(19)
(11) EP 0 683 251 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.11.1995  Patentblatt  1995/47

(21) Anmeldenummer: 95106357.7

(22) Anmeldetag:  27.04.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6D01F 2/00, D01F 2/06, D01F 2/10, D06P 3/66
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR GB IT LI SE

(30) Priorität: 17.05.1994 DE 4417211
22.06.1994 DE 4421740

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
D-65929 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Schrell, Andreas, Dr.
    D-65929 Frankfurt (DE)
  • Russ, Werner Hubert, Dr.
    D-65439 Flörsheim (DE)
  • Huber, Bernd, Dr.
    D-93309 Kelheim (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Aminierung von cellulosischen Synthesefasern


    (57) Modifizierte cellulosische Synthesefasern werden hergestellt, indem man einer Celluloselösung einen Modifikator zusetzt und aus der Lösung Fasern spinnt, oder indem man einer Viskoselösung einen Modifikator zusetzt und nach dem Viskosespinnverfahren Fasern spinnt, dadurch gekennzeichnet, daß der Modifikator ein Amin der Formeln (1a), (1b), (1c), (1d) oder (1e) ist




            H₂N-alkylen-(ER)m   (1c)




    Die auf diese Weise hergestellten modifizierten cellulosischen Synthesefasern können ohne Zusatz von Elektrolytsalz oder Alkali mit Reaktivfarbstoffen gefärbt werden und sind bedeutend affiner als herkömmliche Viskosefasern.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung liegt auf dem Gebiet der Textilfärberei von Viskosefasern.

    [0002] In ihrem Färbeverhalten gleichen Viskosefasern, auch Celluloseregeneratfasern genannt, im wesentlichen dem der Baumwollfasern. Beim derzeitigen Stand der Technik sind zum Färben cellulosischer Natur- oder Regeneratfasern alkalispendende Mittel sowie Elektrolyte notwendig, um befriedigende Fixierergebnisse mit Reaktivfarbstoffen zu erzielen. Gerade diese notwendigen Zusätze stellen jedoch nicht zu akzeptierende Umweltbelastungen dar. Für die Zukunft von zunehmender Bedeutung werden daher Regeneratfasern, aufbauend auf Cellulose, sein, die salz- und alkalifrei färbbar sind. Eine Möglichkeit besteht darin, die Viskosefasern so zu modifizieren, daß sie in ihrem chemischen Verhalten tierischen Fasern, wie Wolle oder Seide, ähneln und unter neutralen Bedingungen mit anionischen Farbstoffen ohne weitere Salz- oder Alkalizusätze gefärbt werden können.

    [0003] Modifizierungen von Viskose sind in der Literatur bereits beschrieben. Die DE-A-1 948 487 beispielsweise beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von Viskosefasern mit geänderten Färbeeigenschaften. Die Herstellung gestaltet sich aber äußerst aufwendig und unwirtschaftlich. Darüberhinaus kommen langkettige Polyaminamide zum Einsatz, die den nativen Charakter der Faser aufgrund eines überwiegend lipophilen Aufbaus der verwendeten Zusätze bedeutend stören. Dies kommt beispielsweise bei Verwendung von Farbstoffen zum Ausdruck, die an sich nicht zum Färben von Cellulosematerial geeignet sind.

    [0004] Auch die DE-A-1 469 062 beschreibt aminalisierte Fasern. Bei den Zusätzen handelt es sich um Aminoethyl- und Diethylaminoethylcellulosen in hoher Konzentration, das Einfärben geschieht ausschließlich mit Säurefarbstoffen. Dementsprechend wird die Waschechtheit den heutigen Anforderungen nicht gerecht.

    [0005] In EP-A-0 284 010, EP-A-0 359 188 und EP-A-0 546 476 werden verschiedene aminogruppenhaltige Verbindungen als Mittel zur Vorbehandlung der Oberfläche von Cellulosefasern enthaltenden Textilien vor dem Färbeprozeß beschrieben. Der Nachteil solcher Verfahren besteht in einem zusätzlichen Verfahrensschritt und einer Vergilbung der Viskosefaser im Zuge der Modifizierung.

    [0006] Die französische Patentschrift 1 130 231 beschreibt die Umsetzung von Alkalicellulose mit N,N-Diethyl-3-amino-1,2-epoxypropan. Nachteilig bei diesem Verfahren sind die hohen Mengen an Wirksubstanz, bezogen auf die eingesetzte Alkalicellulose und die zur Reaktion notwendigen langen Verweilzeiten. Besonders negativ wirkt sich aus, daß das eingesetzte Amin unter den angegebenen Bedingungen und auch schon in Substanz polymerisiert und so nicht mehr zur Modifizierung der Cellulose zur Verfügung steht. Das sich bildende Polymerisat beeinflußt nachhaltig die folgende Xanthogenierung und den Spinnprozeß, in dessen Verlauf der gesponnene Faden immer wieder reißt.

