(19)
(11) EP 0 640 695 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
01.03.1995  Patentblatt  1995/09

(21) Anmeldenummer: 93890161.8

(22) Anmeldetag:  23.08.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C22C 38/38, G04B 37/00, A44C 27/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE DE FR GB IT LU NL SE

(71) Anmelder: BÖHLER Edelstahl GmbH
A-8605 Kapfenberg (AT)

(72) Erfinder:
  • Döberl, Dieter, Dipl.-Ing.
    A-3333 Böhlerwerk (AT)
  • Leban, Karl, Dipl.-Ing.
    A-2700 Wiener Neustadt (AT)
  • Daxelmüller, Manfred, Dipl.-Ing.
    A-3340 Waidhofen (AT)

(74) Vertreter: Wildhack, Helmut, Dipl.-Ing. Dr. et al
Patentanwälte Dipl.-Ing. Leo Brauneiss Dipl.-Ing. Dr. Helmut Wildhack Dipl.-Ing. Dr.Gerhard Jellinek Landstrasser Hauptstrasse 50 Postfach 281
A-1031 Wien
A-1031 Wien (AT)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Korrosionsbeständige Legierung zur Verwendung als Werkstoff für in Berührungskontakt mit Lebewesen stehende Teile


    (57) Die Erfindung bezieht sich auf eine korrosionsbeständige Legierung zur Verwendung als Werkstoff für strukturierfähige Teile, die zumindest teilweise in Berührungskontakt mit der Haut von Lebewesen, insbesonsere von Menschen, stehen und keine überempfindlichen Reaktionen bzw. Allergien auslösen. Erfindungsgemäß ist dafür eine Legierung im wesentlichen enthaltend die Elemente in Gew.-%
    Kohlenstoff max. 0,10
    Silizium max. 1,0
    Mangan 11,0 bis 25,0
    Chrom 10,0 bis 20,0
    Molybdän bis 1,0
    Stickstoff 0,05 bis 0,55

    Rest Eisen mit der Maßgabe vorgesehen, daß der Nickelgehalt unter 0,5 Gew.-% liegt, der Werkstoff nach einer Lösungsglühbehandlung abgeschreckt, gegebenenfalls kaltverformt ist und austenitische Gefügestruktur aufweist.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine korrosionsbeständige und strukturierfähige Legierung zur Verwendung als Werkstoff für Teile, die zumindest teilweise in Berührungskontakt mit der Haut von Lebewesen, insbesondere von Menschen, stehen, enthaltend im wesentlichen die Bestandteile Mangan, Chrom und Stickstoff, Rest Eisen. Weiters befaßt sich die Erfindung mit der Verwendung einer korrosions- beständigen Legierung als Werkstoff für insbesondere strukturierte Teile der Bekleidung und/oder für Schmuckstücke sowie Gebrauchsgegenstände, die zumindest teilweise in Berührungskontakt mit der Haut von Lebewesen, insbesondere von Menschen, stehen.

    [0002] Die Haut von Lebewesen kann bei Reizung durch bestimmte Stoffe oder Strahlen überempfindlich reagieren. Derartige Überreaktionen nennt man Allergien, wobei auch Lebewesen derselben Gattung auf gleiche Reize keine oder überempfindliche, gegebenenfalls unterschiedliche Intensität aufweisende Reaktionen zeigen können. Insbesondere die Haut des Menschen betreffend sind viele Stoffe bekannt, welche gegebenenfalls Allergien bewirken können.

    [0003] Unter den durch eine Berührung mit Metallen ausgelösten sogenannten Metallberührungsallergien ist die Nickelallergie besonders häufig gegeben. Dabei wurde festgestellt, daß nicht nur reines Nickel sondern auch Legierungen mit einer Nickelkonzentration von einigen Prozenten schon eine allergische Reaktion auslösen können. Lebewesen, insbesondere Menschen, kommen im täglichen Leben zwangsläufig mit metallischen Werkstoffen, insbesondere rostfreien Stählen und Legierungen, welche Nickel enthalten können, in Berührung. Viele Gegenstände des täglichen Gebrauches wie Armbanduhren, Uhrbänder, Brillengestelle,Modeschmuckstücke und dgl. sowie Teile von bzw. an Kleidungsstücken, z.B. Verschlußeinrichtungen, Hosennieten von Jeans und auch Teile an medizinischen, am Körper zu tragenden, gegebenenfalls prothetischen Stütz- oder Haltevorrichtungen, werden aus Gründen der erforderlichen Materialfestigkeit und der bevorzugten Materialeigenschaften insbesondere aus metallischen Werkstoffen gefertigt.

