(19)
(11) EP 0 651 591 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
03.05.1995  Patentblatt  1995/18

(21) Anmeldenummer: 94202797.0

(22) Anmeldetag:  27.09.1994
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6H05B 7/08
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE FR GB

(30) Priorität: 27.10.1993 DE 4336628

(71) Anmelder: MESSER GRIESHEIM GMBH
D-60547 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Wilhelmi, Herbert, Prof. Dr.
    D-52072 Aachen (DE)
  • Peters, Klaus
    D-52072 Aachen (DE)
  • Steinmetz, Eberhard, Prof. Dr.
    D-45136 Essen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Elektrodensystem


    (57) Die Erfindung betrifft ein Elektrodensystem zum Aufschmelzen und Rühren sowie zur Temperaturführung in metallurgischen Gefäßen. Zur optimalen Energieeinkopplung bei minimalem Gasverbrauch ist das Elektrodensystem erfindungsgemäß gekennzeichnet durch eine Zentral- und eine Mantelelektrode (10, 11), welche jeweils an einer Höhenverstellung (12) befestigt und an eine gemeinsame Stromquelle (16) angeschlossen sind, um unterhalb der Schmelzbadoberfläche zwischen Zentralelektrode und Schmelze einen Lichtbogen auszubilden, und durch einen Ringraum (23) zwischen Zentral- und Mantelelektrode (10, 11), der mit einer Gasquelle (25) verbunden ist, wobei das Gassystem so ausgelegt ist, daß auch feinkörnige Zusatzstoffe in die Schmelze chargiert werden können.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Elektrodensystem zum Aufschmelzen und Rühren sowie zur Temperaturführung in metallurgischen Gefäßen. Die Wärmequelle ist ein Lichtbogen zwischen Zentralelektrode und Schmelze. Dieser kann insbesondere auch unterhalb der Badoberfläche betrieben werden. Als Folge des getauchten Betriebszustandes kann das Spülen und Heizen mit einer Gaseinspeisung in einem Schritt erreicht werden.

    [0002] Für Elektrodensysteme für Tauchbrenner wird ebenso wie für andere Heizsysteme in der Metallurgie ein hoher Wirkungsgrad für die Energieeinkopplung gefordert, weil das Aufschmelzen und Nachheizen des stückigen Gutes hohe Schmelzleistungen erfordert. Zur Homogenisierung der Schmelze bezüglich Temperatur und Zusammensetzung muß die Schmelze außerdem gerührt werden. Ferner muß bei kontinuierlicher Betriebsweise das Chargieren körniger Einsatz- und Zusatzstoffe in die Schmelze ermöglicht werden. Darüber hinaus soll das Schmelz- und Heizverfahren flexibel hinsichtlich der Einsatz- und Zusatzstoffe sein sowie niedrige Emissionen und geringe Abfallmengen verursachen.

    [0003] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Elektrodensystem zum Aufschmelzen und Rühren sowie zur Temperaturführung in metallurgischen Gefäßen zu schaffen, mit dem eine optimale Energieeinkopplung bei minimalem Gasverbrauch erreicht werden kann und mit dem eine umweltgerechte Verarbeitung auch von gefährlichen staubförmigen Reststoffen möglich ist.

    [0004] Ausgehend von dem im Oberbegriff des Anspruches 1 berücksichtigten Stand der Technik wird diese Aufgabe erfindungsgemäß gelöst mit den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruches 1.

    [0005] Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.

