(19)
(11) EP 0 678 435 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.10.1995  Patentblatt  1995/43

(21) Anmeldenummer: 95105232.3

(22) Anmeldetag:  07.04.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B61F 5/38, B61F 3/16
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IE IT LI NL PT SE

(30) Priorität: 23.04.1994 DE 4414293

(71) Anmelder: DUEWAG AKTIENGESELLSCHAFT
D-47829 Krefeld (DE)

(72) Erfinder:
  • Küchler, Thomas
    D-40670 Meerbusch (DE)
  • Giesen, Ulrich
    D-47807 Krefeld (DE)
  • Hanneforth, Wolfgang, Prof. Dr.
    D-01326 Dresden (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Fahrwerk für Schienenfahrzeuge


    (57) Ein Fahrwerk für Schienenfahrzeuge, insbesondere Niederflur-Stadtbahnwagen hat vier Losräder (1), von denen die beiden in einer Fahrwerksquerebene angeordneten Losräder (1) jeweils ein Losradpaar ohne Koppelung der Drehbewegung dieser Losräder (1) bilden. Die in Längsrichtung des Fahrwerks hintereinander angeordneten Losräder (1) sind durch Verbindungsmittel, die vorzugsweise formschlüssig arbeiten, in ihrer Drehzahl gekoppelt. Zugleich können die Losräder (1) jeweils um eine innerhalb ihrer Spurweite angeordnete senkrechte Schwenkachse (12) Schwenk- bzw. Lenkbewegungen ausführen, und zwar unabhängig von der Stellung des Fahrwerks zu irgendwelchen anderen Fahrzeugteilen. Die Losräder (1) sind in ihren Schwenk- bzw. Lenkbewegungen gekoppelt.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Fahrwerk für Schienenfahrzeuge, insbesondere Niederflur-Stadtbahnwagen, mit vier Losrädern, von denen die beiden in einer Fahrwerksquerebene angeordneten Losräder jeweils ein Losradpaar ohne Koppelung der Drehbewegung dieser Losräder bilden.

    [0002] Bei herkömmlichen Radsätzen sind zwei an ihrer Lauffläche beispielsweise konisch profilierte Räder durch eine verdrehsteife Radsatzwelle miteinander verbunden, also auch in ihrer Drehzahl gekoppelt. Ein solcher Radsatz hat die Eigenschaft, sich im Spurkanal entlang einer sinusähnlichen Linie selbsttätig zu steuern, d. h., der Radsatz ist stets bestrebt, in der Mitte des Spurkanals zu laufen. Dabei bleibt der Spurkranz weitgehend frei von Führungskräften, zumindest in der Geraden und in Gleisbögen mit großem Radius. In engen Gleisbögen müssen nicht tangential zur Schiene ausgerichtete Räder quer zur Fahrtrichtung auf der Schiene verschoben werden. Diese sogenannte Wendebewegung erfolgt unter Beteiligung der Spurkränze gegen die Wirkung des zwischen Rad und Schiene vorliegenden Reibwertes. Hierbei ist für einen Radsatz, der einen engen Bogen ja nur mit Längsschlupf durchfahren kann, von einem durch das Vorhandensein des Längsschlupfes geminderten Haftreibwert auszugehen.

    [0003] Bei Fahrwerken mit Losrädern wird auf das Bauelement Radsatzwelle und damit auf eine wesentliche Grundlage der zuvor beschriebenen konventionellen Rad-Schiene-Technik verzichtet. Die oben genannte selbstzentrierende Eigenschaft des Radsatzes im Spurkanal ist bei einem Losradpaar nur gering. Das Losradpaar kann geringste tangentiale Fehlstellungen in bezug auf den Spurkanal selbst nicht korrigieren, wodurch die Spurkränze höher beansprucht werden. Des weiteren ist das Losradpaar zwar in der Lage, auch in engen Gleisbögen ohne Längsschlupf abzurollen; es benötigt jedoch höhere Führungskräfte am Spurkranz als der herkömmliche Radsatz, weil für die notwendige Wendebewegung bei nicht vorhandenem Längsschlupf der Haftreibwert in ungeminderter Größe zwischen Rad und Schiene überwunden werden muß.

    [0004] Durch die EP-A-0 511 949 ist ein Verfahren bekannt zur Steuerung eines Fahrwerks ohne starre Achsverbindungen, bei welchem zumindest zwei gegenüberliegende Losräder einzeln von separat ansteuerbaren Elektromotoren angetrieben werden. Um bei einem solchen Losrad-Fahrwerk wenigstens für einige Fahrtzustände näherungsweise die gleichen Laufeigenschaften zu erzielen, die für selbstzentrierende Radsätze mit fester Querverbindung zwischen den Rädern gelten, wird die Leistung der Elektromotoren einander gegenüberliegender Räder periodisch innerhalb vorbestimmter Bandbreiten erhöht oder erniedrigt, wobei die Leistungsänderung gegenphasig erfolgt. Für das Erzeugen eines solchen künstlichen Takt-Gegentakt-Rhythmus bedarf es spezieller Steuereinrichtungen.

    [0005] In der DE-C-38 08 593 ist ein Triebdrehgestell mit Losrädern beschrieben, von denen zwei in Querrichtung gegenüberliegende Losräder über Getriebemittel torsionssteif verbunden sind. Dadurch sollen die Führungseigenschaften eines Radsatzes mit durchgehender Radsatzwelle weitgehend erhalten bleiben. Die als Ersatz für die Radsatzwelle dienenden Getriebemittel unterliegen allerdings äußerst hohen Beanspruchungen, vor allem beim Durchfahren enger Gleisbögen.

    [0006] Zum Stand der Technik gehört ferner ein angetriebenes Fahrwerk mit lenkbaren Einzellaufwerken mit einer Zwangssteuerung (EP-B-0 439 574). Hierbei wird der Knickwinkel von gelenkig verbundenen Wagenkästen über ein Lenkgestänge auf die Einzellaufwerke für deren kurvenradiale Einstellung übertragen. Eine solche Zwangssteuerung bedeutet stets einen höheren baulichen Aufwand, wobei die gewollte kurvenradiale Einstellung der Laufwerke bei der Einfahrt und der Ausfahrt des Gelenkwagens in einen bzw. aus einem Gleisbogen nicht exakt vorliegen kann.

    [0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, den Losrädern eines Fahrwerks der gattungsgemäßen Art die Eigenschaft der selbsttätigen tangentialen Einstellung zur Schiene zu verleihen, wobei diese Eigenschaft sowohl in der Geraden als auch in jedem beliebigen Gleisbogen bestehen soll.

    [0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die in Längsrichtung des Fahrwerks hintereinander angeordneten Losräder in ihrer Drehzahl gekoppelt sind, wobei die Losräder jeweils um eine innerhalb ihrer Spurweite angeordnete senkrechte Schwenkachse unabhängig von der Stellung des Fahrwerks zu irgendwelchen anderen Fahrzeugteilen schwenken können, und die Losräder in ihren Schwenk- bzw. Lenkbewegungen gekoppelt sind.

    [0009] Ein Fahrwerk mit den zuvor genannten Merkmalen kann vorteilhaft selbsttätig in allen Situationen eine Stellung im Spurkanal einnehmen, die das längs- und querschlupffreie Abrollen der Losräder ohne Anlaufwinkel zur Schiene hin ermöglicht.

    [0010] Die Koppelung der Lenkbewegungen der Losräder erfolgt nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung derart, daß die Lenkwinkel der jeweils hintereinander angeordneten Losräder betragsmäßig stets gleich groß sind, jedoch in entgegengesetzter Richtung, während die Lenkwinkel der jeweils einer Fahrwerksquerebene zugeordneten Losräder gleich sind oder nur um das Maß verschieden sind, wie es für den Ausgleich des Radienunterschiedes zwischen der bogenäußeren Schiene und der bogeninneren Schiene sinnvoll ist.

    [0011] Gemäß einer nächsten vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung sind für die Drehzahlkoppelung der hintereinander angeordneten Losräder formschlüssig arbeitende Verbindungsmittel vorgesehen, die einen den Lenkbewegungen der Losräder entsprechenden Längenausgleich beinhalten. Als formschlüssig arbeitende Verbindungsmittel sind beispielsweise Ketten oder Zahnriemen mit zugehörigen, am jeweiligen Losrad befestigten Zahnrädern denkbar.

    [0012] Nach einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, daß die Verbindungsmittel jeweils mindestens aus zwei Winkelgetrieben und einer in ihrer Länge veränderbaren Koppelwelle gebildet sind. Ein Winkelgetriebe jeder Fahrwerkslängsseite kann mit der Antriebswelle eines Fahrmotors verbunden sein, der z. B. am oder im Wagenkasten des Schienenfahrzeugs angeordnet ist.

    [0013] Um die Drehzahlkoppelung der hintereinander angeordneten Losräder vorteilhaft mit einem Antrieb zu kombinieren, besteht eine nächste Ausführungsform der Erfindung darin, daß die Verbindungsmittel jeweils zwei Winkelgetriebe, einen damit verbundenen längsliegenden Fahrmotor sowie eine zwischen dem jeweiligen Winkelgetriebe und dem Losrad angeordnete Ausgleichskupplung aufweisen.

    [0014] Im Hinblick auf eine robuste Gestaltung des Fahrwerks mit rein mechanischen Mitteln, ist nach erfindungsgemäßen Weiterbildungen vorgesehen, daß die Lenkkoppelung der Losräder nur über Lenker oder über Hebel und Lenker erfolgt.

    [0015] Um auf besonders einfache Weise Einheiten von Losradpaaren zu schaffen, sieht eine weitere Ausführungsform der Erfindung vor, daß die Losräder einer Fahrwerksquerebene jeweils durch eine nicht rotierende Achsbrücke verbunden sind.

    [0016] Gemäß einer vor allem für den Fahrkomfort günstigen Ausgestaltung der Erfindung sind die Losräder über Primärfedern abgefedert, wobei die Federn ihrer Elastizität entsprechende Bewegungen der Losräder nicht nur in vertikaler Richtung, sondern auch in Querrichtung und vor allem für die Lenkbewegungen der Losräder in Längsrichtung zulassen. Die vertikalen Federbewegungen der Losräder können über dieselben Ausgleichskupplungen kompensiert werden, welche die Lenkbewegungen der Losräder zueinander erlauben.

    [0017] Eine weitere, günstige Ausgestaltung der Erfindung besteht darin, daß die Schwenkachsen der Losräder virtuell ausgebildet sind.

    [0018] Im weiteren werden Ausführungsbeispiele der Erfindung näher erläutert, die in den Zeichnungen schematisch dargestellt sind. Die Fig. 1a, 1b, 2, 3 und 4 zeigen jeweils das Prinzip eines Koppelradfahrwerks in der Draufsicht.

    [0019] Wie aus den Fig. 1a, 1b und 2 ersichtlich ist, hat das Fahrwerk insgesamt vier Losräder 1, die paarweise an jeweils einer Achsbrücke 2 drehbar gelagert sind. Die nicht rotierenden Achsbrücken 2 können in Richtung auf das Niveau der Schienen 11 gekröpft ausgebildet sein, um auch im Bereich des Fahrwerks einen Niederflur-Stadtbahnwagen mit tiefliegendem Fußboden zu ermöglichen.

    [0020] Die in Längsrichtung des Fahrwerks hintereinander angeordneten Losräder 1 sind in ihrer Drehzahl durch formschlüssig arbeitende Verbindungsmittel gekoppelt. Gemäß Fig. 1a und 1b erfolgt diese Koppelung über ein an jedem Losrad 1 angeschlossenes Winkelgetriebe 3 und jeweils eine Koppelwelle 4. Nach Fig. 2 sind die Losräder 1 jeder Fahrwerksseite mit Hilfe eines Fahrmotors 5 und der Winkelgetriebe 3 mit im Ausführungsbeispiel weiteren Stirnrädern 3a in ihrer Drehzahl gekoppelt und natürlich angetrieben.