    [0007] Bei Verwendung von Halogenalkylaminen, wie in der französischen Patentschrift 680,956 beschrieben, stellte sich heraus, daß die Reaktivität des Amins nicht ausreicht, um eine kovalente Bindung zwischen Amin und Faser herzustellen.

    [0008] Der vorliegenden Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, modifizierte Viskosefasern zur Verfügung zu stellen, um Textilien aus solchen Fasern salz- und alkalifrei mit Reaktivfarbstoffen zu färben und die genannten Nachteile des Standes der Technik zu vermeiden.

    [0009] Es wurde gefunden, daß diese Aufgabe überraschenderweise durch Beimischen nachstehend genannter Aminoverbindungen zu alkalisch aufgeschlossener Cellulose und anschließender Xanthogenierung, oder durch Beimischen zu einer Celluloselösung gelöst wird.

    [0010] Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind modifizierte cellulosische Synthesefasern, hergestellt indem man einer Celluloselösung einen Modifikator zusetzt und aus der Lösung Fasern verspinnt, oder indem man einer Alkalicelluloselösung oder Alkalicellulosemasse einen Modifikator zusetzt, xanthogeniert und nach dem Viskosespinnverfahren Fasern spinnt, dadurch gekennzeichnet, daß der Modifikator ein Amin der Formeln (1a), (1b), (1c), (1d) oder (1e)




            H₂N-alkylen-(ER)m   (1c)




    in welchen bedeuten:
    Z
    ist Wasserstoff, C₁-C₄-Alkyl, das mit 1 bis 2 OH-Gruppen substituiert sein kann, oder alkylen-(ER)-m ;
    ER
    ist eine Estergruppe;
    A und N
    bilden zusammen mit 1 oder 2 Alkylengruppen von 1 bis 4 C-Atomen den Rest eines heterocyclischen Ringes, worin
    A
    ein Sauerstoffatom oder eine Gruppe der allgemeinen Formel (a), (b) oder (c)

    ist, in welchen
    R
    ein Wasserstoffatom oder eine Aminogruppe ist oder eine Alkylgruppe von 1 bis 6 C-Atomen bedeutet, die durch 1 oder 2 Substituenten aus der Gruppe Amino, Sulfo, Hydroxy, Sulfato, Phosphato und Carboxy substituiert sein kann, oder eine Alkylgruppe von 3 bis 8 C-Atomen, die durch 1 oder 2 Heterogruppen, die aus den Gruppen -O- und -NH- ausgewählt sind, unterbrochen ist und durch eine Amino-, Sulfo-, Hydroxy-, Sulfato- oder Carboxygruppe substituiert sein kann,
    Wasserstoff, Methyl oder Ethyl ist,
    Wasserstoff, Methyl oder Ethyl ist und
    Z(-)
    ein Anion bedeutet;
    B
    ist die Aminogruppe der Formel H₂N- oder eine Amino- oder Ammoniumgruppe der allgemeinen Formel (d) oder (e)

    in welchen
    R¹, R² und Z(-)
    eine der obengenannten Bedeutungen besitzen,
    Methyl oder Ethyl ist und
    R⁴
    Wasserstoff, Methyl oder Ethyl bedeutet;
    p
    ist die Zahl 1 oder 2;
    alkylen
    ist ein geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest von 2 bis 6 C-Atomen, der durch 1 oder 2 Hydroxygruppen substituiert sein kann, oder ist ein geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest von 3 bis 8 C-Atomen, der durch 1 oder 2 Heterogruppen, die aus den Gruppen -O- und - NH-ausgewählt sind, unterbrochen ist;
    alk
    ist ein geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest von 2 bis 6 C-Atomen, oder ist ein geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest von 3 bis 8 C-Atomen, der durch 1 oder 2 Heterogruppen, die aus den Gruppen -O-und -NH- ausgewählt sind, unterbrochen ist und ist bevorzugt ein geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest von 2 bis 6 C-Atomen,
    m
    ist die Zahl 1 oder 2;
    n
    ist eine Zahl von 1 bis 4; und worin
    die Amino-, Hydroxy- und Estergruppen sowohl an einem primären, sekundären oder tertiären C-Atom des Alkylenrestes gebunden sein können; oder daß der Modifikator 2-Oxo-1,3-oxazolidin, 4-Aminomethyl-2-oxo-1,3-oxazolidin, 5-Aminomethyl-2-oxo-1,3-oxazolidin, 4-(Trimethylammonium-methyl)-2-oxo-1,3-oxazolidin-chlorid, 5-(Trimethylammonium-methyl)-2-oxo-1,3-oxazolidin-chlorid oder 1-(Trimethylammonium-methyl)-ethylencarbonat-chlorid ist.

