[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Entsorgung von Sonderabfällen
in Zementöfen, wobei die Sonderabfälle zuerst einer Pyrolyse unterworfen werden und
anschliessend die Pyrolysegase in einen Zementofen eingeleitet werden.
[0002] Die umweltgerechte Entsorgung von Abfällen bereitet heute in den meisten Ländern
der Welt echte Schwierigkeiten, da es an genügend Verbrennungs-oder Deponierungskapazität
fehlt. Umweltgerecht heisst, dass die Verbrennungstemperatur mindestens 1300 °C betragen
soll und die Verbrennungsdauer mindestens zwei Sekunden beträgt. Zudem müssen die
entstehenden Abgase die verschiedenen Vorschriften der Emissions- sowie Immissionverordnungen
erfüllen. In der Schweiz muss beispielsweise die Luftreinhalteverordnung von 1992
beachtet werden.
[0003] Die erwähnten hohen Temperaturen von mindestens 1300 °C werden heute von keiner Kehrichtsverbrennungsanlage
erreicht, deshalb sind zur Entsorgung von Sonderabfällen spezielle Sonderverbrennungsöfen
notwendig. Um die Emissionen unter den gesetzlichen Grenzwerten zu halten ist das
Auswaschen der Rauchgase notwendig, das heisst die unerwünschten Schadstoffe werden
im Wasser angereichert. Dieses Wasser muss nun nach bekannten Methoden aufgearbeitet
werden, um die unerwünschten Schwermetalle auszufällen und zu isolieren.
[0004] Der Bau solcher Sonderverbrennungsöfen ist sehr kapitalintensiv und insofern zu einem
Politikum geworden, weil sich die Bevölkerung gegen die Erstellung solcher Verbrennungsöfen
wehrt.
[0005] Es ist allgemein bekannt, dass sich ein Zementofen mit Wärmetauscher aus folgenden
Gründen zum Verbrennen von Sonderabfällen eignet.
- Die Flammtemperatur beträgt ca. 2000 °C
- Bei einer Flammenlänge von ca. 20 m beträgt die Verbrennungszeit mehr als zwei Sekunden.
Somit werden alle organischen Moleküle zerstört.
- Die Schadstoffe (vor allem die Schwermetalle, ausgenommen Quecksilber) werden in
den Klinker eingebaut. Eine Studie des schweizerischen Nationalfonds hat ergeben,
dass die Einbindung in den Klinkermindestens 96 % (für Cadmium) beträgt.
- Bei einer Klinkerproduktion von über 1000 t/Tag werden die Schwermetalle sehrstarkverdünnt.
[0006] Nicht geeignet für die Verbrennung im Zementofen sind hochhalogenhaltigeAbfälle.
Die Halogene als Kreislaufelemente können in zu hoher Konzentration den reibungslosen
Betrieb eines Zementofens stören. Es gibt genügend Literatur, die die Entsorgung von
Müll oder Sondermüll beschreibt. Davon werden einige Publikationen erwähnt: B. Krogbeumler,
Verbrennung PCB-haltiger Altöle im Zementdrehofen IKG 41 (1988) 4 188-191; Gerger,
Thermische Verwertung von Sekundärbrennnnstoffen bei den Gmunder Zementwerken ZKG
44 (1991) 9457-462; Kreft, Entsorgung im Zementwerk, Entsorgungspraxis 9/88 S. 360-368;
Hansen, New way to burn hazardous waste Rock Products April 1990 S. 41.
[0007] Schwierigkeiten bei der Entsorgung der Abfälle im Zementofen verursacht im allgemeinen
die Zugabe zum Zementofen. Problemlos ist sie bei flüssigen Abfallstoffen, schon wesentlich
schwieriger bei festen Abfällen oder bei pastösen, d.h. nicht pumpbaren Sonderabfällen.
Schwierig ist es auch inhomogene Abfälle zu dosieren und in den Ofen einzugeben. Grundsätzlich
bestehen drei Möglichkeiten:
- Beim Primärbrenner direkt in die Flamme
- Beim Ofeneinlauf
- Stoffe in der Mitte des Ofens durch eine spezielle Vorrichtung einzugeben (US-A-4,850,290).
[0008] Bei einer Eingabe beim Primärbrenner (siehe die nachstehend erläuterten Fig. 1 und
2 mit schematischen Dartellungen eines Zementofens) können nur flüssige und pulverförmige
Stoffe sowie Granulate eingegeben werden, die mit der Primärluft eingeblasen werden.
[0009] Bei einer Eingabe beim Ofeneinlauf (siehe Fig. 1 und 2); an dieser Stelle beträgt
die Temperatur ca. 1'000 - 1'200 Grad C, erfüllt also die Forderung von 1'300 Grad
C nicht mehr (vgl. Fig. 3). Ausserdem ist der Sauerstoffgehalt sehr niedrig und beträgt
bis zu ca. 4 %. Aus diesem Grund findet in dieser Region kaum eine vollständige Verbrennung
statt, sondern es kommt eher zu einer teilweisen thermischen Zersetzung der Abfälle-
was durch ein Ansteigen des Kohlenmonoxides (CO) und CH-Verbindungen nachgewiesen
kann. Dadurch werden die Emissionsgrenzen zum Teil unterschritten.
[0010] Eine andere Möglichkeit Abfälle zu entsorgen ist die Pyrolyse. Bei der Pyrolyse werden
die Stoffe im Normalfall bei Temperaturen zwischen 400 - 700 °C vergast durch eine
teilweise Verbrennung im Sauerstoffunterschuss.
[0011] Die Pyrolysegase werden anschliessend in einem Thermoreaktor bei Temperaturen zwischen
1'000-1'100 Grad C verbrannt und die entstehenden Rauchgase eventuell durch eine Wasserwäsche
gereinigt. Die heute auf dem Markt erhältlichen Pyrolyseöfen erfüllen aberdie zwei
wichtigsten Anforderungen nicht.
a) Die Verbrennungstemperatur erreicht nicht konstant 1300 °C
b) Die Verbrennungsdauer erreicht nie zwei Sekunden
[0012] Daher sind diese Öfen zur Entsorgung vom Sonderabfällen ungeeignet.
[0013] Es ist nun Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zur Entsorgung von Sonderabfällen
zur Verfügung zu stellen, das frei von den Unzulänglichkeiten der Nachteile der oben
beschriebenen Verfahren ist und welches kostengünstig in bestehenden Zementöfen durgeführt
werden kann.
[0014] Es wurde gefunden, dass eine Kombination der beiden Verfahren alle Vorteile ausnützen
kann und für ein umweltgerechtes Entsorgen, das den gesetzlichen Bestimmungen der
meisten Staaten entspricht, geeignet ist.
[0015] Gegenstand dervorliegenden Erfindung ist demzufolge das im Patentanspruch 1 definierte
Verfahren.
[0016] Die vorliegende Erfindung wird anhand der beiliegenden Figuren näher erläutert. Es
zeigt
Fig. 1 eine schematische Darstellung eines Zementofens 1, welcher einen Wärmetauscher
2 besitzt, welcher an der dem Primärbrenner 3 gegenüberliegenden Seite des Ofenraums
4 angeordnet ist. Die Zufuhr der Primärluft erfolgt beim Primärbrenner 3, wobei die
Ofenflamme 5 gebildet wird. Der Ofeneingang 6 befindet sich an der Nahtstelle zwischen
Wärmetauscher 2 und Ofenraum 4. Unterhalb des Brennerrohrs des Brenners 3 befindet
sich ein Kühler 7, durch welchen einerseits Sekundärluft 8 angesogen wird und andererseits
der Klinker durchtritt, um am Ende des Kühlers 7 beim Brenngutauslauf 9 auszutreten.
Die Eingabe des Zementrohstoffes erfolgt über den Ofeneingang. Im erfindungsgemässen
Verfahren werden die Pyrolysegase beim Primärbrenner 3 durch die Primärluft in den
Ofen eingeleitet.
Fig. 2 ebenfalls eine schematische Darstellung eines analogen Zementofensystems. Für
die Bezugszeichen wird auf Fig. 1 verwiesen. 2A ist hier jedoch ein Rohmehl-Wärmetauscher,
wobei die Aufgabe an der Stelle 10 erfolgt und am Wärmetauscherein Filter 11 angeordnet
ist, durch welches das Abgas 12 austritt.
Fig. 3 ein Diagramm, welches den Temperaturverlauf im Zementdrehofen zeigt. Darin
wird deutlich, dass die Temperatur der Gase weit oberhalb der minimal erforderlichen
1'300 °C, im idealen Bereich um 2'000°C liegt.
[0017] Darin werden die Pyrolysegase von der Pyrolyseanlage direkt bei der Primärfeuerung
in den Zementofen geleitet, wobei der Zementofen die Funktion eines Thermoreaktors
übernimmt.
[0018] Damit können die nachstehenden Forderungen, die an ein umweltgerechtes Sondermüllentsorgungssystem
gestellt werden, erfüllt werden:
- Verbrennungstemperatur ca. 2'000 °C - Verbrennungszeit > 2 sec
- Vollständige Zerstörung der organischen Substanz
- Einbau der Schwermetallionen in den Klinker (grosser Verdünnungseffekt)
- Keine unerlaubten Emissionen
- Rasche Verwirklichung bei günstigem Kapitaleinsatz
- Keine Wasserwäsche, d.h. auch kein Aufarbeiten von Abwässern
[0019] Unseres Wissens wird heute keine solche Kombination von Pyrolyse und Verbrennung
zur Entsorgung von Sonderabfällen verwendet.
[0020] Bei einheitlichen Sonderabfällen, welche hohe Gehalte an schädlichen Schwermetallen
wie Cadmium oder Quecksiber enthalten, hat es sich überraschenderweise als günstig
erwiesen, dass dem Pyrolysegut während dem Pyrolyseverfahren unter Sauerstoffausschluss
Schwefel, Selen oder Tellur in freier oder gebundener Form zugesetzt wird. Voraussetzung
hierzu ist jedoch, dass die im Sondermüll enthaltenen Schwermetalle verhältnismässig
stabile Verbindungen mit dem Schwefel, bzw. seinen analogen Elementen eingeht. Dadurch
wird erreicht, dass die Verbindungen von Schwefel, Selen bzw. Tellur, mit dem Schwermetall
im Pyrolyserückstand im Pyrolyseofen zurückbleiben und dadurch ein Eintrag der Schwermetalle
in die Umwelt zusätzlich vermindert wird. Vorzugsweise wird in der Zuleitung des Pyrolysengases
zum Zementofen ein mechanisches oder Elektrofilter eingebaut. Dadurch können erfahrungsgemäss
ca. 99,5 % des schwermetallhaltigen Rückstandes zurückgehalten werden.
[0021] Die Temperatur im Pyrolyseofen beträgt vorzugsweise 400-500°C. Die Temperatur muss
so eingestellt werden, dass sich die gebildeten Schwermetallverbindungen möglichst
nicht verflüchtigen können. Wird bei der Zugabe Schwefel oder ein analoges Element
frei oder gebunden zugegeben, wird in der Regel ebenfalls ein Schutzgas in den Pyrolyseofen
eingeleitet. Typische Sonderabfälle, welche durch das genannte Verfahren in Gegenwart
von Schwefel geeignet sind, sind z.B. ausgediente Getränkeharassen aus Polyethylen
oder andere Produkte, welche durch Pigmente eingefärbt sind, welche Cadmium enthalten.
Durch dieses Verfahren wird das Cadmium zum grössten Teil ausgeschieden, während ein
möglicher Gehalt, welcher über das Pyrolysegas in den Zementofen gelangt, im Klinker
in geringster Konzentration gebunden wird. In der Schweiz sind beispielsweise tausende
von Tonnen derartiger Getränkeharassen im Umlauf, die in den nächsten Jahren entsorgt
werden müssen.
