

    d) an die Elektrode ein zweites elektrisches Potential angelegt wird, wobei sich das erste vom zweiten Potential unterscheidet,

    dadurch gekennzeichnet, daß
    als Elektrode eine elektrisch leitende Mikro-Carbonfaser eingesetzt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
    die zu ätzende Probe mit Elektrolytlösung in Kontakt gebracht wird, indem auf der Probe ein Tropfen der Elektrolytlösung aufgetragen wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß
    die zu ätzende Probe aus mindestens zwei verschiedenen Stoffen besteht, von denen ein Stoff selektiv gegenüber dem oder den übrigen abgeätzt wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß
    der selektiv gegenüber den übrigen Stoffen abzuätzende Stoff aufgestäubt (aufgesputtert) wurde.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß
    der selektiv gegenüber den übrigen Stoffen abzuätzende Stoff Aluminium darstellt.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß
    die Elektrolytlösung Wasser und ein Jodidsalz enthält.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß
    das Jodidsalz ein Alkalimetall-Jodid darstellt.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, daß
    der Elektrolytlösung ein Alkohol zugesetzt ist.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß
    der Alkohol Methanol und/oder Isopropanol darstellt.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht