(19)
(11) EP 0 685 589 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.12.1995  Patentblatt  1995/49

(21) Anmeldenummer: 95107500.1

(22) Anmeldetag:  17.05.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6D06L 1/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI PT

(30) Priorität: 30.05.1994 DE 4418833

(71) Anmelder: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Grütze, Joachim, Dr.
    D-51519 Odenthal (DE)
  • Riegels, Martin, Dr.
    D-42799 Leichlingen (DE)
  • Schulz, Rolf
    D-65817 Eppstein (DE)

 
Bemerkungen:
Ein Antrag gemäss Regel 88 EPÜ auf Berichtigung der Beschreibung liegt vor. Über diesen Antrag wird im Laufe des Verfahrens vor der Prüfungsabteilung eine Entscheidung getroffen werden (Richtlinien für die Prüfung im EPA, A-V, 3.).
 


(54) Verfahren zur Vorbehandlung natürlicher Fasern


(57) Die Erfindung betrifft neue Li+-haltige Bleichereihilfsmittel und Vorbehandlungsmittel für die Bleiche und Vorbehandlung von Baumwolle, Cellulose, Regeneratcellulose und deren Mischungen untereinander und mit Synthesefasern, die das Ziel haben, der Ware nach dem Bleich- oder Vorbehandlungsvorgang einen weichen Warengriff zu geben, die vorbehandlungsbedingte Faserschädigung zu verringern, die nachfolgende Netzbarkeit und die Anfärbbarkeit mit Direkt-, Reaktiv-, Küpen-, Naphthol- und Schwefelfarbstoffen zu verbessern.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Vorbehandlung natürlicher Fasern pflanzlichen oder tierischen Ursprungs mit einer Vorbehandlungsflotte, die gegebenenfalls neben anderen Textilhilfsmitteln anionische Netz- bzw. Dispergiermittel enthält, deren Gegenkationen zu 5 - 100 Äquivalent-% aller Kationen Lithium darstellen.

[0002] Pflanzliche und animalische Textil-Materialien werden zu ihrer Naßveredelung einer Reihe von Behandlungsschritten unterworfen. Hierzu zählen die Vorbehandlung, das Färben oder Bedrucken, soweit die Textilien nicht als Weißware eingesetzt werden sollen. In einem anschließenden Veredlungsprozeß ist die Nachbehandlung oder Ausrüstung zu nennen. Zur Vorbehandlung zählen das Waschen, das Abkochen, Beuchen und das Bleichen des nativen Rohmaterials. Notwendig ist diese Bleiche oder Vorbehandlung einerseits, um natürliche, farbige Baumwollbestandteile zu entfernen und somit durch deren Entfernung den Weißgrad des textilen Folgeproduktes zu erhöhen. Andererseits stören diese natürlichen Baumwollbestandteile beim Färben brillanter Nuancen, so daß eine gleichmäßige Aufhellung des zu färbenden Untergrundes notwendig ist, um den gewünschten Farbton nach der Färbung zu erzielen.

[0003] Zusätzlich wird durch den Bleichvorgang eine intensive Reinigung des Rohmaterials erreicht, und durch die Vorbehandlung werden wachstumsbedingte, morphologische und endogene Materialunterschiede der nativen Cellulose ausgeglichen, was einerseits zu höherem Farbstoffaufbauvermögen, andererseits zu gleichmäßigeren Warenbildern führt und zu besseren Warenlaufeigenschaften bei nachgeschalteten Naßveredlungsprozessen führt.

[0004] Bei der bisher durchgeführten Vorbehandlung, beispielsweise durch Bleichen, werden bereits hohe Weißgrade erzielt. Hierbei wird aber häufig neben der gewünschten Bleiche bereits ein teilweiser Abbau der natürlichen Faser beobachtet, was sich in einer verminderten Materialfestigkeit äußert. Es wurden daher Möglichkeiten gesucht, im Vorbehandlungsverfahren die bisherige Wasch- bzw. Bleichwirkung zu erhalten oder zu verbessern, dabei einen Angriff auf die Fasern zu vermindern, die Verbesserung des Warengriffs zu erreichen und die Morphologie der Fasern für eine nachfolgende Anfärbung mit Sulfogruppenhaltigen Direkt- oder Reaktivfarbstoffen weiter zu vergleichmäßigen. Es wurde gefunden, daß dies möglich ist, wenn man zur Vorbehandlung Flotten einsetzt, die anionische Netz- bzw. Dispergiermittel enthalten, deren Kationen mindestens teilweise Lithium darstellen.

[0005] Bisher ist es lediglich bekannt, Färbungen in Gegenwart von Li-Kationen vorzunehmen. So beschreibt EP 511 571 den Zusatz wasserlöslicher Li-Verbindungen, insbesondere LiHCO₃, zur wäßrigen Farbstoffzubereitung. JP 72/43 155 beschreibt die Färbung von Fasern und Kunststoffen mit kationischen Farbstoffen in Gegenwart grenzflächenaktiver Verbindungen, die Li-Salze sein können.

[0006] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Vorbehandlung natürlicher Fasern pflanzlichen oder tierischen Ursprungs oder deren Gemischen mit synthetischen Fasern mit einer Vorbehandlungsflotte, die anionische Netz- bzw. Dispergiermittel enthält, wobei weiterhin Bleichmittel und/oder Bleichstabilisatoren und/oder Tenside und/oder nicht-ionische Komponenten für die Textilbehandlung anwesend oder abwesend sind, das dadurch gekennzeichnet ist, daß die Kationen der anionischen Netz- bzw. Dispergiermittel zu 5 - 100 Äquivalent-% Lithium und zu 95 - 0 Äquivalent-% eines oder mehrere aus der Gruppe von Na⁺, K⁺, Ammonium, Ca⁺⁺ und Mg⁺⁺ darstellen.

[0007] Erfindungsgemäß vorzubehandelnde natürliche Fasern pflanzlichen oder tierischen Ursprungs sind beispielsweise Baumwolle, Regeneratcellulose, Leinen, Jute, Sisal, Wolle, Seide, deren Gemische untereinander oder deren Gemische mit synthetischen Fasern, wie Polyamid, Polyester oder Polyacrylnitril. In solchen Gemischen liegt die natürliche Faser in einer Menge von 10 - 95 Gew.-% vor. In bevorzugter Weise sind die natürlichen Fasern pflanzlichen Ursprungs, besonders bevorzugt Baumwolle und Leinen sowie deren Gemische mit den erwähnten synthetischen Fasern.

[0008] Als Formen der Vorbehandlung seien beispielsweise das Waschen, das Abkochen, Beuchen und das Bleichen, in bevorzugter Weise das Abkochen und das Bleichen, in besonders bevorzugter Weise das Bleichen genannt.

[0009] Erfindungsgemäß enthalten die Vorbehandlungsflotten anionische Netzmittel (I), anionische Dispergiermittel (II) oder Gemische beider, die als Gegenkation zu mindestens 5 Äquivalent-% Lithium enthalten. Solche anionische Netz- bzw. Dispergiermittel sind in bevorzugter Weise Phosphate, Sulfate, Sulfonate, Carboxylate oder ein Gemisch mehrerer von ihnen.

[0010] Beispiele für (I) sind:

1. Dialkyl- bzw. Diarylphosphate der allgemeinen Formel:

worin

R
für C₄-C₂₀ oder Aryl steht,
für Wasserstoff, Methyl, Ethyl oder Phenyl steht und
n
für eine Zahl von 0 bis 6 steht.

2. Fettalkoholsulfonate bzw. Sulfate der folgenden Formel:



        R²O(CH₂CHR³O)nCH₂CH₂-A-Li⁺,



worin

für C₁₂-C₂₂-Alkyl, C₁₂-C₂₂-Alkenyl oder C₁₂-C₂₂-Cycloalkyl steht,
für Wasserstoff, Methyl, Ethyl oder Phenyl steht,
n
für eine Zahl von 12 bis 60 steht, und
A
für eine anionische Gruppe, insbesondere SO₄- oder SO₃-, steht,