    [0011] Besonders geeignet sind Modifikatoren, bei denen die Estergruppe eine Sulfato-oder Phosphatogruppe ist oder eine niedere Alkanoylgruppe, Phenylsulfonyloxy-oder eine am Benzolkern durch Substituenten aus der Gruppe Carboxy, niederes Alkyl, niederes Alkoxy und Nitro substituierte Phenylsulfonyloxygruppe ist.

    [0012] Als Modifikatoren haben sich insbesondere die Verbindungen N-(β-Sulfatoethyl)-piperazin, N-[β-(β'-Sulfatoethoxy)-ethyl]-piperazin, N-(γ-Sulfato-β-hydroxypropyl)-piperidin, N-(γ-Sulfato-β-hydroxy-propyl)-pyrrolidin, N-β-Sulfatoethyl-piperidin, 2-Sulfato-3-hydroxy-1-amino-propan, 3-Sulfato-2-hydroxy-1-amino-propan, 1-Sulfato-3-hydroxy-2-amino-propan, 3-Hydroxy-1-sulfato-2-amino-propan, 2,3-Disulfato-1-amino-propan oder 1,3-Disulfato-2-amino-propan, ein Derivat dieser Verbindungen mit einer anderen vorstehend genannten Estergruppe statt der Sulfatogruppe oder N-(2-Sulfatoethyl)-piperazinsulfat, bewährt. Darüberhinaus kommen Glycidyltrimethylammoniumchlorid, Aziridin, N-Hydroxyethyl-aziridin und Oxazolidinon in Betracht.

    [0013] Darüberhinaus sind für die Modifizierung der Alkalicellulosen auch solche Verbindungen geeignet, die als reaktiven Rest an der Aminkomponente eine α-Chlor-β-hydroxy-Substitution, vorzugsweise den 3-Chlor-2-hydroxypropyl-Rest, aufweisen. Weiterhin sind unter reaktiv im allgemeinen solche Molekülteile zu verstehen, die mit den Hydroxylgruppen der Cellulose reagieren können und eine kovalente chemische Bindung einzugehen vermögen.

    [0014] Der alkalische Aufschluß der Cellulose geschieht nach üblichen Methoden, beispielsweise mit 20 gew.-%iger Natronlauge bei 20 bis 40°C, wobei Alkalicellulose erhalten wird. Anschließend wird das überschüssige Alkali, beispielsweise die Natronlauge entfernt, beispielsweise durch Abpressen oder Abzentrifugieren.

    [0015] Die für das erfindungsgemäße Verfahren eingesetzten Modifikatoren werden entweder in alkalischem Medium oder in Substanz direkt in die Alkalicellulosemasse eingearbeitet und zeigen eine gute Verträglichkeit. Der Zusatz erfolgt in einer Menge von 1 bis 20 Gew.-%, vorzugsweise 1 bis 8 Gew.-%, bezogen auf den Cellulosegehalt der Alkalicellulosemasse.

    [0016] Nach Zugabe der Modifikatoren muß das Reaktionsgemisch für 15 Minuten bis 6 Stunden, vorzugsweise 1 bis 3 Stunden, "reifen", vorzugsweise bei Temperaturen von 40 bis 80°C. Anschließend wird das Reaktionsgemisch in üblicher Weise mit Schwefelkohlenstoff unter Bildung des Cellulose-Xanthogenats umgesetzt, zweckmäßigerweise bei Temperaturen von 5 bis 25°C für 0,5 bis 2 Stunden. Gegebenenfalls wird der überschüssige Schwefelkohlenstoff entfernt, vorzugsweise abdestilliert und regeneriert. Die auf diese Weise modifizierte Viskose wird zweckmäßigerweise in ein saures Fällbad eingepreßt und zu Fasern versponnen.

    [0017] Die Filtrierbarkeit der Viskose zeigt keine Verschlechterung im Vergleich mit zusatzfreien Proben, so daß im Verlauf des Spinnvorganges kein Verstopfen der Spinndüse zu beobachten ist. Die Verformung der Viskose wird nach üblichen und bekannten Methoden durchgeführt, wie z.B. mit Spinndüsen, einem nachfolgenden Fällbad, sowie gegebenenfalls weiteren Nachbehandlungsbädern.

