[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren mit dazu erforderlicher elektroakustischer Einrichtung
zur Erzeugung eines Raum- und/oder Klangeindrucks von einem tatsächlich vorhandenen
oder auch berechneten Raum, wobei als Hörprogramm ein beliebig monophones, stereophones
oder vielkanaliges Audioprogramm verwendbar ist. Die Wiedergabe erfolgt vorzugsweise
binaural über Kopfhörer, kann aber auch über Lautsprecher durchgeführt werden.
[0002] Jedes produzierte Audioprogramm enthält im allgemeinen die bei der Aufnahme vorhandene
Raumakustik, die allerdings bei den bisher bekannten stereophonen Wiedergabeverfahren
in ihrer Feinstruktur nie vollständig erkennbar wiedergegeben werden konnte. Mehr
als daß die Aufnahme in einem Raum mit bestimmtem Nachhall entstanden ist, ließ sich
bei der Wiedergabe vom Zuhörer nicht feststellen. Erst zusätzliche Maßnahmen mit dazu
entsprechenden elektroakustischen Einrichtungen könnten bessere Hörbedingungen schaffen,
die den Zuhörer dann auch den Raum der Programmaufnahme wiedererkennen lassen.
[0003] Eine originalgetreue Simulation raumakustischer Geschehnisse ist beispielsweise durch
die Faltung eines beliebigen Audioprogrammes mit der binauralen Raumimpulsantwort`
gemessen an einem bestimmten Empfangsplatz in einem Raum, durchführbar. Unter binauraler
Raumimpulsatwort werden zwei Impulsantworten verstanden, wobei die eine Impulsantwort
dem einen Ohr und die andere Impulsantwort dem anderen Ohr zugeordnet ist. Gemäß den
Erkenntnissen aus der Systemtheorie bildet der Raum zusammen mit den Empfangscharakteristika
des menschliches Ohres ein lineares kausales Übertragungssystem, das im Zeitbereich
durch die Raumimpulsantworten beschrieben ist. Die jeweilige Raumimpulsantwort ist
näherungsweise die Systemantwort auf einen Schallimpuls, dessen Zeitdauer eine Periode
der doppelten oberen Grenzfrequenz des Audiosignals ist. Die Faltung eines beliebigen
Audioprogramms mit der binauralen Raumimpulsantwort ergibt das zur elektroakustischen
Wiedergabe geeignete Signal, das solchermaßen ausgeprägt ist, daß bei richtiger Schallwiedergabe
an den beiden Ohren einer Hörperson bei dieser ein solches Hörerlebnis hervorgerufen
wird, wie es am Originalhörort, an dem das tatsächliche raumakustische Geschehen stattfindet,
von derselben Hörperson erlebt worden wäre. Der Hörperson wird es dadurch unmöglich
zu unterscheiden, ob das von ihr wahrgenommene Hörereignis am Ort des tatsächlichen
Schallgeschehens erfolgt, oder ob es durch das Simulationsverfahren entsteht. Werden
zur Wiedergabe nicht Kopfhörer sondern Lautsprecher verwendet, müssen in grundsätzlich
gleicher Weise die Übertragungswege zwischen den Lautsprechern und den Ohren der Hörperson
nachgebildet werden.
[0004] Ein solches Simulationsverfahren, das der Hörperson die am Originalhörort tatsächlich
vorhandenen zeitlichen, spektralen, räumlichen und dynamischen Schallfeldstrukturen
unverkennbar präzise vortäuscht, ist äußerst aufwendig, vor allem was die zur Simulation
erforderlichen technischen Einrichtungen anbelangt. Im allgemeinen wird die Faltung
in der Weise durchgeführt, daß das Audiosignal und die Raumimpulsantworten digitalisiert
werden, in einem Rechner das gefaltete Signal berechnet und in das analoge Signal
zurückgewandelt wird. Die Anzahl der Rechenschritte ist von der Länge der Impulsantworten
abhängig. Zum Beispiel sei hier angeführt, daß bei einer Audiosignalbandbreite von
20 kHz etwa eine Abtastrate von 50 kHz und damit ein Abtastintervall von 20 µsec notwendig
ist und daher für eine typische Raumimpulsantwortlänge von 2 sec 10⁵ Abtastwerte benötigt
werden und weiters bei der Faltung eines Audiosignals mit dieser Raumimpulsantwort
5x10⁴ x 10⁵ = 5x10⁹ Multiplikationen und Additionen pro Sekunde durchgeführt werden
müssen. Das bedeutet, daß der apparative Aufwand zur Faltung mit einem Audiosignal
enorm groß sein muß, vor allem dann, wenn der gesamte Ablauf des Verfahrens in Echtzeit
erfolgen soll. Daher ist die außerhalb des Forschungsbereiches liegende Anwendung
eines solchen Simulationsverfahrens aus wirtschaftlichen und preislichen Gründen nicht
denkbar.