3. Sulfonierte Ricinusöle (Türkischrotöle) in Form von Lithiumsalzen.

4. Li-alkylarylsulfonate mit insgesamt 12 - 24 C-Atomen, wie z.B. die Dodecylbenzolsulfonsäure als Lithiumsalze.

5. Sulfonierte Säureamide aus höhermolekularen ungesättigten Fettsäuren der allgemeinen Formel

wobei

R⁴ und R⁵
unabhängig voneinander für C₁-C₆-Alkyl stehen
x
eine ganze Zahl von 12 - 18 und
y
eine ganze Zahl von 1 - 3 bedeuten,
z.B. das Sulfatierungsprodukt des Ölsäurediisobutylamids:

6. Alkylierte Naphthalinsulfonsäuren als Lithiumsalze, z.B.:

(statt i-C₄H₉ auch anderes C₁-C₄-Alkyl möglich).

7. Sulfobernsteinsäureester mit der allgemeinen Formel

worin

R⁶ und R⁷
unabhängig voneinander für C₆-C₂₂-Alkyl oder C₆-C₂₂-Alkenyl stehen.

8. α-Sulfo-Fettsäureester

worin

R⁸ und R⁹
unabhängig voneinander für C₆-C₁₈ stehen.



[0011] Beispiele für (II) sind:

1. Sulfonierte aromatische Kondensationsprodukte, beispielsweise aus Naphthalin, Formaldehyd und Schwefelsäure als Lithiumsalze, insbesondere der Formel

worin x eine Zahl von 1 - 3 darstellt.

2. Verbindungen der Formel

worin

R¹⁰
unabhängig vom jeweiligen Auftreten für C₄-C₁₂-Alkyl, C₁-C₁₂-Alkoxy, Phenyl, Cyclohexyl oder C₂-C₈-Hydroxyalkoxy steht,
R¹¹
unabhängig voneinander für Wasserstoff oder C₁-C₄-Alkyl steht,
x
für eine Zahl von 1 bis 10 steht und
y
unabhängig voneinander für Zahlen von 1 bis x + 1 steht.

3. Polykondensate aus

a) verschiedenen Alkylsulfonsäuren mit Halogenarylsulfonsäuren, wobei die Hauptkomponente folgender Formel entspricht:

worin

R¹²
für C₆-C₂₂-Alkyl oder C₆-C₂₂-Alkenyl steht.

b) reaktionsfähigen Alkylarylverbindungen mit aromatischen Sulfonsäuren, wie z.B. Benzylchlorid mit Naphthalinsulfonsäure, wobei die Hauptkomponente folgender Formel entspricht:

worin

x
für 1 - 3 steht.

c) Diphenyletherderivate u.ä. mit Arylsulfonaten und Formaldehyd, wobei die Hauptkomponente folgender Formel entspricht:

worin

x
für 1 - 3 steht.

d) Kresolsulfonsäuren mit Formeldehyd, wobei die Hauptkomponente folgender Formel entspricht:

worin für

x
1 - 3 steht.

e) Harnstoff-Formaldehyd mit Phenolsulfonsäure, wobei die Hauptkomponente folgender Formel entspricht:

worin

x
= 1 oder 2 und
y
= 1 oder 2 sein können.

4. Verbindungen der Formel

worin

R¹³
für C₆-C₂₂ steht.



[0012] Die anionischen Netz- bzw. Dispergiermittel (I) bzw. (II) sind bekannte Verbindungen, die auf bekannte Weise hergestellt werden können. Erfindungsgemäß erfolgt nun ihre Neutralisation mindestens teilweise mit LiOH, Li₂CO₃, LiHCO₃ oder anderen Li-Salzen schwacher Säuren. Liegen hergestellungsbedingt die Na-, K- oder Ammonium-Salze vor, wird die freie Säure von (I) bzw. (II) mit Hilfe eines sauren Ionenaustauschers erhalten und anschließend mit einer der oben genannten Li-Verbindunngen neutralisiert. Ebenso wie mehrere der genannten Netzmittel (I) als Gemisch in einer Vorbehandlungsflotte für das erfindungsgemäße Verfahren vorliegen können oder mehrere Dispergiermittel (II) vorliegen können, können auch Gemische von Stoffen aus der Gruppe (I) mit Stoffen der Gruppe (II) vorliegen. Ebenso ist es möglich, daß neben dem Li-Kation auch andere Kationen von Na, K-, Ammonium, Ca oder Mg neben Li vorliegen können. Erfindungsgemäß liegen 5 - 100 Äquivalent-% Li und 95 - 0 Äquivalent-% eines oder mehrerer der anderen Kationen vor. Wichtig ist, daß pro 100 g vorzubehandelnder Faser 0,02 - 5 g, bevorzugt 0,1 - 2 g Li-Kationen enthaltende Netz- bzw. Dispergiermittel in der Vorbehandlungsflotte vorliegen.

[0013] In einer weiteren Variante können Li-haltige (I) bzw. (II) auch in der Vorbehandlungsflotte aus nicht Li-haltigen Netz- bzw. Dispergiermitteln und zugesetzten Li-Verbindungen aus der Gruppe von LiOH, anorganischen und organischen Li-Salzen gebildet werden.

[0014] Des weiteren können der Vorbehandlungsflotte noch übliche nicht-ionische Komponente (III) zugesetzt werden, wie z.B.

1. Alkoxylierte C₈-C₂₀-Fettalkohole mit 2 bis 12 Ethylenoxid (EO)- bzw. Propylenoxid (PO)-Einheiten,

2. Alkoxylierte C₇-C₂₀-Alkylphenole mit 2 bis 12 EO bzw. PO sowie

3. ε-Caprolactam,

4. Polyvinylpyrrolidone.



[0015] Die erfindungsgemäßen Vorbehandlungsflotten enthalten die Alkalisalze von (I) und (II) in einer Gesamtmenge von 0,2 - 20 g/l, bevorzugt 0,5 - 10 g/l, wobei eines oder mehrere Netzmittel (I) oder eines oder mehrere Dispergiermittel (II) oder Gemische (I) und (II) eingesetzt werden. Die Alkalisalze liegen im angegebenen Umfang mindestens teilweise als Li-Salze vor. Falls ein anderes Kation neben Li⁺ vorliegt, ist dies bevorzugt Na⁺.

[0016] Das erfindungsgemäße Vorbehandlungsverfahren kann in Form des Ausziehverfahrens oder in Form des Foulard-Verfahrens durchgeführt werden. Als Temperaturbereich kommt der von 20°C - 110°C in Frage, wobei das Abkochen als Vorbehandlung bevorzugt im oberen Teil dieses Bereiches, nämlich von 70 - 98 °C, durchgeführt wird, während Waschen und Bleichen im gesamten Temperaturbereich ausgeführt werden können. Die Dauer der Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist abhängig vom Grad der Verfärbung bzw. Verschmutzung und ist für den Fachmann klar erkennbar.

[0017] Die erfindungsgemäße Form der Vorbehandlung als Bleiche wird so durchgeführt, daß der Flotte als Bleichmittel ein Hypochlorit, Wasserstoffperoxid, ein anderes Peroxid, eine Per-Verbindung, Ozon oder mehrere von ihnen getrennt oder gleichzeitig zugesetzt werden. Bevorzugt wird Hypochlorit, Wasserstoffperoxid, Peroxid oder eine Per-Verbindung, in besonders bevorzugter Form Wasserstoffperoxid, ein Peroxid oder eine Per-Verbindung zugesetzt. Bei der erfindungsgemäßen Durchführung der Vorbehandlung in Form der Bleiche kann das anionische Netz- bzw. Dispergiermittel (I) bzw. (II) vor oder während des Bleichens eingesetzt werden.

[0018] Das Netz- bzw. Dispergiermittel (I) bzw. (II) kann auch in der Vorbehandlungsflotte aus nicht Li-haltigem (I) bzw. (II) und zugesetzter Lithium-Verbindung aus der Gruppe von LiOH, anorganischen oder organischen Li-Salzen gebildet werden.

[0019] Für den Fall der Verwendung von Wasserstoffperoxid, anderen Peroxiden oder Per-Verbindungen ist es günstig, Bleichstabilisatoren einzusetzen. Als Bleichstabilisatoren kommen beispielsweise folgende Verbindungsklassen in Frage:
  • Phosphorverbindungen, wie Tripolyphosphate, Ortho-phosphate, Hydroxyethan-1,1-diphosphonsäure und 2-Phosphonobutan-1,2,4-tricarbonsäure,
  • Magnesium-Salze von Aminopolycarbonsäuren,
  • Ethylendiamin-tetraessigsäure und deren Salze,
  • Polyacrylsäuren und deren Derivate sowie
  • Gluconsäure.


[0020] Die Stabilisatoren enthalten vielfach Mischungen der oben aufgeführten Wirkstoffe, wie beispielsweise:
  • Gluconsäure und Natriumpyrophosphat,
  • Polyacrylsäureamid, Hexamethaphosphat und Ortho-Phosphat,
  • Gluconsäure-natriumsalz und Ethylendiamin-tetraessigsäure-natriumsalz,
  • Ethylendiamin-tetraessigsäure und Hydroxyethan-1,1-diphosphonsäure oder
  • Gluconsäure, 2-Phosphonobutan-1,2,4-tricarbonsäure und Ethylendiamintetraessigsäure.


[0021] Grundsätzlich können zur Herstellung der erfindungsgemäß einzusetzenden Vorbehandlungsflotte die genannten Netzmittel (I), Dispergiermittel (II) und gegebenenfalls nicht-ionische Komponenten (III) sowohl einzeln als auch in beliebigem Gemisch untereinander eingesetzt werden. Für den Fall der Verwendung eines Bleichstabilisators wird dieser jedoch stets separat zugesetzt; auf den Einsatz eines Bleichstabilisators kann auch verzichtet werden.

[0022] Zur Bleiche von beispielsweise Rohbaumwolle werden heute im wesentlichen zwei Bleichmethoden eingesetzt:

a) die Bleiche von Rohbaumwolle mit chlorhaltigen Bleichchemikalien. Mittels dieses Bleichprozesses ist ein sehr hoher Weißgrad und ein sehr guter Warengriff erreichbar. Wegen der hohen Umweltbelastung mit chlorhaltigen Baumwollabbauprodukten ist dieses Verfahren aus Umweltschutzgründen stark kritisiert worden.

b) die Bleiche von Rohbaumwolle mittels Peroxiden, hauptsächlich mittels Wasserstoffperoxid. Eine charakteristische Bleichrezeptur für Rohbaumwolle im Ausziehverfahren ist die folgende:
4 ml/l H₂O₂ (30 %ig)
2,5 ml/l NaOH, (32 Gew.-%)
4 g/l Stabilisator zur Stabilisierung von H₂O₂
0,1 - 1 g/l eines nicht Li-haltigen Netz-/Dispergiermittels und
0,1 - 2 ml/l Entschäumer.



[0023] Die genannte H₂O₂-Bleichflotte wird erfindungsgemäß durch Li-haltiges (I) bzw. (II) ergänzt. Hierbei wird überraschenerweise auch bei Abwesenheit üblicher Weichmacher eine deutliche Verbessrung des Warengriffs beobachtet.

[0024] Es ist weiterhin überraschend, daß durch Zugabe der Li-Salze von (I) bzw. (II) zum Bleichbad die im folgenden Veredlungsschritt durchgeführte Färbungen mit Reaktiv-, Substantiv-, Küpen-, Naphthol- und Schwefelfarbstoffen gleichmäßigere und zusätzlich tiefere Einfärbungen ergeben. Weiterhin ist die sogenannte Wiederbenetzbarkeit des behandelten Materials verbessert. Die erfindungsgemäße Vorbehandlung mit Li-haltigen (I) bzw. (II) verringert offensichtlich wachstumsbedingte Materialunterschiede und ebenso mechanisch bedingte Materialunterschiede, wie sie beispielsweise bei textilen Schmirgelprozessen eintreten, so daß die obengenannten Vergleichmäßigungen und daraus resultierenden textilen Verbesserungen eintreten.