    [0004] Um eine, insbesondere bei einer Reinigung oder Lagerung erforderliche Rostbeständigkeit der Teile zu erreichen, können diese z.B. galvanisch, gegebenenfalls mit Chrom, beschichtet werden. Die Nachteile derartiger Beschichtungen sind ein hoher Aufwand bei der Herstellung und ein durch Risse in der Schicht ausgelöstes Abblättern derselben. Soll mit Sicherheit ein Auslösen einer Nickelallergie vermieden werden, so dürfen die klassischen rostbeständigen Stähle mit ca. 8 bis 12 Gew.-% Nickel, wie z.B. DIN Werkstoff Nr. 1.4401 und Nr. 1.4404, für zumindest teilweise in Hautkontakt stehende Teile nicht verwendet werden. Es wurde schon versucht, nickelfreie, rostbeständige Chromstähle wie DIN Werkstoff Nr. 1.4001 und Nr. 1.4016 einzusetzen. Nachteilig bei derartigen Werkstoffen ist, daß an den mehr als 12 Gew.-% Chrom zur Ausbildung einer Passivierungsschicht an der Oberfläche enthaltenden Teilen in Anwesenheit von Schweiß oder Salzlösungen Risse durch durch Zugspannungen ausgelöste örtliche Korrosion, der sog. Spannungsrißkorrosion, gebildet werden können und/oder ein großer fertigungstechnischer Aufwand erforderlich ist. Bei obigen Stählen ist auch ein z.B. chemisches Strukturieren der Oberfläche der Teile mit einer gewünschten Gleichartigkeit zur Erzielung eines besonderen Oberflächenaussehens wie dies für Uhrbänder, Uhrböden, Brillengestelle und dgl. oft vorgesehen ist, meist nicht möglich. Weiters sind rostfreie Chromstähle magnetisierbar, was deren Einsatz für Gehäuse von durch Magnetfelder in ihrer Funktion beeinflußbaren Uhren ausschließt. Es ist bekannt, daß Titan keinerlei allergische Reaktionen auslöst, also besonders gut hautverträglich für Lebewesen ist. Der hohe Preis und eine oft aufwendige Herstellung von Teilen aus Titan stellen jedoch wesentliche Nachteile dar.

    [0005] Die Erfindung setzt sich zum Ziel, die Nachteile der bekannten Materialien zu beseitigen und eine korrosionsbeständige und strukturierfähige Legierung zur Verwendung als Werkstoff für Teile, die zumindest teilweise in Berührungskontakt mit der Haut von Lebewesen, insbesondere von Menschen, stehen, keine Allergien bewirkt, hohe Festigkeit besitzt und amagnetische Eigenschaften aufweist, zu erstellen.

    [0006] Dieses Ziel wird bei einer Legierung der eingangs genannten Art dadurch erreicht,daß diese Legierung in Gew.-%
    Kohlenstoff max. 0,10
    Silizium max. 1,0
    Mangan 11,0 bis 25,0
    Chrom 10,0 bis 20,0
    Molybdän bis 1,6
    Stickstoff 0,05 bis 0,55

    gegebenenfalls ein oder mehrere der Elemente Vanadin, Niob, Tantal, Wolfram, Aluminium, Titan, Kupfer, Bor in einer Konzentration von höchstens 2,0 Gew.-%, Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen mit der Maßgabe aufweist, daß deren Nickelgehalt unter 0,5 Gew.-% liegt und der Werkstoff nach einer bei einer Temperatur von 1010°C bis 1080°C durchgeführten Lösungsglühbehandlung abgeschreckt und gegebenenfalls zur Erhöhung der Dehngrenze und Festigkeit des Materials kaltverformt ist und austenitische Gefügestruktur besitzt.