[0005] Eine elektroakustische Anordnung zur nahezu originalgetreuen Simulation einer an
einem bestimmten Hörplatz vorhandenen Hörsituation ist für die Wiedergabe von stereophonen
binauralen Audioprogrammen mittels Kopfhörer in der AT PS 394 650 beschrieben. Das
Einhalten der auditiven Originaltreue und auch die richtige Lokalisierung ganz bestimmter
im Raum verteilter Schallquellen ist dadurch außer Frage gestellt, indem eine für
die stereophone Lautsprecherwiedergabe vorhandene Tonaufnahme dann zur nahezu originalgetreuen
Kopfhörerwiedergabe richtig dargeboten ist, wenn neben den direkt ankommenden Audiosignalen
der beiden Kanäle links und rechts auch die Raumreflexionen des Hörraumes, jedoch
bewertet mit den richtungsabhängigen Außenohrübertragungsfunktionen, nachgebildet
sind. Die Integration der Außenohrübertragungsfunktion über alle Raumrichtungen ergibt
einen angenähert ebenen Amplitudenfrequenzverlauf am Ohr. Da eine solche komplexe
Nachbildung praktisch unmöglich ist, muß auf eine vereinfachte Konfiguration zurückgegriffen
werden. Bei dieser stark vereinfachten Konfiguration brauchen jedem Ohr nur drei verschiedene
Audiosignale dargeboten werden, um ein naturgetreues Hörereignis zu garantieren.
[0006] Die Simulation raumakustischer Geschehnisse ist ganz allgemein mittels eines Verfahrens
durchführbar, das beispielsweise aus der EP-A-0 505 949 bekannt ist. In diesem Verfahren
wird mittels eines Übertragungsfunktions-Simulators eine Übertragungsfunktion nachgebildet.
Dieser Übertragungsfunktions-Simulator ist mit in einem akustischen System angeordneten
Schallquellen, Schallempfangseinrichtungen und Einrichtungen zum Messen der akustischen
Übertragungsfunktion ausgestattet. Zum Messen der akustischen Übertragungsfunktion
kann die Vielzahl möglicher unterschiedlicher Positionen zwischen zwei beliebigen
Punkten im akustischen System Berücksichtigung finden. Der Simulator selbst ist darin
gekennzeichnet, daß Mittel zum Abschätzen der in der vorhandenen Übertragungsfunktion
vorhandenen Pole vorgesehen sind, wobei die AR-Eigenkoeffizienten, die mit physikalischen
Polen des akustischen Systems korrespondieren, aus der Vielzahl an gemessenen Übertragungsfunktionen
abgeschätzt werden, und ARMA-Filter, die aus AR-Filtern und MA-Filter zusammengesetzt
sind, das nachbilden, was aus der Vielzahl an gemessenen akustischen Übertragungsfunktionen
mit dem akustischen System übereinstimmt. Dieses äußerst komplizierte Verfahren dient
dazu, eine solche akustische Übertragungsfunktion nachzubilden, die für Echosperreinrichtungen,
Antihalleinrichtungen, zur aktiven Störschallkompensation und auch zur Klangbildlokalisation
erforderlich ist. Die Simulation der Übertragungscharakteristika nimmt ein Signalprozessor
vor. Im Simulationsverfahren selbst wird die Übertragungsfunktion mit geringem Rechenaufwand
in konsequent kürzest möglicher Rechenzeit nachbildet.
[0007] Dieses eben genannte Simulationsverfahren ließe sich grundsätzlich auch zur Verwirklichung
für die naturgetreue Wiedergabe raumakustischer Geschehnisse nach einer dazu vorgenommenen
Modifizierung einsetzen. Es wäre aber dann in technischer Hinsicht äußerst aufwendig
und zu spezifisch, als daß zur sinnvollen und wirtschaftlichen Anwendung dieses Verfahrens
für den gesamten Zweck ein besonderes Interesse bestünde.
[0008] Auch die bekannte schnelle Faltung mittels diskreter Fouriertransformation bietet
keinen geeigneten Weg zu einer ökonomischen Einrichtung für die Simulation raumakustischer
Geschehnisse, wegen der dieser Methode inhärenten Zeitverzögerung zwischen Quellsignal
und gefaltetem Signal.
[0009] Die Aufgabe für die vorliegende Erfindung besteht nun darin, ein Simulationsverfahren
mit dazu erforderlicher elektroakustischer Einrichtung zu schaffen, das vereinfacht
ist, wodurch seine Realisierung technisch und wirtschaftlich vertretbar wird.