    [0018] Nach dem Verspinnen werden Fasern erhalten, die erfindungsgemäß unter Anwendung elektrolytarmer oder gänzlich elektrolytfreier und alkaliarmer oder alkalifreier Färbeflotten (einschließlich Druckpasten und Ink-Jet-Flüssigkeiten) gefärbt werden können. Unter elektrolytarmen Färbeflotten werden solche mit einem Elektrolytgehalt unter 15 g/l und unter alkaliarmen Färbeflotten solche mit einem pH-Wert von höchstens 8,5 verstanden.

    [0019] Die genannten Fasern sind bezüglich Färben mit Reaktivfarbstoffen und Direktfarbstoffen bedeutend affiner als herkömmliche Viskosefasern, unterscheiden sich aber in den sonst gewünschten Eigenschaften, wie Glanz und Griff, kaum gegenüber den herkömmlichen Viskosefasern.

    [0020] Das textile modifizierte Fasermaterial, das für nachfolgende Färbeverfahren eingesetzt wird, kann in allen Verarbeitungszuständen, so als Garn, Flocke, Kammzug und Stückware (Gewebe) vorliegen.

    [0021] Bei der erfindungsgemäßen Aminierung der Cellulosefasern findet wahrscheinlich eine chemische Reaktion zwischen den Hydroxylgruppen der Cellulose und dem Modifikator unter Bildung kovalenter Bindungen statt.

    [0022] Das erfindungsgemäße Färben der aminierten textilen Fasermaterialien erfolgt analog bekannten Färbeweisen und Druckverfahren zum Färben oder Bedrucken von Fasermaterialien mit wasserlöslichen Textilfarbstoffen und unter Anwendung der hierfür bekanntermaßen eingesetzten Temperaturbereiche und üblichen Farbstoffmengen, jedoch mit der Ausnahme, daß für die Färbebäder, Klotzflotten, Druckpasten oder Ink-Jet-Formulierungen ein mengenmäßiger Zusatz von alkalisch wirkenden Verbindungen, wie sie üblicherweise zur Fixierung von faserreaktiven Farbstoffen benutzt werden, nicht erforderlich ist und des weiteren auf übliche Zusätze an Elektrolytsalzen verzichtet werden kann. Das erfindungsgemäße Färben der modifizierten Viskose geschieht zwischen pH 4 und pH 8,5, je nach Art des Farbstoffs. Bei Verwendung handelsüblicher Textilfarbstoffe sind normalerweise Salzgehalte von 0,01 bis 0,5 Gew.-%, bezogen auf die Färbeflotte, zugegen. Ohne die erfindungsgemäße Aminierung der Cellulosefasern wäre dieser Salzgehalt für ein erfolgreiches Färbeverfahren jedoch um den Faktor 50 bis 1000 zu gering.

    [0023] Als Färbeverfahren kommen beispielsweise die verschiedenen Ausziehverfahren, wie das Färben auf dem Jigger und auf der Haspelkufe oder das Färben aus langer oder kurzer Flotte, das Färben in Jet-Färbemaschinen, das Färben nach Klotz-Kaltverweilverfahren oder nach einem Klotz-Heißdampf-Fixierverfahren in Betracht. Als Druckverfahren kommen herkömmliche Drucktechniken einschließlich des Ink-Jet-Printings und des Transferdruckes in Betracht.

    [0024] Die Farbstoffe, die zum Färben der modifizierten Cellulose genutzt werden, sind im allgemeinen anionischer Natur, insbesondere Reaktivfarbstoffe sowie Säure-oder Direktfarbstoffe.

    [0025] Besonders geeignet sind die faserreaktiven Textilfarbstoffe, die mit Hydroxylgruppen, beispielsweise von Cellulose, oder Amino- und Thiolgruppen, beispielsweise von Wolle und Seide, von synthetischen Polymeren, wie Polyamiden, oder auch den erfindungsgemäß aminierten Cellulosen, reagieren können und eine kovalente Bindung einzugehen vermögen. Als faserreaktive Komponente an den Textilfarbstoffen seien besonders der Sulfatoethylsulfonyl-, Vinylsulfonyl-, Chlortriazinyl- und Fluortriazinyl-Rest sowie Kombinationen dieser Reaktivgruppen genannt.

