[0001] Die Erfindung betrifft einen Perkussionszündsatz zur Initiierung einer Treibladung
in einer Handfeuerwaffe, wobei der Zündsatz aus wenigstens je einem Reduktions- und
Oxidationsmittel besteht und wenigstens ein Bindemittel enthält, ein Verfahren zu
dessen Herstellung sowie eine Verwendung des Zündsatzes.
[0002] Die im Oberbegriff genannte Treibladung entspricht den ebenfalls üblichen Bezeichnungen
"Schiesspulver" (engl. powder, gun propellant) oder Treibmittel, könnte aber auch
ein pyrotechnischer Satz sein.
[0003] Aus der AT -PS- 370 403 sind Zünd- und Anzündsätze gemäss dem Oberbegriff bekannt,
welche Schwermetallsalze von aromatischen Nitroverbindungen enthalten. Solche Zündsätze
entwickeln gesundheitsschädliche Gase, vor allem wenn sie in geschlossenen Räumen
zu Übungszwecken verwendet werden.
[0004] Andere, aus dem Stand der Technik bekannte, Initialsprengstoffe enthalten toxische
Schwermetalle wie Antimon, Barium, Blei, Quecksilber und dgl. sind heute wegen ihren
Emissionen und Rückständen in Schiessanlagen nicht mehr erwünscht. Dies gilt auch
für zinkhaltige pyrotechnische Elemente. Andererseits sind für diesen Zweck bekannte
organische Stickstoffverbindungen wie Diazoverbindungen, Triazole, Tetrazole oder
dgl. ihrer karzinogenen Eigenschaften wegen nicht unbedenklich. Dies trifft sowohl
auf den Zündstoff als auch auf seine Zersetzungsprodukte zu.
[0005] Aufgabe der Erfindung ist es, einen schadstofffreien Zündsatz zu schaffen und ohne
Ereignisse herzustellen, der frei ist von schädlichen Emissionen.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass im Zündsatz
- das Reduktionsmittel aus einem pulverförmigen, aktivierten Sondermetall und
- das Oxidationsmittel aus zwei Sauerstoffträgern mit verschieden hohen Oxidationspotentialen
besteht
und dass
- dieser Zündsatz mit wenigstens einem Sekundärsprengstoff und einem Bindemittel kombiniert
ist.
[0007] Unter dem in Patentanspruch aufgeführten Sekundärsprengstoff wird ein bei seiner
Deflagration energieliefernde Sprengstoff verstanden.
[0008] Ein wesentlicher Vorteil der Erfindung besteht darin, dass Reduktionsmittel und Oxidationsmittel
ausschliesslich aus anorganischen Verbindungen bestehen. Ihre Reaktionsprodukte sind
daher im Gegensatz zu nach dem Stande der Technik nicht karzinogen.
[0009] Das Verfahren zur Herstellung des erfindungsgemässen Perkussionszündsatzes besteht
darin, dass aktiviertes und temporär phlegmatisiertes Zirconiumpulver mit einem organischen
Lösungsmittel gespült wird und dass dieses anschliessend mit den übrigen Komponenten
gemischt, geknetet, getrocknet und zu einem Zündelement verpresst wird.
[0010] In abhängigen Ansprüchen werden bevorzugte Weiterentwicklungen des Erfindungsgegenstandes
beansprucht.
[0011] Besonders bewährt hat sich als Reduktionsmittel nach Anspruch 2, das pulverisierte,
aktivierte Sondermetall Zirconium.
[0012] Als Oxidationsmittel mit höherem Reaktionspotential ist Mangandioxid gemäss Anspruch
3 bestens geeignet; es ist zudem sehr wirtschaftlich. Handelsübliches, aktiviertes
Mangandioxid, ist sehr reaktionsfreudig und sorgt für eine gute Verbrennung des insbesondere
als Sondermetall verwendeten Zirconiums; es wird dabei selbst zu metallischem Mangan
reduziert.
