[0001] Die Erfindung betrifft ein Material für den Körperschutz, besonders für den antiballistischen
Körperschutz, in Form von ein- oder mehrlagigen Paketen oder Laminaten.
[0002] Zum Schutz von Personen vor Schußverletzungen, die besonders durch die Einwirkung
von Projektilen und Splittern, die mit hoher Geschwindigkeit auf den Körper auftreffen,
entstehen, wurden zahlreiche Materialien und Konstruktionen vorgeschlagen. Unter den
Materialien sind vor allem textile Flächengebilde, besonders Gewebe aus Aramidfasern,
häufig anzutreffen. Die Konstruktionen betreffen besonders sogenannte antiballistische
Pakete, das heißt, Pakete aus mehreren übereinander angeordneten dünnen Flächengebilden,
vorwiegend Geweben, die miteinander verklebt, verpreßt, vernäht oder versteppt sind.
[0003] Bei Materialien für den Personenschutz ist es wichtig, leichte Produkte mit einem
möglichst guten Tragekomfort zur Verfügung zu stellen. Hier muß aber jeweils ein Kompromiß
zwischen antiballistischer Wirksamkeit, d.h. Schutzwirkung für die zu schützende Person,
und Tragekomfort eingegangen werden. So ist es bekannt, daß die Erhöhung der Lagenzahl
oder die Erhöhung des Flächengewichtes der einzelnen Lagen in den meisten Fällen die
Schutzwirkung verbessern kann. Dies führt aber zu schwerer antiballistischer Schutzkleidung
und damit zu einem verschlechterten Tragekomfort.
[0004] Eine besondere Bedeutung kommt beim Körperschutz dem sogenannten Traumapaket zu.
Wenn auf ein auf dem Körper getragenes Schutzbekleidungsstück ein Geschoß aufprallt,
so wird dieses zwar durch die Lagen des antiballistischen Paketes abgebremst, so daß
es nicht in den Körper eindringen und Verletzungen des Trägers der Schutzkleidung
verursachen kann. Durch den Aufprall des Geschosses entsteht aber eine Art Schockwirkung
und daraus resultierend eventuell ein Trauma. Dieser Effekt soll durch das Traumapaket,
das im antiballistischen Paket dem Körper benachbart angeordet ist, gedämpft und damit
verringert werden.
[0005] Für die Konstruktion dieses Traumapaketes wurden bereits verschiedene Ausführungsformen
vorgeschlagen. So sieht GB-A 2 234 156 hierfür eine Schicht aus verformbarem Kunststoff,
die an ein Gewebe aus antiballistisch wirksamen Material befestigt ist, vor.
[0006] Ein in eine Gewebe-Umhüllung aus aliphatischen Polyamidfasern eingebrachtes Traumapaket
aus einer Lage eines Gewebes aus antiballistischen wirksamen Fasern, einer Lage aus
einem flexiblen, halbsteifen Polycarbonat und mehreren Lagen gut komprimierbaren Schaumstoffes
wird in US 4 774 724 vorgeschlagen.
[0007] Weiter finden auch gummierte und miteinander verpreßte Lagen von Geweben aus antiballistisch
wirksamen Fasern als Traumapaket Verwendung.
[0008] Die bisher vorgeschlagenen Ausführungsformen zur Verminderung des Trauma beim Auftreffen
von Geschossen zeigen aber in den meisten Fällen nicht die gewünschte Wirksamkeit.
Einige der vorgeschlagenen Problemlösungen verringern deutlich den Tragekomfort von
Schutzkleidung, da die speziellen Antitraumalagen das Gewicht und die Dicke sowie
vor allem die Steifigkeit von Schutzkleidung nicht unwesentlich erhöhen.
[0009] Deshalb bestand die Aufgabe, Materialien für Schutzkleidung mit unverändertem oder
geringerem Gewicht, mit höherer Flexibilität und mit verbesserter Antitraumawirksamkeit
zu entwickeln.
[0010] Überraschend wurde nun gefunden, daß diese Aufgabe in besonders vorteilhafter Weise
gelöst werden kann, wenn in antiballistischer Schutzkleidung eine oder mehrere Lagen
des antiballistischen Paketes und besonders des Traumapaketes aus Flächengebilden
bestehen, die ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthalten.
[0011] Der Einsatz dilatanter Materialien in der Ballistik wurde bereits in US 3 649 426
beschrieben. Dort werden unter anderem für den Körperschutz Flächengebilde vorgeschlagen,
die durch Verpressen dilatanter Mischungen entstehen. Als solche werden Mischungen
von anorganischen Materialien, wie beispielsweise Metalloxiden oder Siliciumdioxidpulver,
mit Flüssigkeiten mit Dipolcharakter genannt. Hier besteht das Problem, daß durch
das Verpressen die Flüssigkeit aus dem dilatanten System zu einem großen Teil entfernt
wird und deshalb der gewünschte Effekt teilweise verloren geht. Wird dagegen ein leichtes
Verpressen mit weitgehendem Erhalt der Flüssigphase vorgenommen, so ist die Formstabilität
dieser Gebilde beim Tragen als Körperschutz völlig unzureichend.
[0012] Außerdem leidet bei Verwendung der in US 3 649 426 vorgeschlagenen dilatanten Systeme
als Körperschutz der Tragekomfort wegen der durch die verpressten Platten verursachten
Gewichtserhöhung. Darüberhinaus konnte, wie in dem Vergleichsbeispiel noch näher gezeigt
wird, nur ein geringer antiballistischer Effekt bei der hier vorgeschlagenen Ausführungsform
erzielt werden.
[0013] Die genannten Nachteile können umgangen werden, wenn einzelne Lagen des antiballistischen
Paketes und besonders eine oder mehrere Lagen des Traumapaketes aus einem Flächengebilde
bestehen, das mit organischen, Dilatanz verleihenden Produkten getränkt bzw. beladen
worden ist.
[0014] Das Phänomen der Dilatanz ist zur Zeit noch nicht ausreichend erklärbar. Im allgemeinen
versteht man darunter das Auftreten einer Verfestigung bzw. Volumenänderung einer
Substanz infolge einer plötzlichen mechanischen Beanspruchung, besonders bei Einwirkung
von Schubkräften oder nach Aufprägung eines Schergefälles, wobei Zeiteinflüsse oder
Zeiteffekte nicht meßbar sind.
[0015] Bei einer plötzlichen mechanischen Einwirkung, wie sie beim Aufprall eines Geschosses
entsteht, tritt aufgrund kombinierter Scher- und Kompressionsbeanspruchungen eine
Volumenänderung ein, die zu einer starken Erhöhung der übertragbaren Scherkräfte führt.
[0016] Unter Dilatanz verleihenden Substanzen sind im Sinne der Erfindung alle die Substanzen
zu verstehen, die bei einer plötzlichen mechanischen Einwirkung eine Verfestigung
bzw. Volumenänderung in der oben beschriebenen Weise aufweisen.
[0017] Die bekanntesten Beispiele dilatanter Systeme sind Mischungen von Quarzsand mit Wasser.
Zur Bildung der Flüssigphase wird häufig Wasser eingesetzt, aber auch andere Flüssigkeiten
mit Dipolcharakter können hierfür Verwendung finden. Wie in dem Vergleichsbeispiel
noch gezeigt wird, sind solche Systeme für den Körperschutz wenig geeignet.
[0018] Verbindungen mit dilatanten Eigenschaften sind auch unter den organischen Verbindungen
bekannt. Für dilatante Systeme geeignete Polymere sind Styrol oder dessen Derivate.
Besonders geeignet sind Copolymere des Styrol mit Acrylsäure oder Methacrylsäure bzw.
deren Ester. Daneben sind auch andere Copolymere des Styrol, der Polyacrylsäure- und
Polymethacrylsäureverbindungen für dieses Einsatzgebiet geeignet. Weitere Produkte
hierfür sind Polyvinylchlorid und Polyvinylidenchlorid sowie die jeweiligen Copolymeren.
[0019] Die hier aufgeführten Polymeren sind für die Herstellung der erfindungsgemäßen Materialien
gut geeignet. Die hier gemachte Aufzählung soll aber nur als Beispiel und nicht einschränkend
verstanden werden. Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Materialien einsetzbar sind
im Sinne der Erfindung alle organischen Verbindungen, die dem damit getränkten oder
beladenen Flächengebilde dilatante Eigenschaften geben.
