[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Abstandsgewirk gemäß Oberbegriff des Anspruchs
1, ein Verfahren zur Herstellung dieses Abstandsgewirks gemäß Oberbegriff des Anspruchs
3 und eine Rechts-Rechts-Kettenwirkmaschine zur Durchführung des Verfahrens gemaß
Oberbegriff des Anspruchs 10.
[0002] Abstandsgewirke, bei denen ein vorderer und ein hinterer Warengrund durch Zwischenfäden
verbunden sind, haben vielerlei Anwendungszwecke in der Technik, bei Industrietextilien,
im Automobilbau, bei medizinischen Textilien, bei Sportbekleidung u.dgl. Dem Abstandsgewirk
können zahlreiche wünschenswerte Eigenschaften verliehen werden, wie elastische Nachgiebigkeit
gegenüber Druck, Luftdurchlässigkeit oder Feuchtetransport. Das Rohmaterial, das aus
Polyester, Polyamid, Polypropylen oder dergleichen besteht, kann sortenrein verwendet
werden und läßt sich daher auf einfache Weise recyclen.
[0003] Wenn man bisher eine spezielle Oberflächenstruktur wünschte, zum Beispiel Pol, auch
in Form von Velours oder Plüsch, mußte man auf das Abstandsgewirk eine Zusatzschicht
mit dieser Oberflächenstruktur aufkleben. Dies ist in allgemeiner Form in EP 0 529
671 A2 erläutert. Bei diesem Abstandsgewirk sind die Zwischenfäden abwechselnd mit
dem vorderen und mit dem hinteren Warengrund verbunden. Auf diese Weise ergibt sich
ein Bezugsmaterial, das für Kraftfahrzeugsitze, Armlehnen und Seitenwandverkleidungen
von Kraftfahrzeugen geeignet ist.
[0004] Aus US-PS 43 02 953 ist eine Rechts-Rechts-Kettenwirkmaschine bekannt, bei der die
mit dem vorderen und dem hinteren Warengrund vermaschten Zwischenfäden durch ein Messer
aufgeschnitten werden, so daß sich zwei Plüschbahnen ergeben. Jede dieser Plüschbahnen
kann an der Außenseite Polschlingen tragen, die dadurch entstehen, daß Polfäden um
nicht zur Maschenbildung herangezogene Nadeln der beiden Wirknadelbarren gelegt und
anschließend von ihnen abgeworfen werden. Da nur jede zweite Nadel eine Masche bildet,
ergibt sich eine verminderte Dichte der Endware.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Weg aufzuzeigen, wie man ein Abstandsgewirk,
das eine mit Pol versehene Oberfläche besitzt, mit verringertem Materialaufwand und
mit geringerem Arbeitsaufwand herstellen kann.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch das im Anspruch 1 gekennzeichnete Abstandsgewirk
gelöst.
[0007] Bei diesem Abstandsgewirk ist das Aufkleben einer Zusatzschicht nicht erforderlich.
Vielmehr sind die Polfäden durch ihre Vermaschung mit dem einen Warengrund und durch
das Kreuzen der Haltefäden sicher im Abstandsgewirk verankert. Beim Herausziehen der
Polfäden verringert sich zwar der Abstand des vorderen vom hinteren Warengrund. Die
Eigenschaften eines Abstandsgewirks bleiben aber erhalten, da ein durch die Länge
der Haltefäden bestimmter Abstand nicht unterschritten werden kann. Es entfallen nicht
nur die Arbeitsgänge des Herstellens der Zusatzschicht und des Aufklebens, sondern
es wird erheblich an Gewicht und Material gespart. Eine weitere Material- und Gewichtseinsparung
ergibt sich daraus, daß die Haltefäden, die für das Stauchverhalten des Abstandsgewirks
verantwortlich sind, nur mit dem anderen Warengrund vermascht sind. Auch der Fortfall
des Klebers führt zu einer Gewichtseinsparung. Außerdem hat der Stoffhersteller keine
zusätzlichen Investitionen für eine Klebemaschine.
[0008] Zur Bildung von Plüsch oder Velours beziehungsweise zur Vergleichmäßigung der Oberfläche
können die Polfäden gemäß Anspruch 2 geschert sein.