[0010] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch das Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs
1 gelöst.
[0011] Wegen der Auswahl bestimmter Teile aus den Raumimpulsantworten vermindert sich entsprechend
der Rechenaufwand, weil für die weggelassenen Teile der Raumimpulsantworten keine
Rechnungen durchgeführt werden müssen.
[0012] Das neue Simulationsverfahren hat den Vorteil, daß bei stark reduziertem Aufwand
für das Verfahren keine Verschlechterung Simulationsqualität auftritt. Außerdem können
zur Faltung vereinfachte FIR-Filterstrukturen eingesetzt werden. Der Faltungsprozeß
selbst läuft ohne merkliche Zeitverzögerung in Echtzeit ab.
[0013] Demnach liegt der Kern der Erfindung darin, daß eine mit Erfolg verbundene naturgetreue
Simulation mit ganz bestimmten Teilen der Raumimpulsantworten aus dem akustischen
Geschehen durchführbar ist. Es bedarf lediglich der Kenntnis über jene Teile der Raumimpulsantworten,
die nach einer kritischen Auswahl wesentlich für den Höreindruck sind. Der Weg zur
Kenntnis über die jeweiligen Raumimpulsantworten führt über reale oder virtuelle raumakustische
Messungen. Die Entscheidung, welche Teile aus den Raumipulantworten weggelassen werden
erfolgt nach hörpsychologischen Grundsätzen.
[0014] Eine wesentliche Ausführung des Verfahrens liegt nun darin, daß die Werte der Raumimpulsantwort
mit einem zeitabhängigen Schwellwert verglichen werden und nur jene Werte der Raumimpulsantworten
verwendet werden, die den Schwellwert übersteigen. Der Schwellwert ist bezogen auf
die Raumimpulsantwort zeitabhängig, insofern als er seinen größten Betrag im Bereich
des Anfangs der Raumimpulsantwort hat und gegen Ende der Raumimpulsantwort abklingt.
Dadurch werden weite Bereiche der Raumimpulsantworten zu null.
[0015] Der Vorteil in einer solchen Aufteilung liegt im stark reduzierten Rechenaufwand
für den Simulationsprozessor. Der den Direktschall erfassende Bereich der Raumimpulsantwort
muß mit dem den Nachhall enthaltenden Bereich dermaßen zusammengesetzt sein, daß die
Originalqualität in der Simulation erhalten bleibt.
[0016] Auf diese Weise werden nur jene Teile für den Faltungsprozeß verwendet, die einen
wesentlichen Beitrag zur naturgetreuen Simulation leisten. Alle übrigen Teile der
Raumimpulsantwort scheinen durch "Null-Setzen" nicht mehr auf, und es wird für diese
kein Rechenaufwand erforderlich. Das zur Faltung verwendete FIR-Filter benötigt dann
keine aufwendige Struktur, und die Rechenleistung des Signalprozessors braucht nur
dann eingesetzt werden, wenn entsprechende von Null verschiedene Koeffizienten auftreten.
Diese Vorgangsweise reduziert den Rechenaufwand gegenüber der konventionellen Faltung
erheblich, und es lassen sich damit Reduktionsfaktoren zwischen 10 und 100 erzielen.
Trotzdem bleibt die Nachhallzeit für solcherart simulierte raumakustische Geschehnisse
erhalten, und bei einer Gesamtzeitlänge der reduzierten Impulsantwort von nur 10 Millisekunden
werden Nachhallzeiten, die zwischen 100 bis zu 1000 Millisekunden liegen, einwandfrei
simuliert. Die räumliche Simulation unterliegt hierbei keinem Zufall.
[0017] Das genannte Verfahren mit dazu erforderlicher elektroakustischer Einrichtung kann
auch dermaßen ausgestaltet sein, daß die kritische Auswahl wesentlicher Teile zum
Erhalten der naturgetreuen Simulation durch Berücksichtigen der psychoakustischen
Vor- und Nachverdeckungsphänomene in der Raumimpulsantwort erfolgt.
[0018] Die in der Hörakustik bekannten Verdeckungsphänomene bewirken, daß beim Vorhandensein
von Schall ein weiterer, zweiter Schall nur dann hörbar ist, wenn seine Erregung im
menschlichen Ohr die des ersten übersteigt. Dadurch entsteht eine Verschiebung der
Hörbarkeitsschwelle, die durch den oben erwähnten zeitabhängigen Schwellwert nachgebildet
wird, wodurch Schall unterhalb dieser Schwelle nicht wahrgenommen wird.