[0020] Die Dilatanz verleihenden Polymeren werden bevorzugt in Form von Dispersionen auf
die zu Körperschutzkleidung zu verarbeitenden Flächengebilde aufgebracht. Diese Dispersionen,
die als Handelsprodukte erhältlich sind, enthalten häufig neben dem Polymeren und
Wasser noch zusätzlich weitere Produkte, zum Beispiel Alkylester der Phthalsäure.
[0021] Die für den Körperschutz vorgesehenen Flächengebilde, die ein Dilatanz verleihendes
Produkt enthalten, sind bevorzugt textile Flächengebilde mit einer guten Aufnahmefähigkeit
für Polymerdispersionen. Hierfür eignen sich Vliesstoffe besonders gut. Spinnvliese
oder aus Spinn- bzw. Kurzfasern erzeugte Vliesstoffe können gleichermaßen Verwendung
finden.
[0022] Bezüglich der Faserart für die Herstellung des Vliesstoffes bestehen keine Einschränkungen.
Gut geeignet sind Vliesstoffe aus Polyester- oder Polyamidfasern, aber auch Vliesstoffe
aus anderen synthetischen Fasern sowie aus nativen oder regenerierten Cellulosefasern
können Verwendung finden. Weiter kann als Fasermaterial für die Herstellung der Vliesstoffe
auch die im antiballistischen Körperschutz sehr häufig verwendete Aramidfaser, oft
auch als aromatische Polyamidfaser bezeichnet, eingesetzt werden. Eine weitere Faser
mit guter antiballistischer Wirksamkeit, die für die Herstellung eines solchen Vliesstoffes
Einsatz finden kann, ist die nach dem Gelspinnverfahren hergestellte Polyethylenfaser.
[0023] Außer Vliesstoffen, die als Trägermaterialien für das Dilatanz verleihende Produkt
zur Herstellung der erfindungsgemäßen Materialien bevorzugt Verwendung finden, können
auch andere textile Flächengebilde wie Gewebe, Maschenwaren, Fadengelege, Nähwirktextilien
und andere als Träger des Dilatanz verleihenden Produktes zum Einsatz kommen. Wichtig
ist, daß eine gute Aufnahmefähigkeit für die, das Dilatanz verleihende Produkt enthaltende
Dispersion gegeben ist. Darüberhinaus eignen sich als solche Trägermaterialien auch
nichttextile Flächengebilde wie beispielsweise Schaumstoffe. Die besten Ergebnisse
im Hinblick auf die antiballistische Wirksamkeit wurden mit Vliesstoffen als Träger
der Dilatanz aufweisenden Substanz erzielt. Diese erweisen sich auch wegen des normalerweise
geringen Ausgangsgewichtes für Schutzkleidung als besonders geeignet.
[0024] Das für die Aufnahme der Dilatanz verleihenden Dispersion vorgesehene Flächengebilde
wird mit der Dispersion getränkt und leicht abgequetscht. Da eine hohe Menge des Dilatanz
verleihenden Produktes auf dem Trägermaterial erforderlich ist, muß mit hohen Badkonzentrationen
gearbeitet werden. So wird beispielsweise ein Tauchbad für die Ausrüstung des Trägermaterials
mit etwa gleichen Teilen Wasser und handelsüblicher Dispersion des Dilatanz verleihenden
Produktes angesetzt. Je nach gewünschtem Effekt, nach Art der Aufbringung und nach
Feststoffgehalt der Dispersion des Dilatanz verleihenden Produktes kann das Verhältnis
von Wasser zur Dispersion des Dilatanz verleihenden Produktes im Behandlungsbad aber
beispielsweise auch zwischen 3:7 und 7:3 variieren. Die hier gemachten Zahlenangaben
sind, ebenso wie die weiter unten genannten Prozentzahlen, nur als Beispiele und nicht
einschränkend zu verstehen.
