(19)
(11) EP 0 623 936 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.11.1994  Patentblatt  1994/45

(21) Anmeldenummer: 94106715.9

(22) Anmeldetag:  29.04.1994
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5H01B 3/52, D21H 13/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE ES FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 04.05.1993 DE 4314620

(71) Anmelder: BASF Aktiengesellschaft
D-67063 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Berbner, Heinz
    D-69509 Moerlenbach (DE)
  • Herbst, Gernot, Dr.
    D-67157 Wachenheim (DE)
  • Ott, Karl
    D-68723 Plankstadt (DE)
  • Zettler, Hans Dieter
    D-67269 Gruenstadt (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Elektroisolationspapier


    (57) Die Erfindung betrifft ein temperaturbeständiges Elektrolisoliermaterial, das Melaminharzfasern, Polymerfibrillen als Bindemittel, sowie gegebenenfalls ein Kunstharzpulver und mineralische Füllstoffe enthält.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein temperaturbeständiges, einfach und kostengünstig herstellbares Elektroisolierpapier auf Basis von Kunststoffharzfasern und Polymerfibrillen, die als Bindemittel für die Fasern wirken.

    [0002] Isoliersysteme sind ein entscheidender Faktor für die Funktionsfähigkeit und Lebensdauer von Wechsel- und Gleichstrommaschinen. Wesentliche Forderungen an moderne Hochspannungsisolierstoffe für den Motoren-, Generatoren-, Transformatoren und Kondensatorenbau sowie für die Isolierung elektrischer Geräte sind
    • niedriger Verlustfaktor, auch bei Erhöhung der Temperatur
    • hohe Temperaturbeständigkeit
    • gute Spannungs- und Kriechstromfestigkeit
    • Glimmbeständigkeit
    • sicherer Schutz gegen elektrische Durchschläge.


    [0003] Diese Forderungen werden durch flächige bzw. geformte Isoliermaterialien am besten erfüllt.

    [0004] Bisher verwendete Isoliermaterialien sind z.B. harzgetränkte Glasvliese bzw. Glasgewebe, flächige Gebilde aus speziellen Abmischungen mit Zellstoff, Folien aus Polyester oder Polyamide, sowie Papiere aus aromatischen Polyamiden. Diese Isolierstoffe weisen zwar in der Regel gute elektrische und meist auch gute mechanische Eigenschaften auf, ihre Herstellung ist jedoch kostenintensiv, so daß sich die elektrischen Maschinen dadurch nicht unwesentlich verteuern. Einige dieser Papiere sind sehr spröde und brechen insbesondere bei Knickbeanspruchung. Papiere aus aromatischen Polyamiden zeichnen sich durch besonders gute Temperaturbeständigkeit aus, ihre mechanischen Eigenschaften, insbesondere die hohe elastisch Rückverformung sind bei der Verarbeitung nachteilig. Auch läßt die Dauerglimmbeständigkeit zu wünschen übrig.

    [0005] Die Erfindung lag also die Aufgabe zugrunde, Elektroisoliermaterialien bereitzustellen, die gute mechanische und elektrische Eigenschaften aufweisen, temperaturbeständig sind und kostengünstig hergestellt werden können.

    [0006] Gegenstand der Erfindung ist ein temperaturbeständiges Elektroisolierpapier, enthaltend

    A. 15-95 Gew.-% Kunstharzfasern

    B. 5-85 Gew.-% Polymerfibrillen

    C. 0-30 Gew.-% Kunstharzpulver

    D. 0-80 Gew.-% mineralische Füllstoffe,

    wobei die Kunstharzfasern A aus einem Melamin/Formaldehyd-Kondensationsprodukt bestehen.

    [0007] Zu den einzelnen Komponenten des Elektroisolierpapiers ist folgendes zu sagen:

    A. Melaminharz-Fasern sind aufgrund ihrer hohen Temperaturbeständigkeit und Unbrennbarkeit besonders geeignet. Ihre Herstellung und ihre Eigenschaften sind bekannt, z.B. aus der DE-A 23 64 091. Sie werden bevorzugt aus hochkonzentrierten Lösungen von Melamin/Formaldehyd-Vorkondensationsprodukten durch Zentrifugenspinnen, Fadenziehen, Extrudieren oder durch Fibrillierungsprozesse gewonnen. Die dabei erhaltenen Fasern werden vorgetrocknet, gegebenenfalls gereckt und das Melaminharz wird bei Temperaturen von 150 bis 250°C gehärtet. Die Fasern sind gewöhnlich 5 bis 25 µm dick und 2 bis 20 mm lang. Ihr Anteil in dem Isolationspapier beträgt erfindungsgemäß 15 bis 95, vorzugsweise 50 bis 80 Gew.-%. Besonders temperaturbeständige Fasern erhält man, wenn im Melaminharz 1 bis 30 Mol.-% des Melamins durch ein Hydroxyalkylmelamin ersetzt sind, wie in EP-A 221 330 oder EP-A 523 485 beschrieben ist. Derartige Fasern weisen eine Dauertemperaturbeständigkeit bis 200°C, vorzugsweise bis 220°C auf. Die Kunstharzfasern A haben im allgemeinen eine spezifische Oberfläche nach BET (gemessen nach S. Brunauer, JACS 60, S. 309, [1938] an bei -190°C gefriergetrockneten Fasern) von weniger als 1, insbesondere weniger als 0,7 [m²·g⁻¹].