[0019] Die Kombination der beiden bereits zuvor genannten und erläuterten Verfahrensabläufe
ist die optimale Ausgestaltung des Verfahrens überhaupt. Die Ausbeute im Verhältnis
zum Rechenaufwand und zum Einsatz an technischen Einrichtungen ist größtmöglich, und
das damit erzielte Ergebnis am wirtschaftlichsten.
[0020] Die Anwendung des erfindungsgemäßen Simulationsverfahrens wird im besonderen im HiFi-
und Tonstudiobereich liegen, weil dort die Vorteile des binauralen Körens sowohl für
die Kopfhörerwiedergabe als auch für die Lautsprecherwiedergabe liegen. Die erfindungsgemäße
Einrichtung schafft jenes Maß an guter und originalgetreuer Raumakustik, das die bekannten
Nachteile eines Hörens im schalltoten Raum aufhebt, dabei aber nicht störend die von
der Aufnahme gegebene Akustik überlagert. Die Simulation einer beispielsweise bestimmten
Lautsprecheranordnung in einem bestimmten Raum mittels Kopfhörerwiedergabe ist eine
wesentliche Anwendung des Simulationsverfahrens einschließlich der dazu erforderlichen
elektroakustischen Einrichtung.
[0021] Im folgenden wird das erfindungsgemäße Simulationsverfahren mit dazu erforderlicher
elektroakustischer Einrichtung an Hand von Zeichnungen dargestellt, und es zeigt:
- Fig. 1a
- die Anordnung bei der Messung der Raumimpulsantwort,
- Fig. 1b
- das Schema der elektroakustischen Einrichtung zur Erzeugung und Faltung der reduzierten
Raumimpulsantwort,
- Fig. 2
- das Schema zur Auswahl der wesentlichen Anteile aus der ermittelten Raumimpulsantwort,
- Fig. 3
- das Schema zur Auswahl der wesentlichen Anteile aus der ermittelten Raumimpulsantwort,
unter Verwendung eines veränderlichen Schwellwertes,
- Fig. 4a
- eine einfache ermittelte Raumimpulsantwort,
- Fig. 4b
- den Anteil des Direktschalls der ermittelten Raumimpulsantwort nach Fig. 4a,
- Fig. 4c
- die reflektierten Schallanteile aus der ermittelten Raumimpulsantwort nach Fig. 4a,
- Fig. 5a
- eine vereinfachte ermittelte Raumimpulsantwort,
- Fig. 5b
- den Bereich des Direktschalls der ermittelten Raumimpulsantwort nach Fig. 5a,
- Fig. 5c
- den wesentlichen Teil des reflektierten Anteils der ermittelten Raumimpulsantwort
nach Fig. 5a,
- Fig. 5d
- den wesentlichen Teil einer zweiten Reflexion aus der ermittelten Raumimpulsantwort
nach Fig. 5a,
- Fig. 5e
- den wesentlichen Teil einer noch später liegenden Reflexion aus der ermittelten Raumimpulsantwort
nach Fig.5a,
- Fig. 6a
- die ermittelte Raumimpulsantwort mit darübergelegten Schwellwerten,
- Fig. 6b
- die reduzierte Raumimpulsantwort aus der ermittelten Raumimpulsantwort nach Fig. 6a,
- Fig. 7a
- eine ermittelte Raumimpulsantwort mit darübergelegten Schwellwerten unter Berücksichtigung
des Verdeckungsphänomens,
- Fig. 7b
- die reduzierte Raumimpulsantwort aus der ermittelten Raumimpulsantwort nach Fig. 7a,
- Fig. 8a
- eine ermittelte Raumimpulsantwort mit darübergelegten Schwellwerten, die stufenförmig
abnehmen,
- Fig. 8b
- die reduzierte Raumimpulsantwort aus der Raumimpulsantwort nach Fig. 8a,
- Fig. 9
- ein Schema für ein übliches Transversal oder FIR - Filter und
- Fig. 10
- eine aus der Erfindung sich ergebende Struktur eines FIR-Filters für den Faltungsprozess
mit der erfindungsgemäß reduzierten Raumimpulsantwort.
[0022] In Fig. 1a wird eine mögliche Methode zur Ermittlung der Raumimpulsantwort dargestellt.
Am Ort der Schallquelle wird ein Meßsignal abgestrahlt, das am Hörplatz mit einem
Meßmikrofon aufgenommen wird. Aus dem empfangenen Signal wird die Raumimpulsantwort
gewonnen. Wenn als Meßsignal ein Impuls verwendet wird, dessen Dauer gleich einer
Periode der doppelten Frequenz der oberen Frequezgrenze des Audiosignalbereiches ist,
ist das empfangene Signal gleich der Raumimpulsantwort h(t). Da bei dieser Methode
der Störabstand gering ist, wird in der Praxis ein längeres Meßsignal bevorzugt und
die Raumimpulsantwort rechnerisch ermittelt.
