(19)
(11) EP 0 627 522 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.12.1994  Patentblatt  1994/49

(21) Anmeldenummer: 94101156.1

(22) Anmeldetag:  27.01.1994
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D21C 9/10, D21C 9/00, D21C 9/16
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR LI SE

(30) Priorität: 26.05.1993 DE 4317466

(71) Anmelder: Degussa Aktiengesellschaft
D-60311 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Süss, Hans-Ulrich, Dr.
    D-63594 Hasselroth 3 (DE)
  • Nimmerfroh, Norbert, Dr.
    D-63589 Linsengericht (DE)
  • Grimmer, Ralf
    D-63517 Rodenbach (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verbessertes Verfahren zur Bleiche von Holzstoffen


    (57) Verbessertes Verfahren zur Bleiche von Holzstoffen, dadurch gekennzeichnet, daß man den ungebleichten Holzstoff bei einem pH-Wert zwischen 4 und <7 unter Verwendung von 0,01 bis 1 Gew.-%, bezogen auf den Holzstoff (atro), eines kationischen Tensids flotiert, die flotierten Störstoffe abtrennt und eine an sich bekannte Bleichsequenz folgen läßt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein verbessertes Verfahren zur Bleiche von Hozstoffen, bei dem der ungebleichte Holzstoff vor der Bleiche flotiert wird.
    Bei der Holzstofferzeugung sind heute sehr hohe Prozeßtemperaturen üblich. Die Zerfaserung von Holz zur Herstellung von Steinschliff (groundwood, GW) erfolgt bei Temperaturen über 90 °C. Druckschliff (pressurized groundwood, PGW) wird bei Kreislauftemperaturen nahe am Siedepunkt erzeugt. Noch höher ist das Temperaturniveau bei der Herstellung von TMP (thermomechanical pulp) oder von CTMP (chemo-thermomechanical pulp), chemisch vorbehandeltem TMP. Das Temperaturniveau im Refiner liegt in den meisten Fällen oberhalb 130 °C.
    Durch diese Temperaturbelastung werden einige Bestandteile des Holzes hydrolysiert, die zu einer hohen Belastung des Abwassers mit gelösten und kolloid vorliegenden Verbindungen führt. Sie erreicht beim Steinschliff einen spezifischen Wert von etwa 30 kg CSB/t, bei TMP kann sie bis über 40 kg/t liegen. Da die Wasserkreisläufe zum Teil eng geschlossen sind, ist die Kreislaufbelastung im allgemeinen sehr hoch.

    [0002] Niedermolekulare Verbindungen wie organische Säuren (z. B. Essigsäure), Zucker, kurzkettige Hemicellulosen (z. B. Arabinose), Lignane (z. B. Hydroxymatairesinol) und Harze (z. B. Abietinsäure) liegen in gelöster bzw. kolloidaler Form im Kreislaufwasser vor.
    Bei der Bleiche von Holzstoffen ruft die Belastung des Wasserkreislaufs mit diesemn Stoffen eine ausgeprägte Verschlechterung des Weißgehaltszuwachses und einen erhöhten Chemikalienbedarf hervor. Eine der Möglichkeiten zur Verringerung des Bleichchemikalienbedarfs und zur Verbesserung des Weißgehaltsanstieges ist die Wäsche des Holzstoffes. In vielen TMP-Anlagen wird dieses Verfahren durchgeführt, indem man nach dem Zerfaserungsprozeß mit großen Mengen Frischwasser verdünnt und erneut abpreßt. Das Abwasser wird nicht im Kreise gefahren, sondern direkt der Abwasserreinigungsanlage zugeführt. Dieses Verfahren erfordert allerdings einen erheblichen Wasserbedarf. In vielen Ländern ist Frischwasser jedoch nicht in unbegrenzten Mengen verfügbar. Auflagen bezüglich der Gesamtbelastung an CSB vermindern zusätzlich die Möglichkeit, ein Abwasserreinigung bereits durch eine sehr starke Verdünnung zu erreichen. Als weiterer erschwerender Umstand kommt noch die schwierige Entwässerbarkeit der Holzstoffe hinzu. Während Zellstoffe durch eine entsprechend komplizierte technische Anordnung, beispielsweise durch Druckwaschsysteme mit relativ geringem Wassereinsatz zu entwässern und zu waschen sind, trifft dies für die sehr viel schleimigeren Holzstoffe nicht zu.

    [0003] Holzstoff mit einem Mahlgrad von 70 bis 80 Schopper-Riegler ist durch eine Diffusionswäsche praktisch nicht zu reinigen. Ein effektiver Waschprozeß führte über Verdünnung und Eindickung und wäre mit einem entsprechend hohem spezifischem Wasserverbrauch verbunden.
    Wasserkreisläufe werden in der Papierindustrie durch unterschiedliche Verfahren mechanisch und chemischmechanisch gereinigt. Während man durch Filtration und Sedimentation nur begrenzt kolloid vorliegende Stoffe entfernen kann, gelingt dies durch eine Totalflotation unter Verwendung von extrem langkettigen Polymeren, wie z. B. Polyacrylamiden als Flockungsmittel. Diese Verfahren führen zu einer nahezu quantitativen Flockung. Die geflockten Partikel werden durch diese Totalflotation vom Kreislaufwasser abgetrennt und als Schlamm entsorgt. Nachteilig bei dieser Kreislaufwasserreinigung sind die Investitions- und Betriebskosten sowie der vollständige Verlust aller im Kreislaufwasser vorhandenen Faserstoffe. Eine zusätzliche Vorreinigung des Kreislaufwassers durch einen Scheibenfilter ist daher erforderlich, wenn man Faserverluste verhindern will. Dadurch wird die Reinigung jedoch so aufwendig, daß üblicherweise nur der Hauptkreislauf einem solchen Prozeß unterworfen wird. Grundsätzlich wäre es jedoch sinnvoll, diese Reinigungsschritte mehrfach durchzuführen, um so optimale Voraussetzungen für die Verfahrensschritte und deren Chemikalienbedarf zu schaffen.

    [0004] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren bereitzustellen, das zu einer Verringerung des Bleichchemikalienbedarfs und gegebenenfalls zusätzlich zu einer Verbesserung des Weißgehaltanstiegs führt.

    [0005] Gegenstand der Erfindung ist verbessertes Verfahren zur Bleiche von Holzstoffen, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man den ungebleichten Holzstoff unter schwach sauren Bedingungen (pH-Bereich 4 bis <7, insbesondere 5,5 bis <7) unter Verwendung eines kationischen Tensids flotiert, die flotierten Störstoffe abtrennt und eine an sich bekannte Bleichsequenz, bevorzugt unter Verwendung von H₂O₂ folgen läßt. Sei den für die Flotation als Hilfsmittel eingesetzten Tensiden handelt es sich insbesondere um Verbindungen der allgemeinen Formel



            CH₃(CH₂)n-N⁺(CH₂-R)₃ X⁻   (I),



    in der bedeuten:
    n: 10 bis 18, insbesondere 14 bis 18
    R: H oder CH₃
    X: Cl, Br oder J ,
    die in einer Menge von 0,01 bis 1 Gew.-%, bezogen auf den Holzstoff (atro), eingesetzt werden.

    [0006] Die Flotation, die für diese Anwendung bisher nicht bekannt ist, wird ansonsten in dem Temperaturbereich von 20 bis 90 °C, insbesondere 40 bis 70 °C ausgeführt. Die Konsistenz des zu flotierenden Holzstoffs bewegt sich zwischen 0,5 und 2 Gew.%, bezogen auf die Gesamtmenge.
    Zu den erfindungsgemäß zu behandelnden Holzstoffen zählen z. B. Steinschliff, Druckschliff, TMP und CTMP, insbesondere auf der Basis Fichte und Kiefer.
    Der Bedarf an Wasserstoffperoxid zum Erreichen eines bestimmten Weißgehaltes ist im Anschluß an die erfindungsgemäß durchgeführte Flotation deutlich vermindert. Gleichzeitig erhält man die Möglichkeit, die ansonsten übliche Wasserglasmenge zur Pufferung und Stabilisierung der Bleiche deutlich zu verkleinern. Dies erweist sich in der Praxis als besonders attraktiv, da hohe Silikatmengen durch Bildung anionischer kolloidaler Kieselsäuresole zu einer Störung des kationischen Retentionsprozesses führen.
    Üblicherweise werden zur Holzstoffbleiche Wasserglasmengen von ∼3 Gew.-%, bezogen auf atro Holzstoff eingesetzt. Diese Mengen können jetzt auf ≦2 Gew.-% reduziert werden.
    In einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens behandelt man nicht nur den gesamten Holzstoff, sondern zusätzlich feinstoffhaltiges Kreislaufwasser mit einer Holzstoffkonzentration von 0,05 bis 0,5 Gew.-%, insbesondere 0,1 bis 0,3 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge des Kreislaufwassers.

    [0007] Damit gelingt es, die Störung des Hauptflotationsprozesses, die in der Behinderung des Aufsteigens von Luftbläschen durch schwebende Fasern besteht, zu vermeiden und so mit erheblich geringerem mechanischem Aufwand einen großen Effekt zu erzielen.

    [0008] Das erfindungsgemäße Verfahren führt zu einer deutlichen Verbesserung der Bleichbarkeit von Holzstoffen. Bei den die Bleiche störenden Verunreinigungen handelt es sich zum Beispiel um Harz. Wie der veränderte Dichlormethanextrakt anzeigt, kommt es durch den Flotationsprozeß zu einer deutlichen Verminderung an Störstoffen. Die Vergleichsversuche zeigen, daß es nicht genügt, lediglich dispergierende Mittel bei der Flotation einzusetzen. Die Anwesenheit eines kationisch wirkenden Tensides und die Einhaltung des vorgeschriebenen pH-Bereichs sind für eine erfolgreiche Durchführung wesentlich.
    Die sich anschließende Bleiche erfolgt nach dem Stand der Technik, wobei der Holzstoff gegebenenfalls vor der Bleiche mit einem Komplexierungsmittel behandelt wird.
    Dabei kann es sich um DTPA oder auch die kombinierte Anwendung von Zeolithen und einem leicht abbaubaren Komplexierungsmittel handeln (s. EP-A-0518036).

    Beispiele


    Beispiel 1: Bleiche eine TMP auf Basis Fichtenholz (konventionelles Verfahren)



    [0009] 

    1.1 ohne Flotation des Holzstoffes
    Grundweise 52,8 % ISO.
    Bleiche bei 20 % Konsistenz, 70 °C, Verweilzeit 4 Std, Vorbehandelt mit 0,5 % DTPA im Wasserkreislauf der Holzstofferzeugung. Bleiche mit:
    2 % H₂O₂
    1,4 % NaOH
    3,0 % Wasserglas
    Unter den vorgegebenen Randbedingungen vermindert sich der eingesetzt H₂O₂-Anteil auf 0,11 %, bezogen auf Fasermaterial, es resultiert ein Weißgehaltanstieg auf 65,5 % ISO.

    1.2 mit Flotation des Holzstoffes
    Der Holzstoff wird vor der Bleiche zunächst bei 1 % Konsistenz unter Verwendung von Kreislaufwasser bei einem pH-Wert von 6,0 bis 6,1 für 10 Minuten bei 40 °C flotiert. Zur Flotation werden 0,25 % Hexadecyl-trimethylammoniumbromid zugesetzt. Die Ausbeute bei der Flotation beträgt 99,1 %.
    Anschließend wird eingedickt und die Bleiche unter identischen Bedingungen, wie bei Beispiel 1, durchgeführt. Dabei resultiert nach der Bleichreaktion ein Restperoxidgehalt von 0,18 H₂O₂ und ein Weißgehalt von 66,8 % ISO.
    Der Restperoxidgehalt kann dann vorteilhaft als Biocid im Kreislauf der Papiermaschine genutzt werden.

    1.3 Flotation des Kreislaufwassers
    Der mit 5 % Konsistenz vorliegende Holzstoff wird zunächst auf 25 % Konsistenz eingedickt und das dabei abgetrennte Wasser bei pH 6,5 und 40 °C einer Flotation unterworfen. Das so gereinigte Wasser wird erneut zur Verdünnung des Holzstoffes verwendet. Anschließend wird wieder eingedickt, und die Bleiche mit identischem Chemikalieneinsatz im Vergleich zu den Versuchen der Beispiel 1.1 und 1.2 durchgeführt. Dabei resultiert ein Restperoxidgehalt von 0,18 % H₂O₂, bezogen auf den Holzstoff und eine Weiße von 67,3 % ISO. Wie der Vergleich der Beispiele zeigt, wird ein deutlich meßbarer Weißgehaltsgewinn durch die Vorbehandlung hervorgerufen.
    Durch Variation der eingesetzten Menge des quartären Ammoniumsalzes zwischen 0,1 % und 1 % (bezogen auf atro Holzstoff) läßt sich die Ausbeute bei der Flotation und der Entfernungsgrad des Harzgehaltes im Holzstoff deutlich beeinflussen.


    Beispiel 2



    [0010] zeigt die Entfernung von Extraktstoffen durch die Flotation in Abhängigkeit von der Einsatzmenge an Hexadecyl-trimethylammoniumbromid. Der Extraktgehalt des Rohstoffes betrug 0,47 % (TMP auf Fichtenholzbasis).
    Tabelle 1
    Versuch Zusatzmenge an Hecadecyl-trimethylammonium bromid % Ausbeute % Dichlormethanextrakt im flotierten und gebleichten Holzstoff %
    1 0,1 99,7 0,37
    2 0,25 99,4 0,17
    3 0,5 98,3 0,15
    4 1,0 97,2 0,12


    [0011] Grundsätzlich deutet eine Verringerung des Dichlormethanextraktes auf eine Verminderung des Harzgehaltes im Holzstoff hin. Die dispergierenden Eigenschaften von Harzen führen zu Problemen bei der Retention, sie können die Papierleimung behindern und Ablagerungen im Rohrleitungssystem und auf der Papiermaschine provozieren. Von der Seite des Papiermachers wird daher ein möglichst niedriger Harzgehalt (d. h. Extraktgehalt) gewünscht. Durch die Eigenschaften des klebrigen Harzes Schmutzpartikeln zu sammeln, hat der Harzgehalt zusätzlich negative Auswirkungen auf den Weißgehalt.

    Beispiel 3



    [0012] zeigt die mögliche Verminderung der eingesetzten Chemikalienmengen durch ein vorausgegangene Flotation. Die Bleichen wurden konstant bei 70 °C, 20 % Konsistenz und mit 4 Stunden Verweilzeit durchgeführt. Auch in diesen Fällen war der Holzstoff (TMP auf Fichtenholzbasis) im Niederkonsistenzbereich mit 0,25 % DTPA vorbehandelt. Die Flotation fand bei 1 % Stoffdichte und 40 °C bei einem pH-Wert von 6,5 bis 6,8 statt. Eingesetzt wurden 0,25 % Hexadecyl-trimethylammoniumbromid.
    Tabelle 2
    Versuch H₂O₂ NaOH % Wasserglas Rest-H₂O₂ % Weißgehalt % ISO
    1 (ohne Flotation) 3 1,8 3,0 0,26 69,4
    2 (mit Flotation) 3 1,8 3,0 0,38 70,6
    3 (mit Flotation) 3 1,7 2,0 0,33 70,1
    4 (mit Flotation) 2,5 1,5 2,0 0,18 69,4


    [0013] Die Beispiele zeigen deutlich, daß durch die Entfernung von störenden Verbindungen bei der Flotation die zur Stabilisierung der Bleiche notwendige Wasserglasmenge erheblich vermindert werden kann. Durch konsequente Optimierung der eingesetzten H₂O₂-Menge gelingt es, einen im Vergleich zur konventionellen Bleiche identischen Weißgehalt einzustellen und gleichzeitig sowohl H₂O₂ als auch Natronlauge einzusparen. Die Verringerung der eingesetzten Wasserglasmenge führt zu einer Verringerung des Retetionsmittelbedarfs an der Papiermaschine. Durch die Flotation des Holzstoffes bzw. die Flotation des Kreislaufwassers ist damit eine erhebliche Kosteneinsparung gegeben.


    Ansprüche

    1. Verbessertes Verfahren zur Bleiche von Holzstoffen, dadurch gekennzeichnet, daß man den ungebleichten Holzstoff bei einem pH-Wert zwischen 4 und <7 unter Verwendung von 0,01 bis 1 Gew.-%, bezogen auf den Holzstoff (atro), eines kationischen Tensids flotiert, die flotierten Störstoffe abtrennt und eine an sich bekannte Bleichsequenz folgen läßt.
     
    2. Verfahren gemäß Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet, daß man als Tensid eine Verbindung der allgemeinen Formel



            CH₃(CH₂)n-N⁺(CH₂-R)₃ X⁻   (I),



    in der bedeuten:
    n: 10 bis 18 ,
    R: H oder CH₃
    X: Cl, Br oder J ,
    einsetzt.
     
    3. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet, daß man den Holzstoff vor der Bleiche mit einem an sich bekannten Komplexierungsmittel behandelt.
     
    4. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet, daß die Wasserglasmenge bei der Bleiche mit H₂O₂ sich auf ≦2 % beläuft.
     
    5. Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet, daß man zusätzlich das Kreislaufwasser von darin befindlichem, feinteiligem ungebleichtem Holzstoff durch Flotation von Störstoffen befreit.
     





    Recherchenbericht