(19)
(11) EP 0 635 643 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.01.1995  Patentblatt  1995/04

(21) Anmeldenummer: 94108502.9

(22) Anmeldetag:  03.06.1994
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F04D 29/28, F04D 29/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE DK ES FR GB IT LI PT SE

(30) Priorität: 25.06.1993 DE 4321173

(71) Anmelder: INSTITUT FÜR LUFT- UND KÄLTETECHNIK GEMEINNÜTZIGE GESELLSCHAFT mbH
D-01309 Dresden (DE)

(72) Erfinder:
  • Albring, Peter, Dr.-Ing.
    D-01187 Dresden (DE)
  • Apley, Rainer, Dipl.-Ing.
    D-01445 Radebeul (DE)
  • Döge, Klaus, Dr.-Ing.habil.
    D-01279 Dresden (DE)
  • Heinrich, Günter, Prof. Dr.-Ing.
    D-01067 Dresden (DE)
  • Lindner, Ernst, Prof. Dr.-Ing.
    D-01109 Dresden (DE)
  • Müller, Norbert
    D-01099 Dresden (DE)
  • Pauer, Reinhardt, Dr.-Ing.
    D-01167 Dresden (DE)
  • Pilling, Eberhard
    D-01157 Dresden (DE)
  • Rudischer, Rainer, Dipl.-Ing.
    D-01069 Dresden (DE)

(74) Vertreter: Seefeld, Gerd 
Institut für Luft- und Kältetechnik GmbH Bertolt-Brecht-Allee 20
D-01309 Dresden
D-01309 Dresden (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Kältemittel-Turboverdichter


    (57) Die Erfindung betrifft einen Kältemittel-Turboverdichter, vorzugsweise radialer Bauart, für die Verdichtung von Wasserdampf unter Vakuumbedingungen, der eine Vielzahl von Schaufeln besitzt.
    Aufgabe ist es, das Laufrad eines radialen Turboverdichters so zu gestalten, daß bei der geringen Dichte des Fördermediums, vorzugsweise Wasserdampf, die notwendig hohen Volumenströme bei den erforderlichen Druckverhältnissen gefördert werden können und daß die sich aus den hohen Umfangsgeschwindigkeiten ergebenden Festigkeitsprobleme effektiv gelöst werden.
    Erfindungsgemäß besteht das Laufrad aus Schaufeln bzw. Schaufelelementen, Laufradsegmenten, schaufeltragenden Elementen und der Nabe. Diese Teile bestehen in ihrer Gesamtheit oder einzeln aus polymeren Verbundmaterial, dessen Verstärkungsmaterialien vorzugsweise Kohlenstoffasern sind. Die sich radial erstreckenden Elemente sind einzeln mit der Nabe verbunden.
    Die Kohlenstoffasern sind beanspruchungsgerecht im Verbundwerkstoff eingebettet.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen Kältemittel-Turboverdichter, vorzugsweise radialer Bauart, für die Verdichtung von Wasserdampf unter Vakuumbedingungen, der eine Vielzahl von Schaufeln besitzt.

    [0002] Auf der aus Umweltschutzgründen dringend erforderlichen Suche nach neuen Kältemitteln ist Wasser eine beachtenswerte, bisher aber wenig genutzte Alternative. Der physikalische Prozeß ist schon seit sehr langer Zeit bekannt. So hat z.B. der Schotte W. Cullen im Jahre 1755 Wasser mit Hilfe einer Vakuumpumpe zum Verdampfen gebracht und damit eine mechanische Kälteerzeugung realisiert.

