TECHNISCHES GEBIET
[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Reststoffbehandlung in Müllverbrennungsanlagen,
in welchen neben Schlacke unter anderem auch Chlorwasserstoff aus der Rauchgaswäsche
anfällt.
TECHNOLOGISCHER HINTERGRUND UND STAND DER TECHNIK
[0002] Bei der Verbrennung von Siedlungsabfällen fallen im Prozess verschiedene Reststofffraktionen
an: Schlacke (250 kg/Tonne Müll), Filterstaub (20 - 30 kg/Tonne Müll), Chlorwasserstoff
(7 kg/Tonne Müll) aus dem Nasswäscher der Rauchgasreinigungsanlage und Schwefeldioxid
(2 kg/Tonne Müll). Eine Verwendung dieser Reststoffe ist ohne vorgängige Aufarbeitung
nicht möglich.
[0003] Filterstaub ist wegen des hohen Gehalts an Schwermetallen und organischen Materialien
als Sondermüll einzustufen. Eine Verwertung, z.B. im Gehwegebau, ist jedoch durch
Verglasung des Staubs möglich. Aus Schwefeldioxid kann durch geschickte Prozessführung
Gips als Werkstoff erzeugt werden. Problematisch ist die Aufarbeitung des Chlorwasserstoffs,
da zur Herstellung von verwertbarer Salzsäure in technischer Qualität extrem aufwendige
Verfahren mit mehrstufiger Rektifikation notwendig sind. Die Schlacke schliesslich
ist mit Schwermetallen belastst und wird daher heute oftmals geordnet deponiert.
KURZE DARSTELLUNG DER ERFINDUNG
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Reststoffbehandlung in
Müllverbrennungsanlagen anzugeben, das zu einem praktisch schwermetallfreien Endprodukt
mit guten hydraulischen Eigenschaften führt.
[0005] Diese Aufgabe wird bei einem Verfahren der eingangs genannten Gattung erfindungsgemäss
dadurch gelöst, dass die Schlacke nach vorgängiger mechanischer Zerkleinerung mit
der rohen Salzsäure aus dem Nasswäscher der Rauchgasreinigungsanlage gewaschen wird,
der Chloridgehalt in der so behandelten Schlacke durch Waschen mit Wasser reduziert
wird. Die Schwermetallchloride in beiden Waschwassern werden durch Zugabe eines Fällungsmittels,
vorzugsweise Soda, ausgefällt.
[0006] Der Erfindung liegen dabei die folgenden, durch praxisnahe Versuche bestätigte Ueberlegungen
zugrunde:
[0007] Die Reduzierung des Schwermetallgehalts in Schlacken aus Müllverbrennungsanlagen
ist durch Waschen mit Wasser allein nicht möglich. Schlacke reagiert wegen ihres Gehalts
an Calciumoxid (CaO) alkalisch.
CaO + H₂O --> Ca²⁺ + 2 OH⁻
Aus diesem Grunde werden beim Eluieren mit Wasser unlösliche Schwermetallverbindungen
gebildet
Me²⁺ + 2 OH⁻ --> Me(OH)₂
[Me: zweiwertiges Schwermetall]
Ein ausreichend hoher Gehalt an alkalisch wirkenden Substanzen ist erwünscht, da auf
diese Weise Schwermetall-Ionen immobilisiert werden. Ausserdem verleiht CaO der Schlacke
gute Baustoffeigenschaften. Für die Alkalinität sind in den einschlägigen Verordnungen
Mindestwerte festgelegt. So ist beispielsweise in der "Schweizerischen technischen
Verordnung über Abfälle" (TVA) ein Mindestwert von 1 mol/kg vorgeschrieben, was umgerechnet
auf CaO 2,8% sind.
[0008] Bei einem sauren Waschprozess bilden sich überwiegend lösliche Verbindungen, die
durch eine Fest-Flüssig-Separation von der Schlacke abgetrennt werden können. Für
einen solchen Waschprozess bietet sich nun erfindungsgemäss Salzsäure an, da diese
Säure ohnehin in der Rauchgasreinigung der Anlage anfällt.