    [0007] Die durch die Erfindung erreichten Vorteile sind im wesentlichen darin zu sehen, daß einerseits, wie gefunden wurde, durch eine unterkritische Nickelkonzentration der Legierung keine allergischen Reaktionen ausgelöst werden, der Werkstoff jedoch andererseits zumindest die von nickelhältigen, austenitischen, rostfreien Stählen bekannten günstigen Gebrauchseigenschaften besitzt. Dabei ist wichtig, daß der Werkstoff erfindungsgemäß einer Lösungsglühbehandlung mit anschließendem Abschrecken unterworfen wird, weil dadurch Ausscheidungen, z.B. Karbide und/oder Gefügephasen aufgelöst und ein rein austenitischer Gefügezustand stabilisiert werden. Gefügeinhomogenität bzw. Ausscheidungen sind nämlich zumeist mit örtlichen Konzentrationsunterschieden von Legierungs- oder Spurenelementen verbunden, wodurch Konzentrationsmaxima entstehen und allergische Reaktionen verursacht werden können. Auch eine chemische Strukturierfähigkeit des Teiles wird durch Materialinhomogenität nachteilig beeinflußt. Ein Molybdängehalt bis 1,6 Gew.-% verbessert die Korrosionsbeständigkeit und kann die mechanischen Eigenschaften des Werkstoffes anheben. Höhere Gehalte erwiesen sich, weil Molybdän ein ferrit- und karbidbildendes Element ist, als nicht günstig.

    [0008] Sowohl für besondere Sicherheit gegen ein Auftreten von allergiebedingten Hauterkrankungen als auch zur Verbesserung der korrosionschemischen Eigenschaften hat es sich als besonders vorteilhaft herausgestellt, wenn die Legierung die in den Ansprüchen 2 und 3 gekennzeichneten Konzentrationen der Elemente Kohlenstoff, Mangan, Chrom, Stickstoff und Nickel aufweist.

    [0009] Um die mechanischen Eigenschaften der Teile , insbesondere die 0,2% Dehngrenze Rp0,2 von ca. 400 N/mm zu erhöhen und leichtere bzw. sicherere Bauformen zu erreichen, kann es weiters von Vorteil sein, daß der aus der Legierung gebildete Teil eine Kaltverformung von mindestens 5 %, vorzugsweise von größer als 15 %, aufweist. Mittels einer Kaltverformung kann die 0,2% Dehngrenze des Werkstoffes von ca. 400 N/mm² auf zum Beispiel ca. 900 N/mm² durch einen ca. 25 bis 30 % betragenden Umformgrad erhöht werden. Eine gewünschte Dehngrenze kann also durch eine entsprechend große Kaltverformung leicht eingestellt werden, ohne daß, wie durch zahlreiche Versuche gefunden wurde, die Spannungsrißkorrosion sowie die Zähigkeit des Materials und die Ermüdung bei elastischer Formänderung, insbesondere Biegung, nachteilig beeinflußt werden.

    [0010] Überraschenderweise bleibt auch bei hohen Kaltumformgraden der austenitische amagnetische Materialzustand erhalten, es tritt also keine dem Fachmann von Manganstählen bekannte Bildung von Verformungsmartensit, der magnetisch ist, auf, wodurch sich der Werkstoff besonders gut für Uhrengehäuse und Uhrbänder eignet.

    [0011] Es hat sich gezeigt, daß der erfindungsgemäße Werkstoff besonders gut für Teile der Bekleidung,vorzugsweise der Unterbekleidung, wie beispielsweise Mieder, gegebenenfalls medizinische Stützmieder, verwendbar ist, weil bei guter Hautverträglichkeit eine leicht erreichbare hohe Materialfestigkeit eine geringe Wandstärke der Verschlußteile ermöglicht. Bei einer Verwendbarkeit der Legierung zur Fertigung von Modeschmuck und dgl. ist es von Vorteil, daß nach einer mechanischen, insbesondere jedoch nach einer chemischen Strukturierung, ein besonders effektvoller Glanz der Oberfläche erreicht werden kann, ohne die gute Hautverträglichkeit des Teiles zu verschlechtern. Die gute Hautverträglichkeit kann auch bei der Verewendung der Legierung für Gebrauchsgegenstände wie Brillenfassungen, Banknotenclips, Teile von Schreibgeräten, Haushaltsgegenständen, Schlüssel, Münzen und dgl. vorteilhaft genutzt werden.


