(19)
(11) EP 0 655 600 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
31.05.1995  Patentblatt  1995/22

(21) Anmeldenummer: 94118182.8

(22) Anmeldetag:  18.11.1994
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F41H 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IT LI NL SE

(30) Priorität: 25.11.1993 DE 4340172

(71) Anmelder: Akzo Nobel N.V.
NL-6824 BM Arnhem (NL)

(72) Erfinder:
  • Schuster, Dieter Hans Peter, Dr.
    D-42111 Wuppertal (DE)
  • Fels, Achim Gustav, Dr.
    D-42109 Wuppertal (DE)

(74) Vertreter: Fett, Günter et al
Akzo Nobel Faser AG, Kasinostrasse 19-21
D-42103 Wuppertal
D-42103 Wuppertal (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Material für antiballistischen Körperschutz


    (57) Material für den antiballistischen Körperschutz, das in einem ein- oder mehrlagigen Paket oder Laminat mindestens eine Lage eines Flächengebildes aufweist, das ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält. Dieses Flächengebilde eignet sich besonders für das Traumapaket im antiballistischen Paket. Durch das Flächengebilde mit einem Dilatanz verleihenden Produkt wird eine deutliche Verbesserung des antiballistischen Effektes und besonders eine Verringerung des Traumaeffektes erzielt. Das erfindungsgemäße Material findet besonders für geschoß- und splitterhemmende Westen sowie für entsprechende Helme Verwendung. Weiter kann das erfindungsgemäße Material für Schlagschutzkleidung Verwendung finden.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Material für den Körperschutz, besonders für den antiballistischen Körperschutz, in Form von ein- oder mehrlagigen Paketen oder Laminaten.

    [0002] Zum Schutz von Personen vor Schußverletzungen, die besonders durch die Einwirkung von Projektilen und Splittern, die mit hoher Geschwindigkeit auf den Körper auftreffen, entstehen, wurden zahlreiche Materialien und Konstruktionen vorgeschlagen. Unter den Materialien sind vor allem textile Flächengebilde, besonders Gewebe aus Aramidfasern, häufig anzutreffen. Die Konstruktionen betreffen besonders sogenannte antiballistische Pakete, das heißt, Pakete aus mehreren übereinander angeordneten dünnen Flächengebilden, vorwiegend Geweben, die miteinander verklebt, verpreßt, vernäht oder versteppt sind.

    [0003] Bei Materialien für den Personenschutz ist es wichtig, leichte Produkte mit einem möglichst guten Tragekomfort zur Verfügung zu stellen. Hier muß aber jeweils ein Kompromiß zwischen antiballistischer Wirksamkeit, d.h. Schutzwirkung für die zu schützende Person, und Tragekomfort eingegangen werden. So ist es bekannt, daß die Erhöhung der Lagenzahl oder die Erhöhung des Flächengewichtes der einzelnen Lagen in den meisten Fällen die Schutzwirkung verbessern kann. Dies führt aber zu schwerer antiballistischer Schutzkleidung und damit zu einem verschlechterten Tragekomfort.

    [0004] Eine besondere Bedeutung kommt beim Körperschutz dem sogenannten Traumapaket zu. Wenn auf ein auf dem Körper getragenes Schutzbekleidungsstück ein Geschoß aufprallt, so wird dieses zwar durch die Lagen des antiballistischen Paketes abgebremst, so daß es nicht in den Körper eindringen und Verletzungen des Trägers der Schutzkleidung verursachen kann. Durch den Aufprall des Geschosses entsteht aber eine Art Schockwirkung und daraus resultierend eventuell ein Trauma. Dieser Effekt soll durch das Traumapaket, das im antiballistischen Paket dem Körper benachbart angeordet ist, gedämpft und damit verringert werden.

    [0005] Für die Konstruktion dieses Traumapaketes wurden bereits verschiedene Ausführungsformen vorgeschlagen. So sieht GB-A 2 234 156 hierfür eine Schicht aus verformbarem Kunststoff, die an ein Gewebe aus antiballistisch wirksamen Material befestigt ist, vor.

    [0006] Ein in eine Gewebe-Umhüllung aus aliphatischen Polyamidfasern eingebrachtes Traumapaket aus einer Lage eines Gewebes aus antiballistischen wirksamen Fasern, einer Lage aus einem flexiblen, halbsteifen Polycarbonat und mehreren Lagen gut komprimierbaren Schaumstoffes wird in US 4 774 724 vorgeschlagen.

