(19)
(11) EP 0 686 723 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.12.1995  Patentblatt  1995/50

(21) Anmeldenummer: 95250115.3

(22) Anmeldetag:  12.05.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6D06M 15/693
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IE IT LI LU NL PT SE

(30) Priorität: 27.05.1994 DE 4419396

(71) Anmelder:
  • AMLER, Werner
    D-91207 Lauf (DE)
  • SEITZ, Thomas
    D-91207 Lauf (DE)
  • Tillner, Hermann
    D-86343 Königsbrunn (DE)

(72) Erfinder:
  • AMLER, Werner
    D-91207 Lauf (DE)
  • SEITZ, Thomas
    D-91207 Lauf (DE)
  • Tillner, Hermann
    D-86343 Königsbrunn (DE)

(74) Vertreter: Voigt, Günter, Dipl.-Ing. 
Patentanwälte Dr. Schulze & Voigt Nordring 152
D-90119 Nürnberg
D-90119 Nürnberg (DE)

   


(54) Nähfaden


(57) Es wird ein Nähfaden beschrieben, der wenigstens an seiner Oberfläche ein Produkt aufweist, welches dem Faden Stabilität verleiht und beim Einnähen die Fadendehnung erschwert, sich aber noch so elastisch verhält, daß er sich gut vernähen läßt.
Der Faden wird behandelt mit einem Gemisch aus einer wäßrigen Dispersion Carboxylgruppen enthaltenden Styrol-Butadien-Mischpolymerisates und einer wäßrigen Dispersion eines Copolymerisats aus Vinylacetat und Vinyllaurat.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Nähfaden gemäß Oberbegriff des Anspruchs 1.

[0002] An einen Nähfaden werden vielfältige Anforderungen gestellt, insbesondere wenn er maschinell verarbeitbar sein soll. Ein Problem der herkömmlichen Nähfäden ist die Dehnung beim Vernähen und die anschließende sukzessive Rückstellung.

[0003] Ein wesentliches Qualitätsmerkmal einer Naht besteht darin, daß die beiden zu verbindenden Flächengebilde über die Naht so verbunden werden, daß eine glatte Naht gewährleistet ist und ein Nahtklaffen sowie ein Ausfransen vermieden werden. Nur so kann den funktionellen und ästhetischen Anforderungen einer Naht entsprochen werden. Dieses Ziel wird jedoch bisher nur unbefriedigend erreicht, weil praktisch alle Nähfäden Veranlassung zum Nahtkräuseln geben.

[0004] Die Ursache dafür liegt darin, daß der Nähfaden beim Durchgang durch die Führungen und durch den Fadenhebel der Nähmaschine zu stark gedehnt wird. Nach dem Nähvorgang verkürzt sich der Nähfaden wieder auf seine Ausgangslänge (Memory-Effekt). Dadurch kommt es dann in der Naht zum unerwünschten Nahtkräuseln, da der Faden sich nur durch das Zusammenziehen der flexiblen Flächengebilde in der Naht wieder zurückbilden kann. Die Rückbildung erfolgt sukzessive je nach der Stabilität des flexiblen Flächengebildes, d.h. der zu vernähenden Materialien. Die Rückbildung des Fadens kann je nach Struktur und Zusammensetzung innerhalb einer Stunde, aber ggfs. auch erst nach einigen Tagen erfolgen. In bestimmten Fällen erfolgt die Rückbildung sogar erst nach einem oder mehreren Wasch- oder Reinigungsvorgängen. Dies hängt im jeweiligen Einzelfall davon ab, innerhalb welcher Zeiten und durch welche Vorgänge die im Gewebe enthaltenen Stabilisierungsmittel durch die Wäsche oder Reinigung gelöst bzw. umgewandelt werden können.

[0005] Grundsätzlich kann gesagt werden, daß sich das Nahtkräuseln immer dann einstellt, wenn die Rückbildungskraft des Nähfadens größer ist als die Stabilität des durch den Nähfaden über die Naht verbundenen Materials.

[0006] Ein besonderes und bis heute nicht zufriedenstellend gelöstes Problem ergibt sich beim Vernähen von zwei flexiblen textilen Flächengebilden. An den Schnitträndern, an denen die Flächengebilde zusammengenäht werden, können durch bestimmte gegenläufige Reißkräfte in der Naht Fäden (z.B. Kettfäden) aus dem Flächenverbund herausgelöst werden; es entstehen Öffnungen. Die Reißkräfte können dabei durchaus den beim normalen Gebrauch entstehenden Kräften entsprechen.