    [0021] Zusätzlich zu der vorbeschriebenen Drehzahlkoppelung sind die beiden aus Losrädern 1 einer Fahrwerksquerebene gebildeten Radpaare in ihren Lenkbewegungen um senkrechte, in der Längsmittenachse des Fahrwerks angeordnete Schwenkachsen 12 derart miteinander gekoppelt, daß die Lenkwinkel dieser Radpaare betragsmäßig stets gleich groß sind, jedoch in entgegengesetzter Richtung. Die Lenkkoppelung der Losradpaare erfolgt beispielsweise durch den aus Fig. 1b ersichtlichen Lenker 8 oder durch die aus Fig. 1a und Fig. 2 ersichtlichen Hebel 7 und Lenker 8. Die Schwenkachsen 12 können körperlich ausgebildet sein (Fig. 1a und 1b) oder als virtuelle Achsen existieren (Fig. 2). Im Hinblick auf die Lenkbewegungen der Losradpaare sind die Koppelwellen 4 bei Fig. 1a und 1b in ihrer Länge teleskopartig veränderbar, z. B. durch integrierte Verzahnungen. Bei Fig. 2 ermöglichen zwischen jedem Losrad 1 und den Getriebemitteln angeordnete Ausgleichskupplungen 6 die besagten Lenkbewegungen. In engen Gleisbögen mit etwa 25 m Radius und bei einem Achsstand des Fahrwerks von z. B. 1800 mm liegen die Lenkwinkel in einer Größenordnung von 2° (bei dem einen Losradpaar + 2°, bei dem anderen - 2°).

    [0022] Wie in Fig. 2 dargestellt, können die Achsbrücken 2 über Primärfedern 9 gegenüber einem Fahrwerksrahmen 10 abgefedert werden. Die Federn 9 - vorzugsweise Flexicoilfedern - sollen auch ihrer Elastizität entsprechende Federbewegungen der jeweiligen Achsbrücke 2 in Längsrichtung zulassen, um die gewünschte Lenkbewegung der Losradpaare zu ermöglichen. Die beispielhaft dargestellte Lenkkoppelung der beiden Radpaare in Fig. 2 läßt auch eine querelastische Radpaarführung über diese Primärfedern 9 im Fahrwerksrahmen 10 zu, ohne daß Querbewegungen der Radpaare die Lenkkoppelung beeinflussen. Zudem bleiben im Ausführungsbeispiel nach Fig. 2 alle Lagerstellen, die zur Darstellung der virtuellen Schwenkachsen 12 ausgeführt sind, frei von vertikalen Lasten. Die Ausgleichskupplungen 6 kompensieren alle Federbewegungen der Achsbrücken 2 in bezug auf den Fahrwerksrahmen 10 sowie eventuelle Federbewegungen der Motor-Getriebe-Einheiten (Teile 5 und 3 bzw. 3a), die ihrerseits elastisch am Fahrwerksrahmen 10 aufgehängt sein können.

    [0023] In Fig. 3 und 4 ist im Unterschied zu den Ausführungsbeispielen nach Fig 1a, 1b und 2, bei denen die Schwenkachsen 12 der Losräder 1 einer Fahrwerksquerebene in einer gemeinsamen, in Radpaarmitte liegenden Schwenkachse zusammengefaßt sind, jedem Losrad 1 eine gesonderte, innerhalb der Spurweite liegende Schwenkachse 12 zugeordnet. Der Vorteil dieser gesonderten Schwenkachsen 12 besteht darin, daß bei vergleichbaren Schwenkwinkeln geringere Längsverschiebewege der Losräder 1 gegenüber den Getriebemitteln 3 und 3a auftreten und dadurch die Auslegung der Ausgleichskupplungen 6 vereinfacht wird.

    [0024] Gemäß Fig. 3 sind die Losräder 1 jeweils an einem Achsschenkel 13 drehbar gelagert. Die Achsschenkel 13 der einer Fahrwerksquerebene zugeordneten Losräder 1 sind ihrerseits jeweils an einer Achsbrücke 2 um die Schwenkachsen 12 lenkbar befestigt. Die Achsbrücken 2 sind in diesem Ausführungsbeispiel gegenüber dem Fahrwerksrahmen 10 nicht schwenkbar; die Lenkbewegungen werden nur von den Losrädern 1 und den zugehörigen Achsschenkeln 13 ausgeführt, wobei deren Lenkbewegungen wiederum über Lenker 8 und Hebel 7 gekoppelt sind.