    [0003] Seit Jahrzehnten ist der Einsatz von Wasser als Kältemittel im Zusammenhang mit Absorptions- und Dampfstrahlkälteanlagen bekannt. Ebenfalls sind seit langer Zeit Anlagen zur Brüdenverdichtung bekannt, bei denen Wasserdampf zum Zweck der Heizdampfgewinnung vorwiegend durch Turbokompressoren radialer Bauart verdichtet und damit auf ein höheres Energieniveau gehoben wird. Diese Arbeitsmaschinen sind jedoch für Kälteanlagen mit dem Arbeitsstoff Wasser nicht wirtschaftlich einsetzbar, da sich die Temperaturbereiche beider Einsatzfälle wesentlich unterscheiden. Bei der Brüdenkompression liegen die Verdichteransaugtemperaturen im Bereich von ca. 80...120 °C. Bei Kälteanlagen mit Wasser als Kältemittel sind Ansaugtemperaturen zwischen 0...50 °C erforderlich. Diese Temperaturen werden zwar auch mit Dampfstrahlkälteanlagen erreicht, jedoch mit geringerer Energieeffektivität als bei Kälteanlagen mit mechanischer Verdichtung. Die Dichte des Wasserdampfes bei Kälteanlagen ist bis zu 3 Zehnerpotenzen kleiner als die bei der Brüdenverdichtung und auch bei der Verdichtung von klassischen Kältemitteln. Auf Grund der außerordentlich geringen Dichte des Wasserdampfes müssen in Kälteanlagen sehr große Volumenströme gefördert werden. Zusätzlich sind verfahrenstechnisch bedingt Druckverhältnisse von π∼5 erforderlich.

    [0004] Verdrängerverdichter, wie z.B. bekannte Schraubenverdichter, erreichen zwar das erforderliche Druckverhältnis, sind aber im maximalen Fördervolumenstrom stark begrenzt und wesentlich zu teuer. Strömungsverdichter, z.B. Turboverdichter radialer Bauart, erreichen einstufig für die Bedingungen von Kälteanlagen nicht das geforderte Druckverhältnis. Diese Verdichter sind teuer, da sie fast immer für die Verdichtung von Gasen oder Dämpfen wesentlich höherer Dichte (z.B. Luft) konzipiert und damit für vergleichsweise erheblich höhere spezifische Antriebsleistungen ausgelegt wurden.

    [0005] Die Schaufeln bekannter Radiallaufräder werden mit der Tragscheibe überlicherweise durch Schweißen oder Nieten verbunden, wobei die Niete durch die Schaufel gesteckt oder angefräst sein können. Mit großer Schaufelzahl und Schaufelbreite, dem für die Wasserdampfverdichtung zutreffenden Fall, wachsen die Schwierigkeiten, weil der Strömungsquerschnitt durch die Schaufeln versperrt, die Tragscheibe geschwächt und beim Schweißen das Gefüge verändert wird.

    [0006] Mechanisch hochbelastete Radialverdichterlaufräder (Grenzleistungslaufräder) werden vorwiegend aus Stahl oder Duraluminium gegossen, geschmiedet und durch Fräsen bearbeitet und bestehen somit aus einem Stück. Zur Erzielung eines stoßfreien Eintritts haben sich das Umbiegen des Schaufeleintrittsbereiches in Umfangsrichtung oder die Verwendung eines meist gegossenen Vorsatzläufers bewährt. Diese Vorsatzläufer bilden den Schaufeleintrittsbereich, haben einen im Verhältnis zum Außendurchmesser kleinen Durchmesser und sind deshalb vergleichsweise wenig mechanisch belastet. Die sich anschließende radiale Schaufel (Radialfaserschaufel) ist hinsichtlich Festigkeit allen anderen überlegen. Sie wird dort eingesetzt, wo bei großen Druckverhältnissen eine große statische Druckerhöhung bei kleinsten Abmessungen und ohne besonders hohe Wirkungsgrade gefordert werden. Ausgeführt werden Umfangsgeschwindigkeiten bis 600 m/s.

    [0007] Der Einsatz von Faser-Verbundstoffen ist bei Laufrädern von Ventilatoren und von Schaufeln von Axialventilatoren und Schiffspropellern bekannt. Diese Ausführungsformen sind jedoch nur für Umfangsgeschwindigkeiten bis max. 100 m/s geeignet und kommen deshalb für Grenzleistungsverdichter nicht in Frage.