    [0007] Weiter finden auch gummierte und miteinander verpreßte Lagen von Geweben aus antiballistisch wirksamen Fasern als Traumapaket Verwendung.

    [0008] Die bisher vorgeschlagenen Ausführungsformen zur Verminderung des Trauma beim Auftreffen von Geschossen zeigen aber in den meisten Fällen nicht die gewünschte Wirksamkeit. Einige der vorgeschlagenen Problemlösungen verringern deutlich den Tragekomfort von Schutzkleidung, da die speziellen Antitraumalagen das Gewicht und die Dicke sowie vor allem die Steifigkeit von Schutzkleidung nicht unwesentlich erhöhen.

    [0009] Deshalb bestand die Aufgabe, Materialien für Schutzkleidung mit unverändertem oder geringerem Gewicht, mit höherer Flexibilität und mit verbesserter Antitraumawirksamkeit zu entwickeln.

    [0010] Überraschend wurde nun gefunden, daß diese Aufgabe in besonders vorteilhafter Weise gelöst werden kann, wenn in antiballistischer Schutzkleidung eine oder mehrere Lagen des antiballistischen Paketes und besonders des Traumapaketes aus Flächengebilden bestehen, die ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthalten.

    [0011] Der Einsatz dilatanter Materialien in der Ballistik wurde bereits in US 3 649 426 beschrieben. Dort werden unter anderem für den Körperschutz Flächengebilde vorgeschlagen, die durch Verpressen dilatanter Mischungen entstehen. Als solche werden Mischungen von anorganischen Materialien, wie beispielsweise Metalloxiden oder Siliciumdioxidpulver, mit Flüssigkeiten mit Dipolcharakter genannt. Hier besteht das Problem, daß durch das Verpressen die Flüssigkeit aus dem dilatanten System zu einem großen Teil entfernt wird und deshalb der gewünschte Effekt teilweise verloren geht. Wird dagegen ein leichtes Verpressen mit weitgehendem Erhalt der Flüssigphase vorgenommen, so ist die Formstabilität dieser Gebilde beim Tragen als Körperschutz völlig unzureichend.

    [0012] Außerdem leidet bei Verwendung der in US 3 649 426 vorgeschlagenen dilatanten Systeme als Körperschutz der Tragekomfort wegen der durch die verpressten Platten verursachten Gewichtserhöhung. Darüberhinaus konnte, wie in dem Vergleichsbeispiel noch näher gezeigt wird, nur ein geringer antiballistischer Effekt bei der hier vorgeschlagenen Ausführungsform erzielt werden.

    [0013] Die genannten Nachteile können umgangen werden, wenn einzelne Lagen des antiballistischen Paketes und besonders eine oder mehrere Lagen des Traumapaketes aus einem Flächengebilde bestehen, das mit organischen, Dilatanz verleihenden Produkten getränkt bzw. beladen worden ist.

    [0014] Das Phänomen der Dilatanz ist zur Zeit noch nicht ausreichend erklärbar. Im allgemeinen versteht man darunter das Auftreten einer Verfestigung bzw. Volumenänderung einer Substanz infolge einer plötzlichen mechanischen Beanspruchung, besonders bei Einwirkung von Schubkräften oder nach Aufprägung eines Schergefälles, wobei Zeiteinflüsse oder Zeiteffekte nicht meßbar sind.

    [0015] Bei einer plötzlichen mechanischen Einwirkung, wie sie beim Aufprall eines Geschosses entsteht, tritt aufgrund kombinierter Scher- und Kompressionsbeanspruchungen eine Volumenänderung ein, die zu einer starken Erhöhung der übertragbaren Scherkräfte führt.

    [0016] Unter Dilatanz verleihenden Substanzen sind im Sinne der Erfindung alle die Substanzen zu verstehen, die bei einer plötzlichen mechanischen Einwirkung eine Verfestigung bzw. Volumenänderung in der oben beschriebenen Weise aufweisen.