[0023] Die binaurale Raumimpulsantwort, die für die Wiedergabe über Kopfhörer benötigt wird,
wird dadurch gewonnen, daß sich die Meßmikrofone in den Ohrkanälen einer Testperson
befinden, für die die Rumimpulsantwort ermittelt werden soll. Sodann wird die Impulsantwort
für die Strecke Lautsprecher-Raum-Ohr und anschließend die Impulsantwort für das System
Kopfhörer-Ohr gemessen. Die gewonnen Impulsantworten werden in den Frequenzbereich
transformiert, die transformierten Funktionen dividiert und der Quotient in den Zeitbereich
rücktransformiert. Wenn dieser Vorgang für beide Ohren durchgeführt wird, wird eine
binaurale Raumimpulsantwort erhalten, die sich aus einer rechten und einer linken
Raumimpulsantwort zusammensetzt.
[0024] Die Fig. 1b zeigt das Schema für den Verfahrensablauf bei einer der beiden wie oben
ermittelten Raumimpulsantworten. Die Raumimpulsantwort h(t) wird dem Aufteiler 1 zugeleitet,
um die Aufteilung in den Direktschallanteil d(t) und den Nachhallanteil r(t) vorzunehmen.
Im Nachhallanteil r(t) sind auch sämtliche von den Raumwänden herrührenden Einzelreflexionen
des Meßsignals enthalten.
[0025] Die Raumimpulsantwort ist ihrer Natur nach ein kontinuierliches Zeitsignal und wird
zur Verarbeitung digitalisiert` womit aus h(t), d(t) bzw. r(t) h(n), d(n) bzw. r(n)
wird. Da für die hier verwendete digitale Verarbeitung in digitalen Filtern eine zeitdiskrete
Repräsentation benötigt wird, wird in den Figuren ausschließlich die zeitdiskrete
Darstellung h(n) verwendet, wobei n der Laufindex für die Abtastwerte ist, der mit
der Zeit durch

verknüpft ist und τ die Periodendauer der Abtastfrequez ist. Die Darstellung in
den Figuren erfolgt jedoch lediglich aus Gründen der Übersichtlichkeit als kontinuierliche
Funktion.
[0026] Für die Raumimpulsantwort h(n) und deren Aufteilung in Direktschallanteil d(n) und
Nachhallanteil r(n) sind die entsprechenden zeitabhängigen Amplitudenverläufe in Fig.
4a bis 4c schematisch dargestellt. Nach Verstreichen der Zeit

ist am Hörplatz der Direktschall eingetroffen, wonach nur mehr solche Anteile zu
erwarten sind, die von Reflexionen, bzw. vom Nachhall herrühren. Zur Erläuterung sei
noch angeführt, daß in einem frequenzlinearen Übertragungssystem die Impulsantwort
lediglich aus einem ersten Wert bestehen würde; die hier skizzierte Raumimpulsantwort
wird auch im Bereich des direkten Schalls durch die Übertragungsfunktion von der Schallquelle
bis zum Ohrkanaleingang bestimmt und wird z.B. wegen der Reflexionen an Kopf und Körper
auf einige Millisekunden verlängert.
[0027] Die in die beiden Schallanteile d(n) und r(n) aufgeteilte ermittelte Raumimpulsantwort
wird nun jener elektronischen Einrichtung 2 zugeführt, die aus der ermittelten Raumimpulsantwort
die Anteile extrahiert, die jene Kennwerte der Hörraumakustik, des im Hörraum vorhandenen
Schallfeldes und die der Hörperson zuordbaren linken und rechten Außenohrübertragungsfunktion
enthalten, die nach dem Faltungsprozeß mit einem beliebigen Audioprogramm die naturgetreue
Simulation des gesamten raumakustischen Geschehens garantieren. Die Extraktion erfolgt
nach Kriterien, die weiter unten beschrieben sind. Die extrahierte bzw. reduzierte
Raumimpulsantwort h'(n) wird in einem Prozessor 3 mit dem Signal s(n) eines beliebig
gewählten Audioprogrammes gefaltet, wodurch das Signal gebildet wird. Bei richtiger
Schallwiedergabe an den beiden Ohren der Hörperson wird das erfindungsgemäß gewünschte
Hörresultat erreicht, nämlich die naturgetreue Simulation eines Hörplatzes in einem
bestimmten Hörraum.
