(19)
(11) EP 0 617 134 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.09.1994  Patentblatt  1994/39

(21) Anmeldenummer: 94104259.0

(22) Anmeldetag:  18.03.1994
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C21D 1/09
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT

(30) Priorität: 26.03.1993 DE 4309870

(71) Anmelder:
  • AUDI AG
    D-85045 Ingolstadt (DE)
  • SÄCHSISCHE ELEKTRONENSTRAHL GmbH
    D-09112 Chemnitz (DE)

(72) Erfinder:
  • Heck, Klaus, Dr. Ing.
    D-85049 Ingolstadt (DE)
  • Zenker, Rolf, Dr. Ing.
    D-09648 Mittweida (DE)
  • Frenkler, Norbert, Dipl.-Ing.
    D-09131 Chemnitz (DE)
  • Schädlich, Klaus, Dipl.-Phys.
    D-09122 Chemnitz (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Umschmelzen von Oberflächenbereichen von Werkstücken


    (57) Die Oberflächenbereiche von Werkstücken mit unterschiedlicher Geometrie und Form sind in ihren Eigenschaften, wie z. B. Verschleißfestigkeit, durch Umschmelzen mittels Energiestrahl, vorzugsweise Elektronenstrahl, zu verändern. Durch das Einbringen von Schmelzbahnen werden Werkstücke aus Gußeisen so behandelt, daß definiert die Oberflächenbereiche bei geringer Oberflächendeformation modifiziert werden und die Porenfreiheit gegeben ist.
    Erfindungsgemäß wird mit dem ablenkbaren Energiestrahl eine keilförmige Schmelzzone bei Bildung einer Dampfkapillare erzeugt. Dabei wird ein kritischer Wert der Temperatur in einem bestimmten Randbereich der Schmelzbahn, insbesondere der Oberflächentemperatur, nicht überschritten. Bestimmte Parameter des Energiestrahls sowie das Tiefen-Breiten-Verhältnis der Schmelzbahn sind vorgegeben.
    Das Verfahren findet vorzugsweise bei der Oberflächenhärtung von Maschinenteilen, z. B. der Laufflächen von Nockenwellen Anwendung.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Umschmelzen von Oberflächenbereichen von Werkstücken aus Gußeisen mit lamellaren, kugeligen oder anderen Graphitausscheidungen, deren Oberfläche eine beliebige Form und Geometrie aufweist. Durch den Umschmelzprozeß mittels Energiestrahl, vorzugsweise Elektronenstrahl, werden die Oberflächeneigenschaften wie Verschleißfestigkeit verbessert. Eine bevorzugte Anwendung ist das Härten der Laufflächen von Nockenwellen.

    [0002] Es sind verschiedene Verfahren der Umschmelzbehandlung bekannt, bei welchen als Energiequelle ein Plasmastrahl, Laserstrahl oder Elektronenstrahl verwendet wird (DE 36 26 799 A1). Die Oberflächen sind besonders bei Nockenwellen geometrisch kompliziert ausgebildet, d. h. sie sind lokal unterschiedlich gekrümmt und geneigt; sie setzen sich mitunter aus gerundeten und abgeschrägten Kanten zusammen. Beispiele für derartige Ausbildungen der Oberfläche sind Nockenwellen, Schlepp- oder Kipphebel, Kurvenscheiben, Kulissen usw.

    [0003] Es ist auch bekannt, einen zweidimensional hochfrequent abgelenkten Elektronenstrahl entsprechend programmiert auf der Oberfläche zur Einwirkung zu bringen. Dabei wird dieser Prozeß in zwei Phasen unterteilt; einer Festphase und einer nachgeordneten Schmelzphase (DD 270 090). Dieses Verfahren gewährleistet aber nicht, selbst bei hohem apparativen Aufwand, eine porenfreie, gleichmäßige und gezielt einstellbare Härtetiefe zu realisieren.

    [0004] Es ist weiterhin bekannt, die gesamte zu behandelnde Oberfläche entsprechend ihrer Geometrie in Einzelbereiche mit annähernd gleicher Geometrie aufzuteilen. An die Einzelbereiche wird jeweils die Bahngeschwindigkeit des Elektronenstrahls und/oder die vom Elektronenstrahl auf das Werkstück übertragene Flächenenergie in Abhängigkeit vom Auftreffwinkel des Elektronenstrahls und der zu erstellenden Umschmelztiefe angepaßt (DE 41 30 462 A3). Diese Lösung hat den Nachteil, daß ebenfalls Qualitätsmängel durch häufig auftretende Poren nicht verhindert werden. Es treten neben den qualitativen Mängeln auch wirtschaftliche Nachteile ein.

    [0005] Auch alle Versuche mit den in oben genannten Verfahren ergänzenden Verfahrensschritten, wie Vorwärmen der zu schmelzenden Werkstückbereiche, geschwindigkeitsgeregelter Energiezufuhr, Mehrfachüberlappen von Einzelschmelzbahnen, oszillierende Zusatzbewegung der Energiequelle, Energiedosierung durch hochfrequentes Ablenken der Energiestrahlen und die Verwendung von Zusatzwerkstoffen schließen die Porenbildung nicht aus. Damit sind auch die mechanischen Eigenschaften der Werkstücke nach wie vor negativ beeinflußt.

    [0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Umschmelzen von Oberflächenbereichen von Werkstücken, insbesondere aus Gußeisen mit lamellaren, kugeligen oder anderen Graphitausscheidungen, mit beliebig ausgebildeter Oberfläche zu schaffen. Mit einem Energiestrahl, vorzugsweise Elektronenstrahl, soll die Oberfläche partiell durch Erzeugen von Schmelzbahnen in ihren Eigenschaften definiert verändert werden. Oberflächendeformationen größer 0,4 mm sollen nicht auftreten. Die Oberfläche muß porenfrei sein. Es soll auch möglich sein, die Schmelzbahn in der Fügestelle einer Werkstoffpaarung aus gleichem oder unterschiedlichem Werkstoff auszuführen, um eine Verbindung derselben herzustellen.

    [0007] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe nach den Merkmalen des Patentanspruches 1 gelöst. Weitere Ausgestaltungen des Verfahrens sind in den Unteransprüchen beschrieben.

    [0008] Die erfindungsgemäße Erzeugung von Schmelzzonen auf der Oberfläche des Werkstückes, besonders von Gußeisen mit hohem Kohlenstoffgehalt, verhindert die Bildung von gaseinschließenden Poren aufgrund der die Schmelze "öffnenden" Wirkung der Metalldampfkapillaren in der Längsachse des in die Oberfläche des Werkstückes eindringenden Energiestrahles.

    [0009] Zur Sicherung der öffnenden Wirkung der Metalldampfkapillaren hat sich gezeigt, daß sich bei einer Temperaturführung auf die Randbereiche der erzeugten Schmelzbahn die Kapillaren dauerhaft stabilisieren lassen.

    [0010] Die Energieübertragungsparameter werden werkstoffbezogen in Verbindung mit der Vorwärmtemperatur und/oder der Vorschubgeschwindigkeit so gewählt, daß im Einwirkbereich bevorzugt des Elektronenstrahls unter Ausbildung einer Dampfkapillare eine Umschmelzzone mit einem Tiefen(h)-Kopfbreiten(b)-Verhältnis von mindestens





    entsteht.

    [0011] In der Umgebung der Umschmelzzone, insbesondere an der Oberfläche bis zu einem bestimmten Absand a zu ihr, in der Größe von

    vom Rand der Umschmelzzone wird dadurch ein kritischer Wert der Temperatur nicht überschritten. Diese kritische Temperatur ist durch die Schmelztemperatur der am niedrigsten schmelzenden Bestandteile des Werkstoffes bestimmt. (Es bedeuten a die Breite des nicht umgeschmolzenen Randbereiches zu beiden Seiten der Schmelzbahn und ds der Durchmesser des gesamten Energiestrahles.)

    [0012] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ergibt sich entsprehend den in den Unteransprüchen beschriebenen Ausgestaltungen die Möglichkeit, durch Einflußnahme auf die Rahmenbedingungen des Werkstoffes größere Schmelzgeschwindigkeit und damit eine größere Wirtschaftlichkeit des Verfahrens bei gleicher Porenfreiheit zu erreichen. Durch Mikroschliffe quer und längst zur Schmelzbahn konnte die Porenfreiheit nachgewiesen werden.

    [0013] Das erfindungsgemäße Verfahren ist darüberhinaus noch einsetzbar für das Verbinden von zwei Werkstücken. Dazu werden die Teile aus Gußeisen (z. B. GGG 60) mechanisch vorgefügt und anschließend mit einem Energiestrahl hoher Leistungsflußdichte (2,5 x 10³W/mm²) durch Erzeugung einer keilförmigen Schmelzbahn mit einem Tiefen-Kopfbreitverhältnis von 4:1 an der Fügestelle verbunden (Vorschubgeschwindigkeit 15 mm/s), wobei die Temperatur in der Umgebung der Schmelzbahn die Schmelztemperatur der am niedrigsten schmelzenden Gefügebestandteile der verwendeten Werkstoffe nicht überteigt. Das Ergebnis ist eine poren- und rißfreie Schweißnaht mit Oberflächendeformation ≦ 0,5 mm (maximale Höhendifferenz).

    [0014] An zwei Ausführungsbeispielen wird die Erfindung näher erläuter. In der zugehörigen Zeichnung zeigen.
    Fig. 1:
    einen Schnitt durch eine in einem Werkstück eingebrachte Schmelzbahn,
    Fig. 2:
    einen Schnitt durch ein aus zwei Teilen bestehendes durch eine Schmelzbahn verbundenes Werkstück.


    [0015] In Fig. 1 ist auf der Oberfläche eines Werkstückes 1 aus Grauguß mit lamellarem Graphit ein bestimmter Bereich umzuschmelzen, ohne daß Poren entstehen. Ehe der erfindungsgemäße Prozeß durchgeführt wird, wird das Werkstück 1 in üblicher Weise auf eine Temperatur von ca. 450°C erwärmt.