[0025] Für die Aufbringung des Dilatanz verleihenden Produktes auf das Trägermaterial sind
sogenannte Klotzverfahren, die kontinuierlich, beispielsweise auf einem Foulard, durchgeführt
werden können, besonders gut geeignet. Diese Verfahren sind in der Textilveredlung
allgemein bekannt. Eine besondere Variante sind Klotzverfahren, bei denen sich das
Behandlungsbad nicht in einem Chassis, sondern in einem von den Abquetschwalzen gebildeten
Zwickel befindet. Eine andere Möglichkeit der Aufbringung sind Pflatschverfahren,
die ebenfalls in der Textilveredlung gut bekannt sind.
[0026] Neben der Aufbringung aus einem Bad in herkömmlicher Form kann auch eine Schaumapplikation
erfolgen. Auch diese Methode ist in der Textilveredlung allgemein bekannt.
[0027] Nach der Aufbringung des Dilatanz verleihenden Produktes auf das Trägermaterial wird,
beispielsweise mit Hilfe eines Walzenpaares, wie dies auf einem Foulard vorhanden
ist, abgequetscht. Der Abquetschgrad nach der Naßbehandlung wird beispielsweise so
eingestellt, daß das ausgerüstete Trägermaterial nach dem Abquetschen noch ca. 30
- 70 % der aufgebrachten Dispersion enthält. Bei einer Badkonzentration von 50 % Dispersion
muß also hierbei die Gewichtszunahme des behandelten Trägermaterials nach dem Abquetschen
ca. 60 - 140 %, bezogen auf das trockene Trägermaterial, betragen.
[0028] Neben den bereits genannten sind aber noch andere Aufbringungsarten des Dilatanz
verleihenden Produktes auf das Trägermaterial möglich. So kann beispielweise auch
ein Aufsprühen oder Aufgiessen erfolgen. Auch hierbei kann mit den obengenannten Konzentrationen
gearbeitet werden.
[0029] Bei der Verwendung von Chemiefasern zur Herstellung der Trägermaterialien kann das
Dilatanz verleihende Produkt schon im Herstellungsprozeß der Faser, beispielsweise
zusammen mit der Präparation, auf die Faser aufgebracht werden.
[0030] Die mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüsteten Flächengebilde können naß
oder trocken in Schutzkleidung Verwendung finden. Die trockene Verwendung wird bevorzugt.
Hierzu ist es notwendig, das ausgerüstete Flächengebilde nach der Naßbehandlung zu
trocknen. Diese Trocknung sollte schonend, dies bedeutet, bei relativ niedrigen Temperaturen,
erfolgen. Die Trocknungstemperatur richtet sich nach der Art des eingesetzten Polymeren.
So darf zum Beispiel bei Polystyrol oder dessen Copolymeren die Trocknungstemperatur
80 °C nicht übersteigen.
[0031] Neben der bevorzugten Trockenverwendung der mit einem Dilatanz verleihenden Produkt
ausgerüsteten Flächengebilde ist auch eine Naßverwendung möglich. Hier finden die
gleichen Konzentrationen der Dispersion, die das Dilatanz verleihende Produkt enthält,
Anwendung wie bei der Trockenverwendung. Bei einer Naßverwendung muß das mit einem
Dilatanz verleihendem Produkt ausgerüstete Flächengebilde in eine wasserdampfdichte
Hülle, zum Beispiel eine Folie aus Polyethylen, eingeschweißt werden. In dieser Form
wird das mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüstete Flächengebilde als Lage
in das antiballistische Paket eingebracht.
[0032] Die mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüsteten Flächengebilde können in
vielfältiger Form im Körperschutz Verwendung finden. Eine bevorzugte Anwendung ist
der Einsatz dieser erfindungsgemäßen Materialien in antiballistischer Schutzkleidung,
besonders bevorzugt als Traumalage in antiballistischer Schutzkleidung. Solche antiballistische
Schutzkleidung wird beispielsweise in Form von Westen, häufig als Kugelschutzwesten
bezeichnet, getragen. In diesen Westen bildet die eigentliche Schutzschicht das sogenannte
antiballistische Paket, das häufig aus einer hohen Zahl übereinander liegender Lagen
von Geweben aus Aramidfasern, die miteinander vernäht, versteppt, verklebt oder verpreßt
sind, besteht. Pakete mit 28 solchen Lagen sind beispielsweise in Kugelschutzwesten
üblich.
[0033] Gemäß der üblichen Ausdrucksweise werden die miteinander versteppten oder vernähten
Lagen meist als Pakete bezeichnet, bei verpreßten oder verklebten Lagen wird oft von
Laminaten gesprochen. Der Ausdruck Paket kann aber auch als Dachbegriff für alle Verfestigungsarten
verstanden werden.
[0034] In solchen Westen kann beispielsweise ein mit einem Dilatanz verleihenden Produkt
ausgerüstetes Flächengebilde in das antiballistische Paket eingebracht werden, wobei
dieses Flächengebilde zum Beispiel eine von insgesamt 28 Lagen eines solchen Paketes
oder eine zusätzliche Lage bilden kann. Die restlichen Lagen bestehen beispielsweise
aus Geweben aus aromatischen Polyamidfasern mit einem Flächengewicht von ca. 200 g/m².
Die Erfindung ist aber nicht auf die Verwendung von nur einer Lage eines Flächengebildes,
das ein Dilatanz verleihendes Produkt enthält, beschränkt. Es können auch, je nach
gewünschtem Effekt, mehrere Lagen des antiballistischen Paketes aus diesen Flächengebilden
bestehen. Die Zahl der üblichen Gewebelagen kann bei Verwendung mehrerer Lagen von
Flächengebilden, die ein Dilatanz verleihendes Produkt enthalten, eventuell reduziert
werden.
[0035] Besonders bevorzugt wird das Flächengebilde, das ein Dilatanz verleihendes Produkt
enthält, im Traumapaket, das heißt in den dem Körper benachbarten Lagen des antiballistischen
Paketes, angeordnet. Bei Einsatz dieses Flächengebildes in den Traumalagen des antiballistischen
Paketes wirkt dieses als eine Art Schockabsorber. Der beim Aufprallen eines Geschosses
eintretende Traumaeffekt kann durch die körpernahe Anordnung eines mit einem Dilatanz
verleihenden Produkt ausgerüsteten Flächengebildes wesentlich verringert werden. Eine
gute antiballistische Wirksamkeit und eine Verringerung des Traumaeffektes wird aber
auch beobachtet, wenn das Flächengebilde, das ein Dilatanz verleihendes Produkt enthält,
in einer körperferneren Lage des antiballistischen Paketes angeordnet wird. So wird
beispielsweise ein besonders guter antiballistischer und Antitraumaeffekt dann erzielt,
wenn in dem Traumapaket und in einer körperferneren Lage je mindestens ein Flächengebilde
mit einem Dilatanz verleihendem Produkt angeordnet werden.
[0036] Die genannten speziellen Traumalagen sind besonders bei Schutzkleidung in Form von
kugelhemmenden Westen üblich. In gleicher Weise kann aber auch eine besondere Traumalage
bei einem Helm mit Hilfe eines Flächengebildes, das ein Dilatanz verleihendes Produkt
enthält, gebildet werden.
[0037] Die hier gemachten Angaben über die Anordnung der Lagen von Flächengebilden, die
ein Dilatanz verleihendes Produkt enthalten, gelten in gleicher Weise für die Trocken-
und für die Naßverwendung dieser Flächengebilde.
[0038] Eine besonders günstige Wirkung des mit einem Dilatanz verleihendem Produkt ausgerüsteten
Flächengebildes bei dessen Einsatz im Traumapaket wird dann beobachtet, wenn, von
außen gesehen, hinter dem Traumapaket noch eine sogenannte Stützlage Verwendung findet.
Diese Stützlage ist in einer besonders bevorzugten Ausführungsform ein Gewebe aus
Aramidfasern, wie es auch im antiballistischen Paket selbst Verwendung findet. In
gleicher Weise können aber auch andere Gewebe aus hochfesten Fasern, besonders aus
Fasern mit antiballistischer Wirksamkeit, als Stützlage Verwendung finden. Neben Geweben
aus Aramidfasern sind hierfür besonders Gewebe aus hochfesten Polyethylenfasern, die
nach dem Gelspinnverfahren ersponnen wurden, geeignet. Aber auch Gewebe aus anderen
Fasern wie Kohlenstoff-Fasern, Polyesterfasern oder Polyamidfasern können als Stützlage
eingesetzt werden. Neben Geweben können auch andere textile Flächengebilde als Stützlage
Verwendung finden.