    [0025] Nach Fig. 4 sind die Schwenkachsen 12 eines jeden Losrades 1 einzeln virtuell ausgebildet. Dies erfolgt mit Hilfe unterer Radlenker 14, wobei der Schnittpunkt der verlängerten Längsachsen der beiden einem Losrad 1 zugeordneten unteren Radlenker 14 die virtuelle Schwenkachse 12 darstellt. Gleichzeitig übernehmen die unteren Radlenker 14 gemeinsam mit oberen Radlenkern 14a die Querführung der Losräder 1. Vertikal sind die Losräder 1 über Primärfedern 9 abgestützt, und zwar in diesem Ausführungsbeispiel gegenüber dem aus dem Fahrmotor 5 und den Getriebemitteln gebildeten Antriebsblock. Dieser Antriebsblock erfüllt somit die tragende Funktion eines Längsträgers des Fahrwerks, so daß der übrige Fahrwerksrahmen 10 sehr einfach gestaltet werden kann und im wesentlichen nur noch die Aufgabe zu erfüllen hat, das Spurmaß zu wahren. Die Lenkkopplung der Losräder 1 erfogt auch im Beispiel der Fig. 4 durch Lenker 8 und Hebel 7. Durch entsprechende Anordnung der Angriffspunkte der Lenker 8 an den Hebeln 7 können auf einfache Weise für die Losräder 1 einer Fahrwerksquerebene entweder gleiche Lenkwinkel oder aber entsprechend eines gewünschten Ausgleiches des Radienunterschiedes zwischen der bogenäußeren Schiene und der bogeninneren Schiene geringfügig unterschiedliche Lenkwinkel erzielt werden.

    [0026] Der das Koppelradfahrwerk bestimmende Grundgedanke der Spurführung ist vereinfacht ausgedrückt folgender:
    Befindet sich das Fahrwerk in einer Schrägstellung im Spurkanal, d. h., es liegt ein Fehllenkwinkel vor, so führt dies zwangsläufig dazu, daß das vorlaufende Losradpaar beispielsweise an der linken Schiene 11 anläuft, während das nachlaufende Radpaar an der anderen, rechten Schiene 11 anläuft. Dies bedeutet, daß die hintereinander angeordneten, drehzahlgekoppelten Losräder 1 ihren Radaufstandspunkt bei verschiedenen Raddurchmessern haben. Bei der in diesem Beispiel betrachteten Stellung des Fahrwerks würde das linke vorlaufende Losrad 1 auf großem Raddurchmesser abrollen und das linke nachlaufende Rad 1 auf kleinem Durchmesser. Beide Räder 1 haben dieselbe Drehzahl, legen aber aufgrund der unterschiedlichen Raddurchmesser unterschiedliche Wege in gleicher Zeit zurück, d. h., ihr Radstand ändert sich. In umgekehrter Richtung läuft der gleiche Vorgang auf der anderen Seite des Fahrwerks ab.

    [0027] Diese gegensätzliche Veränderung des Radstandes auf der linken und der rechten Fahrwerksseite ist gleichbedeutend mit einer Schwenkbewegung der Losräder 1 um ihre jeweilige Schwenkachse 12. Es erfolgt also eine Korrektur des Lenkwinkels der Losräder 1 solange, wie die hintereinander laufenden Räder nicht auf gleichem Durchmesser abrollen. Das System ist also stets bestrebt, Fehllenkwinkel zu korrigieren, die ihr Resultat in der Veränderung der Lage der Radaufstandspunkte haben und somit in der Veränderung der wirksamen Raddurchmesser. Letztlich wird also dieses System ohne Fehllenkwinkel fahren. Wenn ohne Fehllenkwinkel gefahren wird, kann schließlich die, wenn auch nur geringe, zentrierende Eigenschaft eines Losrades wirken.

