(19)
(11) EP 0 605 857 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.07.1994  Patentblatt  1994/28

(21) Anmeldenummer: 93120859.9

(22) Anmeldetag:  23.12.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C10L 1/02, C10L 1/18
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 07.01.1993 DE 4300207

(71) Anmelder: BASF Aktiengesellschaft
D-67063 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Wenderoth, Bernd, Dr.
    D-68623 Lampertheim (DE)
  • Thomas, Juergen, Dr.
    D-67136 Fussgoenheim (DE)
  • Schmidt, Helmut
    D-67170 Ludwigshafen (DE)
  • Beringer, Hans-Peter
    D-67304 Eisenberg (DE)
  • Starke, Klaus
    D-67273 Weisenheim (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Mineralische schwefelarme Dieselkraftstoffe


    (57) Mineralische schwefelarme Dieselkraftstoffe mit einem Siedebeginn über 160°C und einem Siedeende unter 420°C, die ein pflanzliches Öl, insbesondere Rizinusöl, als Schmierfähigkeitsverbesserer enthalten.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft mineralische schwefelarme Dieselkraftstoffe mit einem Siedebeginn über 160°C und einem Siedeende unter 420°C, die ein pflanzliches Öl als Schmierfähigkeitsverbesserer enthalten.

    [0002] Gegenwärtig werden in steigendem Maße in verschiedenen europäischen Ländern, insbesondere in Skandinavien, verstärkt schwefelarme Mitteldestillate als Dieselkraftstoffe eingesetzt, die aufgrund dieser Eigenschaften zu schadstoffärmeren Abgasen beitragen. Solche Dieselkraftstoffe zeigen jedoch eine deutlich verminderte Schmierfähigkeit, was zu teilweise hohem mechanischen Verschleiß in Verteilereinspritzpumpen von Dieselmotoren führt.

    [0003] Als Verschleißschutzadditive sind in diesem Fall Phosphat- oder Metall-haltige Verbindungen möglich, die jedoch wiederum zu Belastungen im Abgas führen und eventuelle Katalysatoren schädigen.

    [0004] Es ist bekannt, pflanzliche Öle als Ersatz oder partiellen Ersatz für übliche Dieselkraftstoffe zu benutzen. So wurden 3 % bis 33 % Sojaöl (Forester et al., "Energy Biomass Wastes VI. Symp', Proc. 1129-43, 1982) oder eine Mischung aus 52 % Rizinusöl und 30% Ethanol (Navas et al., Rev. Ion 1985,9, 51-68, CA 107,99423 c, 1987) als Bestandteile von Dieselkraftstoffen eingesetzt.

    [0005] Weiterhin ist bekannt, daß Rizinusöl die Schmierfähigkeit von Alkoholen als Dieselersatzkraftstoff verbessern kann (Pitkanen et al., VTT Symp. 1986, 69, 26-39; Hardenberg, SAE Int. Fuels Lubr. Meet. 1987, Pap. 872093) und daß es als Ölkomponente in Motorenschmierölen zusammen mit Molybdänverbindungen eingesetzt werden kann (JP 62,215,697, CA 107,239647f).

    [0006] Derartige Mischungen sind jedoch als alkoholische Dieselersatzkraftstoffe nicht mit dem obengenannten mineralischen schwefelarmen Dieselkraftstoffen zu vergleichen.

    [0007] Der vorliegenden Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, mineralische schwefelarme Dieselkraftstoffe zur Verfügung zu stellen, die eine ausreichende Schmierfähigkeit aufweisen, so daß es zu keinem größeren Verschleiß im Motor bzw. dem Verteilereinspritzpumpensystem kommt, und die nicht zu einer Belastung des Abgases durch nicht verbrennbare Verbindungen führen.

    [0008] Überraschenderweise wurde nun gefunden, daß pflanzliche Öle, insbesondere Rizinusöl, als Schmierfähigkeitsverbesserer für mineralische schwefelarme Dieselkraftstoffe geeignet sind.

    [0009] Die Erfindung betrifft daher mineralische schwefelarme Dieselkraftstoffe mit einem Siedebeginn über 160°C und einem Siedeende unter 420°C und einem Schwefelgehalt von 0 bis 500 mg/kg Kraftstoff, die dadurch gekennzeichnet sind, daß sie ein pflanzliches Öl enthalten.