[0039] Das als Stützlage vorgehene Flächengebilde, beispielsweise ein Gewebe aus Aramidfasern,
ist üblicherweise nicht mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüstet. Es ist
aber möglich, auch das Flächengebilde der Stützlage mit einem solchen Produkt auszurüsten.
[0040] Das erfindungsgemäße Material eignet sich aufgrund der geschilderten Vorteile besonders
für kugel- und splitterhemmende Westen sowie für entsprechende Schutzanzüge. Es kann
aber in gleicher Weise auch für antiballistisch wirksame Helme Verwendung finden.
[0041] Eine weitere Verwendungsmöglichkeit ist der Einsatz des erfindungsgemäßen Materials
für Schlagschutzkleidung, wie sie teilweise bei Sportlern, aber auch als Berufssicherheitskleidung,
Verwendung findet. Hier kommt das Phänomen der Dilatanz in ähnlicher Weise zur Auswirkung
wie bei der antiballistischen Schutzkleidung.
[0042] Wie gezeigt wurde und wie dies die Ausführungsbeispiele noch weiter belegen, wird
mit dem erfindungsgemäßen Material eine deutliche Schutzwirkung in Körperschutzkleidung
erzielt. Dies gilt in besonderem Maße für antiballistische Schutzkleidung, bei der
neben einer deutlich erhöhten Schutzwirkung keinerlei Beeinträchtigung des Tragekomforts
beobachtet wird. In ganz besonderer Weise hat sich das erfindungsgemäße Material als
Schockabsorber, also zur Verringerung des Traumaeffektes, im antiballistischen Paket
als geeignet erwiesen.
Vergleichsbeispiel
[0043] Bei diesem Beispiel wurde die in US-A 3 649 426 enthaltene Lehre für die Anwendung
im antiballistischen Körperschutz nachgearbeitet. Hierzu wurde die dort genannte Mischung
von 80 % Quarzsand, 16 % Glycerin und 4 % Wasser eingesetzt. Diese Mischung wurde
in Form eines 20 mm dicken Formkörpers in eine Hülle aus Polyethylenfolie eingebracht
und einem Beschußversuch unterzogen. Mit dieser Dicke wurde ein Maß gewählt, das einen
Extremfall bei antiballistischer Schutzkleidung darstellt. Normalerweise liegen die
Dicken der antiballistischen Lagen in Kugelschutzwesten zwischen 5 und 15 mm.
[0044] Der Beschuß des in eine Folie eingebrachten Formkörpers aus der genannten Mischung
erfolgte mit 9 mm Para-Munition. Schon bei einer Beschußgeschwindigkeit von 200 m/sec
wurde dieses Paket völlig durchschossen. Bei einem normalen antiballistischen Paket
aus beispielsweise 28 Lagen eines Aramidgewebes mit ca. 200 g/m² Flächengewicht tritt
der Durchschuß erst über 460 m/sec auf. Wird in diesem Paket aus 28 Lagen eine Lage
erfindungsgemäß durch ein mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüstetes Polyestervlies
ersetzt, so daß in dem antiballistischen Paket also 27 Lagen Aramidgewebe und eine
Lage eines mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüstetes Polyestervlieses
vorliegen, dann wird erst bei 510 m/sec ein Durchschuß beobachtet.
[0045] Dieses Ergebnis zeigt, daß das im Stand der Technik als Dilatanz verleihend vorgeschlagene
anorganische Material für den antiballistischen Körperschutz ungeeignet ist. Der gemäß
US-A 3 649 426 hergestellte Formkörper zeigt in einer Dicke, die deutlich über der
des antiballistischen Paketes aus unausgerüsteten Aramidgeweben liegt, völlig unbefriedigende
antiballistische Eigenschaften. Wegen der hohen Dicke des Formkörpers kann dessen
Kombination mit Aramidgeweben für antiballistische Schutzkleidung nicht in Frage kommen.