    [0026] Als Reaktivfarbstoffe zum Färben oder Bedrucken von erfindungsgemäß modifizierten Viskosefasern sind alle wasserlöslichen, vorzugsweise anionischen Farbstoffe, die bevorzugt eine oder mehrere Sulfo- und/oder Carboxygruppen besitzen und die faserreaktive Gruppen enthalten, geeignet. Sie können außer der Klasse der faserreaktiven Farbstoffe der Klasse der Azo-Entwicklungsfarbstoffe, der Direktfarbstoffe, der Küpenfarbstoffe und der Säurefarbstoffe angehören, die beispielsweise Azofarbstoffe, Kupferkomplex-, Kobaltkomplex- und Chromkomplex-Azofarbstoffe, Kupfer- und Nickelphthalocyanin-Farbstoffe, Anthrachinon-, Kupferformazan-, Azomethin-, Nitroaryl-, Dioxazin-, Triphendioxazin-, Phenazin- und Stilbenfarbstoffe sein können. Solche Farbstoffe sind zahlreich in der Literatur beschrieben, beispielsweise in EP-A-0 513 656, und dem Fachmann allseits geläufig.

    [0027] Als Säure- oder Direktfarbstoffe zum Färben oder Bedrucken von erfindungsgemäß modifizierten Cellulosefasern sind beispielsweise die Diamin-Farbstoffe, ®Sirius Lichtecht-Farbstoffe, ®Alphanol-Farbstoffe, ®Cotonerol-Farbstoffe und ®Duasyn-Farbstoffe geeignet, wie z.B. C.I. Acid Black 27 (C.I. No. 26 310), C.I. Acid Black 35 (C.I. No. 26 320), C.I. Acid Blue 113 (C.I. No. 26 360), C.I. Direct Orange 49 (C.I. No. 29 050), C.I. Direct Orange 69 (C.I. No. 29 055), C.I. Direct Yellow 34 (C.I. No. 29 060), C.I. Direct Red 79 (C.I. No. 29 065), C.I. Direct Yellow 67 (C.I. No. 29 080), C.I. Direct Brown 126 (C.I. No. 29085), C.I. Direct Red 84 (C.I. No. 35 760), C.I. Direct Red 80 (C.I. No. 35 780), C.I. Direct Red 194 (C.I. No. 35 785), C.I. Direct Red 81 (C.I. No. 28 160), C.I. Direct Red 32 (C.I. No. 35 790), C.I. Direct Blue 162 (C.I. No. 35 770), C.I. Direct Blue 159 (C.I. No. 35 775), C.I. Direct Black 162:1 and C.I. Direct Violet 9 (C.I. No. 27 885).

    [0028] Eine für im Ink-Jet-Druck gebräuchliche Direktfarbstoff-Tintenformulierung besteht vorzugsweise aus:    5 bis 10 Gew.-% Direktfarbstoff
       3 bis 8 Gew.-% eines nichtionogenen Benetzungsmittels (z.B. ®Genapol C, O, X, PF-Marken)
       2 bis 10 Gew.-% Diethylenglykol, Propylenglykol oder ähnliche Glykole oder Glykolether
       0,1 bis 5 Gew.-% Glycerin, Di- oder Tetramethylharnstoff
       70 bis 89,9 Gew.-% destilliertes Wasser.

    [0029] Wenn nicht anders angegeben, sind die in den nachfolgenden Beispielen angeführten Teile Gewichtsteile.

    Beispiel 1



    [0030] 60 Teile eines handelsüblichen Zellstoffs werden mit 1000 Teilen einer 18 %igen Natronlauge versetzt und 45 Minuten vermengt. Nach dieser Zeit wird die überschüssige Lauge über eine Glasfritte abgesaugt. Der verbleibende feuchte, stark alkalische Alkalicellulosekuchen wird dann mit einer Lösung, die 30 Teile N-(2-Sulfatoethyl)piperazin-sulfat und 300 Teile 18 %ige Natronlauge enthält, aufgeschlämmt und erneut abgesaugt. Die so erzeugte Alkalicellulose beläßt man zum Reifen 60 Minuten bei 80°C, kühlt auf 15°C ab und setzt 20 Teile Schwefelkohlenstoff so zu, daß die Temperatur 30°C nicht übersteigt. Nach 45 Minuten Reaktionszeit trägt man die gelbliche Masse in 450 Teile einer 4 %igen Natronlauge ein und verrührt das Xanthogenat zu einer homogenen, viskosen Masse.
    Nach dem Entgasen wird die Spinnmasse nach üblichen Viskosespinnverfahren in ein schwefelsaures Natrium- und Zinksulfat-haltiges Bad zu Fasern versponnen, in sauren Bädern verstreckt, geschnitten, gewaschen, präpariert und getrocknet.
    10 Teile dieser trockenen Viskosefasern werden dann in einer Färbeapparatur mit 100 Teilen Wasser versetzt. Man heizt auf 60°C auf und dosiert insgesamt 0,1 Teile eines 50 %igen elektrolythaltigen (vorwiegend natriumchloridhaltigen) Farbstoffpulvers der Formel bekannt aus der DE-A-19 43 904,


    über eine Zeit von 30 min zu. Nach einer Nachlaufzeit von 5 min wird die farblose Restflotte abgelassen und das Material nach üblichen Methoden ausgewaschen und getrocknet. Man erhält eine farbstarke tiefrote Färbung mit sehr guten Gebrauchsechtheiten.