[0009] Schwermetalle, die als Oxide vorliegen, werden so in eine lösliche Form überführt.
MeO + 2 HCl --> MeCl₂ + H₂O
Alkalisches Material, wie CaO, wird durch eine saure Wäsche zum Teil neutralisiert.
CaO + 2 HCl --> CaCl₂ + H₂O
Wie Laboruntersuchungen ergeben haben, kann die gesamte Alkalinität nur dann zerstört
werden, wenn das Material sehr klein gemahlen vorliegt. In diesem Fall müsste der
Anteil CaO, der beim Waschprozess neutralisiert wird, anschliessend zur Stabilisierung
des Reststoffes wieder zugefügt werden. Wird also das Ausgangsprodukt nur vergleichsweise
grob zerkleinert, z.B. auf Korngrössen zwischen 5 und 30 mm in einer Hammermühle,
entfällt die Notwendigkeit, den Reststoff zu stabilisieren. Dies bedeutet, dass eine
saure Wäsche auch mit einer kleineren als der theoretisch aus der Gesamtalkalinität
berechneten Menge an Salzsäure möglich ist.
[0010] Ein wesentlicher Vorteil der Erfindung besteht darin, dass in einem einzigen Verfahren
auf wirtschaftliche Weise zwei kritische Reststoffe, schwermetallhaltige Schlacke
und rohe Salzsäure, beseitigt bzw. in wiederverwendbares Material umgewandelt werden
können. Endprodukte dieser Behandlung sind Schlacke in Baustoffgualität und verwertbares
Kochsalz.
[0011] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung sowie die damit erzielbaren Vorteile werden
nachfolgend anhand der Zeichnung näher erläutert.
KURZE BESCHREIBUNG DER ZEICHNUNG
[0012] In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung schematisch in Form eines
Flussdiagramms schematisch dargestellt.
WEGE ZUR AUSFÜHRUNG DER ERFINDUNG
[0013] Gemäss der Figur wird Schlacke aus dem Verbrennungsofen 1 einer Müllverbrennungsanlage
durch Stösselentschlacker 2 durch ein Wasserbad hindurch aus dem Ofen 1 ausgetragen.
In einem ersten Verfahrensschritt wird in einer mechanischen Trennvorrichtung 3 das
sogenannte Grob- oder Ueberkorn abgetrennt. Grob- oder Ueberkorn sind nicht oder unvollständig
verbrannte Bestandteile des Mülls mit Durchmessern von etwa 250 mm oder grösser. Danach
schliesst sich in einem Magnetabscheider 4 die Abtrennung der Eisenfraktion an, was
z.B. durch Ueberbandmagnete erfolgen kann. Die den Magnetscheider verlassende Kornfraktion
zwischen etwa 30 bis 250 mm wird mechanisch in einer Mühle 5, z.B. einer Hammermühle,
zerkleinert, und zwar auf Korngrössen von 32 mm und weniger. Die derart aufbereitete
Kornfraktion gelangt dann in einen ersten Wäscher, dem Säurewäscher 6, wo sie mit
roher Salzsäure gewaschen wird. Ein für diesen Zweck geeigneter Säurewäscher umfasst
beispielsweise einen Edelstahltank mit integriertem Rührwerk. Die rohe Salzsäure kommt
vom Nasswäscher 7 der bei Müllverbrennungsanlagen ohnehin vorhandenen Rauchgasreinigungsanlage
8. Bei diesem Waschprozess bilden sich überwiegend lösliche Verbindungen, die durch
eine an sich bekannte Fest-Flüssig-Separation von der Schlacke abgetrennt werden können.
[0014] Der so erhaltene Rückstand weist einen nicht unerheblichen Rückstand an Chloriden
auf, welcher durch Waschen mit Wasser in einem zweiten Wäscher 9, dem Wasserwäscher,
reduziert wird. Die Separation von Schlacke und mit Chloriden beladenem Waschwasser
erfolgt wie beim ersten Waschvorgang durch eine an sich bekannte Fest-Flüssig-Separation.
