(19)
(11) EP 0 622 466 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.11.1994  Patentblatt  1994/44

(21) Anmeldenummer: 94102673.4

(22) Anmeldetag:  23.02.1994
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C21D 5/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DK FR GB IT NL

(30) Priorität: 26.04.1993 DE 4313569

(71) Anmelder: MERCEDES-BENZ AG
D-70327 Stuttgart (DE)

(72) Erfinder:
  • Michelsen, Robert
    D-20539 Hamburg 26 (DE)
  • Schulz, Jürgen, Dipl.-Ing.
    D-73249 Wernau (DE)
  • Brink, Harm, Dr.-Ing.
    D-21218 Seevetal (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Härten von Kugelgraphitgusseisenteilen


    (57) Es wird ein Wärmebehandlungsverfahren zum Härten von Teilen auf Gußeisen mit Kugelgraphit angegeben. Die Teile werden zunächst auf eine Austenitisierungstemperatur von 900 bis 920°C erwärmt und bis zu einer Zeitspanne von höchstens 30 Minuten auf dieser Temperatur gehalten. Darauf werden die Teile in höchstens 10 Sekunden auf etwa 220°C abgeschreckt, während einer Zeitspanne von 1,7 bis 2 Minuten auf dieser Temperatur gehalten, um dann auf etwa 320 bis 380°C erwärmt zu werden. Auf dieser Temperatur werden die Gußteile für eine Zeitspanne von höchstens 90 Minuten gehalten, wobei ein Teil des Austenits in Bainit umgewandelt wird. Die so hergestellten Gußteile weisen eine hohe Härte und eine gute Zähigkeit auf und besitzen vor allem auch eine außerordentlich gute Verschleißfestigkeit.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Härten von Kugelgraphitgußeisenteilen gemäß dem Oberbegriff des 1. Patentanspruches.

    [0002] Kugelgraphit-Gußeisen, auch als Späroguß oder Globolit-Grauguß (GGG) bezeichnet, wird seit Jahrzehnten in der Technik auf den verschiedensten Anwendungsgebieten eingesetzt. Im Fahrzeugbau findet Kugelgraphitguß wegen seiner guten technischen Eigenschaften vor allem für Hebel, Starter, Federträger und Getriebegehäuse Verwendung.

    [0003] Wesentlich für die Qualität der Fertigungsteile und ihre Verwendbarkeit ist der Wärmebehandlungsablauf bei der Herstellung von Kugelgraphitgußeisenteilen. Ein derartiger Wärmebehandlungsablauf ist aus einem Vortragsmanuskript der Firma Degussa für das 46. Härterei-Kolloquium vom 03.-05.10.1990 in Wiesbaden, aus dem Bild 4 zu entnehmen. Nach dieser Literaturstelle wird ein Globolit-Graugußteil auf eine Temperatur von 900 bis 920° C erwärmt und über eine Zeitspanne von 2 Stunden bei dieser Temperatur gehalten. Nach einem Abschrecken auf 200° C wird das Teil erneut auf 360° C erwärmt und ebenfalls 2 Stunden bei dieser Temperatur gehalten, um es dann auf Raumtemperatur abkühlen zu lassen. Nach der DE-PS 35 09 709 wird bei einem Verfahren zum Herstellen eines zwischenvergüteten Körpers aus Gußeisen mit Kugelgraphit der Formkörper zunächst bei einer Austenit-Stabilisierungstemperatur von 800 bis 1 000°C gehalten und dann auf 200 bis 400°C gekühlt, bei welcher die Umwandlung von Austenit in Bainit erfolgt. Die erste Wärmebehandlung erfolgt während einer Zeitspanne von 4 Stunden und die zweite Wärmebehandlung erfolgt über einen Zeitraum von 2 Stunden. Bei diesen bekannten Wärmebehandlungsverfahren sind über Stunden dauernde Behandlungsstufen notwendig, die vor allem hohe Energiekosten und auch Investitionskosten mit sich bringen. Aus der Zeitschrift "Giesserei-Praxis" (Nr. 12/1990), Seite 192 ff. ist ebenfalls die Herstellung von bainitischem Gußeisen mit Kugelgraphit zu entnehmen. Dabei wird auch auf die zwei Stufen bei der Bainitreaktion eingegangen. Dieser Literaturstelle sind jedoch konkrete Parameter für die Temperaturen und die Behandlungsspannen nicht zu entnehmen.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Härten von Gußteilen aus einer Kugelgraphitgußeisenschmelze zu schaffen, bei dem die Wärmebehandlungszeiten verringert werden und womit ein Gußeisenkörper mit Kugelgraphit mit guten mechanischen Eigenschaften herstellbar ist.

    [0005] Die gestellte Aufgabe wird erfindungsgemäß mit den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruches gelöst.

    [0006] Überraschenderweise hat sich bei der erfindungsgemäßen Verfahrensdurchführung ergeben, daß damit Gußteile erhalten werden, die trotz einer gegenüber dem Stand der Technik wesentlich verkürzten Austenitisierungs-Zeitspanne und einer kürzeren Umwandlungs-Zeitspanne für den Austenit in Bainit, sehr hat und außerordentlich verschleißfest vor der ersten Verschleißbeanspruchung, durch die sich in Bruchteilen von Sekunden, je nach der Höhe der Belastung, in aus der Metallkunde bekannten Mechanismen, aus dem Rest-Austenit im Gußteil der sehr harte Martensit bildet. Der Martensit bildet sich dabei fortwährend neu aus dem Austenit, in Abhängigkeit von einem eventuellen Abrieb und der Höhe der auftretenden Belastung. Dadurch ergibt sich bei den Gußteilen eine hohe Abrasionsfestigkeit bei schlagartiger Beanspruchung und eine hohe Oberflächenermüdungsfestigkeit.