    Beispiel 2



    [0031] 10 Teile der entsprechend Beispiel 1 modifizierten Viskosefasern werden in einen Färbeapparat überführt und in einem Flottenverhältnis von 1:10 mit einer wäßrigen Flotte behandelt, die - bezogen auf das Warengewicht der trockenen Ware - 0,1 Teile eines Reaktivfarbstoffes der Formel bekannt aus der DE-A-24 12 964


    gelöst enthält. Man färbt die Fasermischung 30 Minuten bei 60°C. Die Weiterbehandlung der so erzeugten Färbung erfolgt durch Spülen und Seifen in der üblichen Weise. Man erhält eine tiefblaue Färbung mit sehr guten Gebrauchsechtheiten.

    Beispiel 3



    [0032] 100 Teile eines wie unter Beispiel 1 beschriebenen feuchten, stark alkalischen Alkalicellulosekuchens werden mit 3 Teilen einer wäßrigen Lösung, die 50 Teile 3-Chlor-2-hydroxypropyl-trimethylammoniumchlorid und 50 Teile Wasser enthält, durch Besprühen versetzt. Anschließend verfährt man entsprechend den Angaben des Beispiels 1 weiter. Nach dem Entgasen wird die Spinnmasse nach üblichen Viskosespinnverfahren in ein schwefelsaures, Natrium- und Zinksulfathaltiges Bad zu Fasern versponnen, in sauren Bädern verstreckt, geschnitten, gewaschen, präpariert und getrocknet.
    Nach dem Weben erhält man so ein textiles Viskosegewebe, das direkt in einem Färbeprozeß nach dem Klotz-Verfahren weiterverarbeitet werden kann. Hierzu wird eine wäßrige Farbstofflösung, die in 1000 Vol.-Teilen 20 Teile des Farbstoffs der Formel


    bekannt aus EP-A-0 158 233, Beispiel 1, und 3 Teile eines handelsüblichen nichtionogenen Benetzungsmittel gelöst enthält mittels eines Foulards mit einer Flottenaufnahme von 80 % bezogen auf das Gewicht des Gewebes, bei 25°C auf das Gewebe aufgebracht. Das mit der Farbstofflösung geklotzte Gewebe wird auf eine Docke gewickelt, in eine Plastikfolie gewickelt und während 4 Stunden bei 40 bis 50°C liegen gelassen und danach mit kaltem und heißem Wasser, das ein handelsübliches Tensid enthalten kann, und gegebenenfalls anschließend nochmals mit kaltem Wasser gespült und getrocknet.

    [0033] Es wird eine farbstarke, gleichmäßig gefärbte gelbe Färbung erhalten, die gute Allgemeinechtheiten, insbesondere gute Reib- und Lichtechtheiten, besitzt.

    Beispiel 4



    [0034] Man verfährt entsprechend den Angaben des Beispiels 1 und besprüht die erhaltene Alkalicellulose mit 4 Teilen einer alkalischen Lösung von 50 Teilen Glycidyltrimethylammoniumchlorid in 50 Teilen einer 18 %igen Natronlauge. Mit der erhaltenen Cellulose verfährt man weiter, wie unter Beispiel 1 beschrieben. Nach dem Entgasen, Verspinnen, Strecken, Schneiden, Waschen und Trocknen wird eine Faser erhalten, die nach einem üblichen Ausziehverfahren eingefärbt werden kann. Dazu werden 20 Teile der vorbehandelten Viskosefaser in einem Färbeapparat mit 200 Teilen einer wäßrigen Flotte behandelt,die - bezogen auf das Gewicht der trockenen Ware - 1,5 % des Reaktivfarbstoffs der Formel


    bekannt aus der EP-A-0 061 151, Beispiel 4, in handelsüblicher Form und Beschaffenheit enthält. Man färbt die Faser mit dieser Flotte 30 min bei 60°C. Die Weiterbehandlung der so erzeugten Färbung erfolgt durch Spülen und Seifen in üblicher Weise. Es resultiert eine lebhafte Orangefärbung mit den für Reaktivfarbstoffe üblichen guten Echtheiten.