    Ansprüche

    1. Korrosionsbeständige und strukturierfähige Legierung zur Verwendung als Werkstoff für Teile, die zumindest teilweise in Berührungskontakt mit der Haut von Lebewesen, insbesondere von Menschen, stehen, im wesentlichen enthaltend die Bestandteile Mangan, Chrom und Stickstoff, Rest Eisen, dadurch gekennzeichnet, daß diese Legierung in Gew.-%
    Kohlenstoff max. 0,10
    Silizium max. 1,0
    Mangan 11,0 bis 25,0
    Chrom 10,0 bis 20,0
    Molybdän bis 1,6
    Stickstoff 0,05 bis 0,55
    gegebenenfalls ein oder mehrere der Elemente Vanadin, Niob, Tantal, Wolfram, Aluminium, Titan, Kupfer, Bor in einer Konzentration von höchstens 2,0 Gew.-%, Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen mit der Maßgabe aufweist, daß deren Nickelgehalt unter 0,5 Gew.-% liegt und der Werkstoff nach einer, bei einer Temperatur von 1010°C bis 1080°C durchgeführten Lösungsglühbehandlung abgeschreckt und gegebenenfalls zur Erhöhung der Dehngrenze und Festigkeit des Materials kaltverformt ist und austenitische Gefügestruktur besitzt.
     
    2. Legierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß diese in Gew.-%
    Kohlenstoff max 0,06
    Mangan 18,0 bis 21,5
    Chrom 12,0 bis 15,0
    Stickstoff 0,2 bis 0,4
    aufweist.
     
    3. Legierung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß deren Nickelgehalt unter 0,25 Gew.-% liegt.
     
    4. Legierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß der aus dieser gebildete Teil eine Kaltverformung von mindestens 5 %, vorzugsweise von größer als 15 %, aufweist.
     
    5. Verwendung einer korrosionsbeständigen Legierung enthaltend in Gew.-%
    Kohlenstoff max. 0,1
    Silizium max. 1,0
    Mangan 11,0 bis 25,0
    Chrom 10,0 bis 20,0
    Molybdän bis 1,6
    Stickstoff 0,05 bis 0,55
    gegebenenfalls ein oder mehrere der Elemente Vanadin, Niob,Tantal, Wolfram, Aluminium, Titan, Kupfer, Bor in einer Konzentration von höchstens 2,0 Gew.-%, Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen als Rest, welche Legierung einen Nickelgehalt von unter 0,5 Gew.-% aufweist, im von einer Temperatur von 1010°C bis 1080°C zur Lösungsglühbehandlung abgeschreckten und gegebenenfalls zur Erhöhung der Dehngrenze und Festigkeit des Materials kaltverformten Zustand als austenitischer Werkstoff für insbesondere strukturierte Teile der Bekleidung und/oder für Schmuckstücke sowie Gebrauchsgegenstände, die zumindest teilweise in Berührungskontakt mit der Haut von Lebewesen, insbesondere von Menschen, stehen.
     
    6. Verwendung einer Legierung nach Anspruch 5 enthaltend im wesentlichen in Gew.-%
    Kohlenstoff max. 0,06
    Mangan 18,0 bis 21,5
    Chrom 12,0 bis 15,0
    Stickstoff 0,2 bis 0,4

     
    7. Verwendung einer Legierung gemäß den Ansprüchen 5 oder 6 mit einem Nickelgehalt von höchstens 0,25 Gew.-%.
     
    8. Verwendung einer Legierung nach einem der Ansprüche 5 bis 7 mit einer Kaltverformung von mindestens 5%, vorzugsweise von größer als 15 %.
     
    9. Verwendung einer Legierung nach einem der Ansprüche 5 bis 8 als amagnetischer Werkstoff für Gehäuse von Uhren und/oder Armbändern von Uhren.
     





    Recherchenbericht