(19)
(11) EP 0 656 522 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.06.1995  Patentblatt  1995/23

(21) Anmeldenummer: 94118834.4

(22) Anmeldetag:  30.11.1994
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F42C 19/10, F42B 5/36
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE FR GB IT PT

(30) Priorität: 01.12.1993 DE 4340998
02.12.1993 DE 4341002

(71) Anmelder: DYNAMIT NOBEL AKTIENGESELLSCHAFT
D-53840 Troisdorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Müller, Friedrich
    D-91572 Bechhofen (DE)
  • Riess, Heinz
    D-90765 Fürth (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Patronenhülse


    (57) Die Erfindung betrifft eine Patronenhülse, insbesondere zum Schießen in Handfeuerwaffen, mit einer bodenseitigen als zylindrische Ausnehmung ausgebildeten Zündglocke (4), in deren Oberseite mindestens ein Zündkanal (11) mündet, mit einem in die Zündglocke (4) bündig eingelassenen Anzündhütchen mit einer napfförmigen Kapsel (6), die aus einem Kapselboden und einer zylindrischen Seitenwand besteht, und mit im Inneren der Kapsel (6) angeordneter Anzündladung (2) und Amboß (8).
    Zur Verbesserung der Gasdichtigkeit in Richtung Waffenverschluß besonders bei schadstofffreien Anzündladungen wird vorgeschlagen, daß die Zündglocke (4) im Bereich der Seitenwand der Kapsel (6) mit einer ringförmig umlaufenden Erweiterung (9) versehen ist, so daß der Amboß (8) nach Zündung der Anzündladung (2) und Aufweitung der Kapsel (6) Platz zum ausweichen hat.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine Patronenhülse, insbesondere zum Schießen in Handfeuerwaffen, nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

    [0002] Zur Zündung einer Treibladung in einer Patrone ist es bekannt, Anzündhütchen zu verwenden. In den Figuren 1 und 2 ist jeweils im Schnitt das hintere Ende einer Patronenhülse nach dem Stand der Technik mit eingesetztem Anzündhütchen vor (Fig. 1) und nach der Zündung (Fig. 2) gezeigt.

    [0003] Eine zylindrische Hülse 1 ist an ihrer hinteren Stirnseite mit einer als zylindrische Ausnehmung ausgebildeten Zündglocke 4 versehen. In die Oberseite der Zündglocke 4 münden Zündkanäle 11, die mit einer nicht gezeigten Treibladung im Inneren der Hülse 1 in Verbindung stehen. In die Zündglocke 4 ist ein Anzündhütchen bündig eingesetzt. Das Anzündhütchen besteht aus einer napfförmigen Kapsel 6 mit einem Kapselboden und einer zylindrischen Seitenwand. Im Inneren der Kapsel 6 ist auf dem Kapselboden eine Anzündladung 2 aufgepreßt. Oberhalb der Anzündladung 2 befindet sich ein Amboß 8 mit Durchbrechungen für die Anzündschwaden. Über eine Ringvernietung 3 ist das Anzündhütchen in der Hülse 1 verankert.

    [0004] Trifft der Schlagbolzen 5 einer Waffe auf den Kapselboden (siehe Fig. 2), so verformt sich dieser. Dabei wird die Anzündladung 2 zwischen Kapselboden und Amboß 8 schlagartig komprimiert, wodurch sich diese entzündet. Die Anzündschwaden gelangen über die Durchbrechungen im Amboß 8 zu den Zündkanälen 11 und von dort aus zu der nicht gezeigten Treibladung und zünden diese an.

    [0005] Insbesondere Patronenhülsen, die in Handfeuerwaffen verschossen werden, müssen eine Gasdichtigkeit in Richtung Waffenverschluß aufweisen, um eine Gefährdung des Schützen oder eine Waffenbeschädigung sicher zu verhindern. Besonders schadstofffreie Anzündhütchen sind gasreicher als die bisherigen partikel- und zum Teil schadstoffhaltigen. Dadurch ergeben sich bei der Schußentwicklung im Bereich der Zündglocke wesentlich höhere Gasdrücke mit einem sehr kurzzeitigen Druckanstieg. Hierdurch kann es zum Gasaustritt im Bereich des Anzündhütchens kommen, was besonders in unverriegelten Waffen mit Massenverschluß und starren fest verbundenen Schlagbolzen zu beobachten ist.

