[0001] Die Erfindung betrifft eine Patronenhülse, insbesondere zum Schießen in Handfeuerwaffen,
nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
[0002] Zur Zündung einer Treibladung in einer Patrone ist es bekannt, Anzündhütchen zu verwenden.
In den Figuren 1 und 2 ist jeweils im Schnitt das hintere Ende einer Patronenhülse
nach dem Stand der Technik mit eingesetztem Anzündhütchen vor (Fig. 1) und nach der
Zündung (Fig. 2) gezeigt.
[0003] Eine zylindrische Hülse 1 ist an ihrer hinteren Stirnseite mit einer als zylindrische
Ausnehmung ausgebildeten Zündglocke 4 versehen. In die Oberseite der Zündglocke 4
münden Zündkanäle 11, die mit einer nicht gezeigten Treibladung im Inneren der Hülse
1 in Verbindung stehen. In die Zündglocke 4 ist ein Anzündhütchen bündig eingesetzt.
Das Anzündhütchen besteht aus einer napfförmigen Kapsel 6 mit einem Kapselboden und
einer zylindrischen Seitenwand. Im Inneren der Kapsel 6 ist auf dem Kapselboden eine
Anzündladung 2 aufgepreßt. Oberhalb der Anzündladung 2 befindet sich ein Amboß 8 mit
Durchbrechungen für die Anzündschwaden. Über eine Ringvernietung 3 ist das Anzündhütchen
in der Hülse 1 verankert.
[0004] Trifft der Schlagbolzen 5 einer Waffe auf den Kapselboden (siehe Fig. 2), so verformt
sich dieser. Dabei wird die Anzündladung 2 zwischen Kapselboden und Amboß 8 schlagartig
komprimiert, wodurch sich diese entzündet. Die Anzündschwaden gelangen über die Durchbrechungen
im Amboß 8 zu den Zündkanälen 11 und von dort aus zu der nicht gezeigten Treibladung
und zünden diese an.
[0005] Insbesondere Patronenhülsen, die in Handfeuerwaffen verschossen werden, müssen eine
Gasdichtigkeit in Richtung Waffenverschluß aufweisen, um eine Gefährdung des Schützen
oder eine Waffenbeschädigung sicher zu verhindern. Besonders schadstofffreie Anzündhütchen
sind gasreicher als die bisherigen partikel- und zum Teil schadstoffhaltigen. Dadurch
ergeben sich bei der Schußentwicklung im Bereich der Zündglocke wesentlich höhere
Gasdrücke mit einem sehr kurzzeitigen Druckanstieg. Hierdurch kann es zum Gasaustritt
im Bereich des Anzündhütchens kommen, was besonders in unverriegelten Waffen mit Massenverschluß
und starren fest verbundenen Schlagbolzen zu beobachten ist.
[0006] In Fig. 2 ist dieser Gasaustritt beispielhaft angedeutet. Das Material des Kapselbodens
wird im kritischen Bereich 7, zwischen dem fixierten Amboß 8 des Anzündhütchens und
dem Schlagbolzen 5, der durch seine starre Verbindung mit dem Verschluß im Moment
der Anzündung nicht zurückweichen kann, sehr stark plastisch verformt. Bedingt durch
den hohen Gasdruck des schadstofffreien Anzündhütchens kann das Material des Kapselbodens
über die Bruchdehnungsgrenze (Einschnürbruch) im Bereich 7 belastet werden, was dann
zu einem Gasaustritt in Richtung Waffenverschluß führen kann bzw. zu einer Wanderung
des Zündhütchens und damit zu einer Undichtigkeit bzw. einem "Ausbläser".
[0007] Ähnliche Anzündhütchen, wie oben beschrieben, sind z.B. in der DE-OS 20 04 506 oder
DE-OS 27 08 525 gezeigt.
[0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Patronenhülse, insbesondere zum Schießen
in Handfeuerwaffen, zu schaffen, mit der die Gasdichtigkeit in Richtung Waffenverschluß
besonders bei gasreichen und schadstofffreien Anzündladungen wesentlich verbessert
ist.
[0009] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß die Zündglocke im Bereich
der Seitenwand der Kapsel mit einer ringförmig umlaufenden Erweiterung versehen ist,
so daß der Amboß nach Zündung der Anzündladung und Aufweitung der Kapsel Platz zum
ausweichen hat.
[0010] Die erfindungsgemäße Patronenhülse eignet sich nicht nur für Handfeuerwaffen, sondern
auch für Maschinenpistolen, Gewehre o.dgl.
[0011] Bei Druckbelastung kann die Seitenwand der Kapsel in die angrenzende Erweiterung
ausweichen. Hierdurch ist der Sitz des Amboß aufgehoben, so daß sich dieser in radialer
Richtung verformen, d.h. ausweichen kann. Dies hat zur Folge, daß die Spannungen im
kritischen Bereich des Kapselbodens so deutlich reduziert werden, daß keine Materialeinschnürungen
auftreten und die Verformungen im Material des Kapselbodens innerhalb des Bereichs
der plastischen Dehnung bleiben. Ein Gasaustritt in Richtung Waffenverschluß ist dadurch
ver-hindert.
[0012] Erfindungsgemäß ist die Erweiterung in dem an die Oberseite der Zündglocke angrenzenden
Bereich angeordnet, so daß bei Druckbelastung das dem Kapselboden abgewandte freie
Ende der Kapsel in die Erweiterung ausweichen kann.
[0013] Bevorzugt ist die Erweiterung im Querschnitt keilförmig oder konusförmig ausgebildet.
Es sind jedoch auch andere Formen möglich, wie z.B. ein Rundprofil, ein Dreiecksprofil
oder andere Geometrien. Die größte Tiefe der Erweiterung ist erfindungsgemäß im an
die Oberseite der Zündglocke angrenzenden Bereich vorgesehen.
[0014] In bevorzugter Ausführungsform ist zwischen der Erweiterung und der Oberseite der
Zündglocke ein in Radialrichtung wirkender Anschlag für das freie Ende der zylindrischen
Seitenwand der Kapsel angeordnet.
[0015] Vorteilhafterweise umschließt die Erweiterung nahezu die Hälfte der Länge der Seitenwand.
[0016] Im folgenden wird die Erfindung anhand von Figuren näher erläutert. Es zeigen:
- Fig. 1:
- im Längsschnitt das hintere Ende einer Patronenhülse mit Anzündhütchen vor Anzündung
des Zündsatzes nach dem Stand der Technik,
- Fig. 2:
- im Schnitt die Patronenhülse nach Fig. 1 nach Anzündung des Zündsatzes,
- Fig. 3:
- im Schnitt eine erfindungsgemäße Patronenhülse vor der Anzündung des Zündsatzes und
- Fig. 4:
- im Schnitt die Patronenhülse nach Fig. 3 nach der Anzündung des Zündsatzes,
- Fig. 5:
- im Schnitt und in Draufsicht ein Anzündhütchen bzw. Anzündelement gemäß Fig. 3.
[0017] Die Figuren 1 und 2 zeigen den Stand der Technik (siehe Beschreibungseinleitung).
[0018] Fig. 3 zeigt im Schnitt eine erfindungsgemäße Patronenhülse vor der Anzündung des
Zündsatzes. Eine zylinderförmige Hülse 1 ist an ihrem bodenseitigen Ende, die zu einem
in dieser Figur nicht gezeigten Schlagbolzen gewandt ist, mit einer zylinderförmigen
Ausnehmung versehen, die eine Zündglocke 4 bildet. In die Oberseite der Zündglocke
4 münden Zündkanäle 11, die mit einer nicht gezeigten Treibladung im Inneren der Hülse
1 in Verbindung stehen. In die Zündglocke 4 ist ein Anzündhütchen bündig mit der Bodenfläche
der Hülse 1 eingepreßt. Über eine zusätzliche Ringvernietung 3 ist das Anzündhütchen
fest in der Hülse 1 verankert.
[0019] Das Anzündhütchen bzw. das Anzündelement besteht aus einer napfförmigen Kapsel 6
mit einem Kapselboden und einer zylindrischen Seitenwand. Die Öffnung der Kapsel 6
ist zu den Zündkanälen 11 gewandt.
[0020] Auf dem Kapselboden ist eine Anzündladung 2 aufgepreßt, die mit einer Abdeckung 12
geschützt ist. Die Abdeckung 12 kann z.B. eine Lackbeschichtung oder eine Folie sein.
[0021] Auf der Anzündladung 2 bzw. der Abdeckung 12 sitzt ein Amboß 8 auf. Dieser Amboß
8 wird noch genauer in Fig. 5 beschrieben. Der Amboß 8 ist ein separates Bauteil,
d.h. nicht einstückig mit der Hülse 1 ausgebildet und liegt mit seiner Mantelfläche
bis auf Durchbrechungen bzw. Ausnehmungen vollständig an der Innenfläche der Seitenwand
der Kapsel 6 an. Der Amboß 8 stützt sich in Längsrichtung der Hülse 1 einerseits an
der Oberseite der Zündglocke 4 und andererseits an der Anzündladung 2 ab. Die Durchbrechungen
im Amboß 8 sind so angeordnet, daß die Anzündschwaden zu den Zündkanälen 11 gelangen
können.
[0022] Erfindungsgemäß ist die Zündglocke 4 im Bereich der Seitenwand der Kapsel 6 mit einer
Erweiterung 9 versehen. Fig. 3 zeigt eine Ausführungsform, bei der die Erweiterung
9 im Querschnitt keilförmig bzw. konisch ausgebildet ist. Die größte Tiefe der Erweiterung
9 - in radialer Richtung betrachtet - ist dabei an der Oberseite der Zündglocke 4
vorgesehen. Mit Oberseite ist die Stirnfläche der Zündglocke 4 gemeint, in die die
Zündkanäle 11 münden.
[0023] Die Erweiterung 9 stellt eine umlaufende Hinterschneidung der Zündglocke 4 dar, die
als radialer Ausweichraum, Freiraum, Erweiterungsraum oder Hinterschnitt für die Seitenwand
der Kapsel 6 und damit auch für den Amboß 8 wirkt.
[0024] Von der Oberseite der Zündglocke 4 ist die Erweiterung 9 etwas axial in Richtung
Boden der Kapsel 6 zurückversetzt, so daß zwischen der Erweiterung 9 und der Oberseite
der Zündglocke 4 ein Anschlag 10 für das vordere freie Ende der zylindrischen Seitenwand
der Kapsel 6 gebildet ist. Der Anschlag 10 dient zur Führung für das freie Ende der
Seitenwand und als Umströmungsschutz in der Anfangsphase der Zündung, so daß gewährleistet
ist, daß der Druck in der Erweiterung 9 immer kleiner ist als der Druck in der Kapsel
6 und damit ein einwandfreies Aufweiten der Seitenwand möglich ist. Die Erweiterung
9 erstreckt sich über nahezu die Hälfte der axialen Länge der Seitenwand der Kapsel
6.
[0025] Fig. 5 zeigt im Schnitt und in der Draufsicht ein bekanntes Anzündhütchen. Das Anzündhütchen
ist mit dem in Fig. 3 gezeigten identisch. In der Draufsicht sind die Durchbrechungen
13 im Amboß 8 zu erkennen, über welche die Anzündschwaden zu den Zündkanälen 11 (siehe
Fig. 3) gelangen.
[0026] In Fig. 4 ist im Längsschnitt das hintere Ende einer erfindungsgemäßen Patronenhülse
nach der Anzündung des Zündsatzes gezeigt. Ein Schlagbolzen 5 hat den Kapselboden
der Kapsel 6 eingedrückt und bleibt im Falle eines starren, fest verbundenen Schlagbolzen
5 in dieser Stellung stehen. Dies ist in unverriegelten Waffen mit Massenverschluß
der Fall.
[0027] Die zwischen Kapselboden und Amboß 8 angeordnete Anzündladung 2 hat sich durch den
Aufschlag des Schlagbolzens 5 entzündet. Die Verformung des Kapselbodens durch den
Schlagbolzen 5 bewirkt, daß das freie Ende der Seitenwand der Kapsel 6 von der Oberseite
der Zündglocke 4 bzw. dem Anschlag 10 in Richtung Kapselboden gezogen wird. Das Ende
kann dadurch in die Erweiterung 9 ausweichen. Der Amboß 8, der vom Schlagbolzen 5
bzw. dem Kapselboden stark verformt wird, kann sich dadurch radial ausdehnen, wodurch
seine Höhe in Längsrichtung verringert wird und so sein dem Schlagbolzen 5 gegenüber-liegender
Bereich sozusagen nach vorne ausweichen kann. Im Kapselboden, im Bereich der Bezugsziffer
7', entstehen so keine derart hohen Belastungen, die zu einem Bruch des Kapselbodens
führen würden. Die Gasdichtigkeit in Richtung Waffenverschluß ist dadurch gegeben.
[0028] Es sei noch angemerkt, daß bei schadstofffreien und gasreichen Anzündladungen Druckspitzen
bis etwa 2 000 bar auftreten, während bei schadstoffhaltigen Anzündladungen lediglich
Druckspitzen bis etwa 1 000 bar auftreten.
1. Patronenhülse, insbesondere zum Schießen in Handfeuerwaffen, mit einer in ihrem Boden
als zylindrische Ausnehmung ausgebildeten Zündglocke (4), in deren Oberseite mindestens
ein Zündkanal (11) mündet, mit einem in- die Zündglocke (4) bündig eingelassenen Anzündhütchen
mit einer napfförmigen Kapsel (6), die aus einem Kapselboden und einer zylindrischen
Seitenwand besteht, und mit im Inneren der Kapsel (6) angeordneter Anzündladung (2)
und Amboß (8), dadurch gekennzeichnet, daß die Zündglocke (4) im Bereich der Seitenwand der Kapsel (6) mit einer ringförmig
umlaufenden Erweiterung (9) versehen ist, so daß der Amboß (8) nach Zündung der Anzündladung
(2) und Aufweitung der Kapsel (6) Platz zum ausweichen hat.
2. Patronenhülse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Erweiterung (9) in dem an die Oberseite der Zündglocke (4) angrenzenden
Bereich angeordnet ist.
3. Patronenhülse nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Erweiterung (9) im Querschnitt keilförmig ausgebildet ist und die größte
Tiefe der Erweiterung in dem an die Oberseite der Zündglocke (4) angrenzenden Bereich
vorgesehen ist.
4. Patronenhülse nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen der Erweiterung (9) und der Oberseite der Zündglocke (4) ein Anschlag
(10) für das Ende der zylindrischen Seitenwand der Kapsel (6) angeordnet ist.
5. Patronenhülse nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Erweiterung (9) sich nahezu über die Hälfte der Länge der Seitenwand der
Kapsel (6) erstreckt.