Ausführungsbeispiel 1
[0046] In diesem Beispiel wird die Ausrüstung eines Vliesstoffes mit einem Dilatanz verleihenden
Produkt beschrieben.
[0047] Zur Ausrüstung gelangte ein mittels eines Kardierverfahrens hergestelltes Vlies aus
Polyester-Spinnfasern mit einem Titer 3,3 dtex und einer Schnittlänge von 60 mm, das
mit einem Vliesbinder verfestigt worden war. Das Flächengewicht des Vlieses betrug
102 g/m². Dieses Vlies wurde auf einem Labor-Foulard ausgerüstet. Der Ansatz im Chassis
des Foulard enthielt 50 % einer handelsüblichen Dispersion eines Copolymeren auf der
Basis von Styrol und Ethylacrylat mit einem Zusatz von Diallylphthalat. Der Feststoffgehalt
der Dispersion betrug ca. 68 %, so daß sich im Badansatz ein Feststoffgehalt von ca.
34 % ergab.
[0048] Der Abquetschgrad wurde auf 120 % eingestellt, das heißt, daß das Gesamtgewicht des
Vlieses sich nach dem Abquetschen aus 1 Teil Vliesgewicht und 1,2 Teilen Wasser plus
Feststoff aus der Dispersion zusammensetzte. Anschließend wurde auf einem Labortrockner
bei 80 °C getrocknet. Nach dem Trocknen betrug das Flächengewicht 143 g/m².
Ausführungsbeispiel 2
[0049] Der gemäß Ausführungsbeispiel 1 ausgerüstete Vliesstoff wurde in eine Kugelschutzweste,
bestehend aus 28 Lagen eines Aramidgewebes mit einem Flächengewicht von 198 g/m²,
eingearbeitet, wobei der Vliesstoff die dem Körper zugewandte 29. und 30. Lage bildete.
Außerdem wurde eine weitere Lage eines nicht ausgerüsteten Aramidgewebes mit einem
Flächengewicht von 198 g/m² als 31. Lage hinter den beiden Vlieslagen als sogenannte
Stützlage angeordnet. Von außen nach innen ergab sich damit folgender Paketaufbau:
28 Lagen Aramidgewebe, 2 Lagen mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüsteter
Vliesstoff und 1 Lage eines Aramidgewebes als Stützlage.
[0050] Beim Beschußversuch mit 9 mm Para-Munition, die auch bei den nachfolgend aufgeführten
Beschußversuchen zur Anwendung kam, mit einer Beschußgeschwindigkeit von 420 m/sec
betrug die Eindringtiefe des Geschosses in Plastillin, das hinter dem antiballistischen
Paket angebracht wurde, 10 mm. Bei einem weiteren Beschußversuch dieser Kugelschutzweste
wurde die Beschußgeswchwindigkeit auf 510 m/sec erhöht. Hier betrug die Eindringtiefe
in Plastillin 14 mm.
[0051] Ein zum Vergleich durchgeführter Beschußversuch mit einem antiballistischen Paket,
lediglich aus 28 Lagen des obengenannten Aramidgewebes bestehend, ergab bei gleichen
Beschußbedingungen bei 420 m/sec Beschußgeschwindigkeit eine Eindringtiefe in Plastillin
von 38 mm. Bei 510 m/sec Beschußgeschwindigkeit trat ein Durchschuß ein.
[0052] Mit der Bestimmung der Eindringtiefe in eine Plastillin-Schicht wird eine Prüfung
des Traumaeffektes vorgenommen. Die Plastillin-Schicht wird hierbei hinter dem antiballistischen
Paket angeordnet. Die Eindringtiefe in Plastillin wird oft auch als Traumatiefe bezeichnet.
Die von den Behörden zugelassenen Traumatiefen liegen, in den einzelnen Ländern unterschiedlich,
zwischen 20 und 44 mm Eindringtiefe in Plastillin bei einer Beschußgeschwindigkeit
von zum Beispiel 420 m/sec.
[0053] Der hier beschriebene Versuch zeigt nicht nur eine deutliche Verringerung der Traumawirkung
durch Einsatz des erfindungsgemäßen Materials, sondern er zeigt auch, daß nur mit
der Verwendung des erfindungsgemäßen Materials in der Traumalage eines antiballistischen
Paketes die teilweise sehr strengen Forderungen im Hinblick auf die Traumatiefe erfüllt
werden können.