    Beispiel 5



    [0035] Aus einer nach den Angaben des Beispiels 4 hergestellten Alkalicellulose wird nach den für Spinnviskosen üblichen Verfahrensschritten ein Fasermaterial aus modifizierter Viskose hergestellt, das ohne Salz- und Alkalizusätze in einem Ausziehverfahren reaktiv eingefärbt wird. Dazu wickelt man 30 Teile Viskosefaser auf eine Kreuzspule und behandelt das Garn in einer Garnfärbeapparatur, die 450 Teile (bezogen auf das Gewicht der Ware) einer Flotte, die 0,6 Teile, bezogen auf das Warenanfangsgewicht, eines elektrolythaltigen Farbstoffs (überwiegend natriumchloridhaltig) der allgemeinen Formel


    bekannt aus der DE-A-28 40 380, Beispiel 1, enthält und heizt auf 60°C auf, wobei die Flotte im Wechsel von innen nach außen und von außen nach innen gepumpt wird. Nach 60 min bei dieser Temperatur läßt man die Flotte ab, spült und wäscht nach den üblichen Konditionen die erhaltene Färbung nach. Man erhält eine egal gelb gefärbte Faser mit den allgemein guten Echtheiten für Reaktivfarbstoffe.

    Weitere Beispiele



    [0036] Man verfährt bei der Modifizierung der Viskose nach den Angaben des Beispiels 4 und färbt unter Verwendung der nachfolgend aufgeführten Reaktivfarbstoffe nach üblichen Verfahren, jedoch ohne Alkali- oder Salzzusätze und erhält ähnlich gute Ergebnisse, wie in den voranstehenden Beispielen.








    Beispiel 18



    [0037] Eine wie in Beispiel 1 modifizierte Viskose wird mittels einer oder zweier Walzen zur Führung und Spannung des Gewebes unter einem Ink-Jet-Druckwerk durchgeführt und mit wäßrigen Lösungen von Direktfarbstoffen bedruckt. Der Drucker arbeitet nach dem "Drop on Demand"-Verfahren und der Tintentropfen wird durch einen Druckstoß in der Düse (Piezzo-Verfahren) erzeugt. Um mehrfarbige Drucke zu erhalten, wird ein Vierfarbdruck mit den Grundfarben für die subtraktive Farbmischung (Gelb, Cyan, Magenta und Schwarz) ausgeführt. Als Cyan-Farbstoff wird C.I. Direct Blue 199, als Gelb-Farbstoff C.I. Direct Yellow 67, als Magenta-Farbstoff C.I. Direct Red 81 und als Schwarz-Komponente C.I. Acid Black 27 verwendet. Das bedruckte Gewebe wird anschließend 2 Minuten gedämpft und anschließend in üblicher Weise gespült und geseift. Der resultierende Druck verfügt über gute Allgemeinechtheiten.

    Weitere Beispiele



    [0038] Man verfährt entsprechend den Angaben des Beispiels 3 unter Verwendung der nachfolgenden aufgeführten Farbstoffe und erhält ähnlich gute Ergebnisse:
       C.I. Direct Violett 9 C.I. No. 27885
       C.I. Direct Brown 126 C.I. No. 29085
       C.I. Direct Orange 69 C.I. No. 29055
       C.I. Acid Blue 113 C.I. No. 26360
       C.I. Acid Blue 40 C.I. No. 62125


    Ansprüche

    1. Modifizierte cellulosische Synthesefasern, hergestellt indem man einer Celluloselösung einen Modifikator zusetzt und aus der Lösung Fasern verspinnt, oder indem man einer Alkalicelluloselösung oder Alkalicellulosemasse einen Modifikator zusetzt, xanthogeniert und nach dem Viskosespinnverfahren Fasern spinnt, dadurch gekennzeichnet, daß der Modifikator ein Amin der Formeln (1a), (1b), (1c), (1d) oder (1e)



            H₂N-alkylen-(ER)m   (1c)



    in welchen bedeuten:

    Z   ist Wasserstoff, C₁-C₄-Alkyl, das mit 1 bis 2 OH-Gruppen substituiert sein kann, oder alkylen-(ER)-m ;

    ER   ist eine Estergruppe;

    A und N   bilden zusammen mit 1 oder 2 Alkylengruppen von 1 bis 4 C-Atomen den Rest eines heterocyclischen Ringes, worin