    [0017] Die bekanntesten Beispiele dilatanter Systeme sind Mischungen von Quarzsand mit Wasser. Zur Bildung der Flüssigphase wird häufig Wasser eingesetzt, aber auch andere Flüssigkeiten mit Dipolcharakter können hierfür Verwendung finden. Wie in dem Vergleichsbeispiel noch gezeigt wird, sind solche Systeme für den Körperschutz wenig geeignet.

    [0018] Verbindungen mit dilatanten Eigenschaften sind auch unter den organischen Verbindungen bekannt. Für dilatante Systeme geeignete Polymere sind Styrol oder dessen Derivate. Besonders geeignet sind Copolymere des Styrol mit Acrylsäure oder Methacrylsäure bzw. deren Ester. Daneben sind auch andere Copolymere des Styrol, der Polyacrylsäure- und Polymethacrylsäureverbindungen für dieses Einsatzgebiet geeignet. Weitere Produkte hierfür sind Polyvinylchlorid und Polyvinylidenchlorid sowie die jeweiligen Copolymeren.

    [0019] Die hier aufgeführten Polymeren sind für die Herstellung der erfindungsgemäßen Materialien gut geeignet. Die hier gemachte Aufzählung soll aber nur als Beispiel und nicht einschränkend verstanden werden. Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Materialien einsetzbar sind im Sinne der Erfindung alle organischen Verbindungen, die dem damit getränkten oder beladenen Flächengebilde dilatante Eigenschaften geben.

    [0020] Die Dilatanz verleihenden Polymeren werden bevorzugt in Form von Dispersionen auf die zu Körperschutzkleidung zu verarbeitenden Flächengebilde aufgebracht. Diese Dispersionen, die als Handelsprodukte erhältlich sind, enthalten häufig neben dem Polymeren und Wasser noch zusätzlich weitere Produkte, zum Beispiel Alkylester der Phthalsäure.

    [0021] Die für den Körperschutz vorgesehenen Flächengebilde, die ein Dilatanz verleihendes Produkt enthalten, sind bevorzugt textile Flächengebilde mit einer guten Aufnahmefähigkeit für Polymerdispersionen. Hierfür eignen sich Vliesstoffe besonders gut. Spinnvliese oder aus Spinn- bzw. Kurzfasern erzeugte Vliesstoffe können gleichermaßen Verwendung finden.

    [0022] Bezüglich der Faserart für die Herstellung des Vliesstoffes bestehen keine Einschränkungen. Gut geeignet sind Vliesstoffe aus Polyester- oder Polyamidfasern, aber auch Vliesstoffe aus anderen synthetischen Fasern sowie aus nativen oder regenerierten Cellulosefasern können Verwendung finden. Weiter kann als Fasermaterial für die Herstellung der Vliesstoffe auch die im antiballistischen Körperschutz sehr häufig verwendete Aramidfaser, oft auch als aromatische Polyamidfaser bezeichnet, eingesetzt werden. Eine weitere Faser mit guter antiballistischer Wirksamkeit, die für die Herstellung eines solchen Vliesstoffes Einsatz finden kann, ist die nach dem Gelspinnverfahren hergestellte Polyethylenfaser.

    [0023] Außer Vliesstoffen, die als Trägermaterialien für das Dilatanz verleihende Produkt zur Herstellung der erfindungsgemäßen Materialien bevorzugt Verwendung finden, können auch andere textile Flächengebilde wie Gewebe, Maschenwaren, Fadengelege, Nähwirktextilien und andere als Träger des Dilatanz verleihenden Produktes zum Einsatz kommen. Wichtig ist, daß eine gute Aufnahmefähigkeit für die, das Dilatanz verleihende Produkt enthaltende Dispersion gegeben ist. Darüberhinaus eignen sich als solche Trägermaterialien auch nichttextile Flächengebilde wie beispielsweise Schaumstoffe. Die besten Ergebnisse im Hinblick auf die antiballistische Wirksamkeit wurden mit Vliesstoffen als Träger der Dilatanz aufweisenden Substanz erzielt. Diese erweisen sich auch wegen des normalerweise geringen Ausgangsgewichtes für Schutzkleidung als besonders geeignet.

    [0024] Das für die Aufnahme der Dilatanz verleihenden Dispersion vorgesehene Flächengebilde wird mit der Dispersion getränkt und leicht abgequetscht. Da eine hohe Menge des Dilatanz verleihenden Produktes auf dem Trägermaterial erforderlich ist, muß mit hohen Badkonzentrationen gearbeitet werden. So wird beispielsweise ein Tauchbad für die Ausrüstung des Trägermaterials mit etwa gleichen Teilen Wasser und handelsüblicher Dispersion des Dilatanz verleihenden Produktes angesetzt. Je nach gewünschtem Effekt, nach Art der Aufbringung und nach Feststoffgehalt der Dispersion des Dilatanz verleihenden Produktes kann das Verhältnis von Wasser zur Dispersion des Dilatanz verleihenden Produktes im Behandlungsbad aber beispielsweise auch zwischen 3:7 und 7:3 variieren. Die hier gemachten Zahlenangaben sind, ebenso wie die weiter unten genannten Prozentzahlen, nur als Beispiele und nicht einschränkend zu verstehen.

    [0025] Für die Aufbringung des Dilatanz verleihenden Produktes auf das Trägermaterial sind sogenannte Klotzverfahren, die kontinuierlich, beispielsweise auf einem Foulard, durchgeführt werden können, besonders gut geeignet. Diese Verfahren sind in der Textilveredlung allgemein bekannt. Eine besondere Variante sind Klotzverfahren, bei denen sich das Behandlungsbad nicht in einem Chassis, sondern in einem von den Abquetschwalzen gebildeten Zwickel befindet. Eine andere Möglichkeit der Aufbringung sind Pflatschverfahren, die ebenfalls in der Textilveredlung gut bekannt sind.

    [0026] Neben der Aufbringung aus einem Bad in herkömmlicher Form kann auch eine Schaumapplikation erfolgen. Auch diese Methode ist in der Textilveredlung allgemein bekannt.

    [0027] Nach der Aufbringung des Dilatanz verleihenden Produktes auf das Trägermaterial wird, beispielsweise mit Hilfe eines Walzenpaares, wie dies auf einem Foulard vorhanden ist, abgequetscht. Der Abquetschgrad nach der Naßbehandlung wird beispielsweise so eingestellt, daß das ausgerüstete Trägermaterial nach dem Abquetschen noch ca. 30 - 70 % der aufgebrachten Dispersion enthält. Bei einer Badkonzentration von 50 % Dispersion muß also hierbei die Gewichtszunahme des behandelten Trägermaterials nach dem Abquetschen ca. 60 - 140 %, bezogen auf das trockene Trägermaterial, betragen.

    [0028] Neben den bereits genannten sind aber noch andere Aufbringungsarten des Dilatanz verleihenden Produktes auf das Trägermaterial möglich. So kann beispielweise auch ein Aufsprühen oder Aufgiessen erfolgen. Auch hierbei kann mit den obengenannten Konzentrationen gearbeitet werden.

    [0029] Bei der Verwendung von Chemiefasern zur Herstellung der Trägermaterialien kann das Dilatanz verleihende Produkt schon im Herstellungsprozeß der Faser, beispielsweise zusammen mit der Präparation, auf die Faser aufgebracht werden.

    [0030] Die mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüsteten Flächengebilde können naß oder trocken in Schutzkleidung Verwendung finden. Die trockene Verwendung wird bevorzugt. Hierzu ist es notwendig, das ausgerüstete Flächengebilde nach der Naßbehandlung zu trocknen. Diese Trocknung sollte schonend, dies bedeutet, bei relativ niedrigen Temperaturen, erfolgen. Die Trocknungstemperatur richtet sich nach der Art des eingesetzten Polymeren. So darf zum Beispiel bei Polystyrol oder dessen Copolymeren die Trocknungstemperatur 80 °C nicht übersteigen.

    [0031] Neben der bevorzugten Trockenverwendung der mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüsteten Flächengebilde ist auch eine Naßverwendung möglich. Hier finden die gleichen Konzentrationen der Dispersion, die das Dilatanz verleihende Produkt enthält, Anwendung wie bei der Trockenverwendung. Bei einer Naßverwendung muß das mit einem Dilatanz verleihendem Produkt ausgerüstete Flächengebilde in eine wasserdampfdichte Hülle, zum Beispiel eine Folie aus Polyethylen, eingeschweißt werden. In dieser Form wird das mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüstete Flächengebilde als Lage in das antiballistische Paket eingebracht.

    [0032] Die mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüsteten Flächengebilde können in vielfältiger Form im Körperschutz Verwendung finden. Eine bevorzugte Anwendung ist der Einsatz dieser erfindungsgemäßen Materialien in antiballistischer Schutzkleidung, besonders bevorzugt als Traumalage in antiballistischer Schutzkleidung. Solche antiballistische Schutzkleidung wird beispielsweise in Form von Westen, häufig als Kugelschutzwesten bezeichnet, getragen. In diesen Westen bildet die eigentliche Schutzschicht das sogenannte antiballistische Paket, das häufig aus einer hohen Zahl übereinander liegender Lagen von Geweben aus Aramidfasern, die miteinander vernäht, versteppt, verklebt oder verpreßt sind, besteht. Pakete mit 28 solchen Lagen sind beispielsweise in Kugelschutzwesten üblich.

    [0033] Gemäß der üblichen Ausdrucksweise werden die miteinander versteppten oder vernähten Lagen meist als Pakete bezeichnet, bei verpreßten oder verklebten Lagen wird oft von Laminaten gesprochen. Der Ausdruck Paket kann aber auch als Dachbegriff für alle Verfestigungsarten verstanden werden.

    [0034] In solchen Westen kann beispielsweise ein mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüstetes Flächengebilde in das antiballistische Paket eingebracht werden, wobei dieses Flächengebilde zum Beispiel eine von insgesamt 28 Lagen eines solchen Paketes oder eine zusätzliche Lage bilden kann. Die restlichen Lagen bestehen beispielsweise aus Geweben aus aromatischen Polyamidfasern mit einem Flächengewicht von ca. 200 g/m². Die Erfindung ist aber nicht auf die Verwendung von nur einer Lage eines Flächengebildes, das ein Dilatanz verleihendes Produkt enthält, beschränkt. Es können auch, je nach gewünschtem Effekt, mehrere Lagen des antiballistischen Paketes aus diesen Flächengebilden bestehen. Die Zahl der üblichen Gewebelagen kann bei Verwendung mehrerer Lagen von Flächengebilden, die ein Dilatanz verleihendes Produkt enthalten, eventuell reduziert werden.

    [0035] Besonders bevorzugt wird das Flächengebilde, das ein Dilatanz verleihendes Produkt enthält, im Traumapaket, das heißt in den dem Körper benachbarten Lagen des antiballistischen Paketes, angeordnet. Bei Einsatz dieses Flächengebildes in den Traumalagen des antiballistischen Paketes wirkt dieses als eine Art Schockabsorber. Der beim Aufprallen eines Geschosses eintretende Traumaeffekt kann durch die körpernahe Anordnung eines mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüsteten Flächengebildes wesentlich verringert werden. Eine gute antiballistische Wirksamkeit und eine Verringerung des Traumaeffektes wird aber auch beobachtet, wenn das Flächengebilde, das ein Dilatanz verleihendes Produkt enthält, in einer körperferneren Lage des antiballistischen Paketes angeordnet wird. So wird beispielsweise ein besonders guter antiballistischer und Antitraumaeffekt dann erzielt, wenn in dem Traumapaket und in einer körperferneren Lage je mindestens ein Flächengebilde mit einem Dilatanz verleihendem Produkt angeordnet werden.

    [0036] Die genannten speziellen Traumalagen sind besonders bei Schutzkleidung in Form von kugelhemmenden Westen üblich. In gleicher Weise kann aber auch eine besondere Traumalage bei einem Helm mit Hilfe eines Flächengebildes, das ein Dilatanz verleihendes Produkt enthält, gebildet werden.

    [0037] Die hier gemachten Angaben über die Anordnung der Lagen von Flächengebilden, die ein Dilatanz verleihendes Produkt enthalten, gelten in gleicher Weise für die Trocken- und für die Naßverwendung dieser Flächengebilde.