[0028] Die Extraktorschaltung 2 zur Auswahl der wesentlichen Anteile aus der ermittelten
Raumimpulsantwort wird durch das Schema der Fig. 2 näher erläutert.
[0029] Wegen der beschränkten Rechenleistung des Prozessors 3 ist es zweckmäßig nur einen
vorderen Teil der jeweiligen ermittelten Raumimpulsantwort zu verwenden. Hierzu wird
die an einem Eingang E vorhandene und in die Anteile Direktschall und Nachhall aufgeteilte
Raumimpulsantwort in einem Funktionsblock 4 in einzelne Abschnitte oder Portionen
mit der Länge T
i aufgeteilt.
[0030] Die Figuren 5a bis 5e zeigen wie die ermittelte Raumimpulsantwort mittels des Funktionsblocks
4 in einzelne Blöcke oder Portionen T
i mit den Schallanteilen d(n), r₂(n), r₃(n) ... r
i(n)aufgeteilt wird.
[0031] Die Aufteilung in Direktschall- und Nachhallanteil wird vorgenommen, weil der Direktanteil
der ermittelten Raumimpulsantwort zumindest bei Studio-Anwendung unverändert bleiben
sollte und nur der Nachhallanteil wie beschrieben reduziert wird. Es sind jedoch auch
Anwendungen denkbar, bei denen beide Anteile der ermittelten Raumimpulsantwort reduziert
werden.
[0032] Nach der Abtrennung des Direktschalls werden mittels eines Komparators 5 die verbliebenen
Anteile der Raumimpulsantwort Null gesetzt, die nach einem der weiter unten beschriebenen
Kriterien unterhalb eines festgelegten Schwellwertes liegen. Die Anzahl der Abtastwerte
in den verbliebenen Signalanteilen der reduzierten Raumimpulsantwort werden in einem
Koeffizientenzähler 6 gezählt. Der erhaltene Zählerwert wird in einem Sollwertkomparator
7, mit einem Grenzwert verglichen, der duch den zulässigen Rechenaufwand festgelegt
ist. Falls die Grenze noch nicht überschritten ist werden gemäß den Fig. 5a - 5e weitere
Blöcke der ermittelten Raumimpulsantwort nachgefordert. Auf diese Weise wird bei einer
späteren Faltung mit der reduzierten Raumimpulsantwort die Rechenkapazität voll ausgschöpft.
Ist das vorgegebene Soll erreicht, so wird die jetzt vorhandene reduzierte Raumimpulsantwort
an einen Ausgang A gegeben.
[0033] Für den Fall, daß die kritische Signalbewertung der ermittelten Raumimpulsantwort
gemäß einem Verdeckungsphänomen vorgenommen wird, ist dazu die in Fig. 3 dargestellte
Anordnung erforderlich. Gegenüber dem in Fig. 2 angegebenen Schema kommt noch eine
dynamische Schwellwertanpassung hinzu, die aus einem Komparator 9 und einem Schwellwertgeber
10 besteht. In dem Komparator 9 wird der Momentanwert der ermittelten Raumimpulsantwort
mit dem momentanen Schwellwert verglichen, wobei die Größe des Schwellwertes von den
vorausgehenden Werten der ermittelten Raumimpulsantwort gemäß dem Verdeckungsphänomen
abhängig ist. Durch die Rückführung über den Schwellwertgeber 10 zu dem Komparator
5 ist die dynamische Anpassung an die vorgegebenen psychoakustischen Kriterien gemäß
dem Verdeckungsphänomen beispielsweise nach Zwicker realisiert.
[0034] Wie die Fig. 6a und 6b zeigen, kann die kritische Auswahl der für die Simulation
wesentlichen Signalanteile der ermittelten Raumimpulsantwort dadurch erfolgen, daß
alle Anteile der ermittelten Raumimpulsantwort, die unterhalb eines festgelegten festen
Schwellwertes A liegen, Null gesetzt sind, damit diese für den späteren Faltungsprozeß
unberücksichtigt bleiben, während die den Schwellwert übersteigenden Signalanteile
bzw die zugehörigen Abtastwerte mit unveränderter Amplitude in die reduzierte Raumimpulsantwort
übernommen werden. Da zwischen der Stärke der Schallreflexionen und den diesen Reflexionen
zuordenbaren Werten der ermittelten Raumimpulsantwort ein unmittelbarer Zusammenhang
besteht, bietet das Schwellwertkriterium eine bedeutende Hilfe zum Extrahieren der
zur Simulation wesentlichen Werte der ermittelten Raumimpulsantwort. Bei der Faltung
werden nur mehr die durch das Auswahlkriterium gegebenen wesentlichen Merkmale aus
der ermittelten Raumimpulsantwort berücksichtigt, wodurch der erforderliche Rechenaufwand
einer erheblichen Reduktion unterliegt. Können in einem FIR - Filter pro Sekunde 25x10⁶
Multiplikationen und Additionen vom Signalprozessor durchgeführt werden, was bei einer
Abtastperiode von 20 µsec 500 Filterkoeffizienten und 10 Millisekunden Impulsantwortlänge
entspricht, so können unter Verwendung der reduzierten Raumimpulsantwort von Prozessor
