(19)
(11) EP 0 658 465 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.06.1995  Patentblatt  1995/25

(21) Anmeldenummer: 94119457.3

(22) Anmeldetag:  09.12.1994
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B61F 3/06, B61F 5/38
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE IT LI

(30) Priorität: 15.12.1993 DE 4342795
20.04.1994 DE 4413772

(71) Anmelder: ABB PATENT GmbH
D-68309 Mannheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Lipsius, Johann Martin Dr.
    D-34131 Kassel (DE)

(74) Vertreter: Rupprecht, Klaus, Dipl.-Ing. et al
c/o ABB Patent GmbH, Postfach 10 03 51
68128 Mannheim
68128 Mannheim (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Selbstlenkendes, dreiachsiges Laufgestell für ein Schienenfahrzeug


    (57) Es wird ein selbstlenkendes, dreiachsiges Laufgestell für ein Schienenfahrzeug vorgeschlagen, wobei die beiden Außenradsätze (3,4,7,8,9,11) über Lenker (20 bis 23) und Lenkbalken (16,17), die um bezüglich des Laufgestellrahmens (2,2') feste Schwenkachsen (18,19) schwenken, gegenläufig miteinander gekoppelt sind. Die beiden Lenkbalken (16,17) weisen zentrische Hebel (32,33) auf, deren Enden über ein längsverschiebliches Gelenk (34) miteinander verbunden sind. Einer dieser zentrischen Hebel (33) ist über einen Lenker (37) gelenkig mit dem Mittelradsatz (5,6,10) verbunden.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein selbstlenkendes, dreiachsiges Laufgestell für ein Schienenfahrzeug gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

    [0002] Ein solches selbstlenkendes, dreiachsiges Laufgestell für ein Schienenfahrzeug ist aus der DE 38 24 709 C2 bekannt. Dort wird ein Eisenbahnfahrzeug mit einem durch ein Laufgestell mit mindestens zwei Rad/Achsen-Anordnungen abgestützten Wagenkasten beschrieben, wobei das Laufgestell einen Laufgestellrahmen mit zwei parallelen Seitenträgern enthält, die durch mindestens einen sich quer dazu erstreckenden Querbalken verbunden sind und der Laufgestellrahmen von den Achsen durch Primärfederungsmittel getragen ist, die Gier-Bewegungen zum Lauf längs eines gekrümmten Gleises zulassen. Ein erstes Kraftübertragungsgestänge verbindet die Achsen mit dem Laufgestellrahmen und enthält mindestens einen querverlaufenden Lenkbalken, der mit einer Achse verbunden ist und ein schwenkbar mit dem Laufgestellrahmen verbundenes Zentrum besitzt, um ein Lenken der damit verbundenen Achse zur Verbesserung ihrer Radialstellung und eine Übertragung von Längskräften zwischen ihr und dem Laufgestellrahmen zu ermöglichen. Eine Kraftübertragungsanordnung verbindet den Laufgestellrahmen mit dem Wagenkasten. Die Kraftübertragungsanordnung ist als ein zweites Kraftübertragungsgestänge mit Pfosten, Platte und Stab ausgebildet, das folgende Merkmale aufweist:

    a) einen am Wagenkasten in Seitenrichtung zwischen den Seitenträgern und in Längsrichtung benachbart zu dem mindestens einen Querbalken angeordneten und von dem Wagenkasten nach unten abstehenden Wagenkastenpfosten,

    b) eine schwenkbar an dem Wagenkastenpfosten gehaltene Wagenkastenplatte mit seitlich einander gegenüberliegenden Schwenkstellen, die jeweils zwischen dem Wagenkastenpfosten und einem der Seitenträger angeordnet sind, und

    c) bewegbar angebrachte Verbindungsstäbe, die in Längsrichtung jede Schwenkstelle an der Wagenkastenplatte mit dem benachbarten Querträger verbinden, um Zug- und Bremskräfte zu übertragen und Gier- und Seitenbewegungen des Wagenkastens relativ zum Laufgestellrahmen zuzulassen.