[0015] Die im vorangegangenem Verfahrensschritt separierte Schlacke kann nun optional in
einer Kalkstufe 10 mit Kalk, z.B. in Form von Kalkmilch, weiterbehandelt werden. Diese
Massnahme dient zur Stabilisierung der Schlacke. In der Schlacke verbliebene Schwermetallspuren
werden auf diese Weise immobilisiert und nicht weiter ausgelaugt.
[0016] Die Waschwässer aus dem Säurewäscher 6 und dem Wasserwäscher 9 - sie enthalten als
wesentliche Verunreinigungen Schwermetallchloride (MeCl₂) und Calciumchlorid (CaCl₂)
- werden einer Abwasserreinigungsanlage 11 zugeführt und dort weiterbehandelt. Vorzugsweise
wird dabei Soda (Na₂(CO₃)) als Fällungsmittel verwendet, mit welcher eine Neutralisierung
und gleichzeitige Ausfällung möglich ist:
2 HCl + Na₂(CO₃) --> 2 NaCl + H₂O + CO₂
CaCl₂ + Na₂(CO₃) --> CaCO₃ + 2 NaCl
MeCl₂ + Na₂(CO₃) --> MeCO₃ + 2 NaCl
[Me: zweiwertiges Schwermetall]
Die Schwermetallkonzentration kann durch Zugabe sulfidischer Reagenzien, z.B. Trimercaptotriazin
(Handelsname TMT15) sehr tief herabgesetzt werden.
[0017] Aus der verbleibenden Lösung kann verwertbares Kochsalz, z.B. NaCl für die Chloralkali-Elektrolyse,
kristallisiert werden.
[0018] In einer typischen Müllverbrennungsanlage fallen pro Tonne Müll 250 bis 300 kg Schlacke
an. Messungen haben gezeigt, dass die Alkalinität - berechnet als CaO - zwischen 10
und 13% beträgt. Dies sind umgerechnet auf die Stoffmenge zwischen 800 und 1000 mol
alkalische Aequivalente pro Tonne Müll. In der Rauchgasreinigungsanlage fallen ca.
7 kg HCl entsprechend etwa 200 mol Säure an.
[0019] Eingehende Laborversuche haben gezeigt, dass auch mit diesen Stoffmengen-Verhältnissen
der pH-Wert beim Waschen (in der Säurestufe) im sauren liegt. Schwermetalle, die an
den Oberflächen der Schlackekörner sitzen, werden durch den Waschprozess wirkungsvoll
herausgelöst.
Bezeichnungsliste
[0020]
- 1
- Verbrennungsofen
- 2
- Stösselentschlacker
- 3
- Trennvorrichtung
- 4
- Magnetscheider
- 5
- Hammermühle
- 6
- Säurewäscher
- 7
- Nasswäscher von 8
- 8
- Rauchgasreinigungsanlage
- 9
- Wasserwäscher
- 10
- Kalkstufe
- 11
- Abwasserreinigungsanlage
1. Verfahren zur Reststoffbehandlung in Müllverbrennungsanlagen, in welchen neben Schlacke
Chlorwasserstoff aus der Rauchgaswäsche anfällt, dadurch gekennzeichnet, dass die
Schlacke nach vorgängiger mechanischer Zerkleinerung mit der rohen Salzsäure aus dem
Nasswäscher der Rauchgasreinigungsanlage gewaschen wird, der Chloridgehalt in der
so behandelten Schlacke durch Waschen mit Wasser reduziert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass nach der Separation von Schlacke
und Waschwasser die Metallchloride in beiden Waschwassern durch Zugabe von Soda ausgefällt
werden.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass zur weiteren Reduktion der
Schwermetallkonzentration im Waschwasser sulfidische Reagenzien, vorzugsweise Trimercaptotriazin,
dem Waschwasser zugesetzt wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass nach der
Separation von Schlacke und Waschwasser die Schlacke mit Kalk, vorzugsweise in Form
von Kalkmilch, behandelt wird zweck Immobilisierung der in der Schlacke verbliebenen
Schwermetallspuren.