    [0016] Anschließend wird das Werkstück 1 im Vakuum von einem abgelenkten Elektronenstrahl 2 mit einem Gesamtdurchmesser ds = 0,5 mm beaufschlagt und dabei mit einer Vorschubgeschwindigkeit V von 17 mm/s bewegt. Die Energiedichte ED des Elektronenstrahls 2 wird auf 45 Ws/mm² und die Leistungsflußdichte P mit 2 x 10³ W/mm² eingestellt. Dadurch wird eine keilförmige Schmelzbahn 3 erzeugt, in deren Mitte sich die Dampfkapillare 4 bildet. Die Schmelzbahn 3 hat eine Tiefe (h) von 2 mm und eine Kopfbreite b von 1,5 mm, das heißt, das Tiefen-Kopfbreiten-Verhältnis beträgt 1,3:1.

    [0017] Zu beiden Seiten der Schmelzbahn 3 bildet sich eine erwärmte Zone, in der eine Temperatur von ca. 1080°C herrscht, mit einer Breite von ca. 0,5 mm aus.

    [0018] Nach der ledeburitischen Erstarrung und der nachfolgenden Fertigbearbeitung des Werkstückes 1 bzw. dessen Oberfläche konnte festgestellt werden, daß das Volumen der Schmelzbahn 3 in der gesamten Tiefe b des ursprünglichen Schmelzvolumens porenfrei ist.

    [0019] Ist aufgrund der Größe der zu behandelnden Oberfläche des Werkstückes 1 die Breite b einer Schmelzbahn 3 nicht ausreichend, so werden mehrere Schmelzbahnen nebeneinander eingebracht. Dabei ist der Abstand dieser voneinander so zu wählen, daß wiederum ein Abstand a als erwärmte Zone zwischen beiden Schmelzbahnen bestehen bleibt.

    [0020] Ein zweites Beipiel, Fig. 2, zeigt, wie zwei Teile 1' und 1'' durch die Schmelzbahn 3 miteinander verbunden sind. Die Schmelzbahn 3 wird nach dem gleichen Verfahren wie im Zusammenfang mit Fig. 1 beschrieben in die Mitte der Fügestelle 5 gelegt. Dabei entsteht eine porenfreie Verbindung durch Verschmelzen (Verschweißen) beider Teile 1' und 1''.

    [0021] Bei den verwendeten Werkstoffen wurde darauf geachtet, daß zur Erzielung größerer Umschmelzgeschindigkeit bei der angestrebten Porenfreiheit Graphitausscheidungen von < 100 µm bei lamellarem Grauguß bzw. < 40 µm Kugeldurchmesser bei sphärolithischem Gußeisen verwendet wurde.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Umschmelzen von Oberflächenbereichen von Werkstücken, insbesondere aus Gußeisen, indem Schmelzbahnen mit einem zweidimensional abgelenkten Energiestrahl, vorzugsweise Elektronenstrahl, erzeugt werden, dadurch gekennzeichnet, daß mit dem Energiestrahl eine keilförmige Schmelzzone bei Bildung einer Dampfkapillare erzeugt wird, daß dabei die Energiedichte (ED) 35 bis 200 Ws/mm², die Leistungsflußdichte (P) >1x10³ W/mm², die Umschmelzvorschubgeschwindigkeit (V) > 10 mm/s und das Tiefen(h)-Breiten(b)-Verhältnis ≧ 1:1 gewählt werden und daß ein kritischer Wert der Temperatur in der Umgebung der Schmelzzone, der durch die Schmelztemperatur der am niedrigsten schmelzenden Gefügebestandteile bestimmt ist, insbesondere die Oberflächentemperatur, in einem Abstand (a) vom Rand der Schmelzbahn von

    nicht überschritten wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Schmelzbahn mitten in die Werkstückoberfläche in den Bereich, dessen spezielle Eigenschaften verändert werden sollen, eingebracht wird.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Schmelzbahn über der Werkstückoberfläche mit ihrem Anfang und Ende sich überlappend eingebracht wird.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 - 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Schmelzbahn in ihrem Verlauf auf der Oberläche des Werkstückes mäander- oder wellenförmig verlaufend eingebracht wird.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 - 4, dadurch gekennzeichnet, daß der die Schmelzbahn erzeugende Energiestrahl in einem Winkel α bis 45° zur Werkstückoberfläche zur Einwirkung gebracht wird.
     
    6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 - 5, dadurch gekennzeichnet, daß auf der Oberfläche des Werkstückes mehrere Schmelzbahnen nebeneinander eingebracht werden.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 - 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Werkstück vor dem Erzeugen der Schmelzbahn auf eine Temperatur von > 400°C erwärmt wird.
     
    8. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß bei der Erschmelzung von Grauguß mit lamellarem Graphit ein Werkstoff mit einer maximalen Größe der Graphitausscheidungen von 100 µm und von Gußeisen mit Kugelgraphit ein Werkstoff mit maximalem Kugeldurchmesser von 40 µm verwendet wird.
     
    9. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 - 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Schmelzbahn in die Fügestelle einer Werkstoffpaarung aus gleichenoder unterschiedlichen Werkstoffen zur Verbindung derselben miteinander eingebracht wird.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht