[0001] Die Erfindung betrifft einen Stuhl, insbesondere einen Bürostuhl, mit einem Sitzträger,
einem darauf um eine horizontale Achse verschwenkbar gelagerten Sitz und einem elastischen
Federelement zwischen dem Sitz und dem Sitzträger.
[0002] Wenn sich eine Person auf einen derartigen Stuhl setzt, kann sie mit ihrem Körpergewicht
den Sitz um die horizontale Achse schwenken, und häufig ist mit der Neigung des Sitzes
über eine Mechanik auch eine Neigung einer Rückenlehne verbunden. Ein Federelement
zwischen dem Sitz und dem Sitzträger bewirkt eine Rückstellung des Sitzes und gegebenenfalls
auch der Rückenlehne, wenn der Sitz entlastet ist.
[0003] Um den Stuhl an die unterschiedlichen Körpergewichte von verschiedenen Personen anzupassen,
ist es erforderlich, die Rückstellkraft dieser Feder einstellen zu können. Bei herkömmlichen
Stühlen wird dazu gewöhnlich die Vorspannung einer Feder beispielsweise durch das
Betätigen eines Handrades verändert. Mit diesem Handrad muß aber die Vorspannung der
Feder überwunden werden, so daß entweder sehr viele Umdrehungen am Handrad nötig sind,
um eine spürbare Änderung zu erreichen, oder sehr hohe Kräfte am Stellrad erforderlich
sind.
[0004] Ein Verstellen der Vorspannung des Feder mittels eines Handrades ist daher sehr unkomfortabel.
[0005] Anstatt die Vorspannung einer Feder zu ändern, kann auch der Hebelarm, auf den die
Feder wirkt, verändert werden. In der Praxis wird diese Verstellung jedoch meist auch
über ein Handrad erreicht, so daß ebenfalls mehrere Umdrehungen an diesem Handrad
nötig sind, um die Rückstellkraft an das Körpergewicht des Benutzers des Stuhles anzupassen.
[0006] Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, einen Stuhl der eingangs genannten Art so
auszubilden, daß mit geringen Stellkräften und kleinen Stellwegen die Rückstellkraft
des Federelementes in einem großen Spektrum variiert werden kann.
[0007] Diese Aufgabe wird mit einem Stuhl der eingangs genannten Art dadurch gelöst, daß
das Federelement um eine im wesentlichen senkrechte Achse drehbar angeordnet ist und
so ausgebildet ist, daß durch ein Drehen des Federelementes die örtliche Verteilung
der vom Federelement auf die Sitzfläche ausgeübten Kraft variierbar ist.
[0008] Die Erfindung hat den Vorteil, daß durch ein Drehen des Federelementes mittels eines
angesetzten Hebels um beispielsweise 50 - 90° ein Anpassen der Rückstellkraft der
Feder an Personen mit einem Körpergewicht von 50 - 110 kg erreicht werden kann. Bei
entlasteter Sitzfläche kann das Federelement leicht um einen bestimmten Winkel verstellt
werden, ohne daß größere Stellkräfte überwunden werden müssen. Die erfindungsgemäße
Verstellmechanik ist daher weit komfortabler als alle vorbekannten Einrichtungen zur
Verstellung der Rückstellkraft.
[0009] Um durch Drehen des Federelementes die örtliche Verteilung der vom Federelement auf
die Sitzfläche ausgeübten Kraft zu variieren, kann das Federelement entweder eine
unterschiedliche radiale Ausdehnung zur Achse aufweisen, oder das Federelement kann
um die Achse herum unterschiedliche Federungseigenschaften aufweisen.
[0010] Im ersteren Fall wird durch Drehen des Federelementes um die im wesentlichen senkrechte
Achse ein großer Anteil des Federelementes nahe der horizontalen Achse, um die der
Sitz verschwenkbar gelagert ist, angeordnet. Dadurch wird bei einer Neigung des Sitzes
nur ein kleiner Anteil seines Volumens zusammengedrückt, was zur Folge hat, daß nur
eine kleine Rückstellkraft auf den Sitz ausgeübt wird. Wird das Federelement hingegen
so gedreht, daß sein größerer Anteil sich in einem von der horizontalen Achse entfernten
Gebiet befindet, wird bei einer Neigung des Sitzes der größte Teil des Federelementes
komprimiert und somit eine relativ hohe Rückstellkraft auf den Sitz ausgeübt. So kann
durch die räumliche Verteilung der Masse oder des Volumens des Federelementes unterhalb
des Sitzes die vom Federelement auf den Sitz ausgeübte Kraft variiert werden.
[0011] Wenn das Federelement in gleichmäßigem Abstand um die Achse herum unterschiedliche
Federungseigenschaften aufweist, kann durch Drehen des Federelementes um die im wesentlichen
senkrechte Achse der Teil des Federelementes mit den härteren Federungseigenschaften
in den Bereich nahe der horizontalen Achse geschoben werden, um eine hohe Rückstellkraft
einzustellen, oder das Federelement kann so gedreht werden, daß sein Bereich mit den
weicheren Federungseigenschaften nahe der horizontalen Achse zu liegen kommt, so daß
das Federelement nur eine geringe Kraft auf den Sitz ausübt.
[0012] Zweckmäßig ist es vor allem im ersten Fall, das Federelement aus einem Federblock
aus zellig geschäumtem Polyurethan mit einem hohen Raumgewicht herzustellen. Dieses
Material, das in seiner Struktur ähnlich ist wie ein Schaumstoff, bietet sehr gute
Federungseigenschaften. Es läßt sich bis zu 60 % der ursprünglichen Höhe zusammendrücken
und erzeugt sehr hohe Kräfte, die von keiner metallischen Feder mit vergleichbaren
Einbaumaßen erreicht werden können. Außerdem entsteht ein progressiver Kraftverlauf,
d. h. zum Ende des Federweges steigt die Kraft überproportional an. Dieser Effekt
wird am Stuhl als angenehm empfunden und ist ausdrücklich erwünscht. Neben der Verwendung
von zellig geschäumtem Polyurethan sind aber auch andere Elastomere als Federblock
einsetzbar.
[0013] Die Verstellung der Rückstellkraft erfolgt üblicherweise bei vorgeneigtem Sitz. Um
auch in dieser Position eine gewisse Grundkraft zu erhalten, kann das Federelement
an seiner Oberseite in Verlängerung der senkrechten Achse eine kegelstumpfartige Erhöhung
aufweisen, die in eine entsprechende konkave Ausnehmung am Sitz eingreift. Diese Erhöhung
steht auch bei vordersten Sitzneigewinkeln unter leichtem Druck und hält somit das
Federelement an seiner Position. Die Übergangsflächen zwischen dem Kegelstumpf des
Federelementes und der Sitzfläche sollten abgerundet ausgebildet sein, damit ein gleichmäßiges
Ansteigen der Kraft beim Zurückneigen spürbar ist.
[0014] Die Ausbildung des Federelementes mit einer kegelstumpfartigen Erhöhung an seiner
Oberseite hat darüber hinaus den Vorteil, daß bei vorderen Sitzneigewinkeln nur solche
Bereiche des Federelementes unter Druckspannung stehen, die nahe der senkrechten Drehachse
des Federelementes liegen. Nur dort wird durch den Druck des Sitzes auf das Federelement
eine Reibungskraft zwischen Federelement und Sitz erzeugt. Diese Reibung erfordert
daher zur Überwindung nur ein geringes Drehmoment um die vertikale Drehachse des Federelementes.
Dieses Bremsmoment ist so abgestimmt, daß sich das Federelement einerseits leicht
drehen läßt, aber andererseits durch Erschütterungen oder Bewegungen nicht selbständig
verstellt wird.
[0015] Eine stufenlose Arretierung des Stuhles bei beliebigen Neigewinkeln kann durch ein
zusätzliches Arretierelement, das beispielsweise auch eine Gasfeder sein kann, erreicht
werden.
[0016] Besonders vorteilhaft ist es, die erfindungsgemäße Mechanik zur Verstellung der Rückstellkraft
in Verbindung mit einem Stuhl nach der deutschen Patentanmeldung P 44 03 123.8 zu
verwenden. In diesem Fall weist der Stuhl zusätzlich eine um eine Neigungslage verstellbare
Rückenlehne auf, die fest mit einem Rückenlehnenträger verbunden ist, wobei der Rückenlehnenträger
einen Lehnenhalter und eine winklig zum Lehnenhalter angeordnete Verlängerung aufweist,
deren oberes Ende am Sitz angelenkt ist und deren unteres Ende an einem Lenker angelenkt
ist, der gelenkig mit dem Sitzträger verbunden ist. In diesem Fall kann der Lenker
mit einem im wesentlichen nach unten weisenden Hebel verbunden sein, der über das
Arretierelement mit der horizontalen Achse verbunden ist, um den der Sitz schwenkbar
gelagert ist. Ein derartiges Arretierelement ist vorzugsweise seitlich neben dem Federelement
unterhalb des Sitzes anzuordnen.
[0017] Ein Ausführungsbeispiel ist in den Zeichnungen dargestellt und wir im folgenden näher
beschrieben.
[0018] Es zeigen:
- Fig. 1
- eine Seitenansicht eines erfindungsgemäßen Stuhles, der im Bereich des Federelementes
geschnitten dargestellt ist;
- Fig. 2
- eine vergrößerte Darstellung des Ausschnitts in Fig. 1 mit dem Federelement;
- Fig. 3
- eine Draufsicht auf den Stuhl bei entfernter Sitzfläche und
- Fig. 4
- eine perspektivische Darstellung des Sitzes mit der darunter angeordneten Verstellmechanik.
[0019] Fig. 1 zeigt in schematischer Darstellung einen Bürostuhl 10 mit einem Sitzträger
11, einem Sitz 12 und einer Rückenlehne 13. Der Sitzträger 11 ist in einem stumpfen
Winkel derart fest an einer Stuhlsäule 14 befestigt, daß er zur vorderen Kante des
Sitzes 12 zeigt. Die Stuhlsäule 14 ist auf einem auf Rollen 15 gelagerten Fußgestell
16 angeordnet.
[0020] Am vorderen Ende des Sitzträgers 11 ist eine horizontale Achse 17 vorgesehen, an
der der Sitz 12 schwenkbar angelenkt ist.
[0021] Im Sitzträger 11 ist eine Bohrung 18 vorgesehen, in der eine vertikale Achse 19 drehbar
gelagert ist. Am oberen Ende dieser vertikalen Achse 19 ist ein horizontaler Drehteller
20 angebracht, der auf einer waagerechten Fläche 21 des Sitzträgers 11 aufliegt. Auf
diesem Drehteller 20 ist ein elastisches Federelement 22 befestigt, das zusammen mit
dem Drehteller 20 um die Achse 19 drehbar ist.
[0022] Dieses Federelement 22 besteht aus einem zellig geschäumten Polyurethan mit einem
hohen Raumgewicht.
[0023] Form und Lage des Federelementes sind besser in den Fig. 2 und 3 zu erkennen. Fig.
2 zeigt das Federelement 22, das auf dem Drehteller 20 angeordnet ist, der wiederum
auf der waagerechten Platte 21 des Sitzträgers 11 aufliegt. Der Drehteller 20 ist
über die Achse 19, die durch eine Bohrung 18 im Sitzträger 11 hindurchgeht, mittels
eines Hebels 23 drehbar.
[0024] Das Federelement 22 hat, wie die Draufsicht in Fig. 3 deutlich zeigt, einen in etwa
runden Bereich 22.1 und eine Verlängerung 22.2. An seiner Oberseite ist das Federelement
22 von der Verlängerung der Achse 19 bis zu seinen äußeren Rändern leicht fallend
abgeschrägt (Fig. 2). Außerdem weist es oberhalb der Verlängerung der Achse 19 eine
kegelstumpfartige Erhöhung auf, wobei die Ränder dieses Kegelstumpfes 24 leicht abgerundet
sind. An der diesem Kegelstumpf 24 gegenüberliegenden Seite des Sitzes 12 ist im Sitz
12 eine diesem Kegelstumpf 24 entsprechende Vertiefung 25 vorgesehen, in die der Kegelstumpf
24 hineinragt.
[0025] Dieses Federelement kann wie in Fig. 2 und in Fig. 3 mit durchgezogenen Linien gezeigt,
so gestellt werden, daß die Verlängerung 22.2 des Federelementes 22 zwischen der senkrechten
Achse 19 und der horizontalen Achse 17 liegt. In dieser Position, in der sieh der
größte Teil des Federelementes nahe der Schwenkachse 17 des Sitzes 12 befindet, wird
bei einer Neigebewegung des Sitzes 12 nur ein kleiner Anteil des Volumens des Federelementes
22 zusammengedrückt. Die vom Federelement 22 auf den Sitz 12 ausgeübte Kraft ist daher
in dieser Position gering.
[0026] Das Federelement 22 kann aber in Richtung des Pfeiles 26, d. h. in der Draufsicht
entgegen des Uhrzeigersinnes, um eine Viertelumdrehung gedreht werden, um die Verlängerung
22.2 des Federelementes 22 in eine von der horizontalen Achse 17 entfernte Position
zu bringen. In dieser Lage liegt nun der größte Teil des Federelementes 22 in deutlicher
Entfernung zur Schwenkachse 17 des Sitzes 12, so daß eine Neigung des Sitzes 12 eine
starke Komprimierung des Federelementes 22 und somit eine sehr hohe Rückstellkraft
zur Folge hat. Somit kann durch Drehen des Federelementes um die Achse 19 mittels
des Hebels 23 die vom Federelement 22 auf den Sitz 12 ausgeübte Rückstellkraft stufenlos
verstellt werden.
[0027] An der Stuhlsäule 14 ist mittels einer Achse 27 ein Lenker 28 befestigt, mit dem
über einen Lehnenhalter 29 die Lehne 13 zu bewegen ist (Fig. 2). Die Achse 27 ist
fest mit dem Lenker 28 und mit einem Hebel 30 verbunden, an dessen Ende das eine Ende
eines Arretierelementes 31 befestigt ist. Das andere Ende dieses Arretierelementes
31 ist mit der horizontalen Achse 17 verbunden, um die der Sitz 12 schwenkbar ist.
Im vorliegenden Falle ist das Arretierelement eine Gasfeder, die in verschiedenen
Längen feststellbar ist.
[0028] Die Fig. 4 zeigt noch einmal deutlich den Zusammenbau von Sitz 12, Federelement 22
und Sitzträger 11. Der Sitz 12 ist mit seiner Ausnehmung 25 auf der kegelstumpfartigen
Erhöhung 24 des Federelementes 22 gelagert. Das Federelement 22 liegt wiederum auf
einer Platte 20, die zusammen mit der Achse 19 durch den Hebel 23 gedreht werden kann.
1. Stuhl, insbesondere Bürostuhl (10), mit einem Sitzträger (11), einem darauf um eine
horizontale Achse (17) verschwenkbar gelagerten Sitz (12) und einem elastischen Federelement
(22) zwischen dem Sitz (12) und dem Sitzträger (11), dadurch gekennzeichnet, daß das
Federelement (22) um eine im wesentlichen senkrechte Achse (19) drehbar angeordnet
ist und so ausgebildet ist, daß durch ein Drehen des Federelementes (22) die örtliche
Verteilung der vom Federelement (22) auf die Sitzfläche (12) ausgeübten Kraft variierbar
ist.
2. Stuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Federelement (22) eine unterschiedliche
radiale Ausdehnung zur Achse (19) aufweist.
3. Stuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Federelement (22) um die Achse
(19) herum unterschiedliche Federungseigenschaften aufweist.
4. Stuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Federelement
(22) einen Teil aus einem zellig geschäumten Polyurethan aufweist.
5. Stuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Federelement
(22) in einer im wesentlichen zum Sitz (12) parallelen Richtung eine Verlängerung
(22.2) aufweist und um etwa 90° stufenlos drehbar ist.
6. Stuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Federelement
(22) an seiner Oberseite in Verlängerung der senkrechten Achse (19) eine kegelstumpfartige
Erhöhung (24) aufweist, die in eine entsprechende konkave Ausnehmung (25) am Sitz
(12) eingreift.
7. Stuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Stuhl ein
Arretierelement (31) aufweist, um den Sitz (12) in einer beliebigen Neigung zu fixieren.
8. Stuhl nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Stuhl eine um ihre Neigungslage
verstellbare Rückenlehne (13) aufweist, die fest mit einem Rückenlehnenträger verbunden
ist, wobei der Rückenlehnenträger einen Lehnenhalter (29) und eine winklig zum Lehnenhalter
angeordnete Verlängerung aufweist, deren oberes Ende am Sitz (12) angelenkt ist und
deren unteres Ende an einem Lenker (28) angelenkt ist, der über eine Achse (27) gelenkig
mit dem Sitzträger (11) verbunden ist, wobei der Lenker (28) einen fest mit ihm verbundenen
Hebel (30) aufweist, der über das Arretierelement (31) mit der horizontalen Achse
(17) verbunden ist.
9. Stuhl nach einem der Ansprüche 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, daß das Arretierelement
(31) eine Gasfeder ist.