    [0038] Eine besonders günstige Wirkung des mit einem Dilatanz verleihendem Produkt ausgerüsteten Flächengebildes bei dessen Einsatz im Traumapaket wird dann beobachtet, wenn, von außen gesehen, hinter dem Traumapaket noch eine sogenannte Stützlage Verwendung findet. Diese Stützlage ist in einer besonders bevorzugten Ausführungsform ein Gewebe aus Aramidfasern, wie es auch im antiballistischen Paket selbst Verwendung findet. In gleicher Weise können aber auch andere Gewebe aus hochfesten Fasern, besonders aus Fasern mit antiballistischer Wirksamkeit, als Stützlage Verwendung finden. Neben Geweben aus Aramidfasern sind hierfür besonders Gewebe aus hochfesten Polyethylenfasern, die nach dem Gelspinnverfahren ersponnen wurden, geeignet. Aber auch Gewebe aus anderen Fasern wie Kohlenstoff-Fasern, Polyesterfasern oder Polyamidfasern können als Stützlage eingesetzt werden. Neben Geweben können auch andere textile Flächengebilde als Stützlage Verwendung finden.

    [0039] Das als Stützlage vorgehene Flächengebilde, beispielsweise ein Gewebe aus Aramidfasern, ist üblicherweise nicht mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüstet. Es ist aber möglich, auch das Flächengebilde der Stützlage mit einem solchen Produkt auszurüsten.

    [0040] Das erfindungsgemäße Material eignet sich aufgrund der geschilderten Vorteile besonders für kugel- und splitterhemmende Westen sowie für entsprechende Schutzanzüge. Es kann aber in gleicher Weise auch für antiballistisch wirksame Helme Verwendung finden.

    [0041] Eine weitere Verwendungsmöglichkeit ist der Einsatz des erfindungsgemäßen Materials für Schlagschutzkleidung, wie sie teilweise bei Sportlern, aber auch als Berufssicherheitskleidung, Verwendung findet. Hier kommt das Phänomen der Dilatanz in ähnlicher Weise zur Auswirkung wie bei der antiballistischen Schutzkleidung.

    [0042] Wie gezeigt wurde und wie dies die Ausführungsbeispiele noch weiter belegen, wird mit dem erfindungsgemäßen Material eine deutliche Schutzwirkung in Körperschutzkleidung erzielt. Dies gilt in besonderem Maße für antiballistische Schutzkleidung, bei der neben einer deutlich erhöhten Schutzwirkung keinerlei Beeinträchtigung des Tragekomforts beobachtet wird. In ganz besonderer Weise hat sich das erfindungsgemäße Material als Schockabsorber, also zur Verringerung des Traumaeffektes, im antiballistischen Paket als geeignet erwiesen.

    Vergleichsbeispiel



    [0043] Bei diesem Beispiel wurde die in US-A 3 649 426 enthaltene Lehre für die Anwendung im antiballistischen Körperschutz nachgearbeitet. Hierzu wurde die dort genannte Mischung von 80 % Quarzsand, 16 % Glycerin und 4 % Wasser eingesetzt. Diese Mischung wurde in Form eines 20 mm dicken Formkörpers in eine Hülle aus Polyethylenfolie eingebracht und einem Beschußversuch unterzogen. Mit dieser Dicke wurde ein Maß gewählt, das einen Extremfall bei antiballistischer Schutzkleidung darstellt. Normalerweise liegen die Dicken der antiballistischen Lagen in Kugelschutzwesten zwischen 5 und 15 mm.

    [0044] Der Beschuß des in eine Folie eingebrachten Formkörpers aus der genannten Mischung erfolgte mit 9 mm Para-Munition. Schon bei einer Beschußgeschwindigkeit von 200 m/sec wurde dieses Paket völlig durchschossen. Bei einem normalen antiballistischen Paket aus beispielsweise 28 Lagen eines Aramidgewebes mit ca. 200 g/m² Flächengewicht tritt der Durchschuß erst über 460 m/sec auf. Wird in diesem Paket aus 28 Lagen eine Lage erfindungsgemäß durch ein mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüstetes Polyestervlies ersetzt, so daß in dem antiballistischen Paket also 27 Lagen Aramidgewebe und eine Lage eines mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüstetes Polyestervlieses vorliegen, dann wird erst bei 510 m/sec ein Durchschuß beobachtet.

    [0045] Dieses Ergebnis zeigt, daß das im Stand der Technik als Dilatanz verleihend vorgeschlagene anorganische Material für den antiballistischen Körperschutz ungeeignet ist. Der gemäß US-A 3 649 426 hergestellte Formkörper zeigt in einer Dicke, die deutlich über der des antiballistischen Paketes aus unausgerüsteten Aramidgeweben liegt, völlig unbefriedigende antiballistische Eigenschaften. Wegen der hohen Dicke des Formkörpers kann dessen Kombination mit Aramidgeweben für antiballistische Schutzkleidung nicht in Frage kommen.

    Ausführungsbeispiel 1



    [0046] In diesem Beispiel wird die Ausrüstung eines Vliesstoffes mit einem Dilatanz verleihenden Produkt beschrieben.

    [0047] Zur Ausrüstung gelangte ein mittels eines Kardierverfahrens hergestelltes Vlies aus Polyester-Spinnfasern mit einem Titer 3,3 dtex und einer Schnittlänge von 60 mm, das mit einem Vliesbinder verfestigt worden war. Das Flächengewicht des Vlieses betrug 102 g/m². Dieses Vlies wurde auf einem Labor-Foulard ausgerüstet. Der Ansatz im Chassis des Foulard enthielt 50 % einer handelsüblichen Dispersion eines Copolymeren auf der Basis von Styrol und Ethylacrylat mit einem Zusatz von Diallylphthalat. Der Feststoffgehalt der Dispersion betrug ca. 68 %, so daß sich im Badansatz ein Feststoffgehalt von ca. 34 % ergab.

    [0048] Der Abquetschgrad wurde auf 120 % eingestellt, das heißt, daß das Gesamtgewicht des Vlieses sich nach dem Abquetschen aus 1 Teil Vliesgewicht und 1,2 Teilen Wasser plus Feststoff aus der Dispersion zusammensetzte. Anschließend wurde auf einem Labortrockner bei 80 °C getrocknet. Nach dem Trocknen betrug das Flächengewicht 143 g/m².

    Ausführungsbeispiel 2



    [0049] Der gemäß Ausführungsbeispiel 1 ausgerüstete Vliesstoff wurde in eine Kugelschutzweste, bestehend aus 28 Lagen eines Aramidgewebes mit einem Flächengewicht von 198 g/m², eingearbeitet, wobei der Vliesstoff die dem Körper zugewandte 29. und 30. Lage bildete. Außerdem wurde eine weitere Lage eines nicht ausgerüsteten Aramidgewebes mit einem Flächengewicht von 198 g/m² als 31. Lage hinter den beiden Vlieslagen als sogenannte Stützlage angeordnet. Von außen nach innen ergab sich damit folgender Paketaufbau: 28 Lagen Aramidgewebe, 2 Lagen mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüsteter Vliesstoff und 1 Lage eines Aramidgewebes als Stützlage.

    [0050] Beim Beschußversuch mit 9 mm Para-Munition, die auch bei den nachfolgend aufgeführten Beschußversuchen zur Anwendung kam, mit einer Beschußgeschwindigkeit von 420 m/sec betrug die Eindringtiefe des Geschosses in Plastillin, das hinter dem antiballistischen Paket angebracht wurde, 10 mm. Bei einem weiteren Beschußversuch dieser Kugelschutzweste wurde die Beschußgeswchwindigkeit auf 510 m/sec erhöht. Hier betrug die Eindringtiefe in Plastillin 14 mm.

    [0051] Ein zum Vergleich durchgeführter Beschußversuch mit einem antiballistischen Paket, lediglich aus 28 Lagen des obengenannten Aramidgewebes bestehend, ergab bei gleichen Beschußbedingungen bei 420 m/sec Beschußgeschwindigkeit eine Eindringtiefe in Plastillin von 38 mm. Bei 510 m/sec Beschußgeschwindigkeit trat ein Durchschuß ein.

    [0052] Mit der Bestimmung der Eindringtiefe in eine Plastillin-Schicht wird eine Prüfung des Traumaeffektes vorgenommen. Die Plastillin-Schicht wird hierbei hinter dem antiballistischen Paket angeordnet. Die Eindringtiefe in Plastillin wird oft auch als Traumatiefe bezeichnet. Die von den Behörden zugelassenen Traumatiefen liegen, in den einzelnen Ländern unterschiedlich, zwischen 20 und 44 mm Eindringtiefe in Plastillin bei einer Beschußgeschwindigkeit von zum Beispiel 420 m/sec.

    [0053] Der hier beschriebene Versuch zeigt nicht nur eine deutliche Verringerung der Traumawirkung durch Einsatz des erfindungsgemäßen Materials, sondern er zeigt auch, daß nur mit der Verwendung des erfindungsgemäßen Materials in der Traumalage eines antiballistischen Paketes die teilweise sehr strengen Forderungen im Hinblick auf die Traumatiefe erfüllt werden können.

    Ausführungsbeispiel 3



    [0054] Dieses Beispiel zeigt die positive Auswirkung der Stützlage in einem antiballistischen Paket. Hierzu wurde ein Paket aus 28 Lagen eines Aramidgewebes mit einem Flächengewicht von 202 g/m² einem Beschußversuch bei einer Beschußgeschwindigkeit von 420 m/sec unterzogen. Die Eindringtiefe in Plastillin betrug hierbei 37 mm.

    [0055] Für den zweiten Beschußversuch wurden hinter dem Paket aus 28 Lagen eines Aramidgewebes 6 Lagen eines leichten, mit einem Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüsteten Polyestervlieses angeordnet. Das Vlies hatte ein Flächengewicht von 118 g/m² nach der Ausrüstung (Flächengewicht unausgerüstet 81 g/m²). Von außen nach innen zeigte das Paket also folgenden Aufbau: 28 Lagen Aramidgewebe und 6 Lagen Polyestervlies. Bei diesem Paket betrug die Eindringtiefe beim Beschußversuch mit 420 m/sec Beschußgeschwindigkeit 13 mm.

    [0056] Für den dritten Beschußversuch wurde zusätzlich hinter den Vlieslagen noch eine Lage aus unausgerüstetem Aramidgewebe als sogenannte Stützlage angeordnet, so daß das Paket von außen nach innen nun folgenden Aufbau zeigte: 28 Lagen Aramidgewebe, 6 Lagen mit einem Dilatanz verleihendem Produkt ausgerüstetes Polyestervlies, 1 Lage Aramidgewebe als Stützlage. Bei einem Beschußversuch mit 420 m/sec Beschußgeschwindigkeit betrug die Eindringtiefe nur 6 mm.


    Ansprüche

    1. Material für den Körperschutz, besonders für den antiballistischen Körperschutz, in Form von ein- oder mehrlagigen Paketen oder Laminaten, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine der Lagen aus einem Flächengebilde, das ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält, besteht.
     
    2. Material nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine Lage ein Vliesstoff ist, der ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
     
    3. Material nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine Lage ein Schaumstoff ist, der ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
     
    4. Material nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine Lage ein Gewebe ist, das ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
     
    5. Kugel- oder Splitterschutzkleidung, hergestellt aus einem mehrlagigen Material nach mindestens einem der Ansprüche 1 - 4.
     
    6. Kugel- oder Splitterschutzkleidung nach Anspruch 5, bei der die dem Körper des Trägers benachbarten Lagen als Traumapaket ausgestaltet sind, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine Lage des Traumapaketes ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
     
    7. Kugel- oder Splitterschutzkleidung nach Anspruch 5, bei der die dem Körper des Trägers benachbarten Lagen als Traumapaket ausgestaltet sind, dadurch gekennzeichnet, daß die dem Körper des Trägers nächste Lage eine Stützlage ist, die nicht mit einem organischen, Dilatanz verleihenden Produkt ausgerüstet ist und daß mindestens eine der danach nach außen hin angeordneten Lagen ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
     
    8. Kugel- oder Splitterschutzkleidung nach Anspruch 5, bei der die dem Körper des Trägers benachbarten Lagen als Traumapaket ausgestaltet sind, dadurch gekennzeichnet, daß die dem Körper des Trägers nächste Lage eine Stützlage ist, die ein Dilatanz verleihendes, organisches Produkt enthält und daß mindestens eine der danach nach außen hin angeordneten Lagen ebenfalls ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
     
    9. Helm, hergestellt aus einem mehrlagigen Material nach mindestens einem der Ansprüche 1 - 4.
     
    10. Helm nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine der körpernahen Lagen ein Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
     
    11. Schutzkleidung zum Schutz gegen Schlagverletzungen, hergestellt aus einem ein- oder mehrlagigen Material nach mindestens einem der Ansprüche 1-4, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine Lage ein organisches, Dilatanz verleihendes Produkt enthält.
     





    Recherchenbericht