[0013] Als Sauerstoffträger mit niedrigerem Reaktionspotential hat sich gemäss Anspruch
4 Kaliumnitrat bestens bewährt. Sein Oxidationspotential ist, wie angeführt, um einiges
tiefer als das des Mangandioxids, somit gibt es seinen Sauerstoff erst frei, wenn
eine gewisse Energie aus der Reaktion des Zirconiums mit dem Mangandioxid aufgebaut
ist.
[0014] Nitrierte aliphatische Polyalkohole nach Anspruch 5, sind als Sekundärsprengstoffe
für einen von Schadstoffen freien Zündsatz geeignet, da sie lediglich zu Kohlenstoffdioxid,
Stickstoff oder Stickoxiden verbrennen.
[0015] Pentaerythrittetranitrat, nach Anspruch 6, auch als Nitropenta oder PETN bekannt,
wurde als Sekundärsprengstoff bevorzugt evaluiert.
[0016] Isopropanol und Aerosil, bilden im erweiterten Sinn das Bindemittel nach Anspruch
7. Dieses Bindemittel-Gemisch bildet einen pastösen Teig, welcher sich vorzüglich
als Träger-Medium für das als Sondermetall bevorzugte Zirconium und die Oxidationsmittel
eignet.
[0017] Das gemäss Anspruch 8 verwendete Aerosil könnte zwar eine Reibzündung bewirken, Versuche
zeigen jedoch eindeutig, dass der erfindungsgemässe Zündsatz bereits durch Schlag
gezündet wird.
[0018] Bewährt hat sich im Verfahren nach Anspruch 9 ein mehrmaliges Durchspülen des handelsüblichen,
mit Wasser phlegmatisiertem, Zirconiumpulver mittels einem organischen Lösungsmittels,
vorzugsweise Isopropanol, welches das Wasser physikalisch verdrängt.
[0019] Im weiteren wird die Zündsatzmasse nur soweit getrocknet, bis sie pastös ist und
wird danach in an sich bekannter Weise auf ein vorbereitetes Substrat aufgetragen
und darauf verpresst, sodass ein Zündelement entsteht.
[0020] Eine hygienisch und wirtschaftlich besonders interessante Verwendung des schadstoffreien
Zündsatzes ist in Anspruch 10 erwähnt.
[0021] Das erfindungsgemäss als Reduktionsmittel verwendete Zirconiumpulver (Spezifikation
CX) weist folgende Charakteristika auf:
- Schüttdichte |
1,25 g/cm³ |
- Zündpunkt |
180° C ± 10° C |
- Brennzeit |
7 ± 3 s/50 cm |
- Korngrösse 100% |
< 40 µm |
- Korngrösse nach Blaine |
1,7 µm ± 0,2 µm |
- Spez. Oberfläche |
1,8 m²/g |
- Oxidationswert |
30,5 % ± 0,5 % (Gewichtszunahme bei der Verbrennung) |
[0022] Das verwendete Zirconiumpulver ist an sich bekannt; es wird bisher in der Pyrotechnik
verwendet zur Herstellung von reaktionsfähigen Zündmassen sowie in der Fertigung von
Fotoblitzwürfeln.
[0023] Der Ablauf des Zündvorganges unter Verwendung des Zündsatzes gemäss der Erfindung
kann wie nachfolgend beschrieben dargestellt werden:
[0024] Aktivierte Formen von Zirconium (Zirconium mit erhöhter Porosität der Oberfläche
durch Oberflächenbehandlung; beispielsweise durch Wasserstoffdotierung) entzünden
sich unter geringer Energieeinwirkung; mechanisch (Schlag, Reibung) oder thermisch
(beispielsweise Joul'sche Wärme).
[0025] Die notwendige Entzündungstemperatur liegt zwischen 180° C und 280° C. Der für die
Reaktion notwendige Sauerstoff wird primär (schnell) aus dem Mangandioxid entnommen.
Mit dem Kaliumnitrat steht ein weiterer Sauerstoffträger zur Verfügung, der den Druckaufbau
derart unterstützt, dass dieser energiemässig die Voraussetzung zur Initiierung des
Sekundärsprengstoffs erfüllt. Dieser deflagriert und wirkt als weiterer Energielieferant
in der Zündkette.
[0026] Überraschenderweise lassen sich auch bei Abwesenheit eines üblichen Initialsprengstoffes
mit dem oben beschriebenen Zündsatz, ohne Verlust an Brisanz, hinreichende Spitzendrucke
erreichen:
- Zündsatz konventioneller Art (auf Basis Bleitrizinat):
Pmax = 100 bis 120 bar.
- Schadstofffreier Zündsatz (gemäss der Erfindung frei von Initialsprengstoff):
Pmax = 70 bis 75 bar.
[0027] Gemessen wurden die Drücke in einer notorisch bekannten Druckbombe.
[0028] Ballistische Schiessversuche haben zudem gezeigt, dass in einer Pistole vom Kaliber
9 mm, der erfindungsgemässe Zündsatz alle an die Waffe und Munition gestellten Forderungen
erfüllt. Da die Verweilzeit des Geschosses im Lauf leicht steigt, kann der Druck der
Pulververbrennungsgase besser ausgenützt werden. Es wurden reproduzierbare Mündungsgeschwindigkeiten
um 366 m/s gemessen; diese sind praktisch identisch mit denjenigen, die mit dem konventionellen,
bleihaltigen Zündsatz erreicht werden.
[0029] Als geeignete Zusammensetzungen für den Zündsatz haben sich folgende erwiesen:
Mangan-IV-oxid von 40,0 bis 50,0 Gew.%, Zirconium in Form des aktivierten Pulvers
von 17,0 bis 23,0 Gew.%, Pentaerythrittetranitrat (Nitropenta) von 13,0 bis 17,0 Gew.%,
Kaliumnitrat von 17,0 bis 23,0 Gew.% und Aerosil von 0,4 bis 0,6 Gew.%.
[0030] Die beste Wirkung zeigt ein Perkussionszündsatz mit den Mischungsanteilen:
Mangandioxid 44,5 Gew.%, Zirconium 20,0 Gew.%, Pentaerythrittetranitrat (Nitropenta)
15,0 Gew.%, Kaliumnitrat 20,0 Gew.% und Aerosil 0,5 Gew.%.
[0031] Die Bestandteile dieser Komposition sind an sich bekannt und handelsüblich.
[0032] In einigen Fällen empfiehlt sich eine sichere Aufarbeitung des Sondermetalles wie
sie nachfolgend beispielsweise beschrieben wird:
Es soll bei der Bereitung des pulverförmigen, aktivierten Zirconiumpulvers insbesondere
darauf geachtet werden, dass das vorzugsweise von der Fa. DEGUSSA AG, Hanau, DE, mit
ca. 30 % Wasserinhalt lieferbare Produkt (aktivierte Form durch Steigerung der Porosität
der Oberfläche) stets befeuchtet bleibt. Wie oben bereits beschrieben, muss, falls
auf organischer Basis gearbeitet werden soll, der Wasseranteil des Zirconiumpulvers
durch einen aliphatischen Alkohol, wie Isopropanol verdrängt werden.
[0033] Pentaerythrittetranitrat (Nitropenta) wird insbesonere wegen seiner hohen Initiierfreudigkeit
verwendet. Das Produkt wird in Wasser mittels Kugelmühle auf eine Korngrösse von max.
500 µm vermahlen. Das Mahlgut wird dann nass auf Siebe aufgebracht, mit Wasser durchgespült
und die Fraktion von 125 bis 250 µm aufgefangen. Vor der Weiterverwendung ist das
Produkt im Trockenschrank (45 bis 50° C, 150 mbar) zu trocknen.
[0034] Anstelle von Pentaerythrittetranitrat können auch andere Sekundärsprengstoffe, aber
auch geeignete Treibladungen wie zB. solche aus nitrierten Alkoholen und nitriertem
Äther, wie Nitroglyzerin, Nitroglykol verwendet werden.
[0035] Das Kaliumnitrat wird zweckmässigerweise trocken in der Kugelmühle gemahlen und durch
Siebung wird eine Korngrösse von max. 250 µm ausgelesen. Die Luftfeuchtigkeit soll
dabei 40 bis 70 % betragen. Zu trockene Luft (Luftfeuchtigkeit von weniger als 40
%) führt zu einer starken Staubentwicklung, zu feuchte Luft (Luftfeuchtigkeit von
mehr als 70 %) führt zu unerwünschter Knollenbildung im gemahlenen Kaliumnitrat. Danach
ist das gemahlene Gut bis zu seiner Verwendung in dicht verschlossenen Gebinden zu
halten.
[0036] Die anderen Bestandteile des vorstehend beschriebenen Zündsatzes können direkt in
der kommerziell zugänglichen Form eingesetzt werden. Eine Durchsicht der einschlägigen
Literatur ergibt, dass alle Bestandteile des Zündelementes als toxikologisch unbedenklich
angesehen werden dürfen.
[0037] Das nachfolgende Vermischen erfolgt in einem Mischgefäss mittels Knetmaschine oder
Rührwerk zu einer streichbaren pastösen Masse. Das so erhaltene Gemisch wird dem Zündsatz
hinzugefügt.
[0038] Die Herstellung der Zündelemente, insbesondere der Zündkapsel unter Verwendung des
hier beschriebenen Zündsatzes erfolgt danach auf notorisch bekannte, konventionelle
Art.
[0039] Die beispielsweise mit dem aktivierten Sondermetall Zirconium realisierten Zündsätze
könnten durch andere, ebenfalls aktivierte Sondermetalle mit entsprechend angepassten
Sauerstoffträgern ersetzt werden.
[0040] Denkbar ist zudem ein Einsatz des Erfindungsgegenstandes in Verbindung mit pyrotechnischen
Sätzen, wie Signalpatronen und -Raketen.
1. Perkussionszündsatz zur Initiierung einer Treibladung in einer Handfeuerwaffe, wobei
der Zündsatz aus wenigstens je einem Reduktions- und Oxidationsmittel besteht und
wenigstens ein Bindemittel enthält, dadurch gekennzeichnet, dass im Zündsatz
- das Reduktionsmittel aus einem pulverförmigen, aktivierten Sondermetall und
- das Oxidationsmittel aus zwei Sauerstoffträgern mit verschieden hohen Oxidationspotentialen
besteht
und dass
- dieser Zündsatz mit wenigstens einem Sekundärsprengstoff und einem Bindemittel kombiniert
ist.
2. Perkussionszündsatz nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Sondermetall
Zirconium ist.
3. Perkussionszündsatz nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Sauerstoffträger
mit dem höheren Oxidationspotential Mangandioxid ist.
4. Perkussionszündsatz nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Sauerstoffträger
mit dem niedrigeren Oxidationspotential Kaliumnitrat ist.
5. Perkussionszündsatz nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Sekundärsprengstoff
einen nitrierten aliphatischen Polyalkohol enthält.
6. Perkussionszündsatz nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Sekundärsprengstoff
Pentaerythrittetranitrat enthält.
7. Perkussionszündsatz nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Bindemittel
Isopropanol und Aerosil ist.
8. Perkussionszündsatz nach den Ansprüchen 2 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass dieser
in einem getrockneten Zustand folgende Mischungsanteile aufweist:
Mangandioxid |
40 bis 50 Gew. % |
Zirconium |
17 bis 23 Gew. % |
Pentaerythrittetranitrat |
13 bis 17 Gew. % |
Kaliumnitrat |
17 bis 23 Gew. % |
Aerosil |
0,4 bis 0,6 Gew. % |
9. Verfahren zur Herstellung eines Perkussionszündsatzes nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet,
dass aktiviertes und temporär phlegmatisiertes Zirconiumpulver mit einem organischen
Lösungsmittel gespült wird und dass dieses anschliessend mit den übrigen Komponenten
gemischt, geknetet, getrocknet und zu einem Zündelement gepresst wird.
10. Verwendung des Perkussionszündsatzes nach den Ansprüchen 1 bis 8 für kleinkalibrige,
patronierte Munition.