    [0003] In weiterer Ausgestaltung dieses bekannten Eisenbahnfahrzeuges ist der Wagenkasten an dem Laufgestellrahmen durch elastische Sekundärfederungsmittel abgestützt, die seitlich beabstandet in Richtung auf gegenüberliegende Seiten des Laufgestellrahmens angeordnet sind, wobei das Laufgestell mindestens drei Rad/Achsen-Anordnungen enthält. Der Laufgestellrahmen weist zwei Querbalken der genannten Art auf, die jeweils zwischen einer Endachse und den restlichen Achsen mit Abstand angeordnet sind. Das erste Kraftübertragungsgestänge enthält zwei Lenkbalken, die jeweils einzeln mit jeder Endachse verbunden sind, und Verbindungsmittel, die die Lenkbalken so verbinden, daß Selbstlenk-Gier-Bewegungen der Rad/Achsen-Anordnungen einander entgegengesetzt gleich sind. Die Verbindungsmittel weisen folgende Merkmale auf:

    a) ein von jedem Lenkbalken nach oben abstehendes und schwenkbar an einem der Querbalken angebrachtes Drehmomentrohr mit einem oberhalb des jeweiligen Lenkbalkens angeordneten Hebel, wobei sich die Hebel quer in entgegengesetzte Richtungen erstrecken und

    b) eine die beiden Hebel zu gleichen, entgegengesetzt gerichteten Schwenkbewegungen verbindende Stange, die sich zur Verbindung der Lenkbalken diagonal über einen Abschnitt zwischen den Querbalken erstreckt.



    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein selbstlenkendes, dreiachsiges Laufgestell für ein Schienenfahrzeug der eingangs genannten Art anzugeben, bei dem auch der Mittelradsatz an dem Steuerungssystem beteiligt ist.

    [0005] Diese Aufgabe wird in Verbindung mit den Merkmalen des Oberbegriffes erfindungsgemäß durch die im Kennzeichen des Anspruchs 1 angegebenen Merkmale gelöst.

    [0006] Die mit der Erfindung erzielbaren Vorteile bestehen insbesondere darin, daß ein selbstlenkendes, dreiachsiges Laufgestell für ein Schienenfahrzeug geschaffen wird, bei dem alle drei Radsätze zur Steuerung bei Kurvenfahrt herangezogen werden, ohne daß dabei eine Erhöhung der Teile-Anzahl notwendig ist. Im Gegenteil reduziert sich die Teile-Anzahl im Vergleich zum bekannten Eisenbahnfahrzeug gemäß DE 38 24 709 C2. Durch die aktive Mitwirkung des Mittelradsatzes am Steuerungssystem werden die der Steuerbewegung entgegenstehenden horizontalen Federauslenkkräfte der Radsatzfedern leichter überwunden und insbesondere bei kleinen Bogenradien, bei denen für die radiale Stellung größere horizontale Auslenkungen der Radsatzfedern erforderlich werden, wird die Ausrichtung der Radsatzwelle zur Bogenmitte verbessert.

    [0007] Die Erfindung wird nachstehend anhand der in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiele erläutert. Es zeigen:
    Figur 1
    die Grundbauform des selbstlenkenden, dreiachsigen Schienenfahrzeuges,
    Figuren 2, 3
    zwei Varianten der Grundbauform mit zusätzlicher Steuerung des Mittelradsatzes über einen Steuerzylinder.


    [0008] In Figur 1 ist die Grundbauform des selbstlenkenden, dreiachsigen Schienenfahrzeuges dargestellt. Es ist die Sicht auf ein selbstlenkendes, dreiachsiges mit dem Wagenkasten eines Schienenfahrzeuges beweglich verbundenes Laufgestell 1 gezeigt. Das Laufgestell 1 weist einen aus parallelen Längsträgern 2 und mindestens einem Querträger 2' bestehenden Laufgestellrahmen auf. An den Längsträgern 2 sind Radsatzlager 3 bis 8 der drei Achsen 9 bis 11 über nicht dargestellte Radsatzfedern befestigt, und zwar Radsatzlager 3, 4 für die erste, dem ersten Antriebsmotor 13 zugeordnete Achse 9 (Außenachse, Außenradsatz), Radsatzlager 5, 6 für die zweite (mittlere), dem zweiten (mittleren) Antriebsmotor 14 zugeordnete Achse 10 (Mittelradsatz) und Radsatzlager 7, 8 für die dritte, dem dritten Antriebsmotor 15 zugeordnete Achse 11 (Außenachse, Außenradsatz).