[0025] Folgende Einsatzgebiete der erfindungsgemäßen Vorbehandlung seien besonders herausgestellt:

1. Einsatz von Li-haltigen (I) bzw. (II) als Zusatzchemikalien für die Peroxid-Bleiche im Ausziehverfahren aus langer und kurzer Flotte und im Bleichverfahren auf kontinuierlich und diskontinuierlich arbeitenden Bleichaggregaten, wobei Baumwolle, Baumwolle/Leinen, Baumwolle/Viskose, Baumwolle/Modal, Viskose/Leinen, Baumwolle/Polyester, Baumwolle/Polyamid in Betracht kommen.

2. Einstz von Li-haltigen (I) bzw. (II) als Zusatzchemikalien für die Peroxidbleiche in Kontinueverfahren unter atmosphärischen Bedingungen oder bei Raumtemperatur oder bei Kochtemperatur unter Hochtemperaturbedingungen, wobei die unter 1. aufgeführten Materialien veredelt werden.

3. Einsatz der Li-haltigen (I) bzw. (II) im Vorbehandlungsverfahren in Form des Ausziehverfahrens aus langer und kurzer Flotte und auf kontinuierlich und diskontinuierlich arbeitenden Vorbehandlungsaggregaten, wobei Baumwolle, Baumwolle/Leinen, Baumwolle/Regeneratcellulose, Regeneratcellulose/Leinen, Baumwolle/Polyester, Baumwolle/Polyamid bevorzugt in Betracht..

4. Einsatz der Li-haltigen (I) bzw. (II) zum Ausgleich morphologischer Materialunterschiede im Hinblick auf nachfolgende textile Naßverarbeitungsprozesse, bevorzugt wiederum als Zusatzmittel in Peroxidbleichprozessen. Hierbei kommen Baumwolle, Baumwolle/Leinen, Baumwolle/Viskose, Baumwolle/Modal, Viskose/Leinen bevorzugt in Betracht.


Beispiele



[0026] In den folgenden Beispielen wurden u.a. folgende Hilfsmittel eingesetzt (geschützte Warenzeichen der Fa. Bayer AG; alle Angaben in Gew.-%):
BAYSTABIL UBD®: 17 % Gluconsäure (z.T. als Na-Salz), 2 % MgO, 10 % Na-citrat, 71 % H₂O; BAYSTABIL LF®: 4 % Na-gluconat, 3,5 % Phosphono-butanotetracarbonsäure, 5 % MgCl₂·6H₂O, 7 % Nitrilotriessigsäure, Rest Wasser; BAYSTABIL DB: 32 % Na-gluconat, 7 % MgCl₂·6H₂O, 4,5 % Phosphonobutanotetracarbonsäure, Rest Wasser; ERKANTOL NR: 42,5 % C₈-C₁₂-Fettalkohol + 6 Ethylenoxid, 42,5 % C₆-C₈-Alkohol + 6 Propylenoxid + 15 % H₂O, LEVAPON TH flüssig: 36 % Na-C₁₂-C₁₈-alkylsulfonat, 19,5 % C₁₂-C₁₈-Fettalkohol + 3 Ethylenoxid, 10 % i-Propanol, 34,5 % H₂O; BAYSOLEX K: 8,5 % Na-gluconat, 6 % Na-citrat, 19 % Na-C₁₂C₁₈-alkylsulfonat; Rest H₂O.

Beispiel 1



[0027] 1 000 g Baumwolle/Leinen-Gewebe (Mischungsverhältnis 1:1) wurden in einem Imprägnierfoulard bei 23°C durch eine Mischung, bestehend aus
   10 ml/l BAYSTABIL UBD®,
   75 ml/l Natronlauge 38° Bé (32 Gew.-%),
   60 ml/l Wasserstoffperoxid, 35 %,
   4 ml/l C₁₀-C₁₈-Fettalkohol + 6 Ethylenoxid (90 %ig in H₂O),
   2 ml/l ERKANTOL NR®,
   3 ml/l LEVAPON TH fl.® und
   5 ml/l einer Hilfsmittelmischung A, bestehend aus
   10,0 % Diisooctylphoshat, Li-Salz
   9,0 % ε-Caprolactam
   5,0 % 2-Phsophonobutan-1,2,4-tricarbonsäure, Na-Salz
   10,0 % Methyldiglykol
   12,0 % Propylenglykol
   54,0 % Wasser
so imprägniert daß die Bleichflotte bei einer Flottenaufnahme von 70 % insgesamt 24 Stunden auf das Textilmaterial einwirkte.