    [0008] Für die Wasserdampfverdichtung im kältetechnisch relevanten Temperatur- und Leistungsbereich sind spezielle Turboverdichter erforderlich, die große Volumenströme bei hohen Druckverhältnissen fördern können, eine hohe Energieeffektivität aufweisen und preislich gegenüber herkömmlichen Kältemittelverdichtern konkurrenzfähig sind.

    [0009] Bei Turboverdichtern radialer Bauart für Wasserdampfkältemaschinen großer Leistung treten auf Grund der außerordentlich hohen Umfangsgeschwindigkeiten (im Bereich um 500 m/s) sehr hohe Zentrifugalkräfte auf. Diese sind für das Laufrad die Hauptbelastung, da die Kräfte, die auf das Fördermedium übertragen werden müssen, vergleichsweise niedrig sind.

    [0010] Aufgabe der Erfindung ist es, das Laufrad eines radialen Turboverdichters so zu gestalten, daß bei der geringen Dichte des Fördermediums, vorzugsweise Wasserdampf, die notwendig hohen Volumenströme bei den erforderlichen Druckverhältnissen gefördert werden können und daß die sich aus den hohen Umfangsgeschwindigkeiten ergebenden Festigkeitsprobleme effektiv gelöst werden.

    [0011] Die Aufgabe der Erfindung wird durch die Merkmale der Patentansprüche gelöst. Dadurch wird erreicht, daß Turboverdichter hergestellt werden können, die den o.g. technischen Forderungen entsprechen. Durch die erreichbaren höheren Druckverhältnisse reichen für alle kältetechnischen Anwendungsfälle mit Verdampfungstemperaturen ≧ 0 °C einstufige bzw. max. zweistufige Turboverdichter radialer Bauart aus. Das führt neben der möglichen Leichtbaukonstruktion zu einer wesentlichen Verbilligung des Verdichters gegenüber herkömmlichen Konstruktionen, deren Laufräder aus Edelstahl oder auch Titan gefertigt sind. In der Folge ergeben sich weitere Einsparungen dadurch, daß der Turboverdichter direkt angetrieben werden kann und kein kostenaufwendiges Getriebe erforderlich ist.

    [0012] An nachfolgenden Ausführungsbeispielen wird die Erfindung näher erläutert:
    Fig. 1
    zeigt den Axialschnitt eines erfindungsgemäßen Laufrades
    Fig. 2
    zeigt die axiale Ansicht einer Schaufel mit Laufradsegment
    Fig. 3
    zeigt eine weitere erfindungsgemäße Ausführungsform einer Schaufel mit axial und radial angeordneten schaufeltragenden Elementen

    Gemäß den Abbildungen sind die Schaufeln 1 mit Laufradsegmenten 2 verbunden, die nach dem Zusammenfügen der Segmente die Tragscheibe des Laufrades bilden. In Fig. 1 ist dargestellt, daß an den Laufradsegmenten 2 Ansätze 3 vorhanden sind, die der form- und kraftschlüssigen Befestigung an den schaufeltragenden Elementen 4 dienen. Die schaufeltragenden Elemente 4 sind in Fig. 1 als Tragringe ausgebildet.

    [0013] Die Verbindungslinie zwischen der Schaufel 1 und dem Laufradsegment 2 ist, wie aus Fig. 1 ersichtlich, rein radial, oder in Umfangsrichtung verschoben, wie in Fig. 2 dargestellt.

    [0014] Die auf die Schaufeln 1 wirkenden Zentrifugalkräfte werden über die Ansätze 3 von den Laufradsegmenten 2 auf die schaufeltragenden Elemente 4, 5 und auf die Nabe 6 übertragen. Die Verbindung des innenliegenden schaufeltragenden Elementes 4 mit der Nabe 6 erfolgt ebenfalls kraft- und formschlüssig. Mit dem äußeren schaufeltragenden Element 5 wird eine Justierung der Laufradsegmente 2 vorgenommen.

    [0015] Das Verstärkungsmaterial aus Kohlenstoffasern ist in den Schaufeln 1 und den Laufradsegmenten 2 radial und in den schaufeltragenden Elementen 4 und 5 in Umfangsrichtung orientiert. Die Ansätze 3 an den Laufradsegmenten 2 enthalten ebenfalls Verstärkungsmaterial.