    B. Die Polymerfibrillen bewirken aufgrund ihrer verästelten Struktur den Zusammenhalt der Melaminharzfasern insbesondere bei der Papierherstellung, aber auch im fertigen Papier. Polymerfibrillen sind verzweigte, faserige Polymerpartikel, welche morphologisch nach Größe und Gestalt den Cellulosefasern ähnlich sind. Ihre Länge beträgt vorzugsweise 0,5 bis 50 mm, ihre Dicke weniger als 5 µm, insbesondere 0,01 bis 1 µm, wobei die Dicke der feinen Einzelfasern, mikroskopisch bei einer Vergrößerung von 1:20.000 bestimmt, gemeint ist. Ihre spezifische Oberfläche nach BET ist größer als 3, insbesondere größer als 5 m²·g⁻¹.
    Die Polymerfibrillen können aus einem temperaturbeständigen Thermoplasten vorzugsweise mit einer Erweichungstemperatur oberhalb von 100°C bestehen, z.B. aus Polypropylen, Polyacrylnitril, einem Polyester, einem aromatischen Polyamid, einem Polysulfon oder einem Polyketon, ferner aus einem Duroplasten, wie einem Polyimid oder einem Melamin/Formaldehyd-Kondensat; schließlich können die Fibrillen auch aus Cellulose bestehen. Synthetische Polymerfibrillen werden üblicherweise hergestellt durch Einbringen hoher Scherkräfte auf Kurzfasern oder durch Ausfällen einer Lösung des Polymeren unter Energiezufuhr und gegebenenfalls anschließender Aushärtung. Der Gehalt aus Polymerfibrillen beträgt erfindungsgemäß 5 bis 85, vorzugsweise 10 bis 50 Gew.-%.

    C. Das Elektroisolierpapier enthält 0 bis 30, vorzugsweise 1 bis 20 Gew.-% eines Kunstharzpulvers, welches als zusätzliches Bindemittel für die Fasern wirkt. Es kann aus einem härtbaren Kunststoff bestehen, wie z.B. einem Aminoplasten oder einem Epoxidharz, welches beim Verpressen des Papiers aushärtet, oder aus einem temperaturbeständigen Thermoplasten, der beim Verpressen aufschmilzt.

    D. Als Füllstoffe kommen feinteilige anorganische Stoffe, wie z.B. Zement, Talkum, Kaolin, Schiefermehl, Kalk, Magnesia, Ruß, Kieselgur oder Mischungen davon in Frage. Ihre Teilchengröße beträgt vorzugsweise 0,1 bis 40 µm. Auch blättchenförmige Füllstoffe, wie Glimmer, mit einer Dicke von 1 bis 100 µm, sowie faserige mineralische Füllstoffe, wie Glas- und Steinwollefasern sind geeignet. Die Füllstoffe können in dem Elektroisolierpapier in Mengen von bis zu 80 Gew.-%, vorzugsweise von 10 bis 50 Gew.-% enthalten sein.



    [0008] Die erfindungsgemäßen Elektroisolierpapiere werden nach den in der Papierindustrie üblichen Verfahren hergestellt. In einer bevorzugten Ausführungsform schlämmt man die faser- bzw. pulverförmigen Ausgangsmaterialien in Wasser auf und stellt eine Dispersion mit einem Feststoffgehalt von vorzugsweise 0,1 bis 10 Gew.-% her. Die wird auf üblichen Papiermaschinen, z.B. Langsieb- oder Rundsiebmaschinen aufgebracht, wo sie flächig ausgebreitet und der Großteil des Wassers abgesaugt wird. Durch die Fibrillen werden die Melaminharzfasern zusammengehalten, so daß das entstehende Rohpapier eine ausreichende initiale Naßfestigkeit erhält. Dieses Rohpapier wird dann bei Temperaturen zwischen 120 und 180°C getrocknet, indem man es z.B. über beheizte Rollen führt. Anschließend wird es bei Temperaturen oberhalb von 200°C verpreßt. Dies kann auf üblichen Glättwalzen und/oder Walzwerken geschehen, wobei ein relativ hoher Druck auf das Papier ausgeübt wird. Dabei härten gegebenenfalls vorhandene Kunstharzpulver aus bzw. schmelzen auf und bewirken eine zusätzliche Verfestigung des Papiers. Das Papier kann auch durch nachträgliches Tränken mit Harzen weiter verfestigt werden, z.B. mit Epoxid-, Melamin-, Polyester-, Silicon-, Phenol-, oder Acrylatharzen, sowie mit Polyimiden. Als Lacke kommen solche auf Basis von Alkylphenolen, Imiden oder Silikonen in Frage. Man kann auch Verbundmaterialien herstellen, indem man das Elektroisolierpapier mit Folien, z.B. mit Polyimid-Folien kaschiert.

    [0009] Die in den Beispielen genannten Teile und Prozente beziehen sich auf das Gewicht.

    Beispiel 1



    [0010] Nach Beispiel 1 b der EP-A 523 485 wird ein Melaminharz hergestellt, bei dem etwa 10 Mol.-% des Melamins durch 5-Hydroxy-3-oxapentylamino-1,3,5-triazin ersetzt sind. Dieses Melaminharz wird zu Fasern einer Länge von 6 mm, einer Dicke von 15 µm und einer spezifischen Oberfläche von 0,52 m²·g⁻¹ versponnen. 70 Teile dieser Melaminharzfasern werden zusammen mit 15 Teilen Aramidfibrillen (Kevlar®T-979, Länge der Fibrillen im Bereich von 0,5 bis 6 mm; spezifische Oberfläche von 7,1 m²g⁻¹) in Wasser aufgeschlämmt. Anschließend werden 15 Teile eines handelsüblichen Melamin/Formaldehyd-Vorkondensatharz (KAURAMIN® 700 der BASF; Merkmale einer 50 gew.-%igen wäßrigen Lösung: Viskosität bei 20°C sofort: 20 - 50 mPa·s; Viskosität bei 20°C nach 60 h: 50-80 mPa·s; pH-Wert: 8,8 - 9; Dichte: 1,22 g/cm³) homogen eingemischt. Die erhaltene Suspension mit einem Feststoffgehalt von 0,5 % wird in einem Blattbildner gegeben und das Wasser wird abgesaugt. Das erhaltene Rohpapier hat eine initiale Naßfestigkeit von 120 g und eine Dicke von 1,5 mm. Es wird über Rollen geführt und einer Verweilzeit von 50 sec getrocknet, dann zwischen beheizten Glättwalzen auf eine Dicke von 0,7 verdichtet und schließlich in einem Walzwerk bei 230°C, einem Druck von 150 bar verpreßt. Das erhaltene Elektroisolierpapier weist folgende Eigenschaften auf:
    Dicke 0,25 mm
    Durchschlagfestigkeit (nach DIN 53 481) 35 kV·mm⁻1
    Dielektrizitätskonstante (bei 10³Hz und 50°C) 2,6
    Spez. Durchgangswiderstand (nach DIN 53 482) 4.10¹⁶ [Ω·cm]
    Reißfestigkeit (nach DIN 53 455) 420 N·cm⁻¹
    Reißdehnung (nach DIN 53 455) 20 %
    Einreißfestigkeit (nach DIN 53 515) 850 N·



    Ansprüche

    1. Temperaturbeständiges Elektroisolierpapier, enthaltend

    A. 15-95 Gew.-% Kunstharzfasern

    B. 5-85 Gew.-% Polymerfibrillen

    C. 0-30 Gew.-% Kunstharzpulver

    D. 0-80 Gew.-% mineralische Füllstoffe,

    dadurch gekennzeichnet, daß die Kunstharzfasern A aus einem Melamin/Formaldehyd-Kondensationsprodukt bestehen.
     
    2. Elektroisolierpapier gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Melaminharzfasern A eine spezifische Oberfläche (nach BET) von kleiner als 1 [m²·g⁻¹] und die Polymerfibrillen B eine spezifische Oberfläche (nach BET) von größer als 3 [m²·g⁻¹] aufweisen.
     
    3. Elektroisolierpapier gemäß den Ansprüchen 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Melaminharzfasern A aus einem Melaminharz bestehen, bei dem 1 bis 30 Mol-% des Melamins durch ein Hydroxyalkylmelamin ersetzt sind.
     
    4. Elektroisolierpapier nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Polymerfibrillen aus einem temperaturbeständigen Thermoplasten, einem Duroplasten oder Cellulose bestehen.
     
    5. Elektroisolierpapier nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Kunststoffharzpulver C aus einem härtbaren Kunstharz oder aus einem temperaturbeständigen Thermoplasten besteht.
     
    6. Elektroisolierpapier nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Füllstoff D aus einem Pulver mit einer mittleren Teilchengröße von 0,1 bis 40 µm oder aus Blättchen mit einer mittleren Dicke von 1 bis 100 µm besteht.
     
    7. Verfahren zur Herstellung des Elektroisolierpapiers nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man eine wäßrige Dispersion mit den Komponenten A, B, sowie gegebenenfalls C und D mit einem Feststoffgehalt von 0,1 bis 10 Gew.-% auf einer Papiermaschine zu einem Rohpapier verarbeitet, dieses bei Temperaturen zwischen 120 und 180°C trocknet und schließlich bei Temperaturen oberhalb von 200°C durch Verpressen verdichtet und glättet.
     
    8. Verwendung von Melamin/Formaldehyd-Kondensationsprodukten zur Herstellung von temperaturbeständigem Elektroisolationspapier gemäß Anspruch 7.
     





    Recherchenbericht