    [0009] Die Radsatzlager 3, 4, 7, 8 der beiden Außenachsen 9, 11 sind unter anderem in Richtung parallel zu dem Längsträger 2 des Laufgestellrahmens, d.h. in Fahrtrichtung bzw. entgegen der Fahrtrichtung des Schienenfahrzeuges beweglich, was durch Richtungspfeile x1, x2 jeweils angedeutet ist. Die Radsatzlager 5, 6 der mittleren Achse 10 sind unter anderem in Richtung parallel zu den Querträgern 2' des Laufgestellrahmens, d.h. senkrecht zur Fahrtrichtung des Schienenfahrzeuges beweglich, was durch Richtungspfeile y1, y2 jeweils angedeutet ist.

    [0010] Die z.B. durch Tatzlagermotoren 13 bis 15 angetriebene Laufräder sind mit 12 bezeichnet.

    [0011] Parallel zu den Querträgern 2' und damit senkrecht zur Fahrtrichtung des Schienenfahrzeugs sind zwei Lenkbalken 16, 17 vorgesehen, die mittig um feste, beispielsweise mit dem Querträger 2' des Laufgestellrahmens verbundenen Schwenkachsen 18, 19 (Vertikalachsen des Fahrzeuges) beweglich sind. Die Enden dieser Lenkbalken 16, 17 sind über Lenker mit den Radsatzlagern der Außenachsen verbunden, und zwar sind ein Lenker 20 zwischen einem Gelenk 24 des Radsatzlagers 3 und einem Gelenk 25 des Lenkbalkens 16, ein Lenker 21 zwischen einem Gelenk 26 des Radsatzlagers 4 und einem Gelenk 27 des Lenkbalkens 16, ein Lenker 22 zwischen einem Gelenk 28 des Radsatzlagers 7 und einem Gelenk 29 des Lenkbalkens 17 sowie ein Lenker 23 zwischen einem Gelenk 30 des Radsatzlagers 8 und einem Gelenk 31 des Lenkbalkens 17 angeordnet.

    [0012] Die Lenkbalken 16, 17 weisen zentrische Hebel 32 bzw. 33 auf, die jeweils senkrecht bezüglich der Lenkbalken 16, 17 angeordnet und deren Enden über ein längsverschiebliches Gelenk 34 miteinander verbunden sind. Einer der beiden zentrischen Hebel, im Ausführungsbeispiel Hebel 33, ist über Gelenk 35 mit einem Lenker 37 verbunden, der andererseits über ein Gelenk 36 mit dem mittleren Radsatz z.B. am Gehäuse des mittleren Antriebsmotors 14 befestigt ist, das als Tatzlagermotor die Querauslenkung mit dem mittleren Radsatz gemeinsam ausführt.

    [0013] Nachfolgend wird die Funktionsweise des selbstlenkenden, dreiachsigen Laufgestells 1 beschrieben. Durch die Konfiguration Lenker 20 bis 23/Lenkbalken 16,17/zentrische Hebel 32, 33 ergibt sich in Verbindung mit den in Fahrtrichtung/entgegengesetzt zur Fahrtrichtung des Schienenfahrzeuges beweglichen Radsatzlager 3, 4, 7, 8 der Außenachsen 9, 11 eine gegenläufige Kopplung der Außenradsätze bei Kurvenfahrt des Schienenfahrzeuges. Bewegt sich beispielsweise das Radsatzlager 3 in Richtung x2, so muß sich zwangsläufig das Radsatzlager 4 aufgrund der Kopplung Lenker 20/Lenkbalken 16 mit Schwenkachse 18/Lenker 21 in Richtung x1 bewegen. Infolge der Schwenkung des Lenkbalkens 16 um die feste Schwenkachse 18 bewegen sich der zentrische Hebel 32 und somit auch das längsverschiebliche Gelenk 34 und der zentrische Hebel 33 in Richtung y2, wodurch sich eine gegensinnige Schwenkung des Lenkbalkens 17 um die Schwenkachse 19 ergibt, worauf das Radsatzlager 7 über den Lenker 22 in Richtung x1 und das Radsatzlager 8 über den Lenker 23 in Richtung x2 bewegt werden.

    [0014] Vorteilhaft ist auch der Mittelradsatz an dem Steuerungssystem beteiligt. Bei Kurvenfahrt bewegen sich der mittlere Antriebsmotor 14 mit Achse 10 nach bogenaußen, was durch die unter anderem quer zur Fahrtrichtung des Schienenfahrzeuges beweglichen Radsatzlager 5, 6 ermöglicht wird.

    [0015] Diese geometrische Auslenkung des Mittelradsatzes nach bogenaußen wird über den Lenker 37 auf die zentrischen Hebel 32, 33 als Steuerbewegung übertragen, beim vorstehend erwähnten Beispiel in Richtung y2. Bei Fliehkraftüberschuß im Bogen wirkt die Fliehkraft des mittleren Radsatzes demzufolge auf demselben Wege als zusätzliche Steuerkraft zur radialen Einstellung der Außenradsätze. Dies hilft, die der Steuerbewegung entgegenstehenden horizontalen Federauslenkkräfte der Radsatzfedern zu überwinden und verbessert insbesondere bei kleinen Bogenradien die Radsatzeinstellung zur Bogenmitte.

    [0016] Damit die Querbewegungen des Mittelradsatzes im geraden Gleis infolge Gleislagefehler möglichst noch keine Steuerbewegungen auf die Endradsätze ausüben, die die Stabilität des Drehgestellaufes vermindern, weist der Lenker 37 in den Gelenken 35 und/oder 36 Spiel auf.

    [0017] Im vorstehend erläuterten Ausführungsbeispiel wird stets von einem mit Tatzlagermotoren angetriebenen dreiachsigen Laufgestell für eine Lokomotive ausgegangen. Bei Antrieben, die nicht seitenfest mit dem Mittelradsatz verbunden sind und bei nichtangetriebenem Mittelradsatz oder nichtangetriebenem Drehgestell wird der Lenker 37 gelenkig mit einem Befestigungsteil, das auf dem mittleren Radsatz gelagert ist, verbunden.

    [0018] Durch die vorstehend erläuterte Radialsteuerung werden im Bogen die durch die Reibung Rad/Schiene verursachten Seitenkräfte vermindert bzw. im Idealfall vermieden.

    [0019] Seitenkräfte durch Fliehkraft oder Abtriebsüberschuß im Bogen müssen in jedem Fall von den Radsätzen (Achsen) auf das Gleis übertragen werden. Bei dreiachsigen Drehgestellen (Laufgestellen) wird die Fliehkraft üblicherweise nur von den Endradsätzen auf die Schienen übertragen, da diese Radsätze die Führung im Bogen ausführen. Während beim zweiachsigen Drehgestell jeder Radsatz den der Radsatzlast entsprechenden Fliehkraftanteil überträgt, muß beim dreiachsigen Drehgestell jeder Endradsatz etwa die Hälfte der durch Fliehkraft verursachten Seitenkräfte übertragen, wenn keine besonderen Vorkehrungen getroffen werden, damit auch der Mittelradsatz den der Radsatzlast entsprechenden Fliehkraftanteil überträgt.

    [0020] In Figur 2 wird deshalb eine Variante der Grundbauform mit zusätzlicher Steuerung des Mittelradsatzes gezeigt - wobei die zusätzliche Steuerung mittels eines Steuerzylinders zwischen Drehgestellrahmen und Mittelradsatz erfolgt -, bei der eine solche Verlagerung des Fliehkraftanteils auf den Mittelradsatz erfolgt, daß alle drei Radsätze je ein Drittel der durch Fliehkraft verursachten Seitenkräfte übertragen.

    [0021] Das Laufgestell nach Figur 2 weist alle vorstehend unter Figur 1 beschriebenen Baukomponenten auf, jedoch ist das Radsatzlager 6 zeichnerisch nicht dargestellt, um die zusätzlichen Baukomponenten deutlich zeigen zu können. Es ist ein Steuerzylinder 41 (allgemein: aktives Stellglied) vorgesehen, dessen beweglicher Kolben 40 über eine Kolbenstange 39 mit einem zusätzlichen Gelenk 38 am zentrischen Hebel 33 angreift. Der Steuerzylinder 41 ist andererseits über eine Verbindungsstange 42 mit einem Gelenk 43 am Längsträger 2 des Laufgestellrahmens befestigt.

    [0022] Beim quer zur Fahrtrichtung wirksamen Steuerzylinder 41 handelt es sich z.B. um einen doppeltwirkenden Druckluft- oder Hydraulikzylinder. Über Verbindungsleitungen, z.B. Hydraulikschläuche kann der Steuerzylinder in geeigneter Weise druckbeaufschlagt werden, so daß über den Kolben 40 und die Kolbenstange 39 eine zusätzliche Druckkraft bzw. Zugkraft zwischen Mittelradsatz und Drehgestell ausgeübt wird, die den Mittelradsatz zusätzlich nach bogenaußen drückt bzw. zieht. Die Steuerung des Steuerzylinders 41 erfolgt in Abhängigkeit der auftretenden Fliehkraft. Hierdurch belastet das aktive Stellglied (Steuerzylinder) den Mittelradsatz mit einem Fliehkraftanteil und entlastet entsprechend die Endradsätze.

    [0023] Durch den Steuerzylinder zwischen Mittelradsatz und Drehgestellrahmen ergibt sich folgender vorteilhafter Zusatzeffekt: Die Rückstellwirkung der Primärfedern, die der Bogeneinstellung aller drei Radsätze entgegensteht und die durch die Reibkräfte zwischen Rad und Schiene nur bei größeren Bogenradien überwunden werden kann, wird durch die Stellkraft gleichfalls überwunden.

    [0024] Die Stellkraft muß dann nur entsprechend höher sein als der Fliehkraftanteil des Mittelradsatzes.

    [0025] Bei Bogenfahrt mit hohem Beschleunigungsüberschuß bewirkt die Fliehkraft eine quasi statische Auslenkung der Querfederung zwischen Fahrzeugkasten und Drehgestell. Diese erschöpft unter Umständen das Querspiel, so daß für dynamische Querbewegungen infolge Gleisfehlern das Querschwingspiel eingeschränkt ist oder sogar der Queranschlag erreicht wird, was die Laufgüte horizontal verschlechtert. Eine Vergrößerung des Querspiels schränkt die Fahrzeugbreite ein.

    [0026] In Figur 3 wird deshalb eine Variante der Grundbauform mit zusätzlicher Steuerung des Mittelradsatzes gezeigt - wobei die zusätzliche Steuerung mittels eines Steuerzylinders zwischen Fahrzeugkasten und Mittelradsatz erfolgt -, bei der die bei Fliehkraftüberschuß auftretende quasi statische Querauslenkung zwischen Fahrzeugkasten und Drehgestell vermieden oder verringert wird. Gleichzeitig wird der Mittelradsatz zur Übertragung von Fliehkraft auf die Schienen herangezogen, um die beiden Endradsätze zu entlasten.

    [0027] Das Laufgestell weist alle vorstehend unter Figur 1 beschriebenen Baukomponenten auf. Zusätzlich ist ein Steuerzylinder 41' vorgesehen, dessen beweglicher Kolben 40' über eine Kolbenstange 39' mit einem zusätzlichen Gelenk 38' am zentrischen Hebel 33 angreift. Der Steuerzylinder 41' (allgemein: aktives Stellglied) ist andererseits über eine Verbindungsstange 42' mit einem Gelenk 44 am Fahrzeugkasten 45 befestigt.

    [0028] Beim quer zur Fahrtrichtung wirksamen Steuerzylinder 41' handelt es sich z.B. um einen doppeltwirkenden Druckluft- oder Hydraulikzylinder. Über Verbindungsleitungen kann der Steuerzylinder in geeigneter Weise druckbeaufschlagt werden, so daß über den Kolben 40' und die Kolbenstange 39' eine zusätzliche Druckkraft bzw. Zugkraft zwischen Mittelradsatz und Fahrzeugkasten ausgeübt wird, die den Fahrzeugkasten nach bogeninnen drückt bzw. zieht. Die Steuerung des Steuerzylinders 41' erfolgt in Abhängigkeit der auftretenden Fliehkraft und/oder des Bogenradius. Hierdurch belastet das aktive Stellglied (Steuerzylinder) den Mittelradsatz mit einem Fliehkraftanteil und entlastet die Endradsätze. Die Reaktionskraft wirkt auf den Fahrzeugkasten und vermindert die Auslenkung der Querfederung.

    [0029] Die Steuerkrafthöhe entspricht dem vom Mittelradsatz zu übertragenden Fliehkraftanteil zuzüglich der Federkraft zur Drehauslenkung der Endradsätze und der Federkraft des Mittelradsatzes, die durch die Pfeilhöhe des Gleisbogens zwischen den Endradsätzen entsteht.

    [0030] Der Anteil der möglichen Rückstellung der Fliehkraftauslenkung Fahrzeugkasten/Drehgestell ist vom Drehgestellgewicht im Verhältnis zum Fahrzeugkasten, vom Bogenradius und von der horizontalen Rückstellkraft der Radsatzfedern abhängig. Je schwerer das Drehgestell, je enger der Bogen (je größer die Pfeilhöhe), je höher die horizontale Steifigkeit der Radsatzfedern, um so größer ist der Anteil der möglichen Verminderung der quasi statischen Querauslenkung. Dabei wird davon ausgegangen, daß die Fliehkraftbelastung der Radsätze gleich ist.

    [0031] Wird die Fliehkraftbelastung des Mittelradsatzes jedoch höher gewählt als die der Endradsätze, was wegen seiner geringeren dynamischen Querbeanspruchung möglich ist, kann die Rückstellung der Fliehkraftauslenkung weiter gesteigert werden. Damit kann ein Optimum an Rückstellung der Fliehkraftauslenkung, Verteilung der Fliehkraft auf die drei Radsätze und Radialstellung der Radsätze erreicht werden.

    [0032] Es ist auch möglich, beide Maßnahmen gemäß Figur 2 und Figur 3 bei der Grundbauform des selbstlenkenden, dreiachsigen Schienenfahrzeuges gemäß Figur 1 vorzusehen.


    Ansprüche

    1. Selbstlenkendes, dreiachsiges Laufgestell für ein Schienenfahrzeug, wobei die beiden Außenradsätze (3,4,7,8,9,11) über Lenker (20 bis 23) und Lenkbalken (16,17), die um bezüglich des Laufgestellrahmens (2,2') feste Schwenkachsen (18,19) schwenken, gegenläufig miteinander gekoppelt sind, dadurch gekennzeichnet, daß die beiden Lenkbalken (16,17) zentrische Hebel (32,33) aufweisen, deren Enden über ein längsverschiebliches Gelenk (34) miteinander verbunden sind und daß einer dieser zentrischen Hebel (33) über einen Lenker (37) gelenkig mit dem Mittelradsatz (5,6,10) verbunden ist.
     
    2. Laufgestell nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß einer der zentrischen Hebel (33) über einen Lenker (37) gelenkig mit dem Gehäuse des auf der Radsatzwelle gelagerten Antriebsmotors (14) des Mittelradsatzes (5,6,10) verbunden ist.
     
    3. Laufgestell nach Anspruch 1 und/oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein quer zur Fahrtrichtung des Fahrzeuges wirksames aktives Stellglied - vorzugsweise ein Steuerzylinder (41) - zwischen Mittelradsatz (5,6,10) und Laufgestell (1) vorgesehen ist, das in Abhängigkeit der Fliehkraft derart angesteuert wird, daß der Mittelradsatz zusätzlich nach bogenaußen gedrückt oder gezogen wird.
     
    4. Laufgestell nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß ein quer zur Fahrtrichtung des Fahrzeuges wirksames aktives Stellglied - vorzugsweise ein Steuerzylinder (41') zwischen Mittelradsatz (5,6,10) und Fahrzeugkasten (45) vorgesehen ist, das in Abhängigkeit der Fliehkraft und/oder des Bogenradius derart angesteuert wird, daß der Fahrzeugkasten zur Bogenmitte hin und der Mittelradsatz nach bogenaußen gedrückt oder gezogen werden.
     
    5. Laufgestell nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Lenker (37) in mindestens einem seiner Gelenke (35 und/oder 36) Spiel aufweist.
     




    Zeichnung













    Recherchenbericht