    [0006] Bei dem erfindungsgemäßen Elektrodensystem wird durch den Unterbadbetrieb des Lichtbogens zwischen Zentralelektrode und Schmelze (Metall oder Schlacke) in Verbindung mit einer geeigneten Gasdosierung ein sehr hoher Wirkungsgrad der Energieeinkopplung erreicht, weil die Abstrahlung des Lichtbogens auf die Ofenauskleidung (Wände und Deckel) entfällt. Die heißen Lichtbogengase heizen das Einsatzgut auf und kühlen während ihres Aufstiegs durch die Schmelze deutlich ab. Die Ofenatmosphäre ist also nicht zu heiß, so daß die metallurgischen Gefäße oberhalb der Schmelzbadoberfläche nicht gekühlt ausgelegt werden müssen. Bei einer Ausführung der Elektroden aus Graphit kann die gesamte Tauchlanzenanlage ohne zusätzliche Kühlung sicher und zuverlässig betrieben werden. Die Graphitelektrodenmaterialien reagieren bei Aluminium- oder Kupferschmelzen nicht mit dem Metallbad. Bei Stahlschmelzen kann die Mantelelektrode mit einem Überzug aus Feuerfestmaterial versehen werden, um die unerwünschte Aufkohlung der Stahlschmelze zu verkleinern. Wenn die Schmelze nicht mit Graphit in Kontakt treten soll, kann das schmelzseitige Ende der Mantelelektrode außen und innen keramisch überzogen werden und der Stromkreis wird über Zentralelektrode - Schmelze - Bodenelektrode geschlossen.
    Im Unterbad-Betrieb ist ein minimaler Gasverbrauch zum Aufschmelzen und Nachheizen der Einsatzstoffe erforderlich, welcher aufgrund des Wegfalls des separaten Spülgases und verkürzter Homogenisierungszeiten bei geeigneter Positionierung der Elektroden erreicht wird. Der Gasbedarf an Ar bzw. N₂ oder Reduktionsgas liegt bei nur 50% verglichen mit aufblasenden Systemen.
    Über den Ringraum zwischen der Zentral- und Mantelelektrode können mit dem eingeblasenen Gas auch körnige Güter, insbesondere Stäube, direkt ins Innere der Schmelze eingetragen werden, wodurch unkontrollierte Materialverluste z.B. in die Schlacke oder das Abgassystem vermieden werden. Das Nachchargieren erfolgt in der heißesten Zone der Schmelze, so daß die festen Stoffe schneller aufgeschmolzen und gelöst werden können. Gleichzeitig wird bei der Zugabe von Gemischen gewährleistet, daß Komponenten mit einem niedrigen Siedepunkt, z.B. Pb und Zn, weitgehend verdampfen werden.

    [0007] Die Erfindung ermöglicht eine umweltgerechte Verarbeitung auch von gefährlichen, stückigen bis staubförmigen Reststoffen, wie Filterstäube aus der Stahlerzeugung und der Müllverbrennung oder Aluminiumkrätze oder Reststoffe aus Schleifbetrieben, weil der Elektrodenraum geschlossen ausgeführt ist, die Reststoffe nicht auf, sondern in die Schmelze eingebracht werden und das heiße Metallbad die anorganischen und organischen Schadstoffe unschädlich macht.

    [0008] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird im folgenden näher beschrieben.

    [0009] Es zeigen
    Fig. 1
    das erfindungsgemäße Elektrodensystem bei einer Tauchlanzen-Anlage in Bereitschaft;
    Fig. 2
    das Elektrodensystem während des Unterbad-Einsatzes.


    [0010] Das in den Figuren 1 und 2 dargestellte Elektrodensystem besteht aus einer Zentral- 10 und Mantelelektrode 11, die jeweils an einer Tragsäule 13 aufgehängt sind. Über die Höhenverstellung 12 können die Elektrodentragarme 14, 15 gemeinsam und einzeln verfahren und damit unabhängig voneinander positioniert werden. Die beiden Elektroden 10, 11 sind mit einer Stromquelle 16 verbunden, wobei die Stromzufuhr wahlweise über Kabel-/Stromschienenverbindungen oder über stromführende Elektrodentragarme erfolgt.

    [0011] Zum kontrollierten Betrieb des Ofens ist an der Tragsäule 13 und an den Tragarmen 14, 15 ein die jeweilige Elektrodenposition erfassendes Sensorsystem 31 vorgesehen. Das Sensorsystem besteht aus einer Zahnstange, die an der Tragsäule montiert ist, und einem Zahnrad-Potentiometer-System je Tragarm. Die Linearbewegung der Tragarme wird über das Zahnstange-Zahnrad-Potentiometer-System in eine elektrische Spannung umgewandelt, wobei die Spannung sich proportional zum Verfahrweg ändert. Außerdem werden absolute Positionen erfaßt, so daß zur Positionsbestimmung eine einmalige Kalibrierung, z.B. bei der Montage, genügt.