    A   ein Sauerstoffatom oder eine Gruppe der allgemeinen Formel (a),(b) oder (c)

    ist, in welchen

    R   ein Wasserstoffatom oder eine Aminogruppe ist oder eine Alkylgruppe von 1 bis 6 C-Atomen bedeutet, die durch 1 oder 2 Substituenten aus der Gruppe Amino, Sulfo, Hydroxy, Sulfato, Phosphato und Carboxy substituiert sein kann, oder eine Alkylgruppe von 3 bis 8 C-Atomen, die durch 1 oder 2 Heterogruppen, die aus den Gruppen -O- und -NH- ausgewählt sind, unterbrochen ist und durch eine Amino-, Sulfo-, Hydroxy-, Sulfato- oder Carboxygruppe substituiert sein kann,

    R¹   Wasserstoff, Methyl oder Ethyl ist,

    R²   Wasserstoff, Methyl oder Ethyl ist und

    Z(-)   ein Anion bedeutet;

    B   ist die Aminogruppe der Formel H₂N- oder eine Amino-oder Ammoniumgruppe der allgemeinen Formel (d) oder (e)

    in welchen

    R¹, R² und Z(-)   eine der obengenannten Bedeutungen besitzen,

    R³   Methyl oder Ethyl ist und

    R⁴   Wasserstoff, Methyl oder Ethyl bedeutet;

    p   ist die Zahl 1 oder 2;

    alkylen   ist ein geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest von 2 bis 6 C-Atomen, der durch 1 oder 2 Hydroxygruppen substituiert sein kann, oder ist ein geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest von 3 bis 8 C-Atomen, der durch 1 oder 2 Heterogruppen, die aus den Gruppen - O- und -NH-ausgewählt sind, unterbrochen ist;

    alk   ist ein geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest von 2 bis 6 C-Atomen, oder ist ein geradkettiger oder verzweigter Alkylenrest von 3 bis 8 C-Atomen, der durch 1 oder 2 Heterogruppen, die aus den Gruppen - O-und -NH- ausgewählt sind, unterbrochen ist,

    m   ist die Zahl 1 oder 2;

    n   ist eine Zahl von 1 bis 4; und worin

    die Amino-, Hydroxy- und Estergruppen sowohl an einem primären, sekundären oder tertiären C-Atom des Alkylenrestes gebunden sein können; oder daß der Modifikator 2-Oxo-1,3-oxaxolidin, 4-Aminomethyl-2-oxo-1,3-oxazolidin, 5-Aminomethyl-2-oxo-1,3-oxazolidin, 4-(Trimethylammoniummethyl)-2-oxo-1,3-oxazolidin-chlorid, 5-(Trimethylammonium-methyl)-2-oxo-1,3-oxazolidin-chlorid oder 1-(Trimethylammonium-methyl)-ethylencarbonat-chlorid ist.
     
    2. Modifizierte cellulosische Synthesefasern nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Amin N-(β-Sulfatoethyl)-piperazin, N-[β-(β'-Sulfatoethoxy)-ethyl]-piperazin, N-(γ-Sulfato-β-hydroxypropyl)-piperidin, N-(γ-Sulfato-β-hydroxy-propyl)-pyrrolidin, N-β-Sulfatoethyl-piperidin, 2-Sulfato-3-hydroxy-1-amino-propan, 3-Sulfato-2-hydroxy-1-amino-propan, 1-Sulfato-3-hydroxy-2-amino-propan, 3-Hydroxy-1-sulfato-2-amino-propan, 2,3-Disulfato-1-amino-propan oder 1,3-Disulfato-2-amino-propan, N-2(-Sulfatoethyl)-piperazinsulfat, Glycidyltrimethylammoniumchlorid, Aziridin,N-Hydroxyethyl-aziridin oder Oxazolidinon ist.
     
    3. Modifizierte cellulosische Synthesefasern nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Amin einen 3-Chlor-2-hydroxypropyl-Rest hat.
     
    4. Modifizierte cellulosische Synthesefasern nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Amin in einer Menge von 1 bis 20, vorzugsweise 1 bis 8, Gewichtsprozent, bezogen auf den Cellulosegehalt der Alkalicellulosemasse, zugegeben worden ist.
     
    5. Modifizierte cellulosische Synthesefasern nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Celluloseregeneratfasern nach einem Viskosespinnverfahren ersponnen wurden.
     
    6. Verfahren zur Herstellung eines gefärbten oder bedruckten Textilmaterials aus cellulosischen Synthesefasern, dadurch gekennzeichnet, daß man ein modifiziertes cellulosisches Synthesefasermaterial gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5 zu einem Gewebe oder Gewirke verarbeitet und dieses mit einem oder mehreren anionischen Textilfarbstoffen in Abwesenheit von zusätzlichem Elektrolytsalz oder Alkali färbt oder bedruckt.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß das modifizierte cellulosische Synthesefasermaterial nach der Ink-Jet-Methode bedruckt wird.
     





    Recherchenbericht