    [0006] In Fig. 2 ist dieser Gasaustritt beispielhaft angedeutet. Das Material des Kapselbodens wird im kritischen Bereich 7, zwischen dem fixierten Amboß 8 des Anzündhütchens und dem Schlagbolzen 5, der durch seine starre Verbindung mit dem Verschluß im Moment der Anzündung nicht zurückweichen kann, sehr stark plastisch verformt. Bedingt durch den hohen Gasdruck des schadstofffreien Anzündhütchens kann das Material des Kapselbodens über die Bruchdehnungsgrenze (Einschnürbruch) im Bereich 7 belastet werden, was dann zu einem Gasaustritt in Richtung Waffenverschluß führen kann bzw. zu einer Wanderung des Zündhütchens und damit zu einer Undichtigkeit bzw. einem "Ausbläser".

    [0007] Ähnliche Anzündhütchen, wie oben beschrieben, sind z.B. in der DE-OS 20 04 506 oder DE-OS 27 08 525 gezeigt.

    [0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Patronenhülse, insbesondere zum Schießen in Handfeuerwaffen, zu schaffen, mit der die Gasdichtigkeit in Richtung Waffenverschluß besonders bei gasreichen und schadstofffreien Anzündladungen wesentlich verbessert ist.

    [0009] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß die Zündglocke im Bereich der Seitenwand der Kapsel mit einer ringförmig umlaufenden Erweiterung versehen ist, so daß der Amboß nach Zündung der Anzündladung und Aufweitung der Kapsel Platz zum ausweichen hat.

    [0010] Die erfindungsgemäße Patronenhülse eignet sich nicht nur für Handfeuerwaffen, sondern auch für Maschinenpistolen, Gewehre o.dgl.

    [0011] Bei Druckbelastung kann die Seitenwand der Kapsel in die angrenzende Erweiterung ausweichen. Hierdurch ist der Sitz des Amboß aufgehoben, so daß sich dieser in radialer Richtung verformen, d.h. ausweichen kann. Dies hat zur Folge, daß die Spannungen im kritischen Bereich des Kapselbodens so deutlich reduziert werden, daß keine Materialeinschnürungen auftreten und die Verformungen im Material des Kapselbodens innerhalb des Bereichs der plastischen Dehnung bleiben. Ein Gasaustritt in Richtung Waffenverschluß ist dadurch ver-hindert.

    [0012] Erfindungsgemäß ist die Erweiterung in dem an die Oberseite der Zündglocke angrenzenden Bereich angeordnet, so daß bei Druckbelastung das dem Kapselboden abgewandte freie Ende der Kapsel in die Erweiterung ausweichen kann.

    [0013] Bevorzugt ist die Erweiterung im Querschnitt keilförmig oder konusförmig ausgebildet. Es sind jedoch auch andere Formen möglich, wie z.B. ein Rundprofil, ein Dreiecksprofil oder andere Geometrien. Die größte Tiefe der Erweiterung ist erfindungsgemäß im an die Oberseite der Zündglocke angrenzenden Bereich vorgesehen.

    [0014] In bevorzugter Ausführungsform ist zwischen der Erweiterung und der Oberseite der Zündglocke ein in Radialrichtung wirkender Anschlag für das freie Ende der zylindrischen Seitenwand der Kapsel angeordnet.

    [0015] Vorteilhafterweise umschließt die Erweiterung nahezu die Hälfte der Länge der Seitenwand.

    [0016] Im folgenden wird die Erfindung anhand von Figuren näher erläutert. Es zeigen:
    Fig. 1:
    im Längsschnitt das hintere Ende einer Patronenhülse mit Anzündhütchen vor Anzündung des Zündsatzes nach dem Stand der Technik,
    Fig. 2:
    im Schnitt die Patronenhülse nach Fig. 1 nach Anzündung des Zündsatzes,
    Fig. 3:
    im Schnitt eine erfindungsgemäße Patronenhülse vor der Anzündung des Zündsatzes und
    Fig. 4:
    im Schnitt die Patronenhülse nach Fig. 3 nach der Anzündung des Zündsatzes,
    Fig. 5:
    im Schnitt und in Draufsicht ein Anzündhütchen bzw. Anzündelement gemäß Fig. 3.


    [0017] Die Figuren 1 und 2 zeigen den Stand der Technik (siehe Beschreibungseinleitung).

    [0018] Fig. 3 zeigt im Schnitt eine erfindungsgemäße Patronenhülse vor der Anzündung des Zündsatzes. Eine zylinderförmige Hülse 1 ist an ihrem bodenseitigen Ende, die zu einem in dieser Figur nicht gezeigten Schlagbolzen gewandt ist, mit einer zylinderförmigen Ausnehmung versehen, die eine Zündglocke 4 bildet. In die Oberseite der Zündglocke 4 münden Zündkanäle 11, die mit einer nicht gezeigten Treibladung im Inneren der Hülse 1 in Verbindung stehen. In die Zündglocke 4 ist ein Anzündhütchen bündig mit der Bodenfläche der Hülse 1 eingepreßt. Über eine zusätzliche Ringvernietung 3 ist das Anzündhütchen fest in der Hülse 1 verankert.

    [0019] Das Anzündhütchen bzw. das Anzündelement besteht aus einer napfförmigen Kapsel 6 mit einem Kapselboden und einer zylindrischen Seitenwand. Die Öffnung der Kapsel 6 ist zu den Zündkanälen 11 gewandt.

    [0020] Auf dem Kapselboden ist eine Anzündladung 2 aufgepreßt, die mit einer Abdeckung 12 geschützt ist. Die Abdeckung 12 kann z.B. eine Lackbeschichtung oder eine Folie sein.

    [0021] Auf der Anzündladung 2 bzw. der Abdeckung 12 sitzt ein Amboß 8 auf. Dieser Amboß 8 wird noch genauer in Fig. 5 beschrieben. Der Amboß 8 ist ein separates Bauteil, d.h. nicht einstückig mit der Hülse 1 ausgebildet und liegt mit seiner Mantelfläche bis auf Durchbrechungen bzw. Ausnehmungen vollständig an der Innenfläche der Seitenwand der Kapsel 6 an. Der Amboß 8 stützt sich in Längsrichtung der Hülse 1 einerseits an der Oberseite der Zündglocke 4 und andererseits an der Anzündladung 2 ab. Die Durchbrechungen im Amboß 8 sind so angeordnet, daß die Anzündschwaden zu den Zündkanälen 11 gelangen können.

    [0022] Erfindungsgemäß ist die Zündglocke 4 im Bereich der Seitenwand der Kapsel 6 mit einer Erweiterung 9 versehen. Fig. 3 zeigt eine Ausführungsform, bei der die Erweiterung 9 im Querschnitt keilförmig bzw. konisch ausgebildet ist. Die größte Tiefe der Erweiterung 9 - in radialer Richtung betrachtet - ist dabei an der Oberseite der Zündglocke 4 vorgesehen. Mit Oberseite ist die Stirnfläche der Zündglocke 4 gemeint, in die die Zündkanäle 11 münden.

    [0023] Die Erweiterung 9 stellt eine umlaufende Hinterschneidung der Zündglocke 4 dar, die als radialer Ausweichraum, Freiraum, Erweiterungsraum oder Hinterschnitt für die Seitenwand der Kapsel 6 und damit auch für den Amboß 8 wirkt.

    [0024] Von der Oberseite der Zündglocke 4 ist die Erweiterung 9 etwas axial in Richtung Boden der Kapsel 6 zurückversetzt, so daß zwischen der Erweiterung 9 und der Oberseite der Zündglocke 4 ein Anschlag 10 für das vordere freie Ende der zylindrischen Seitenwand der Kapsel 6 gebildet ist. Der Anschlag 10 dient zur Führung für das freie Ende der Seitenwand und als Umströmungsschutz in der Anfangsphase der Zündung, so daß gewährleistet ist, daß der Druck in der Erweiterung 9 immer kleiner ist als der Druck in der Kapsel 6 und damit ein einwandfreies Aufweiten der Seitenwand möglich ist. Die Erweiterung 9 erstreckt sich über nahezu die Hälfte der axialen Länge der Seitenwand der Kapsel 6.

    [0025] Fig. 5 zeigt im Schnitt und in der Draufsicht ein bekanntes Anzündhütchen. Das Anzündhütchen ist mit dem in Fig. 3 gezeigten identisch. In der Draufsicht sind die Durchbrechungen 13 im Amboß 8 zu erkennen, über welche die Anzündschwaden zu den Zündkanälen 11 (siehe Fig. 3) gelangen.

    [0026] In Fig. 4 ist im Längsschnitt das hintere Ende einer erfindungsgemäßen Patronenhülse nach der Anzündung des Zündsatzes gezeigt. Ein Schlagbolzen 5 hat den Kapselboden der Kapsel 6 eingedrückt und bleibt im Falle eines starren, fest verbundenen Schlagbolzen 5 in dieser Stellung stehen. Dies ist in unverriegelten Waffen mit Massenverschluß der Fall.

    [0027] Die zwischen Kapselboden und Amboß 8 angeordnete Anzündladung 2 hat sich durch den Aufschlag des Schlagbolzens 5 entzündet. Die Verformung des Kapselbodens durch den Schlagbolzen 5 bewirkt, daß das freie Ende der Seitenwand der Kapsel 6 von der Oberseite der Zündglocke 4 bzw. dem Anschlag 10 in Richtung Kapselboden gezogen wird. Das Ende kann dadurch in die Erweiterung 9 ausweichen. Der Amboß 8, der vom Schlagbolzen 5 bzw. dem Kapselboden stark verformt wird, kann sich dadurch radial ausdehnen, wodurch seine Höhe in Längsrichtung verringert wird und so sein dem Schlagbolzen 5 gegenüber-liegender Bereich sozusagen nach vorne ausweichen kann. Im Kapselboden, im Bereich der Bezugsziffer 7', entstehen so keine derart hohen Belastungen, die zu einem Bruch des Kapselbodens führen würden. Die Gasdichtigkeit in Richtung Waffenverschluß ist dadurch gegeben.

    [0028] Es sei noch angemerkt, daß bei schadstofffreien und gasreichen Anzündladungen Druckspitzen bis etwa 2 000 bar auftreten, während bei schadstoffhaltigen Anzündladungen lediglich Druckspitzen bis etwa 1 000 bar auftreten.


    Ansprüche

    1. Patronenhülse, insbesondere zum Schießen in Handfeuerwaffen, mit einer in ihrem Boden als zylindrische Ausnehmung ausgebildeten Zündglocke (4), in deren Oberseite mindestens ein Zündkanal (11) mündet, mit einem in- die Zündglocke (4) bündig eingelassenen Anzündhütchen mit einer napfförmigen Kapsel (6), die aus einem Kapselboden und einer zylindrischen Seitenwand besteht, und mit im Inneren der Kapsel (6) angeordneter Anzündladung (2) und Amboß (8), dadurch gekennzeichnet, daß die Zündglocke (4) im Bereich der Seitenwand der Kapsel (6) mit einer ringförmig umlaufenden Erweiterung (9) versehen ist, so daß der Amboß (8) nach Zündung der Anzündladung (2) und Aufweitung der Kapsel (6) Platz zum ausweichen hat.
     
    2. Patronenhülse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Erweiterung (9) in dem an die Oberseite der Zündglocke (4) angrenzenden Bereich angeordnet ist.
     
    3. Patronenhülse nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Erweiterung (9) im Querschnitt keilförmig ausgebildet ist und die größte Tiefe der Erweiterung in dem an die Oberseite der Zündglocke (4) angrenzenden Bereich vorgesehen ist.
     
    4. Patronenhülse nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen der Erweiterung (9) und der Oberseite der Zündglocke (4) ein Anschlag (10) für das Ende der zylindrischen Seitenwand der Kapsel (6) angeordnet ist.
     
    5. Patronenhülse nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Erweiterung (9) sich nahezu über die Hälfte der Länge der Seitenwand der Kapsel (6) erstreckt.
     




    Zeichnung













    Recherchenbericht