[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Nähfaden zu schaffen, der so beschaffen ist, daß durch die Dehnung beim Nähen die gewünschte Nahtfestigkeit erreicht wird, aber die Rückstellkräfte ("Memory-Effekt") nicht auftreten können, die sonst innerhalb eines Zeitraumes wirken.

[0008] Die erfindungsgemäße Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.

[0009] Durch eine mit dem erfindungsgemäßen Faden hergestellte Naht an der Schnittkante eines Textilteils läßt sich die Schiebefestigkeit von Schuß- und Kettfäden erhöhen.

[0010] Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.

[0011] Durch die besonderen erfindungsgemäßen Maßnahmen wird erreicht, daß praktisch jeder handelsübliche Nähfaden derart präpariert werden kann, daß die unerwünschten Eigenschaften beim bzw. nach dem maschinellen Nähen vermieden werden.

[0012] Zu diesem Zweck wird der Faden derart durch eine Dispersion geführt, daß er mit der Dispersion präparierend beschichtet wird. In Abhängigkeit von der Struktur des Nähfadens wird dieser ggfs. auch mit der Dispersion derart getränkt, daß feine Poren und Zwischenräume damit ausgefüllt werden bzw. bei mehrfädigen Garnen die einzelnen Fäden gegenseitig miteinander verbunden werden. Anschließend wird die auf den Nähfaden auf- bzw. in diesen eingebrachte Dispersion getrocknet, wodurch der Nähfaden seine Stabilisierung erhält.

[0013] Durch diese Behandlung wird sowohl eine unerwünschte Dehnung des Nähfadens als auch die daraus resultierende Rückbildung im Anschluß an den Nähvorgang vermieden. Es kommt nach dem Nähvorgang und entsprechender Handhabung nicht mehr zu dem unerwünschten Nahtkräuseln und Ausfransen der Kante.

[0014] Beim Nähen auf Automaten wird durch die stabilisierende Wirkung ggfs. auch ein Aufdrehen der einzelnen Fäden eines Nähgarns verhindert. Es ergibt sich ein günstigeres Nahtbild und eine höhere Nahtfestigkeit. Darüber hinaus wird ein unterbrechungsfreies Nähen gewährleistet, indem das Nähgarn keinen Verschub in der Längsachse ("Drallstau") vor den Spannungseinheiten unterliegt.

[0015] Für die Dispersion, durch die der Faden im Rahmen seiner Behandlung geführt wird, hat sich ein Gemisch aus einer wäßrigen Dispersion eines Carboxylgruppen enthaltenden Styrol-Butadien-Mischpolymerisates mit thermisch aktiven Gruppen als vorteilhaft erwiesen. Es kann auch eine wäßrige Dispersion auf der Basis eines Copolymerisats aus Vinylacetat und Vinyllaurat verwendet werden. Diesem Gemisch kann Triarylphosphatester als Weichmacher zugefügt werden.

[0016] Die erwähnten Dispersionen können auch miteinander vermischt werden.

[0017] Eine andere günstige Zusammensetzung der Dispersionen besteht aus einem Gemisch aus einer wäßrigen Dispersion eines Carboxylgruppen enthaltenden Styrol-Butadien-Mischpolymerisates mit thermisch reaktiven Gruppen und einer wäßrigen Dispersion auf der Basis eines Copolymerisats aus Vinylacetat-Vinyllaurat. Man kann weiterhin verwenden eine wäßrige Dispersion auf der Basis eines Copolymerisats aus Styrol und Acrylsäureester.

[0018] Schließlich kann auch ein Gemisch aus Acrylat-Latex, Polychloropren-Latex, Acrylnitril-Butadien-Latex (Copolymerisat aus Butadien und Metacrylsäure), Butadien-Styrol-Copolymer, Vinylacetat-Vinyllaurat, Vinylacetat und Maleinsäureester, Vinylchlorid-Vinylacetat mit Weichmacher oder Vinylacetat-Ethylen (mit oder ohne Antiblocking) Verwendung finden. Zur Verbesserung der Wasserabweisung können Silikonharze als Pulver der Dispersion zugefügt werden.

[0019] Diesen Mischungen kann ggfs. ein Antiblockingmittel zugesetzt werden, zum Beispiel eine Copolymer-Dispersion aus Acrylsäureester mit einer Mindest-Filmbilde-Temperatur von über 100 Grad Celsius, gefällte Kieselsäure oder pyrogene Kieselsäure.