Ausführungsbeispiel 3
[0054] Dieses Beispiel zeigt die positive Auswirkung der Stützlage in einem antiballistischen
Paket. Hierzu wurde ein Paket aus 28 Lagen eines Aramidgewebes mit einem Flächengewicht
von 202 g/m² einem Beschußversuch bei einer Beschußgeschwindigkeit von 420 m/sec unterzogen.
Die Eindringtiefe in Plastillin betrug hierbei 37 mm.
[0055] Für den zweiten Beschußversuch wurden hinter dem Paket aus 28 Lagen eines Aramidgewebes
6 Lagen eines leichten, mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüsteten Polyestervlieses
angeordnet. Das Vlies hatte ein Flächengewicht von 118 g/m² nach der Ausrüstung (Flächengewicht
unausgerüstet 81 g/m²). Von außen nach innen zeigte das Paket also folgenden Aufbau:
28 Lagen Aramidgewebe und 6 Lagen Polyestervlies. Bei diesem Paket betrug die Eindringtiefe
beim Beschußversuch mit 420 m/sec Beschußgeschwindigkeit 13 mm.
[0056] Für den dritten Beschußversuch wurde zusätzlich hinter den Vlieslagen noch eine Lage
aus unausgerüstetem Aramidgewebe als sogenannte Stützlage angeordnet, so daß das Paket
von außen nach innen nun folgenden Aufbau zeigte: 28 Lagen Aramidgewebe, 6 Lagen mit
einem Dilatanz verleihendem Produkt ausgerüstetes Polyestervlies, 1 Lage Aramidgewebe
als Stützlage. Bei einem Beschußversuch mit 420 m/sec Beschußgeschwindigkeit betrug
die Eindringtiefe nur 6 mm.
1. Material für den Körperschutz, besonders für den antiballistischen Körperschutz, in
Form von ein- oder mehrlagigen Paketen oder Laminaten, dadurch gekennzeichnet, daß
mindestens eine der Lagen aus einem Flächengebilde, das ein organisches, Dilatanz
verleihendes Produkt enthält, besteht.
2. Material nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine Lage ein Vliesstoff
ist, der ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
3. Material nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine Lage ein Schaumstoff
ist, der ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
4. Material nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine Lage ein Gewebe
ist, das ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
5. Kugel- oder Splitterschutzkleidung, hergestellt aus einem mehrlagigen Material nach
mindestens einem der Ansprüche 1 - 4.
6. Kugel- oder Splitterschutzkleidung nach Anspruch 5, bei der die dem Körper des Trägers
benachbarten Lagen als Traumapaket ausgestaltet sind, dadurch gekennzeichnet, daß
mindestens eine Lage des Traumapaketes ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt
enthält.
7. Kugel- oder Splitterschutzkleidung nach Anspruch 5, bei der die dem Körper des Trägers
benachbarten Lagen als Traumapaket ausgestaltet sind, dadurch gekennzeichnet, daß
die dem Körper des Trägers nächste Lage eine Stützlage ist, die nicht mit einem organischen,
Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüstet ist und daß mindestens eine der danach nach
außen hin angeordneten Lagen ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
8. Kugel- oder Splitterschutzkleidung nach Anspruch 5, bei der die dem Körper des Trägers
benachbarten Lagen als Traumapaket ausgestaltet sind, dadurch gekennzeichnet, daß
die dem Körper des Trägers nächste Lage eine Stützlage ist, die ein Dilatanz verleihendes,
organisches Produkt enthält und daß mindestens eine der danach nach außen hin angeordneten
Lagen ebenfalls ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
9. Helm, hergestellt aus einem mehrlagigen Material nach mindestens einem der Ansprüche
1 - 4.
10. Helm nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine der körpernahen
Lagen ein Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
11. Schutzkleidung zum Schutz gegen Schlagverletzungen, hergestellt aus einem ein- oder
mehrlagigen Material nach mindestens einem der Ansprüche 1-4, dadurch gekennzeichnet,
daß mindestens eine Lage ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.