[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Abführen von Kaltgewalzten Rohren hinter
einem kaltpilgerwalzwerk mit absatzweisem Vorschub und/oder Drehen des Rohres, bei
der das Rohr zwischen der Walzzone und einem mit konstanter Geschwindigkeit arbeitenden
Treiber in einer Pufferzone zum Ausgleich der zyklisch ungleichmäßigen Walzgeschwindigkeit
aus der Walzrichtung ausgelenkt wird.
[0002] Aus der gattungsbildenden DE 31 46 284 C2 ist ein Verfahren und eine Vorrichtung
zum Abführen von kaltgewalzten Rohren größer Länge hinter einem Walzwerk mit hin-
und hergehendem Walzgerüst und darin befindlichen zwangsangetriebenen kalibrierten
Walzen mit absatzweisem Vorschub und/oder Drehung des Rohres im Bereich eines oder
beider Totpunkte bekannt, wobei die wechselseitige Drehung je Drehrichtung gleich
groß ist. Das bekannte Verfahren sieht vor, die für Kaltpilgerwalzwerke mit hin- und
hergehendem Walzgerüst typische zyklisch ungleichmäßige Vorschub-/Austritts-Geschwindigkeit
des ausgewalzten Rohres in einer Pufferzone in eine konstante Auslaufgeschwindigkeit
umzuwandeln, während das Rohr durch einen mit konstanter Geschwindigkeit arbeitenden
Treibapparat in einem Abstand von der Walzzone geführt wird. Der Treibapparat ist
in einem solchen Abstand angeordnet, daß die Torsionsspannungen im Rohr die Fließgrenze
des Rohres nicht überschreiten.
[0003] Schon der bekannten Lösung liegt das bei Kaltpilgerwalzwerken bekannte Problem zugrunde,
daß bei größeren Rohrlängen stets die gesamte Rohrlänge beim zyklischen Vorschub beschleunigt
und abgebremst werden muß, wobei die dafür erforderlichen Beschleunigungskräfte vom
Umformprozeß aufgebracht werden müssen. Üblicherweise werden diese Beschleunigungs-
und Verzögerungskräfte von den Spannfuttern (Spannschlitten, Einlauf- und Auslaufspannfutter)
und eine ggfs. zusätzlich vorhandenen Rohrbremse übertragen. Schon bei Rohren ab Längen
von etwa 90 Metern entstehen Beschleunigungen über 10g, die mit längerwerdendem Rohr
anwachsen und letztlich dazu führen können, daß sich das Rohr in seiner Verzögerungsphase
unkontrolliert in Walzrichtung vorwärtsbewegt, d. h., es kommt zu einem ungewollten
Vorschub. Die aufzubringenden Verzögerungskräfte zum Halten des Rohres hängen u. a.
von der Masse des zu verzögernden Fertigrohres und von der Hubzahl des Kaltpilgerwalzwerkes
ab.
[0004] Ein anderes Problem besteht darin, daß, insbesondere beim Walzen von Kupferröhren
die Notwendigkeit besteht, die Hubzahl des Kaltpilgerwalzwerkes zu reduzieren, wenn
das augenblicklich gewalzte Rohr das erste der Halteorgane, nämlich den Spannschlitten
verlassen hat. Wenn das Rohr außerdem das Einlaufspannfutter verlassen hat, ist die
Hubzahl nochmals zu reduzieren. Diese Reduktion der Hubzahlen wirkt sich umso deutlicher
auf die gesamte erzielbare Produktion des Kaltpilgerwalzwerkes aus, je höher die Hubzahl
im Normalbetrieb liegt. Das gilt insbesondere, wenn die Nenn-Hubzahl durch andere
Maßnahmen gesteigert werden soll.
[0005] Bereits die gattungsbildende Schrift schlägt als Maßnahme zur Begrenzung der zu beschleunigenden
und zu verzögernden Massen vor, die Rohrlänge, die sich hinter der zwischen Walzzone
und Treiber gebildeten Pufferzone befindet, von der übrigen Rohrmasse dynamisch abzukoppeln.
so daß nur noch die in der Pufferzone befindliche Masse des Rohres zyklisch zu bewegen
ist. In der Ausführung der bekannten Lösung ist vorgesehen, das Rohr nach einer geradlinig
geführten Auslaufstrecke von ca. 30 Meter Länge aus der Walzebene auszulenken und
in einer Krümmung von ca. 15 Meter Radius bei einer Auslenkung von ca. 70 Grad in
den Treibapparat einzuführen.
[0006] Es hat sich in der Praxis gezeigt, daß eine derartig große Auslenkung aus der Walzachse
in nahezu allen Anwendungsfällen zu erheblichen Raumproblemen führt, die den Einsatz
der bekannten Vorrichtung ausschließt.
[0007] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ausgehend von dem bekannten Verfahren
und der bekannten Vorrichtung eine verbesserte Vorrichtung zu schaffen, mit der bei
verringertem Raumbedarf eine Anpassung der Pufferzone an die von Rohrdurchmesser und
Rohrmaterial abhängigen veränderlichen Parameter möglich ist.
[0008] Zur Lösung der Aufgabe wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, daß die Auslenkung des
Rohres zwangsgeführt S-förmig erfolgt.
[0009] In überraschender Weise hat sich herausgestellt, daß für die Abkopplung der großen
Rohrmassen hinter dem Treiber keine Pufferzone mit stetig gekrümmtem Auslauf mit großem
Radius erforderlich ist, sondern daß ein paralleles Versetzen des Rohres im Bereich
zwischen dem Kaltpilgerwalzwerk und dem Treiber ausreicht, wenn das Rohr in diesem
Bereich S-förmig gekrümmt wird. In diesem Bereich verändert das Rohr unter dem Einfluß
der Beschleunigungen und Verzögerungen seine Lage und damit seine Biegelinie derart,
daß zwischen den Lagen maximaler Beschleunigung und maximaler Verzögerung die in dieser
Zeit zusätzlich zur mittleren Rohraustrittsgeschwindigkeit ausgetretene Fertigrohrlänge
in der dann längeren Biegelinie Platz findet. Eine solche Vorrichtung, bei der das
Rohr in der erfindungsgemäßen Weise S-förmig zwangsgeführt ist, benötigt wesentlich
weniger Raum, als das bei der Lösung gemäß der DE 31 46 284 C2 der Fall ist und läßt
sich deshalb auch problemlos in bestehende Anlagen integrieren.
[0010] Es ist nach einem weiteren Merkmal der Erfindung auch denkbar daß die Auslenkung
in wechselnden Richtungen mit mehrfacher Umlenkung erfolgt. Auch bei dieser Variante
lassen sich die zwischenzupuffernden Fertigrohrlängen in der mehrfach gekrümmten Biegelinie
des Rohres speichern, ohne daß die Anlage unbrauchbare Ausmaße benötigt.
[0011] Da ein erfindungsgemäßer Auslauf eines Kaltpilgerwalzwerkes für ganz bestimmte Produktionsparameter,
wie Hubzahl, Fertigrohrlänge je Hub. Fertigrohrabmessung und Fertigrohrmaterial unterschiedliche
Auslenkungen des Rohres erfordert, ist nach einem weiteren Merkmal der Erfindung vorgesehen,
daß die Zwangsführung für das ausgelenkte Rohr einstellbar ist. Durch diese Einstellbarkeit
läßt sich die Pufferzone an die verschiedensten Produktionsparameter anpassen, um
eine optimale Wirkung zu erzielen.
[0012] Erfindungsgemäß kann die Auslenkung des Rohres an einer verstellbaren Führungswand
innerhalb eines mindestens dreiseitig geschlossenen Führungskanals erfolgen, die quer
zum Führungskanal in Auslenkrichtung des Rohres einstellbar ist. Durch diese Lösung
können die jeweils für das entsprechende Rohr erforderlichen Biegelinien erzwungen
werden.
[0013] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird nachfolgend
beschrieben. Es zeigt:
- Fig. 1
- eine Draufsicht auf ein Kaltpilgerwalzwerk mit der erfindungsgemäßen Pufferzone und
- Fig. 2
- eine vergrößerte Darstellung der einstellbaren Führungswand innerhalb der Pufferzone.
[0014] In Figur 1 ist mit 1 das Kaltpilgerwalzwerk bezeichnet, das unter Zwischenschaltung
von Schubstangen 2 von dem Antrieb 3 mit Getriebe und Massenausgleich angetrieben
ist, wobei die Walzen des Kaltpilgerwalzgerüstes 1 auf dem Rohr abwalzen. Jeweils
in den Totpunkten des Kaltpilgerwalzgerütes 1 wird in bekannter Weise das Rohr um
seine Längsachse gedreht und um einen bestimmten Betrag vorgeschoben, der sich aus
der Länge des Kalibers der Walzen ergibt. Jeder Vorschub bedeutet, daß das die Walzen
des Kaltpilgerwalzgerüstes 1 verlassende Rohr um den Vorschubweg beschleunigt und
zum Anhalten verzögert werden muß. Insbesondere dann, wenn bereits große Rohrlängen
das Kaltpilgerwalzwerk verlassen haben, sind sehr große Massen zu beschleunigen und
abzubremsen. Die Größe dieser Masse läßt sich dann begrenzen, wenn man das auslaufende
Rohr hinter einer Pufferzone 4 von einem Treiber 5 ergreift, der mit konstanter Geschwindigkeit,
die der mittleren Auslaufgeschwindigkeit des Rohres aus dem Kaltpilgerwalzgerüst 1
entspricht, transportiert und während dessen die absatzweise Vorwärtsbewegung des
Rohres in der Pufferzone 4 aufnimmt. Nach der Erfindung ist diese Pufferzone so ausgebildet,
daß bei einer S-förmigen Krümmung des Rohres in dieser Pufferzone 4 die Biegelinie
des S-förmig gekrümmten Rohres veränderbar ist, und zwar in einem solchen Maße, daß
die zyklisch schwankende Fertigrohrlängenveränderung in der S-förmigen Rohrstrecke
aufgenommen wird.
[0015] Wie in der Draufsicht in Figur 1 deutlich zu erkennen ist, ist der nachfolgende Haspel
H in Linie hinter dem Kaltpilgerwalzgerüst 1 angeordnet, d. h. das Rohr wird nur geringfügig
aus der Walzlinie und parallel zu dieser ausgelenkt. Dadurch sind die beim Stand der
Technik großen Umlenkradien, die sehr viel Platz bedurften, vermieden, ohne daß die
Speicherung der zyklisch das Kaltpilgerwalzgerüst verlassenden Rohrlänge nachteilig
beeinflußt wird. Natürlich kann statt des Haspels H auch ein gerader Auslauf für die
Rohre vorgesehen sein.
[0016] Um die Vorrichtung an unterschiedliche Produktionsparameter anpassen zu können, ist
die Pufferzone als mindestens dreiseitig geschlossener Führungskanal ausgebildet,
in die eine verstellbare Führungswand 6 integrierbar ist, die anhand von Figur 2 näher
beschrieben wird. Die Führungswand 6 ist zusammen mit einer Leitrolle 7 für das bei
R angedeutete Rohr mit Hilfe der Kolben-Zylinder-Einheit 8 verstellbar, wobei die
Endstellung gestrichelt dargestellt ist. Je nach Einstellung der Führungswand 6 lassen
sich unterschiedliche Biegeverläufe des Rohres einstellen, die wiederum unterschiedliche
Pufferwirkungen bei verschiedenen Rohren zeigen.
[0017] Der Treibapparat 5 ist geeignet, das fertiggewalzte Rohr aus dem Kaltpilgerwalzwerk
herauszuziehen, ohne daß das Rohrende störende peitschende Bewegungen macht, wie dies
beim Stand der Technik der Fall sein kann. Darüber hinaus ermöglicht der Treibapparat
5 die Zuführung auch sehr kurzer Rohre zu nachgeschalteten Einrichtungen, wie z. B.
Haspeln H. Schließlich kann der Treibapparat 5 auch als zusätzliches Organ zur Erzwingung
einer gleichmäßigen Bewegung des Fertigrohres eingesetzt werden, falls geringfügige
Abweichungen von den eingestellten Parametern vorliegt. In jedem Fall ist eine genaue
Regelung der Geschwindigkeit (Drehzahl) des Treibapparates 5 erforderlich, wie dies
bereits beim Stand der Technik der Fall ist.
[0018] Es ist aber auch denkbar, den Treibapparat 5 zur automatischen Korrektur der Führungswand
vorzusehen, wobei als Führungsgröße beispielsweise die über eine Rolle abgegriffene
Geschwindigkeit des Rohres dienen kann.
[0019] Der Funktionsablauf der dargestellten Vorrichtung ist wie folgt:
Der Rohranfang wird durch den Führungskanal 4 geleitet und von der Führungswand 6
umgelenkt. Diese ist in der in Figur 2 (mit durchgezogenen Linien) dargestellten Position
eingestellt und wird in die gestrichelte dargestellte Lage geschwenkt, sobald der
Rohranfang die Führungswand passiert hat. Im weiteren Verlauf wird der Rohranfang
durch den Führungskanal in den Auslauf geleitet und vom Treiber erfaßt. Während des
Walzbetriebes verändert das Rohr stetig seine S-förmig gekrümmte Biegelinie und speichert
die zyklisch anfallenden Rohrlängen bei gleichmäßigem Abzug des Rohres im Treibapparat
5.
[0020] Sobald das Rohr fertiggewalzt ist, wird es vom Treibapparat 5 komplett aus dem Kaltpilgerwalzgerüst
und der Pufferzone herausgezogen. In dem Moment, wo das Rohrende aus dem Kaltpilgerwalzwerk
austritt, kann die Führungswand 6 langsam in die (mit durchgezogenen Linien dargestellte)
Ausgangsstellung zurückgefahren werden, so daß das Rohr in eine gestreckte Lage gelangt.
1. Vorrichtung zum Abführen von kaltgewalzten Rohren hinter einem Kaltpilgerwalzwerk
mit absatzweisem Vorschub und/oder Drehen des Rohres, bei der das Rohr zwischen der
Walzzone und einem mit konstanter Geschwindigkeit arbeitenden Treiber in einer Pufferzone
zum Ausgleich der zyklisch ungleichmäßigen Walzgeschwindigkeit aus der Walzrichtung
ausgelenkt wird,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Auslenkung des Rohres (R) zwangsgeführt S-förmig erfolgt.
2. Vorrichtung zum Abführen von kaltgewalzten Rohren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Auslenkung des Rohres (R) in wechselnden Richtungen mit mehrfacher Umlenkung
erfolgt.
3. Vorrichtung zum Abführen von kaltgewalzten Rohren nach den Ansprüchen 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Zwangsführung für das ausgelenkte Rohr (R) einstellbar ist.
4. Vorrichtung zum Abführen von kaltgewalzten Rohren nach den Ansprüchen 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Auslenkung des Rohres (R) an einer verstellbaren Führungswand (6) innerhalb
eines mindestens dreiseitig geschlossenen Führungskanales (4) erfolgt, die quer zum
Führungskanal in Auslenkrichtung des Rohres (R) einstellbar ist.