[0009] Zur Herstellung eines solchen Abstandsgewirks empfiehlt sich das Verfahren gemäß
Anspruch 3. Weil sich Polfäden und Haltefäden kreuzen und damit aneinanderhängen,
verkürzt sich beim Herausziehen der Polfäden der Abstand zwischen dem vorderen und
dem hinteren Warengrund so weit, wie es die Länge der Haltefäden erlaubt. Die Polbildenden
Teile der Polfäden werden daher bei der Herstellung des Abstandsgewirks zwischen vorderem
und hinterem Warengrund gespeichert. Nach dem Herausziehen wird die Staucheigenschaft
durch die Haltefäden bestimmt. Diese Art der Polherstellung erfordert keine maschenlos
bleibenden Wirknadeln. Vielmehr können die Pol- und Haltefäden unter Verwendung der
vollen Wirknadelanzahl gelegt werden.
[0010] Am einfachsten und schnellsten geht es nach Anspruch 4, wenn die Polfäden durch einen
Rauhvorgang nach außen gezogen werden.
[0011] Die Weiterbildungen nach den Ansprüchen 5 und 6 führen zu einer Velours- oder Plüschoberfläche.
Unregelmäßigkeiten beim Rauhen werden ausgeglichen.
[0012] Besonders günstig ist die gegenlegige Verarbeitung der Fäden des einen Fadensystems
und der Polfäden gemäß Anspruch 7. Beispielsweise wird das erste Fadensystem mit geschlossenen
Maschen und das Polfadensystem mit offenen Maschen gelegt. Dies ergibt einen Plattiereffekt,
d.h. der Warengrund wird von den Maschen der Polfäden überdeckt. Dadurch kommen die
Maschenköpfe und - schenkel oben auf die Außenseite der Warenfläche zu liegen und
können so besonders leicht von den Rauhkratzen der separaten Rauhmaschine erfaßt werden.
[0013] Mit Vorteil sind die Haltefäden gemäß Anspruch 8 Monofile. Sie haben daher eine gewisse
Elastizität, was zu den gewünschten Rückstelleigenschaften führt.
[0014] Die Weiterbildung nach Anspruch 9 ermöglicht es, die Höhe der herausgezogenen Polfäden
festzulegen.
[0015] Zur Herstellung eines solchen Abstandsgewirks empfiehlt sich eine Rechts-Rechts-Kettenwirkmaschine
gemäß Anspruch 10. Besonders wichtig ist hierbei, daß Polfäden und Haltefäden nur
mit jeweils einem Warengrund vermascht sind und einander kreuzen.
[0016] Konstruktiv läßt sich das Kreuzen am einfachsten erreichen, wenn die Legebarren gemäß
Anspruch 11 angeordnet sind.
[0017] Durch die gegenlegige Ansteuerung gemäß Anspruch 12 hält man den gewünschten Plattiereffekt.
[0018] Die Erfindung wird nachstehend anhand eines in der Zeichnung dargestellten, bevorzugten
Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es zeigen:
- Fig. 1
- den Arbeitsbereich einer erfindungsgemäßen Rechts-Rechts-Kettenwirkmaschine,
- Fig. 2
- ein Beispiel eines Legemusters,
- Fig. 3
- der Verfahrensablauf in schematischer Darstellung,
- Fig. 4
- schematisch ein erfindungsgemäß fertiggestelltes Abstandsgewirk,
- Fig. 5
- ein Abstandsgewirk mit kurzen Polfäden und
- Fig. 6
- ein Abstandsgewirk mit langen Polfäden.
[0019] Die in Fig. 1 veranschaulichte Rechts-Rechts-Kettenwirkmaschine besitzt eine vordere
Nadelfontur 1 mit Fräsblechen 2 und Wirknadeln 3 zur Herstellung eines vorderen Warengrundes
4 sowie eine hintere Nadelfontur 5 mit Fräsblechen 6 und Wirknadeln 7 zur Herstellung
eines hinteren Warengrundes 8.
[0020] Es gibt vier Legebarren L1 bis L4. Die Legebarre L1 führt ein erstes Fadensystem
9 zur Bildung des vorderen Warengrundes 4 zu. Die Legebarre L4 führt ein zweites Fadensystem
10 zur Bildung des hinteren Warengrundes 8 zu. Die Legebarre L3 führt Polfäden 11
derart zu, daß sie sich nur mit dem vorderen Warengrund 4 vermaschen. Die Legebarre
L2 führt Haltefäden 12 zu, die sich nur mit dem hinteren Warengrund 8 vermaschen und
an den Stellen 13 die Polfäden 11 derart kreuzen, daß Polfäden und Haltefäden aneinanderhängen.
[0021] Ein entsprechendes Legungsbild ist in Fig. 2 veranschaulicht. Hierbei ist zu beachten,
daß die Reihen der vorderen Wirknadeln 3 mit V und die Reihen der hinteren Wirknadeln
mit H bezeichnet sind. Alle Fadensysteme werden in diesem Ausführungsbeispiel als
Trikot gelegt, wobei die Legebarren L1 und L3 nur mit den Wirknadeln der vorderen
Reihe V und die Legebarren L2 und L3 nur mit den Wirknadeln der hinteren Reihe H zusammenwirken.
Da die Legebarre L3 den Polfäden 11 und die Legebarre L2 den Haltefäden 12 zugeordnet
ist, ergibt sich hierbei die Kreuzung der beiden Fäden. Die Polfäden 11 sind mit offenen
Maschen gelegt, während die Fäden des ersten Fadensystems 9 mit geschlossenen Maschen
verarbeitet werden. Dies führt dazu, daß die Überlegung der beiden Fadensysteme gegenlegig
erfolgt und daher der vordere Warengrund 4 von den Maschen der Polfäden 11 überdeckt
wird.
[0022] In Fig. 3 ist gezeigt, wie das so hergestellte Abstandsgewirk 14 in Richtung des
Pfeiles 15 vorwärts bewegt wird. Eine Rauhmaschine 16 weist Kratzen 17 an einem rotierenden
Träger 18 auf. Die Kratzen 17 erfassen die an der Oberseite des vorderen Warengrundes
4 liegenden Abschnitte der Polfäden 11 und ziehen diese nach außen, so daß sich außenliegende
Polschlingen 19 oder, wenn diese Schlingen durch die Kratzen 17 aufgerissen werden,
Velours ergibt. Die Polschlingen 19 können so weit herausgezogen werden, bis die Haltefäden
12 am vorderen Warengrund 4 anliegen. Hierdurch verkleinert sich das Volumen des Abstandsgewirks
14 bis auf eine durch die Länge der Haltefäden 12 vorgegebene Größe. Anschließend
werden die Polschlingen 19 in einer Schermaschine 20 geschert, so daß ein Velours
oder Plüsch an der vorderen Außenseite des Abstandsgewirks 14 verbleibt.
[0023] Auf diese Weise ergibt sich das in Fig. 4 veranschaulichte Abstandsgewirk 21, das
einen vorderen Warengrund 4, einen hinteren Warengrund 8, dazwischen Haltefäden 12
und an der Außenseite Polfäden 11 aufweist.
[0024] Unterschiedliche Polhöhen sind erzielbar durch eine Veränderung des Abstandes a der
Fräsbleche 2 und 6 sowie des Verhältnisses der Fadeneinlaufgeschwindigkeit von Polfäden
11 und Haltefäden 12. Bei gegebenem Abstand a erhält man Polschlingen mit geringer
Höhe b₁ und Halteschlingen mit größerer Höhe c₁, wenn die Einlaufgeschwindigkeit der
Polfäden geringer ist als diejenige der Haltefäden, wie dies in Fig. 5 veranschaulicht
ist. Im Gegensatz dazu erhält man eine größere Polhöhe b₂ und eine geringere Höhe
c₂ der Halteschlingen, wenn die Einlaufgeschwindigkeit der Polfäden größer ist als
diejenige der Haltefläden. Beispielsweise ist bei einer Bogenhöhe c₁ der Haltefäden
12 von 4 mm und 2 mm späterer Polhöhe b₁ zuzüglich 2 mm geschätzter Schrumpf in der
Rohware ein Fräsblechabstand von 8 mm einzustellen.
[0025] Von den dargestellten Ausführungsformen kann in vielfacher Hinsicht abgewichen werden,
ohne den Grundgedanken der Erfindung zu verlassen. So können die Funktionen von Polfäden
11 und Haltefäden 12 auch miteinander vertauscht werden, so daß die Polschlingen auf
der Außenseite des hinteren Warengrundes 8 herausgezogen werden. Es können andere
Grund- und Polbindungen angewendet werden, beispielsweise Tuch, Atlas oder Franse.
Es kann auch mit einer höheren Legebarrenzahl gearbeitet werden, um spezielle Effekte
zu erzielen. In gleicher Weise, wie es für die Polfäden veranschaulicht ist, können
auch die Haltefäden 12 unter nochmaliger Verkleinerung des Volumens des Abstandsgewirks
14 nach außen gezogen und analog zu den Polfäden gemäß Fig. 3 behandelt werden. Als
Fadenmaterial kommen alle bekannten Kunststoffe und sonstigen Materialien in Betracht.
Insbesondere sollen die Haltefäden als Monofile mit elastischer Rückstellkraft ausgebildet
sein.
[0026] Das neue Abstandsgewirk ist für die eingangs erwähnten und zahlreiche weitere bekannte
und neue Zwecke anwendbar. Besonders geeignet ist es als Bezugsmaterial für Fahrzeuginnenausstattungen,
Möbel u.dgl.
1. Abstandsgewirk, bei dem ein vorderer und ein hinterer Warengrund durch Zwischenfäden
verbunden sind, mit Pol versehener Oberfläche, dadurch gekennzeichnet, daß nur in
den einen Warengrund (4) eingebundene Polfäden (11) und nur in den anderen Warengrund
(8) eingebundene Haltefäden (12) einander kreuzen und die Polfäden (11) auf der Vorderseite
nach außen herausgezogen sind.
2. Abstandsgewirk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Polfäden (11) geschert
sind.
3. Verfahren zur Herstellung eines Abstandsgewirkes mit Pol aufweisender Oberfläche nach
Anspruch 1 oder 2, bei dem gleichzeitig aus mindestens einem ersten Fadensystem ein
vorderer Warengrund und aus mindestens einem zweiten Fadensystem ein hinterer Warengrund
gewirkt und beide durch Zwischenfäden miteinander verbunden werden, dadurch gekennzeichnet,
daß als Zwischenfäden Polfäden (11), die nur in den einen Warengrund (4) eingebunden
sind, und Haltefäden (12), die nur in den anderen Warengrund (8) eingebunden sind
und sich mit den Polfäden (11) kreuzen, gelegt werden und daß die Polfäden anschließend
an ihren an der Außenseite des Warengrundes (4) liegenden Abschnitten ergriffen und
nach außen gezogen werden.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß an den Wirkvorgang ein Rauhvorgang
anschließt, durch den die Polfäden (10) nach außen gezogen werden.
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Polfäden (11) als
Schlingen nach außen gezogen und dann aufgeschert werden.
6. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Polfäden (11) beim
Herausziehen zerrissen und dann nachgeschert werden.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Fäden
des einen Fadensystems (9) und die mit ihnen vermaschten Polfäden (11) in der Überlegung
gegenlegig verarbeitet werden.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Haltefäden
(12) Monofile sind.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Höhe der
herausgezogenen Polfäden (11) bei gegebenen Abstand (a) des vorderen vom hinteren
Warengrund (4, 8) durch Veränderung des Verhältnisses der Fadeneinlaufgeschwindigkeit
von Polfäden (11) und Haltefäden (12) einstellbar ist.
10. Rechts-Rechts-Kettenwirkmaschine zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche
3 bis 9 mit mindestens einer ersten Legebarre zur Erzeugung eines ersten Warengrundes,
mindestens einer zweiten Legebarre zur Erzeugung eines zweiten Warengrundes und mindestens
einer dritten und vierten Legebarre zum Legen von Zwischenfäden, die den ersten mit
dem anderen Warengrund verbinden, dadurch gekennzeichnet, daß die dritte Legebarre
(L3) derart gesteuert ist, daß sie Polfäden (11) nur in den einen Warengrund (4) einbindet,
und daß die vierte Legebarre (L2) derart gesteuert ist, daß sie Haltefäden (12) unter
Kreuzen (13) der Polfäden nur in den anderen Warengrund (8) einbindet.
11. Rechts-Rechts-Kettenwirkmaschine nach Anspruch 10 dadurch gekennzeichnet, daß von
den zwischen erster und zweiter Legebarre (L1, L4) angeordneten dritten und vierten
Legebarre die dritte (L3) der zweiten (L4) und die vierte (L2) der ersten Legebarre
(L1) benachbart ist.
12. Rechts-Rechts-Kettenwirkmaschine nach einem der Ansprüche 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet,
daß die erste und dritte Legebarre (L1, L3) in der Überlegung gegenlegig angesteuert
sind.