3 Räume simuliert werden, deren Nachhallzeiten bei bis zu 1 sek liegen.
[0035] Schließlich ist, wie Fig. 7a und 7b zeigen, die kritische Auswahl auch nach Kriterien
gemäß den Verdeckungsphänomenen möglich. Demnach brauchen solche Anteile aus der ermittelten
Raumimpulsantwort nicht berücksichtigt werden, die beim Hören ohnedies nicht wahrnehmbar
sind. Entsprechend der vorliegenden Information sind die verdeckten Anteile von der
später erfolgenden Faltung auszunehmen. In diesem Falle braucht auch nicht mehr zwischen
Direktschall und Nachhallanteil unterschieden zu werden, sondern es kann die gesamte
ermittelte Raumimpulsantwort vom Anfang an wie beschrieben reduziert werden.
[0036] T
V bezeichnet hier die Bereiche der Vorverdeckung und T
N die der Nachverdeckung. Das sind die Zeiträume in denen Signale unter einer Pegelgrenze,
wie sie in Fig. 7a skizziert sind, gegenüber einem Hauptsignal nicht mehr wahrnehmbar
sind. Diese Verdeckungseffekte sind, wie sich der Standardliteratur zu diesem Thema
entnehmen läßt, abhängig vom Zeitabstand, vom Pegelverhältnis und vom Frequenzabstand
von maskiertem und maskierendem Signal. Folglich läßt sich dies zeichnerisch nicht
vollständig darstellen. Mit der Raumimpulsantwort werden vor allem die Zeit- und Pegelverhältnisse
beeinflußt. Es müssen also in jedem Fall etwas breitere Wertebereiche der ermittelten
Raumimpulsantwort verwendet werden, als sich unmittelbar aus dem Grenzlinienkriterium
ergeben würde. Weiters müssen die Wertebereiche in den eigentlich maskierten Bereich
hinein extrapoliert werden, um nicht unerwünschte Filtereffekte im Frequenzbereich
zu erhalten.
[0037] In Fig. 8a und 8b ist dargestellt, wie der Schwellwert sich treppenförmig verkleinert
und entsprechend die Signalanteile für die Simulation entnommen werden.
[0038] Fig. 9 stellt dar, auf welche Art beispielsweise die Architektur eines üblichen FIR-Filters
ausgeführt sein kann. In der Kette von Zwischenspeichern z⁻¹, von denen jeder einen
Signalwert eine Abtastperiode lang speichert, wird in jeder Abtastperiode an jeder
Verbindung ein Signalwert entnommen und mit dem dieser Stelle zugeordneten Filterkoeffizienten
multipliziert; das Ergebnis wird in einem Addierer mit allen anderen Ergebnissen addiert
und dem Ausgang zugeführt und stellt damit die direkte Implementierung der Faltung
auf einem Prozessor dar. Abhängig von den technologischen Gegebenheiten des Prozessors
3 kann diese Faltung natürlich auch in anderen konjugierten Strukturen durchgeführt
werden, wodurch sich Rechenleistung einsparen läßt. Dabei geht es aber im Prinzip
immer um eine zeitlich optimale Abfolge der Additionen und Multiplikationen, so daß
damit bestenfalls ein Faktor zwei bis drei an Rechenleistung gewonnen werden kann.
[0039] Fig. 10 veranschaulicht auf welche Art die Architektur des FIR-Filters abgewandelt
wird, wenn die Faltung mit der extrahierten Raumimpulsantwort durchgeführt wird.
[0040] Hierbei bilden die aufeinanderfolgenden Abtastwerte der verbliebenen Signalanteile
der Raumimpulsantwort die Filterkoeffizienten d
j, r
1k, r
2l, r
3m, r
in. Das sind jene, die entsprechend den Bezeichnungen aus dem Beispiel von Fig. 5 zur
naturgetreuen Simulation von wesentlicher Bedeutung sind. Die Anzahl aller Filterkoeffizienten
ist dabei um ein bis zwei Größenordnungen geringer als die Anzahl der Zwischenspeicher.
Da die Filterkoeffizienten nun nicht mehr zeitlich äquidistant auftreten, wird dem
Filterprozessor mit einem Filterkoeffizienten auch gleichzeitig die Verzögerungszeit,
bzw. die Abtastwertnummer, mitgeteilt.