    [0028] Bei dem erfindungsgemäß ausgebildetenen Koppelradfahrwerk werden also nicht nur alle Nachteile eines Losrades gegenüber einem konventionellen Radsatz vermieden, sondern die Vorteile des Radsatzes für die Fahrt in der Geraden und im Gleisbogen mit großem Radius auch in engen Gleisbögen beibehalten.

    Liste der Bezugszeichen



    [0029] 
    1
    Losrad
    2
    Achsbrücke
    3
    Winkelgetriebe
    3a
    Stirnräder
    4
    Koppelwelle
    5
    Fahrmotor
    6
    Ausgleichskupplung
    7
    Hebel
    8
    Lenker
    9
    Primärfeder
    10
    Fahrwerksrahmen
    11
    Schienen
    12
    Schwenkachse
    13
    Achsschenkel
    14
    unterer Radlenker
    14a
    oberer Radlenker



    Ansprüche

    1. Fahrwerk für Schienenfahrzeuge, insbesondere Niederflur-Stadtbahnwagen, mit vier Losrädern (1), von denen die beiden in einer Fahrwerksquerebene angeordneten Losräder (1) jeweils ein Losradpaar ohne Koppelung der Drehbewegung dieser Losräder (1) bilden, dadurch gekennzeichnet, daß die in Längsrichtung des Fahrwerks hintereinander angeordneten Losräder (1) in ihrer Drehzahl gekoppelt sind, wobei die Losräder (1) jeweils um eine innerhalb ihrer Spurweite angeordnete senkrechte Schwenkachse (12) unabhängig von der Stellung des Fahrwerks zu irgendwelchen anderen Fahrzeugteilen schwenken können, und die Losräder (1) in ihren Schwenk- bzw. Lenkbewegungen gekoppelt sind.
     
    2. Fahrwerk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Lenkwinkel der jeweils hintereinander angeordneten Losräder (1) betragsmäßig stets gleich groß sind, jedoch in entgegengesetzter Richtung, während die Lenkwinkel der jeweils einer Fahrwerksquerebene zugeordneten Losräder (1) gleich sind oder nur um das Maß verschieden sind, wie es für den Ausgleich des Radienunterschiedes zwischen der bogenäußeren Schiene und der bogeninneren Schiene sinnvoll ist.
     
    3. Fahrwerk nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß für die Drehzahlkoppelung der hintereinander angeordneten Losräder (1) formschlüssig arbeitende Verbindungsmittel vorgesehen sind, die einen den Lenkbewegungen der Losräder (1) entsprechenden Längenausgleich beinhalten.
     
    4. Fahrwerk nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Verbindungsmittel jeweils mindestens aus zwei Winkelgetrieben (3) und einer in ihrer Länge veränderbaren Koppelwelle (4) gebildet sind.
     
    5. Fahrwerk nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Verbindungsmittel jeweils zwei Winkelgetriebe (3), einen damit verbundenen längsliegenden Fahrmotor (5) sowie eine zwischen dem jeweiligen Winkelgetriebe (3) und dem Losrad (1) angeordnete Ausgleichskupplung (6) aufweisen.
     
    6. Fahrwerk nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Lenkkoppelung der Losräder (1) nur über Lenker (8) erfolgt.
     
    7. Fahrwerk nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Lenkkoppelung der Losräder (1) über Hebel (7) und Lenker (8) erfolgt.
     
    8. Fahrwerk nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Losräder (1) einer Fahrwerksquerebene jeweils durch eine nicht rotierende Achsbrücke (2) verbunden sind.
     
    9. Fahrwerk nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Losräder (1) über Primärfedern (9) abgefedert sind, wobei die Federn (9) ihrer Elastizität entsprechende Bewegungen der Losräder (1) nicht nur in vertikaler Richtung, sondern auch in Querrichtung und vor allem für die Lenkbewegungen der Losräder (1) in Längsrichtung zulassen.
     
    10. Fahrwerk nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Schwenkachsen (12) der Losräder (1) virtuell ausgebildet sind.
     




    Zeichnung



















    Recherchenbericht