    [0007] Die Austenitisierungs-Zeitspanne für die Gußteile liegt zwischen 10 und etwa 30 Minuten je nach der Dicke der Bauteile und wird durch den Kohlenstoffdiffusionskoeffizienten bestimmt. Die Umwandlungs-Zeitspanne von bis zu 90 Minuten richtet sich nach dem gewünschten oder erforderlichen Restaustenitgehalt bei dem Gußteil.

    [0008] Das folgende Beispiel dient der Erläuterung der Erfindung, ohne sie dadurch zu beschränken.

    [0009] Es wurde eine Gußeisenschmelze für handelsüblichen Globolit-Grauguß (GGG 60) eingesetzt, die bestand aus
       2.6 bis 3,9 Gew.-% Kohlenstoff,
       1,6 bis 3,0 Gew.-% Silizium,
       0,3 bis 0,4 Gew.-% Mangan,
       0,025 bis 0,09 Gew.-% Magnesium,
       maximal bis 0,5 Gew.-% Kupfer,
       maximal bis 0,08 Gew.-% Phosphor,
       maximal bis 0,01 Gew.-% Schwefel,
       Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen.

    [0010] Ein Gußteil mit der obengenannten Zusammensetzung wurde in einem Zeitraum von 20 Minuten auf die Austenitisierungstemperatur von 900 bis 920° C aufgeheizt und 25 Minuten lang auf dieser Temperatur gehalten. Danach wurde das Gußteil schnell auf eine Temperatur von etwa 220° C abgeschreckt, innerhalb von 20 Sekunden wieder auf eine Umwandlungstemperatur (Austenit in Bainit) von 360° C aufgeheizt und ungefähr 85 Minuten lang bei dieser Temperatur gehalten.

    [0011] Nach der Abkühlung auf Raumtemperatur wurden bei dem Gußteil folgende Meßwerte ermittelt:
    0,2 Dehngrenze Rp0,2 770 - 800 N/mm²
    Zugfestigkeit Rm 1 000 - 1 100 N/mm²
    Bruchdehnung As 11,0 - 12,5 %
    Schlagarbeit an ungekerbten DVM -Proben 130 - 145 J


    [0012] Die gemessenen Werte wurden ermittelt bei Gußteilen bis zu einer Materialdicke von 30 mm. Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Gußteile, die bei hoher Härte und guter Zähigkeit vor allem auch eine hohe Verschleißfestigkeit besitzen, sind z.B. für die Herstellung von Federlager besonders gut geeignet. Im Kraftfahrzeug sammelt sich zwischen diesen und den Achsfedern insbesondere Sand und Schmutz an, was zu einem starken Verschleiß dieser Bauteile führt. Bei Federlager aus Gußteilen, die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt worden waren, wurde eine zeitliche Verlängerung der Gebrauchsdauer um etwa 50 % festgestellt.

    [0013] Die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens bestehen einmal darin, daß der Zeitraum für die Wärmebehandlung zum Härten von Gußeisen mit Kugelgraphit gegenüber dem bekannten Stande der Technik wesentlich verringert wird. Es wird damit eine höhere Produktivität der Wärmebehandlungsanalge erreicht. Die Herstellungskosten der zu behandelten Gußteile werden reduziert, da sowohl bezogen auf die Anzahl der behandelten Teile geringere Investitionskosten notwendig sind als auch geringere Energiekosten entstehen. Die hergestellten Teile aus Gußeisen mit Kugelgraphit besitzen gute mechanische Eigenschaften, vor allem eine große Härte und eine außerordentlich hohe Verschleißfestigkeit.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Härten von Kugelgraphitgußteilen mit folgender Zusammensetzung:
    2.6 bis 3,9 Gew.-% Kohlenstoff,
    1,6 bis 3,0 Gew.-% Silizium,
    0,3 bis 0,4 Gew.-% Mangan,
    0,025 bis 0,09 Gew.-% Magnesium,
    maximal bis o,5 Gew.-% Kupfer,
    maximal bis o,o8 Gew.-% Phosphor,
    maximal bis 0,01 Gew.-% Schwefel,
    Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen, bei welchem Verfahren die Teile hinsichtlich Temperatur und Zeitspannen einem Wärmebehandlungsverfahren unterworfen werden, und zwar

    - werden die Teile zunächst auf eine Austenitisierungstemperatur von 900 bis 920° C erwärmt und bei dieser Temperatur während einer Zeitspanne (Austenitisierungs-Zeitspanne) von höchstens 30 Minuten gehalten,

    - darauf werden die Teile in einer Zeitspanne von höchstens 10 Sekunden auf etwa 220° C abgeschreckt, indem die Teile in ein auf 220 + 5°C gehaltenes Salzbad eingebracht werden und in diesem Salzbad bei der angegebenen Temperatur während einer Zeitspanne von 100 bis 120 Sekunden gehalten werden,

    - danach werden die Teile in einer Zeitspanne von höchstens 25 Sekunden wieder auf eine Temperatur von 320 bis 380°C, vorzugsweise 360°C, erwärmt, durch Einbringen in ein weiteres entsprechend temperiertes Salzbad, und bei dieser Temperatur während einer zweiten Zeitspanne von höchstens 90 Minuten (Umwandlungs-Zeitspanne) gehalten und

    - anschließend werden die Teile mit einer beliebigen Geschwindigkeit auf Raumtemperatur abgekühlt.


     





    Recherchenbericht