    [0010] Die zur Erreichung der gewünschten schmierfähigkeitsverbessernden Wirkung benötigte Dosierhöhe der pflanzlichen Öle liegt bevorzugt zwischen 0,01 und 2,9 % insbesondere zwischen 0,05 und 1,5 %.

    [0011] Als pflanzliche Öle, die im wesentlichen aus Estern von Glycerin und bestimmten Fettsäuren bestehen, sind nichttrocknende Öle wie Rizinusöl und Erdnußöl, halbtrocknende Öle wie Rapsöl, Maisöl und Sojaöl sowie trocknende Öle wie Sonnenblumenöl und Leinöl einsetzbar. Bevorzugt werden Rapsöl, Sonnenblumenöl und insbesondere Rizinusöl eingesetzt.

    [0012] Bevorzugt sind mineralische schwefelarme Dieselkraftstoffe, die ein Siedeende von unter 350°C ganz bevorzugt von unter 300°C aufweisen.

    [0013] Die mineralischen Dieselkraftstoffe enthalten üblicherweise keinen oder nur geringe Mengen, d.h. bis zu 20 Gew.-%, bevorzugt bis zu 8 Gew.-%, insbesondere bis zu 0,8 % Alkohol bezogen auf die Gesamtmenge Kraftstoff. Besonders bevorzugt sind Dieselkraftstoffe, die weniger als 50 mg Alkohol/kg Kraftstoff enthalten. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß sie einen geringen Schwefelgehalt von 0 bis 500 mg/kg Kraftstoff aufweisen, bevorzugt nur von 0 bis 300 mg/kg, insbesondere von 0 bis 100 mg S/kg Kraftstoff.

    [0014] Mineralische Dieselkraftstoffe mit einem Schwefelgehalt von 0 bis 500 mg/kg Kraftstoff werden in den Raffinerien durch entsprechende Herstellungsart in an sich bekannter Weise produziert. Die marktüblichen Dieselkraftstoffe weisen einen S-Gehalt von etwa 800 bis 2 000 mg/kg Kraftstoff auf, wobei der maximal zugelassene S-Gehalt von Land zu Land variiert. Weisen die erfindungsgemäßen Dieselkraftstoffe ein Siedeende von unter 300°C auf, werden sie auch als "City-Diesel" bezeichnet.

    [0015] Als pflanzliche Öle können handelsübliche Produkte eingesetzt werden.

    [0016] Zum Nachweis der schmierfähigkeitsverbessernden Wirkung der pflanzlichen Öle werden zwei verschiedene Meßapparaturen verwendet:
    Mit Hilfe der Almen-Wieland-Maschine (Fig. 1) wird die maximal anwendbare Kraft FN (in Newton) gemessen, die über eine Lagerschale aus Stahl auf eine rotierende Stahlwelle ausgeübt wird, um diese zu brechen. Diese Kraft ist um so größer, je besser die Schmierfähigkeit des sich jeweils zwischen Welle und Lagerschale befindlichen Dieselkraftstoffes ist.

    [0017] Mit Hilfe einer Schwing/Reib-Verschleiß-Apparatur (Fig. 2) wird der volumetrische Verschleiß zweier Stahlgleitpartner (ruhende Kugel 1, oszillierende Platte 2) gemessen, welche während des Prüflaufs von Dieselkraftstoff umgeben sind. Aus den volumetrischen Verschleißbeträgen wird der Summenverschleißkoeffizient k (in mm³/Nm) berechnet. Er ist um so kleiner, je besser die Schmierfähigkeit des sich jeweils zwischen Kugel und Platte befindlichen Dieselkraftstoffes ist.

    Beispiele



    [0018] 
    1. Die bei den Untersuchungen eingesetzten Dieselkraftstoffe sind durch folgende physikalische Daten charakterisiert:

    DK 1: City-Diesel aus Schweden
    Dichte (20°C) : 0.810 g/ml
    Viskosität (20°C): 2,4 mm²/s
    Schwefelgehalt: 3 mg/kg
    Ethanolgehalt: < 50 mg/kg
    Methanolgehalt: < 50 mg/kg
    Siedebeginn: 190°C
    10 % Volumen: 206°C
    50 % Volumen: 224°C
    90 % Volumen: 251°C
    Siedeende: 271°C

    DK 2: City-Diesel aus Schweden
    Dichte (20°C) : 0.810 g/ml
    Viskosität (20°C): 2,5 mm²/s
    Schwefelgehalt: 4 mg/kg
    Ethanolgehalt: < 50 mg/kg
    Methanolgehalt: < 50 mg/kg
    Siedebeginn: 192°C
    10 % Volumen: 208°C
    50 % Volumen: 226°C
    90 % Volumen: 253°C
    Siedeende: 273°C

    DK 3: Sommerdiesel aus Deutschland (zum Vergleich)
    Dichte (15°C) : 0.836 g/ml
    Viskosität (20°C): 4,5 mm²/s
    Schwefelgehalt: 800 mg/kg
    Siedebeginn: 164°C
    10 % Volumen: 207°C
    50 % Volumen: 268°C
    90 % Volumen: 349°C
    Siedeende: 382°C


    2. Beschreibung der durchgeführten Versuche
    2.1. Almen-Wieland-Maschine
    Figur 1 zeigt den schematischen Aufbau. In einem Behälter mit dem zu prüfenden Schmiermittel dreht sich, angetrieben durch einen Elektromotor, mit Drehzahl n = 200 min⁻¹ eine ungehärtete Stahlwelle (Durchmesser: 6.35 mm) zwischen zwei nicht gehärteten Stahllagerschalen mit einem Bohrungsdurchmesser von 7 mm und einer Länge von 15 mm. Diese beiden Lagerschalen können hydraulisch, zum Aufbringen einer Normalkraft FN, radial verspannt werden. Die sich dabei einstellende Reibkraft FR läßt sich an einer Skala des pendelnd aufgehängten elektrischen Antriebmotors ablesen. Die aufgebrachte Normalkraft wird nach je 100 Umdrehungen um 100 N schrittweise gesteigert. Sowohl die Normalkraft als auch die sich einstellende Reibkraft werden in einem Prüfprotokoll festgehalten.
    Der Meßbereich der Prüfmaschine geht von 10 N bis 20 000 N Normalkraft.
    Die Prüfung gilt in folgenden Fällen als beendet:

    1. Der Mitnehmer der Prüfwelle reißt durch Überlastung ab

    2. Verformung der Welle bzw. Ausreiben der Lagerschalen, so daß die beiden Schalen sich gegeneinander abstützen

    3. Erreichen des Endes des Meßbereiches

    In der nachfolgenden Tabelle 1 sind die Ergebnisse aus dem Almen-Wieland Test zusammengefaßt:
    Tabelle 1
    Almen-Wieland-Test
    Dieselkraftstoff Additiv Dosierung (Gew.-%) max. anwendbare Kraft (N)
    DK 1 - - 1500 (Vergleich)
    DK 1 Rizinusöl 0,05 2500
    DK 1 Rizinusöl 0,50 4000
    DK 1 Rizinusöl 1,00 4000
    DK 1 Rapsöl 1,00 2500
    DK 1 Sonnenbl.-öl 1,00 2000
    DK 3 - - 6500 (Vergleich)
    Die Ergebnisse wurden durch Doppelbestimmungen abgesichert; sie zeigen, daß die Schmierfähigkeit des schwefelarmen Dieselkraftstoffs DK 1 mit niedrigem Siedeende durch Additivierung mit Pflanzenölen, insbesondere Rizinusöl, deutlich verbessert werden kann und sich der sehr guten Schmierfähigkeit des handelsüblichen Sommerdiesels DK 3 annähert.
    2.2. Schwing/Reib-Verschleiß-Apparatur (Tribometer)
    In Figur 2 ist die Prüfkörperanordnung schematisch dargestellt. Die axial bewegliche Stahlkugel wird auf die oszilierende Stahlplatte (Axiallagerring) gepreßt. Während des Prüflaufs sind die Gleitpartner von einem Behälter umgeben, der mit Dieselkraftstoff gefüllt ist. Vor jedem Prüflauf werden die Gleitpartner (Kugel/Platte) und der Behälter mit einem alkalischen Entfettungsmittel (SU 40) in einem Ultraschallbad gereinigt und anschließend mit feingefilterter Luft getrocknet.
    Nach jedem Prüflauf werden die Kalotte der Kugel sowie die Muldentiefe der Platte vermessen und hieraus die volumetrischen Verschleißbeträge von Kugel (WV Kugel in mm³) und Platte (WV Platte in mm³) berechnet.
    Aus den so bestimmten Größen läßt sich die spezifische Verschleißrate k aus folgender Beziehung ableiten:






    Darin bedeuten k der spezifische Summenverschleißkoeffizient, d.h. der Summenverschleißbetrag WV in mm³, bezogen auf die Belastung FN und die Gleitstrecke s, ΔX die Schwingungsweite, f die Bewegungsfrequenz und t die Versuchsdauer der Laufzeit.
    Struktur des Tribosystems:
    Grundkörper: Platte; Stahl 100 Cr 6; Rz = 0.15 µm; 800 HV10
    Gegenkörper: Kugel; Stahl 100 Cr 6; Rz = 0,15 µm; 800 HV10
    Zwischenstoff:
    Dieselkraftstoffe:
    - DK 2
    - DK 2 + 0.10 Gew.-% Rizinusöl
    - DK 2 + 0.20 Gew.-% Rizinusöl
    - DK 2 + 0.50 Gew.-% Rizinusöl
    - DK 3
    Umgebungsmedium: Atmosphäre (Tu = 23°C)
    Belastungsparameter
    Belastung: FN = 50 N
    Bewegungsfrequenz: f = 50 Hz
    Bewegungsamplitude: ΔXs = +/-0.05 mm (d.h. Schwingungsweite ΔX = 1 mm)
    mittlere Grenzflächentemperatur: TG≦40°C
    Versuchsdauer: t = 24 h
    Lastspielzahl: n = 4.32 x 10⁶
    Gleitstrecke: s = 8640 m
    In der nachfolgenden Tabelle 2 sind die Ergebnisse (Summenverschleißkoeffizient k) aus den Schwing/Reib-Verschleiß-Versuchen zusammengefaßt:
    Tabelle 2
    Schwing/Reib-Verschleiß-Test
    Dieselkraftstoff Additiv Dosierung (Gew.-%) k (mm³/Nm)
    DK 2 (Vergleich) - - 1.17 x 10⁻⁷
    DK 2 Rizinusöl 0,10 1.46 x 10⁻⁸
    DK 2 Rizinusöl 0,20 6.97 x 10⁻⁹
       DK 2 Rizinusöl 0,50 6.80 x 10⁻⁹
    DK 3 (Vergleich) - - 1.10 x 10⁻⁸
    Man sieht, daß der Summenverschleißkoeffizient k des schwefelarmen City-Diesels DK 2 durch die Additivierung mit Rizinusöl auf das gleiche Niveau wie bei dem handelsüblichen Dieselkraftstoff DK 3 verringert werden kann; d.h., die Schmierfähigkeit des City-Diesels ist deutlich verbessert worden.


    Ansprüche

    1. Mineralische schwefelarme Dieselkraftstoffe mit einem Siedebeginn über 160°C und einem Siedeende unter 420°C und einem Schwefelgehalt von 0 bis 500 mg/kg Kraftstoff, dadurch gekennzeichnet, daß sie ein pflanzliches Öl enthalten.
     
    2. Dieselkraftstoffe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie 0,01 bis 2,9 Gew.-% des pflanzlichen Öls enthalten.
     
    3. Dieselkraftstoffe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie als pflanzliches Öl Sonnenblumenöl, Rapsöl und/oder Rizinusöl enthalten.
     
    4. Dieselkraftstoffe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie 0 bis 20 Gew.-% Alkohol enthalten.
     
    5. Dieselkraftstoffe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß ihr Schwefelgehalt 0 - 100 mg/kg Kraftstoff beträgt.
     
    6. Dieselkraftstoffe nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie ein Siedeende unter 300°C aufweisen.
     
    7. Verwendung von pflanzlichen Ölen als Schmierfähigkeitsverbesserer in mineralischen Dieselkraftstoffen mit einem Siedebeginn von über 160°C und einem Siedeende unter 420°C und einem Schwefelgehalt von 0 bis 500 mg/kg Kraftstoff.
     
    8. Verwendung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Dieselkraftstoffe ein Siedeende von unter 300°C und einen Schwefelgehalt von 0 bis 100 mg/kg Kraftstoff aufweisen.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht