(19)
(11) EP 0 676 499 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.10.1995  Patentblatt  1995/41

(21) Anmeldenummer: 95105011.1

(22) Anmeldetag:  04.04.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6D06L 3/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 11.04.1994 DE 4412390

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
D-65929 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Jaekel, Frank, Dr.
    D-65812 Bad Soden (DE)
  • Reinhardt, Gerd, Dr.
    D-65779 Kelkheim (DE)
  • Kleber, Rolf, Dr.
    D-63263 Neu-Isenburg (DE)
  • Ahrens, Hendrik
    D-60489 Frankfurt (DE)
  • Volkwein, Günter
    D-65817 Eppstein (DE)

   


(54) Verfahren zum Bleichen von Textilien


(57) Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zum Bleichen von textiler Rohware mit Hilfe von Wasserstoffperoxid durch Behandeln der textilen Rohware mit einer wäßrigen Bleichflotte enthaltend Wasserstoffperoxid und einen Bleichaktivator, das dadurch gekennzeichnet ist, daß als Bleichaktivator ein N-Acyllactam der allgemeinen Formel I

worin n eine Zahl von 3 bis 5 und R1 ein C1-C5-Alkylrest bedeuten, eingesetzt wird.


Beschreibung


[0001] Bei der Textilbleiche wird die textile Rohware gebleicht, um sie zur Färbung oder zur Endausrüstung vorzubereiten. Bisher war es üblich, Bleichmittel, wie Wasserstoffperoxid, Natriumhypochlorit oder Natriumchlorit einzusetzen.

[0002] Es hat sich gezeigt, daß durch den Einsatz von Hypochloriten in Bleichprozessen halogenorganische Verbindungen entstehen, die gesundheitsschädigend sein können. Dies führt zu einem immer größer werdenden Verzicht dieses Bleichmittels.

[0003] Bei der im sauren pH-Bereich durchgeführten Natriumchloritbleiche kommt es zur Bildung von Chlordioxid, welches gesundheitsschädigend ist und eine Geruchsbelästigung darstellt. Zudem läßt sich dieses Bleichmittel nur auf ausgesuchten Textilmaschinen, bestehend aus besonderen Werkstoffen, einsetzen.

[0004] Aufgrund dieser Nachteile gelangt bevorzugt die Wasserstoffperoxidbleiche zum Einsatz.

[0005] Dem Übersichtsartikel "Aktivatoren und Stabilisatoren für die Peroxidbleiche" von Dr. W. Ney in Textilpraxis international 1974, Oktober und November, Seiten 1392 - 1565 ist zu entnehmen, daß Wasserstoffperoxid heute für alle Naturfasern pflanzlicher und tierischer Herkunft das gebräuchlichste Bleichmittel ist.

[0006] 
Um mit Wasserstoffperoxid einen Bleicheffekt zu erzielen, muß dieser erst aktiviert werden. Außerdem ist eine Stabilisierung der Bleichlösung notwendig, damit möglichst wenig Aktivsauerstoff verloren geht.

[0007] Allgemein üblich und am bekanntesten ist die Aktivierung mit Basen. Bei der Bleiche von Cellulosefasern wird für die Baumwolle fast ausschließlich Natronlauge, für Bastfasern - vor allem Leinen - wird Soda vorgezogen.

[0008] 
Nachteilig bei dem Einsatz von Basen ist die Alkaliempfindlichkeit von tierischen Fasern. Außer mit Basen läßt sich Wasserstoffperoxid noch auf andere Weise aktivieren, z. B. durch chemische Umsetzung des Wasserstoffperoxids zu organischen und anorganischen Persäuren.

[0009] Aus G. Rösch, Deutsche Textiltechnik 10 (1960), Heft 4, Seiten 191-195 ist der Einsatz von Peressigsäure in der Textilbleiche bekannt. Peressigsäure ist entflammbar. Die konzentrierte Lösung, die einen stechenden Geruch hat, ätzt und verbrennt die Haut. Der größte Nachteil der Peressigsäure ist ihre hohe Explosivität. Wird zur Herstellung Essigsäureanhydrid verwandt, so kann sich unter ungünstigen Bedingungen als Nebenprodukt Diacetylperoxid bilden, das ebenfalls spontan zu Zersetzung neigt.

[0010] 
Dieses Verhalten dürfte der Grund sein, weshalb die Peressigsäure als Bleichmittel nicht den erwarteten Erfolg gefunden hat.

[0011] Außer den vorgenannten Aktivierungsmethoden gibt es noch eine Reihe chemischer Verbindungen, die als Aktivatoren für Wasserstoffperoxid unter Bildung von Persäuren in Frage kommen.

[0012] Nach W. Ney haben sich solche Verbindungen als besonders wirksam erwiesen, die bei einem möglichst kleinen Molekulargewicht einen große Anzahl von reaktionsfähigen Acylgruppen besitzen, wie Tetraacetylethylendiamin (TAED) und Tetraacetylglykoluril (TAGU).

[0013] Aus DE-OS-1 695 219 ist der Einsatz von acylierten Glykolurilen, insbesondere TAGU, als Bleichmittel vor allem beim Bleichen von Fasern aller Art bekannt.

[0014] Die EP-A-125 641 und US-A-4 544 503 offenbaren die Verwendung von Acyloxibenzolsulfonsäuresalzen (AOBS) als Aktivatoren für die Peroxidbleiche von Geweben und als Färbehilfsmittel beim Färben von Acrylfasern.

[0015] Die EP-A-442 549 nennt den Einsatz von Phthalimidoperoxicarbonsäuren als Bleichmittel für Gewebe und harte Oberflächen.

[0016] DE-OS-1 291 317 beschreibt ein Bleichverfahren, welches zum Entfernen von Flecken auf Textilien geeignet ist, mittels organische N-Acylverbindungen enthaltenden Peroxidbädern. Als Aktivierungsmittel für die eingesetzten anorganischen Persalze, wie Natriumperborat-Tetrahydrat, Natriumperborat und Natriumpercarbonat, wird auch N-Acetylcaprolactam genannt.

[0017] 
Nachteilig an diesen Verfahren ist der zwingende Einsatz von anorganischen Persalzen.

[0018] EP-A-0 584 710 nennt ein Verfahren zum Blechen von textiler Rohware mit Hilfe von organischen Persäuren und Wasserstoffperoxid, bei dem die Bleichflotte als Bleichaktivator ein Carbonsäureamid, Carbonsäureester oder Sulfonsäuresalz enthält. Die beschriebenen festen Bleichaktivatoren zeigen den Nachteil, daß sie für die in der Textilindustrie anzutreffenden Dosiersysteme für flüssige Substanzen nicht eingesetzt werden können.

[0019] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, für das Blechen von textiler Rohware geeignete flüssige Bleichaktivatoren zur Verfügung zu stellen.

[0020] Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zum Bleichen von textiler Rohware mit Hilfe von Wasserstoffperoxid durch Behandeln der textilen Rohware mit einer wäßrigen Bleichflotte enthaltend Wasserstoffperoxid und einen Bleichaktivator, das dadurch gekennzeichnet ist, daß als Bleichaktivator ein N-Acyllactam der allgemeinen Formel I

worin

n eine Zahl von 3 bis 5 und

R1 ein C1-C5-Alkylrest bedeuten,


eingesetzt wird.

[0021] Bevorzugter Bleichaktivator ist N-Acetylcaprolactam.

[0022] Als textile Materialien werden bevorzugt eingesetzt: Cellulose, insbesondere unvorbehandelte natürliche Cellulose, wie Hanf, Leinen, Jute, Baumwolle, Regeneratcellulosefasern, wie Zellwolle, Viskoseacetat, Rayon, tierische Faser, wie Wolle und Seide sowie Chemiefasern, wie Polyamid-, Polyacrylnitril- oder Polyesterfasermaterialien sowie Fasermischungen,

[0023] z. B. solche aus Polyacrylnitril-Baumwolle oder Polyester-Baumwolle.

[0024] Das zu behandelnde textile Material kann in den verschiedenen Verarbeitungsstufen vorliegen, so z. B. das cellulosehaltige Material als loses Material Flotte, Kammzug, Garn, Gewirke, Gewebe oder Maschenware.

[0025] Das textile Material wird kontinuierlich (z.B. durch Imprägnierung) oder diskontinuierlich (z.B. mittels Ausziehverfahren in einem Bleichapparat) in wäßriger Flotte behandelt. Die wäßrige Bleichflotte enthält neben den genannten Bleichaktivatoren, Wasserstoffperoxid und gegebenenfalls Peroxidstabilisatoren, Wasch- und Netzmittel, Additive, wie Entschäumer und Lösungsverbesserer, Puffersysteme, wie Phosphatsalze und Citronensäure und basische Salze, wie Natriumhydrogencarbonat, Dinatriumcarbonat und/oder Natriumhydroxid.

[0026] Der pH-Wert der Bleichflotte liegt in einem Bereich von 5 bis 13, bevorzugt 7 bis 9.

[0027] Das molare Verhältnis Wasserstoffperoxid zu Bleichaktivator beträgt 1,0 - 5 : 1, bevorzugt 1,1 - 1,5 : 1, bezogen auf die aktive Carbonylgruppe des Bleichaktivators.

[0028] Durch den Einsatz der erfindungsgemäßen flüssigen Bleichaktivatoren kann die Bleichflotte auf die vorstehend beschriebene Weise in dem Flottenansatzbehälter hergestellt werden oder direkt über Dosiereinrichtungen zusammen mit den übrigen flüssigen Bestandteilen der Bleichflotte direkt dem Bleichapparat oder der Imprägnierkufe zudosiert werden.

[0029] In dem Bleichapparat wird die Ware mit der Bleichflotte genetzt und getränkt, so daß üblicherweise das Gewicht der Flotte das 3 - 50fache des Warengewichtes beträgt. Die textile Rohware wird kalt mit der Bleichflotte behandelt oder zusammen mit der Bleichflotte auf Temperaturen von 40 bis 130 ° C erwärmt und bei diesen Temperaturen behandelt. Üblich sind Behandlungszeiten von 30 Minuten bis 3 Stunden.

[0030] Bei den Imprägnierverfahren wird die textile Rohware in der Imprägnierkufe mit der Bleichflotte imprägniert, das heißt die Rohware wird durch Netzen und Tränken mit der Bleichflotte behandelt. Nach dem Imprägnieren wird die textile Rohware entweder über einen Zeitraum von 0,5 bis 24 Stunden, üblicherweise bei Raumtemperatur, kalt abgelegt oder in atmosphärischen Dämpfern mit Wasserdampf auf Temperaturen von 95 ° C bis 120°C aufgeheizt. Die Verweilzeit bei dieser Temperatur beträgt 1 Minute bis 2 Stunden.

[0031] Üblicherweise, jedoch nicht zwingend notwendig, schließt sich an die Bleiche mit den erfindungsgemäßen Bleichaktivatoren ein weiterer Bleichvorgang, z.B. die alkalische Peroxidbleiche an.

[0032] Es hat sich gezeigt, daß gerade durch die Kombination von Aktivator-Bleiche mit alkalischer Peroxidbleiche gute Weißgrade des textilen Materials erhalten werden. Nach der Bleiche wird das textile Material gewaschen.

[0033] Die nachfolgenden Beispiele sollen das erfindungsgemäße Verfahren erläutern.

Beispiel 1



[0034] Bleiche von Maschenware und entschlichteter Webware aus 100 % Baumwolle.

[0035] Im ersten Schritt erfolgt die aktivierte Peroxidbleiche:

8 g/I N-Acetylcaprolactam

5 g/I H202 (35 %ige wäßrige Lösung)

5 g/I kalzinierte Soda

3 g/I ®Lastabil TGS (Peroxidstabilisator, Warenzeichen der Hoechst AG, Mischung organischer Carbonsäure- und Phosphonsäuresalze)

3 g/I ®Hostapal FA (Wasch- und Netzmittel, Warenzeichen der Hoechst AG, Mischung verschiedener Fettalkoholethoxylate)



[0036] Der Flottenansatz erfolgt im Flottenansatzbehälter. Die Ware wird kalt geklotzt und 15 - 30 Minuten unter Sattdampf mit einer Temperatur von 97 - 102°C gedämpft. Anschließend erfolgt eine Wäsche.

[0037] Im zweiten Schritt wird die Ware naß-in-naß mit einer alkalischen Peroxidbleichflotte imprägniert.

[0038] 25 g/I H202 (35 %ige wäßrige Lösung) 4 g/I Ätznatron 3 g/I ®Lastabil TGS 3 g/I ®Hostapal FA

[0039] Die imprägnierte Ware wird 15 - 20 Minuten unter Sattdampf gedämpft und anschließend gewaschen.

Beispiel 2



[0040] Bleiche von Maschenware und entschlichteter Webware aus 100 % Baumwolle im Ausziehverfahren.

[0041] Das Flottenverhältnis Textilgut zu Bleichflotte beträgt 1:10.

[0042] Die Bleichflotte enthält 1 g/I ®Hostapal FA 1 g/I ®Lastabil TGS 2 g/I kalzinierte Soda 2 g/I H202 (35 %ige wäßrige Lösung) 3 g/I N-Acetylcaprolactam

[0043] Die Flotte wird zusammen mit dem Textilgut auf 60°C aufgeheizt und 1 Stunde auf dieser Temperatur gehalten. Anschließend wird Wasserstoffperoxid und Ätznatron zugegeben, so daß die Konzentrationen im Bleichbad wie folgt betragen:

6 g 35 %ige wäßrige H202-Lösung/1 Bleichbad

1 g/I Ätznatron



[0044] Die Bleichflotte wird auf 95°C hochgeheizt und 1 Stunde bei dieser Temperatur gehalten. Anschließend wird die Flotte abgelassen und die Ware mit warmem Wasser (60 °C) gespült.

Beispiel 3



[0045] Bleiche von Webware aus 100 % Viscosefaser.

[0046] Die Ware ist vorentschlichtet.

[0047] Die Bleichflotte enthält:

8 g/l N-Acetylcaprolactam

5 g/l H202 (35 %ige wäßrige Lösung)

5 g/l kalzinierte Soda

3 g/l ®Lastabil TGS

3 g/l ®Hostapal FA



[0048] Die Ware wird mit der Bleichflotte imprägniert und bei Raumtemperatur (20 - 30°C) 18 Stunden verweilt. Anschließend wird die Ware mit heißem Wasser gewaschen.


Ansprüche

1. Verfahren zum Blechen von textiler Rohware mit Hilfe von Wasserstoffperoxid durch Behandeln der textilen Rohware mit einer wäßrigen Bleichflotte enthaltend Wasserstoffperoxid und einen Bleichaktivator, dadurch gekennzeichnet, daß als Bleichaktivator ein N-Acyllactam der allgemeinen Formel I

worin

n eine Zahl von 3 bis 5 und

R1 ein C1-C5-Alkylrest bedeuten,


eingesetzt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß in der Bleichflotte das molare Verhältnis Wasserstoffperoxid zu Bleichaktivator 1,0-5:1, bevorzugt 1,1-1,5:1, bezogen auf die aktive Carbonylgruppe des Bleichaktivators, beträgt.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der pH-Wert der Bleichflotte in einem Bereich von 5 bis 13, bevorzugt 7 bis 9 liegt.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Behandeln der textilen Rohware mit Hilfe eines kontinuierlichen Verfahrens erfolgt.
 
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Behandeln mittels Imprägnierverfahren erfolgt.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die textile Rohware zunächst durch Netzen und Tränken mit der Bleichflotte behandelt wird, anschließend über einen Zeitraum von 0,5 bis 24 Stunden kalt abgelegt wird oder mit Wasserdampf auf eine Temperatur von 95 bis 120°C aufgeheizt wird und nachfolgend die gebleichte textile Rohware gewaschen wird.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Behandeln der textilen Rohware mit Hilfe eines diskontinuierlichen Verfahrens erfolgt.
 
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Behandeln mittels Ausziehverfahren erfolgt.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß die textile Rohware mit der Bleichflotte kalt oder bei einer Temperatur von 40 bis 130°C genetzt und getränkt wird, wobei das Gewicht der Flotte das 3 - 50fache des Rohwarengewichtes beträgt.