[0041] Es werden im Vergleich zum in Fig. 9 dargestellten Filter bei gleicher Filterlänge
um ein bis zwei Größenordnungen weniger Rechenoperationen für das in der Wahrnehmung
des Zuhörers als gleich bewertete Ergebnis benötigt.
1. Verfahren zur Simulation eines an einem repräsentativen Hörplatz in einem Raum auftretenden
Raum- und/oder Klangeindrucks bei monofoner, stereofoner oder mehrkanaliger Wiedergabe,
bei dem
ein Raum ausgewählt wird, dessen Raumklang simuliert werden soll,
innerhalb des Raumes die Lage des repräsentativen Hörplatzes festgelegt wird,
an dem repräsentativen Hörplatz zumindest für einen Kanal die zugehörige Raumimpulsantwort
ermittelt wird,
für die ermittelte Raumimpulsantwort ein sich über zumindest einen Abschnitt der Länge
der ermittelten Raumimpulsantwort erstreckender Schwellwert festgelegt wird ,
durch Vergleich der ermittelten Raumimpulsantwort mit dem Schwellwert eine reduzierte
Raumimpulsantwort erzeugt wird, die innerhalb des Abschnitts der Länge der ermittelten
Raumimpulsantwort nur diejenigen Teile der ermittelten Raumimpulsantwort aufweist,
bei denen die momentane Amplitude über dem Schwellwert liegt, während für diejenigen
Teile der ermittelten Raumimpulsantwort, deren momentane Amplitude unter dem Schwellwert
liegt, die reduzierte Raumimpulsantwort auf den Wert null gesetzt wird, und die außerhalb
des Abschnitts der Länge der ermittelten Raumimpulsantwort die ermittelte Raumimpulsantwort
in unveränderter Form enthält.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mit Ausnahme des dem Direktschall
entsprechenden Bereiches der ermittelten Raumimpulsantwort der Abschnitt die gesamte
übrige zeitliche Dauer der ermittelten Raumimpulsantwort beinhaltet.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Abschnitt die gesamte zeitliche
Dauer der ermittelten Raumimpulsantwort beinhaltet.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Schwellwert ein dynamisch
veränderlicher Schwellwert ist, der einen fest vorgegebenen Mindestwert aufweist,
und daß der Schwellwert durch eine den jeweils gültigen Schwellwert oder den Mindestgrenzwert
übersteigende Halbschwingung der ermittelten Raumimpulsantwort in Richtung auf größere
Werte angehoben wird und nach dem Anheben allmählich auf seinen Mindestwert abklingt.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Schwellwert nach einer
Eponentialfunktion abklingt.
6. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Schwellwert entprechend
einem psychoakustischen Verdeckungseffekt festgelegt wird.
7. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Schwellwert fest ist.
8. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sich der Schwellwert treppenförmig
verändert.
9. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der ausgewählte Raum ein theoretischer
oder virtueller Raum ist und daß die jeweilige ermittelte Raumimpulsantwort eine auf
Grund der Annahmen über die Gestalt des Raumes, den Ort, der Schallquelle den Hörplatz,
die Richtung der Schallquelle und/oder die Ausrichtung des Kopfes berechnete Raumimpulsantwort
ist.
10. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet daß der ausgewählte Raum ein real
existierender Raum ist und daß die jeweilige ermittelte Raumimpulsantwort in dem realen
Raum gemessen wurde.
11. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß es für wenigstens zwei unterschiedliche
Hörkanäle durchgeführt wird.
12. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß ein Audiosignal mit der reduzierten
Raumimpulsantwort gefaltet wird.
13. Vorrichtung, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine elektronische Schaltung enthält,
in der die reduzierte Raumimpulsantwort gemäß dem Verfahren nach einem oder mehren
der vorstehenden Ansprüche programmiert ist, daß die Schaltung einen oder mehrere
Eingänge zum Einspeisen eines monofonen, stereofonen oder vielkanaligen Audioprogramms,
wenigstens einen Kanal sowie wenigstens je Kanal einen Audioausgang aufweist, an dem
ein bearbeitetes Audioprogrammm ausgegeben wird, das durch Faltung des eingespeisten
Audioprogramms mit der/den dem jeweiligen Kanal zugeordneten reduzierten Raumimpulsantwort/-en
erhalten wird.
14. Vorrichtung nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, daß sie je Kanal wenigstens
ein FIR-Filter enthält, dessen Filterkoeffizienten den Amplitudenwerten der mit einer
vorgegeben Samplingfrequenz digitalisierten reduzierten Raumimpulsantwort entsprechen.