[0028] Mit gleichem Erfolg können auch die in der folgenden Tabelle 1 aufgeführten Mischungen als A eingesetzt werden:



[0029] Anschließend wurde 2 x im Flottenverhältnis 1:10 bei 80°C gespült und das Material getrocknet.

Beispiel 2



[0030] 1 000 g Viskose/Leinen-Material (Mischungsverhältnis 1:1) wurden auf einem Jigger-Aggregat im Flottenverhältnis 1:8 insgesamt 60 min bei 95°C mit einer Vorbehandlungsflotte behandelt, der 2 ml/l der erfindungsgemnäßen Hilfsmittelmischung aus Beispiel 1 zugesetzt wurden.

[0031] Nach beendeter Behandlung wurde das Material 1 mal im Flottenverhältnis 1:10 gespült und getrocknet.

[0032] Anschließend wurde das Material im Klotz-Kaltverweil-Verfahren mit Reaktivfarbstoffen wie üblich gefärbt.

Beispiel 3



[0033] 100 kg Baumwolle Single Jersey wurden auf einer Haspelkufe im Flottenverhältnis 20:1 mit einer Bleichflotte, bestehend aus
0,2 g/l MgSO₄
0,3 ml/l BAYSTABIL LF®
1,0 ml/l C₁₂-C₁₈-Fettalkohol + 5 Ethylenoxid
3,0 ml/l NaOH 38° Bé (32 Gew.-%)
6,0 ml/l H₂O₂ 35 %
und 2,0 ml der erfindungsgemäßen Substanzmischung A
in 45 Minuten von 50°C auf 95°C aufgeheizt und anschließend 60 Minuten bei 95°C behandelt.

[0034] Nach Ablassen der Bleichflotte wurde im Flottenverhältnis 1:20 2x gespült.

Beispiel 4



[0035] 25 kg konfektioniertes Baumwollmaterial wurde in einem Paddel Färbeaggregat im Flottenverhältnis 30:1 mit einer Bleichflotte, bestehend aus
0,2 g/l MgSO₄
0,3 ml/l BAYSTABIL LF®
1,0 ml/l C₁₂-C₁₈-Fettalkohol + 5 Ethylenoxid
3,0 ml/l NaOH 38° Bé (32 Gew.-%)
5,0 ml/l H₂O₂ 35 %
und 5,0 ml/l der erfindungsgemäßen Substanz A behandelt.

[0036] In 30 Minuten wurde von 25°C auf 95°C aufgeheizt und anschließend 20 Minuten bei 95°C behandelt. Die Behandlungsflotte wurde auf 50°C abgekühlt, und anschließend wurde das Material 2 x im Flottenverhältnis 1:30 mit kaltem Wasser gespült.

Beispiel 5



[0037] 100 kg Baumwoll-Maschenware wurden in einer kontinuierlich betriebenen Unterflottenbleiche mit folgender Bleichflotte behandelt:
0,15 g/l MgSO₄
5,00 ml/l BAYSTABIL DB®
0,50 ml/l Phosphonobutano-tetracarbonsäure, Na-Salz (50 %ig in H₂O)
10,00 ml/l Wasserglas 37° Bé, d = 1,39 g/ml (ca.14 % NaOH, ca. 27 % SiO₂)
10,00 ml/l NaOH 38° Bé (32 Gew.-%)
28,50 ml/l H₂O₂ 50 %
5,00 ml/l BAYSOLEX K®
10,00 ml/l der erfindungsgemäßen Substanz A.

[0038] Das im Flottenverhältnis 1:1 imprägnierte Material wurde 20 Minuten bei 100°C gedämpft und anschließend 1 x bei 90°C und 1 x bei 60°C gespült.