[0022] Ein weiteres Problem besteht bei der Entsorgung von ausgedienten Belägen von Sportanlagen,
welche Quecksilberverbindungen enthalten (Tartan®-Belä- ge). Auch die Entsorgung derartiger
Abfälle kann durch Pyrolyse in Gegenwart von Schwefel oderAnalogen in freier oder
gebundener Form erfolgen. Hier muss jedoch beachtet werden, dass die Pyrolyse bei
der tiefstmöglichen Temperatur erfolgt, damit die gebildete Quecksilberverbindung,
wie Quecksilbersulfid, zurückbleibt bzw. in einem Filter, das sich zwischen dem Pyrolyreofen
und dem Zementofen befindet, aufgefangen wird.
[0023] Falls aus dem Schwermetall während der Pyrolyse das Sulfid gebildet werden soll,
kann die Pyrolyse auch in Gegenwart eines schwefelhaltigen Produktes (anderes Abfallprodukt)
stattfinden oder aber es kann Schwefelwasserstoff eingeleitet werden, vorzugsweise
zusammen mit einem Schutzgas (N
2, Argon, CO
2).
[0024] Versuche einer Pyrolyse von Polyethylen haben ergeben, dass bei einer Temperatur
von 300°C und einer Pyrolysedauer von 80 Minuten keine Pyrolyse stattfindet. Bei 400°C
findet dabei eine partielle Pyrolyse statt, wobei ein brauner Rückstand zurückbleibt,
welcher 52 % des ursprünglichen Gewichts ausmacht. Bei Temperaturen von 450, 500 und
600°C, wurde beim Polyethylen eine totale Pyrolyse festgestellt, wobei ein Rückstand
erhalten wurde, welcher 0,3, bzw. 0,5 % des ursprünglichen Gewichtes ausmachte. Betreffend
Cadmiumsulfid wurde durch Versuche festgestellt, dass bei Temperaturen unterhalb 600°C
kaum Cadmium aus dem Pyrolyseofen über die Gasphase entweicht.
1. Verfahren zum Entsorgen von Sonderabfällen in flüssigem, pastösem oder festem Zustand,
dadurch gekennzeichnet, dass die Sonderabfälle in einer ersten Stufe in einem Pyrolyseofen
einer Pyrolyse unterworfen und anschiessend die dabei erhaltenen Pyrolysegase zur
totalen Verbrennung direkt bei der Primärfeuerung in einen Zementofen geleitet werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Pyrolysegase der Primärluft
oder Sekundärluft (Kühlerabluft) zudosiert werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Pyrolysetemperatur
im Pyrolseofen zwischen 400 - 900 °C, vorzugsweise 500- 700 °C, liegt.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Pyrolysetemperatur
durch eine teilweise Verbrennung des Pyrolysegutes im Sauerstoffunterschuss erreicht
wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Pyrolysegas
über geheizte Verbindungsleitungen vom Pyrolyseofen in den Zementofen geleitet wird,
um eine Kondensation der Pyrolysegase zu vermeiden.
6. Verfahren nach nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die
Pyrolysegase mit Katalysatoren in Kontakt gebracht werden, um sie in eine möglichst
energiereiche Form unzuwandeln.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Pyrolyseofen
zur Steuerung des Prozesses so ausgerüstet ist, dass beim Ausfall der Primärfeuerung
im Zementofen automatisch der Pyrolyseprozess durch Einleiten eines Inertgases gestoppt
wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass als Sonderabfälle
Kunststoffprodukte entsorgt werden, welche Cadmium oder Quecksilber enthalten.
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Pyrolyse in Gegenwart
von Schwefel, Selen oder Tellur in freier oder gebundener Form durchgeführt wird.
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Pyrolysetemperatur
zwischen 400 und 500°C liegt.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass Sonderabfälle
aus Polyethylen, welches Cadmium enthält, entsorgt werden, wobei Schwefel in Form
von Schwefelwasserstoff in den Pyrolyseofen eingeleitet wird.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass als
Sonderabfall ein quecksilberhaltiger Kunststoff entsorgt wird, wobei die Pyrolyse
in Gegenwart von Schwefel in freier oder gebundener Form, z.B. von H2S durchgeführt wird.