    [0016] In nicht dargestellter Weise können die Schaufeln 1 und die Laufradsegmente 2 in Elemente unterteilt sein.

    [0017] Fig. 3 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel eines radialen Kältemittelturboverdichters im Axialschnitt. Die Schaufeln 1 sind mit den Laufradsegmenten 2 verbundenl. Die Laufradsegmente 2 haben Ansätze 3, über die sie kraft- und formschlüssig mit der Nabe 6 verbunden sind. Die schaufeltragenden Elemente 4 sind zum Teil axial nebeneinander und zum Teil radial übereinander angeordnet. Das Verstärkungsmaterial liegt in den Schaufeln 1 und in den Laufradsegmenten 2 der Beanspruchung entsprechend, vorzugsweise radial und in den schaufeltragenden Elementen 4 in Umfangsrichtung. In den Ansätzen 3 und in dem sich von der Nabe bis zum Laufradaußendurchmesser erstreckenden schaufeltragenden Element sind die Fasern beanspruchungsgerecht sowohl radial als auch in Umfangsrichtung orientiert.

    [0018] In nicht dargestellter Weise können die Laufradsegmente 2 auch so unterteilt werden, daß Elemente davon eine durchgehende Scheibe bilden.


    Ansprüche

    1. Kältemittel-Turboverdichter, vorzugsweise radialer Bauart, für die Verdichtung von Wasserdampf unter Vakuumbedingungen, der eine Vielzahl von Schaufeln besitzt, dadurch gekennzeichnet, daß das Laufrad aus Schaufeln bzw. Schaufelelementen, Laufradsegmenten, schaufeltragenden Elementen und der Nabe zusammengesetzt ist und daß diese Teile in ihrer Gesamtheit oder einzeln aus polymeren Verbundmaterial, dessen Verstärkungsmaterialien vorzugsweise Kohlenstoffasern sind, bestehen und daß die sich radial erstreckenden Elemente einzeln mit der Nabe verbunden sind.
     
    2. Kältemittel-Turboverdichter nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß in den Teilen das Verstärkungsmaterial, vorzugsweise Kohlenstoffasern, beanspruchungsgerecht im Verbundwerkstoff eingebettet ist.
     
    3. Kältemittel-Turboverdichter nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Verstärkungsmaterial an den Verbindungsstellen zum Zwecke des Verbindens aus dem Verbundwerkstoff herausragt.
     
    4. Kältemittel-Turboverdichter nach Anspruch 1, 2 und 3, dadurch gekennzeichnet, daß im Fußbereich der Schaufeln Einlegeteile zur Herstellung einer formschlüssigen Verbindung zwischen Schaufel und Nabe vorhanden sind, um die das Verstärkungsmaterial herumgelegt wird.
     
    5. Kältemittel-Turboverdichter nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das radial geführte Verstärkungsmaterial einer Schaufel oder eines Laufradsegmentes ohne Unterbrechung zum jeweils gegenüber liegenden Bauteil geführt wird.
     
    6. Kältemittel-Turboverdichter nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Fasern des Verstärkungsmaterials im Bereich der Drehachse gekreuzt sind.
     
    7. Kältemittel-Turboverdichter nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als schaufeltragende Elemente ein oder mehrere Ringe axial und/oder radial angeordnet sind, mit denen die Schaufeln bzw. Schaufelelemente und Laufradsegmente befestigt werden.
     
    8. Verfahren zur Verbindung der Schaufeln bzw. Laufradsegmente mit der Nabe, gekennzeichnet durch folgende Verfahrensschritte

    - Laminieren und Aushärten der Bauteile des Laufrades in der Weise, daß an den jeweiligen Verbindungsstellen Fasern des Vertstärkungsmaterials herausragen

    - Zusammenfügen der vorgefertigten Bauteile derart, daß sich die herausragenden Fasern an den Verbindungsstellen mit dem Verstärkungsmaterial der Nabe kreuzen

    - Aushärten des Laminates der Nabe zusammen mit den Fasern des Schaufelfußes.


     




    Zeichnung