Beispiel 6



[0039] 500 kg Baumwoll-Gabardine-Webware wurden bei einer Flottenaufnahme von 100 % mit einer Bleichflotte im Klotz-Kaltverweil-Verfahren 24 Stunden behandelt. Die Bleichflotte hatte die folgende Zusammensetzung:
0,2 gl/l MgSO₄
5,0 ml/l BAYSTABIL LF®
2,0 ml/l Phosphonobutano-tetracarbonsäure, Na-salz (50 %ig in H₂O)
15,0 ml/l Wasserglas 37° Bé, d = 1,39 g/ml (ca. 14 % NaOH, ca. 27 % SiO₂)
25,0 ml/l NaOH 38° Bé (32 Gew.-%)
45,0 ml/l H₂O₂ 35 %
2,0 ml/l C₁₀-C₁₈-Fettalkohol + 6 Ethylenoxid (90 %ig in H₂O)
5,0 g/l K₂SO₅
10,0 ml/l der erfindungsgemäßen Substanz A

Beispiel 7



[0040] 100 kg Baumwolle/Polyester Scherplüsch (Mischungsverhältniss 80:20) wurden bei einer Flottenaufnahme von 115 % bei 25°C 24 Stunden mit folgender Bleichflotte behandelt:
0,2 g/l MgSO₄
5,0 ml/l BAYSTABIL LF®
2,0 ml/l Phosphonobutno-tetracarbonsäure, Na-salz (50 %ig in H₂O)
15,0 ml/l Wasserglas 37° Bé, d = 1,39 g/ml (ca. 14 % NaOH, ca. 27 % SiO₂)
25,0 ml/l NaOH 38° Bé (32 Gew.-%)
45,0 ml/l H₂O₂ 35 %
2,0 ml/l C₁₀-C₁₈-Fettalkohol + 6 Ethylenoxid (90 %ig in H₂O),
5,0 g/l K₂SO₅
10,0 ml/l der erfindungsgemäßen Substanz A


Ansprüche

1. Verfahren zur Vorbehandlung natürlicher Fasern pflanzlichen oder tierischen Ursprungs oder deren Gemischen mit synthetischen Fasern mit einer Vorbehandlungsflotte, die anionische Netz- bzw. Dispergiermittel enthält, wobei weiterhin Bleichmittel und/oder Bleichstabilisatoren und/oder nicht-ionische Komponenten für die Textilbehandlung anwesend oder abwesend sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Kationen der anionischen Netz- bzw. Dispergiermittel zu 5 - 100 Äquivalent-% Lithium und zu 95 - 0 Äquivalent-% eines oder mehrere aus der Gruppe von Na⁺, K⁺, Ammonium, Ca⁺⁺ und Mg⁺⁺ darstellen.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei den natürlichen Fasern um solche pflanzlichen Ursprungs, bevorzugt um Baumwolle bzw. Leinen handelt.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Vorbehandlung das Abkochen oder das Bleichen, bevorzugt das Bleichen durchgeführt wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Bleichmittel ein Hypochlorit, Wasserstoffperoxid, ein Peroxid, eine Per-Verbindung, Ozon oder mehrere von ihnen, bevorzugt Hypochlorit, Wasserstoffperoxid, ein Peroxid oder eine Per-Verbindung, besonders bevorzugt Wasserstoffperoxid eingesetzt wird (werden).
 
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das anionische Netz- bzw. Dispergiermittel ein Phosphat, Sulfat, Sulfonat, Carboxylat oder ein Gemisch mehrerer von ihnen ist.
 
6. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das anionische Netz- bzw. Dispergiermittel vor oder während des Bleichens eingesetzt wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Li-haltige Netz- bzw. Dispergiermittel in der Vorbehandlungsflotte aus nicht Li-haltigen Netz- bzw. Dispergiermitteln und zugesetzten Li-Verbindungen aus der Gruppe von LiOH, anorganischen und organischen Li-Salzen gebildet wird.
 
8. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorbehandlungsflotten Netz-(I) bzw. Dispergiermittel (II) in einer Gesamtmenge von 0,2-20 g/l, bevorzugt 0,5-10 g/l enthalten.
 
9. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß pro 100 g vorzubehandelnder Faser 0,02 - 5 g, bevorzugt 0,1 - 2 g Li-Kationen enthaltende Netz- bzw. Dispergiermittel eingesetzt werden.