    [0012] Unter dem Elektrodensystem ist ein metallurgisches Gefäß 17 angeordnet. Das metallurgische Gefäß 17 kann mit Transportrollen 18, 19 ausgerüstet werden, mittels denen es auf Schienen 20, 21 verfahrbar ist. Es ist außerdem möglich, die Tragsäule 13 als Königsbolzen auszulegen, so daß die Komponenten 10, 11, 12, 13, 14, 15, 23, 24, 29, 30 und 31 um die Achse 1 schwenkbar sind. Zum Einschmelzen von stückigem Gut kann mit der Zentralelektrode 10 allein gearbeitet werden, wenn im metallurgischen Gefäß eine Bodenelektrode mit Stromzufuhr installiert ist. Bei nicht vorgesehener Bodenelektroden wird das Elektrodensystem in das metallurgische Gefäß 17 gesenkt, so daß während der Homogenisierungsphase die stromführend ausgelegte Zentralelektrode 10 und die Mantelelektrode 11 unter die Oberfläche der Schmelze 22 taucht (Fig. 2). Durch den zwischen Zentralelektrode 10 und Mantelelektrode 11 ausgebildeten Ringraum 23 strömt Gas, beispielsweise Argon (Ar), Stickstoff (N₂) oder gegebenenfalls auch Reduktionsgase. Das Gas strömt von der der Schmelze 22 abgewandten Seite über die mit einer Gasquelle 25 verbundene Leitung 24 in den Ringraum 23 und von dort in den zwischen Zentralelektroden 10 und Schmelzbadoberfläche brennenden Lichtbogen, der damit die Gase aufheizt. Das heiße Gas 26 entweicht unterhalb der Mantelelektrode 11 durch die Schmelze 22, gibt an diese Energie ab und setzt sie zur Homogenisierung in Bewegung. Mit dem eingeblasenen Gas können auch körnige Güter, insbesondere Stäube, direkt ins Innere der Schmelze 22 eingetragen werden, wodurch Materialverluste z.B. in die Schlacke oder das Abgassystem vermieden werden.

    [0013] Eine umweltgerechte Verarbeitung auch von gefährlichen, staubförmigen Reststoffen wird dadurch erreicht, daß ein geschlossenes System mit Hilfe eines das metallurgische Gefäß 17 verschließenden Deckels 28 vorgesehen ist. Der Deckel 28 liegt hierbei an dem äußeren Bereich der Mantelelektrode 11 an. Infolge der sehr geringen Gasverbräuche ist die anfallende Abgasmenge klein. Weiterhin ist zur Vermeidung von Gasverlusten eine den Ringraum 23 zwischen der Zentral- und Mantelelektrode 10, 11 oberhalb der Gaszuführung angeordnete Dichtung 29 vorgesehen. Die Dichtung 29 schließt den Ringraum 23 gegenüber der Atmosphäre ab. Das geschlossene System kann zur Entsorgung von gefährlichen, staubförmigen bzw. gasförmigen Reststoffen an ein nicht näher dargestelltes Entsorgungssystem angeschlossen werden.

    [0014] Grundsätzlich ist es zudem möglich, die Zentralelektrode 10 ebenfalls rohrförmig auszulegen, so daß ein weiterer Gaskanal 30 genutzt werden kann. Dies ist insbesondere von Vorteil, wenn mit Gasgemischen gearbeitet wird, aber die Gasmenge einer Sorte aus Kostengründen möglichst klein gehalten werden soll und dennoch die gewünschte Gasatmosphäre im Bereich des Brennflecks eingestellt werden soll. Das ist beispielsweise über das reduzierende Schmelzen von feinkörnigen Materialien gegeben. Über den Ringspalt 23 zwischen der Zentral- und Mantelelektrode wird das Material mit Stickstoff aufgegeben und durch die Bohrung 30 der Zentralelektrode 10 wird das Reduktionsgas beispielsweise Wasserstoff (H₂) oder Methan (CH₄) zugeführt.


    Ansprüche

    1. Elektrodensystem zum Aufschmelzen und Rühren sowie zur Temperaturführung in metallurgischen Gefäßen,
    gekennzeichnet durch eine Zentral- und eine Mantelelektrode (10, 11), welche jeweils an einer Höhenverstellung (12) befestigt und an eine gemeinsame Stromquelle (16) angeschlossen sind und durch einen zwischen Zentral- und Mantelelektrode (10, 11) vorgesehenen Ringraum (23), der mit einer Gasquelle (25) verbunden ist.
     
    2. Elektrodensystem nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Ringraum (23) zwischen der Zentral- und Mantelelektrode (10, 11) oberhalb der Gaszuführung mit einer Dichtung (29) gegenüber der Atmosphäre abgedichtet ist.
     
    3. Elektrodensystem nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Gefäß (17) mit einem bis an den äußeren Bereich der Mantelelektrode (11) reichenden Deckel (28) verschließbar ist.
     
    4. Elektrodensystem nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Höhenverstellung (12) an die jeweilige Elektrodenposition erfassendes Sensorsystem (31) aufweist.
     
    5. Elektrodensystem nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Zentralelektrode (11) einen Gaskanal (30) aufweist, der an eine Gasquelle (34) angeschlossen ist.
     




    Zeichnung