[0020] Ein in oben beschriebener Weise behandelter Nähfaden zeigt neben der mechanischen Stabilisierung auch eine wasserabweisende Eigenschaft und eine Farbstabilisierung. An sich nicht waschfeste Farben werden durch oben geschilderte Behandlung derart stabilisiert, daß ein Auswaschen praktisch ausgeschlossen wird.

[0021] Für alle Kunststoffäden mit hoher Dehnung enpfiehlt es sich eine Kunststoff-Dispersion zu wählen, die eine hohe Reißdehnung hat, beispielsweise alle Latices.

[0022] Als besonders vorteilhaft haben sich die Dispersionen auf der Basis eines Styrol-Butadien-Mischpolymerisate mit thermisch aktiven Gruppen oder Acrylnitrit-Butadien-Latex erwiesen. Es können aber auch Gemische aus Latex-Polyester-Polyurethan und ggfs. Dispersionen auf der Basis eines Acrylsäure-Ester-Copolymers Verwendung finden.

[0023] Bei Nähfäden ohne hohe Dehnung könnte auf Latices ganz oder teilweise verzichtet werden.

Beispiel 1 (für hohe Dehnung):



[0024]    20 bis 60 % Latex (Dispersion)
   20 bis 60 % Polyester-Polyurethan-Dispersion
   4 bis 20 % Phosphatester als Weichmacher

Beispiel 2 (für geringe Dehnung):



[0025]    20 bis 60 % Polyester-Polyurethan-Dispersion
   20 bis 60 % Butadien-Styrol-Copolymer, Vinylacetat-Vinyllaurat (Dispersionen),
   4 bis 20 % Phosphatester als Weichmacher.

[0026] Durch geeignete Auswahl können die jeweiligen Mischungen den physikalischen Beschaffenheiten des Nähfadens angepaßt werden.


Ansprüche

1. Nähfaden, dadurch gekennzeichnet, daß er wenigstens an seiner Oberfläche ein Produkt aufweist, welches dem Faden Stabilität verleiht und beim Einnähen die Fadendehnung erschwert, sich aber noch so elastisch verhält, daß er sich gut vernähen läßt.
 
2. Nähfaden nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß er das erwähnte Produkt auch in seinem Inneren aufweist.
 
3. Nähfaden nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Produkt ein Gemisch ist aus einer wäßrigen Dispersion eines Carboxylgruppen enthaltenden Styrol-Butadien-Mischpolymerisates mit thermisch aktiven Gruppen und einer wäßrigen Dispersion auf der Basis eines eines Copolymerisats aus Vinylacetat und Vinyllaurat.
 
4. Nähfaden nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das erwähnte Produkt zusätzlich Triarylphosphatester als Weichmacher enthält.
 
5. Nähfaden nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Produkt ein Gemisch ist aus einer wäßrigen Dispersion eines Carboxylgruppen enthaltenden Styrol-Butadien-Mischpolymerisates mit thermisch aktiven Gruppen und Vinylacetat-Vinyllaurat oder/und einer wäßrigen Dispersion auf der Basis eines Copolymerisats aus Styrol und Acrylsäureester.
 
6. Nähfaden nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Produkt ein Acrylat-Latex-Polychloropren-Latex, Acrylnitril-Butadien-Latex (Coplymerisat aus Butadien und Metacrylsäure), Butadien-Styrol-Copolymer, Vinylacetat-Vinyllaurat (Emulgator Polyvinylalkohol), Vinylacetat mit Weichmacher enthält.
 
7. Nähfaden nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Produkt Vinylacetat-Ethylen (mit oder ohne Antiblocking) enthält.
 
8. Nähfaden nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Produkt zusätzlich Siliconharze zur Verbesserung der Wasserabweisung enthält, die als Pulver der Dispersion zugesetzt wurden.
 
9. Nähfaden nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Produkt die in den Ansprüchen 3 bis 8 angegebenen Zusätze in geeigneter Kombination enthält.
 
10. Nähfaden nach einem der Ansprüche 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich eine Dispersion auf der Basis eines Acrylsäure-Ester-Copolymer enthalten ist.
 
11. Nähfaden nach einem der Ansprüche 1, 2, 3 oder 9, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich eine Copolymer-Dispersion aus Styrol und n-Butylacrylat enthalten ist.