(19)
(11) EP 0 689 889 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
03.01.1996  Patentblatt  1996/01

(21) Anmeldenummer: 95108285.8

(22) Anmeldetag:  31.05.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B21K 1/02, F42B 12/74
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB IT LI LU NL PT SE

(30) Priorität: 13.06.1994 DE 4420505

(71) Anmelder: WILHELM BRENNEKE GmbH & Co. KG
D-30851 Langenhagen (DE)

(72) Erfinder:
  • Matysik, Peter
    D 31832 Springe (DE)
  • Wiechmann, Heinz
    D-31301 Burgdorf (DE)

(74) Vertreter: Brümmerstedt, Hans Dietrich, Dipl.-Ing. 
Bahnhofstrasse 3
D-30159 Hannover
D-30159 Hannover (DE)

   


(54) Verfahren zur Herstellung eines Jagdgeschosses mit Hohlspitze


(57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Jagdgeschosses mit Hohlspitze. Es soll ein Herstellungsverfahren für ein derartiges Geschoß zur Verfügung gestellt werden, welches nur wenige Arbeitsschritte erfordert, wobei insbesondere die Hohlspitzkonstruktion in nur einem Arbeitsschritt ausgeformt wird. Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das gesamte Geschoß auf pulvermetallurgischem Wege aus Metallpulver hergestellt und anschließend kalibriert wird, wobei während des Pulverpressens die Hohlspitzkonstruktion eingebracht wird, die während des Kalibrierens zur endgültigen Geschoßspitze umgeformt wird.




Beschreibung


[0001] Für die Jagd taugliche Geschosse sollen nach Möglichkeit einen Ausschuß erzielen, gleichzeitig aber auch genügend Energie im Ziel abgeben, damit ein Abspringen des Wildes vermieden wird. Die Energieabgabe im Ziel ist einem Geschoß nur über seine Querschnittsfläche bzw. über seine Fragmente möglich. Geschosse, die ihre Form nicht ändern, können nur durch Taumeln eine größere Fläche in Schußrichtung zeigen. Da dieses Verhalten bei unterschiedlichen Zielwiderständen nicht gut steuerbar ist, scheidet es jagdlich aus.

[0002] Aus dem Stand der Technik sind Geschosse bekannt, deren Querschnitt sich im Ziel durch ein sogenanntes Aufpilzen vergrößert. Dazu gehören Teilmantelgeschosse mit einem Mantel aus einer Kupferlegierung oder aus Kupfer-Nickel-platiertem Flußstahl und einem Kern aus einer Bleilegierung. Damit ein sicheres Aufpilzen auch bei geringen Zielwiderständen und geringen Zielgeschwindigkeiten gewährleistet ist, muß dieser Kern aus sehr weichem Blei gefertigt sein. Hierbei ist die gewünschte Funktion - sicheres Aufpilzen und nicht völliges Zerlegen des Geschosses im Ziel - nur in einem schmalen Bereich von miteinander korrespondierenden Zielgeschwindigkeiten und Zielwiderständen möglich. Bei höheren Zielwiderständen und/oder höheren Zielgeschwindigkeiten vergrößern diese Geschosse oft ihren Querschnitt zu stark und es fehlt deshalb, besonders bei stärkerem Wild, an Eindringtiefe. Gelegentlich zerlegen sich diese Geschosse sogar völlig in kleinste Splitter. Um dieses zu verhindern, weisen einige Geschosse einen zweiteiligen Kernaufbau auf. Sie besitzen vorne einen Kern aus weichem Blei und hinten einen Kern aus Hartblei. Der weiche, vordere Kern deformiert sich im Ziel und der hintere Kern dringt tief ein, bzw. liefert den vom Jäger gewünschten Ausschuß. Derartige Geschosse sind in der Herstellung sehr kostenaufwendig und daher teuer. Ein weiterer Nachteil aller Bleikerngeschosse ist, daß sie einen Teil ihrer Masse fein verteilt im Wildkörper zurücklassen. Dies kann bei nicht sachgerechter Behandlung des Wildbrets zu einer unerwünschten, toxischen Bleiaufnahme beim Verzehr führen.

[0003] Zur Vermeidung dieses Nachteiles wurden bleifreie Jagdgeschosse entwickelt, die einen massiven Körper aus Kupfer oder einer Kupferlegierung besitzen. Da diese Materialien im Vergleich zu Blei sehr hart sind, müssen Hohlspitzkonstruktionen vorgesehen werden, damit derartige Geschosse im Ziel durch Aufspreizen ihrer Spitzen überhaupt eine Querschnittsvergrößerung erfahren.

[0004] In der US-PS 5,131,123 ist ein Verfahren zur Herstellung eines Hohlspitzgeschosses beschrieben. Zu Beginn dieses Verfahrens werden Stücke von einem Kupferstangenmaterial abgelängt, die weichgeglüht und im Anschluß daran auf Länge und Durchmesser kalibriert werden. Diesen Verfahrensschritten schließt sich das Ausformen der Hohlspitze im Geschoßkörper an. Dazu kommen in mehreren, nacheinandergeschalteten Stationen Preßstempel zum Einsatz, die in eine der Stirnseiten des Geschoßkörpers eingedrückt werden, wobei die Hohlspitze nach und nach tiefer ausgeformt wird, bis ihre endgültige Tiefe und Konfiguration erreicht ist. Daran schließen sich noch weitere Verfahrensschritte an, in denen das Geschoß seine endgültige Form erhält.

[0005] Der Nachteil dieses Verfahrens besteht darin, daß zur Herstellung des Geschosses eine Vielzahl von Arbeitsschritten erforderlich ist. Insbesondere die Ausformung der Hohlspitze ist sehr aufwendig.

[0006] Weiterhin sind aus dem militärischen Bereich Mantelgeschosse bekannt, die einen gesinterten Kern aus Wolfram aufweisen. Hierbei wird das Sinterverfahren benutzt, um das sehr harte und spröde Wolframmaterial einfacher bearbeiten zu können. Der fertige Wolframkern hat eine sehr große Härte und ein großes spezifisches Gewicht bei relativ kleinem Durchmesser. Dies ergibt eine sehr hohe Querschnittsbelastung und deshalb einen guten Panzerplattendurchschlag. Derartige Geschosse sind für die Jagd unbrauchbar.

[0007] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Herstellungsverfahren für ein mit einer Hohlspitze versehenes Jagdgeschoß zur Verfügung zu stellen, welches nur wenige Arbeitsschritte erfordert, wobei insbesondere die Hohlspitzkonstruktion in nur einem Arbeitsschritt ausgeformt wird.

[0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das gesamte Geschoß auf pulvermetallurgischem Wege aus Metallpulver hergestellt und anschließend kalibriert wird, wobei während des Pulverpressens die Hohlspitzkonstruktich eingebracht wird, die während des Kalibrierens zur endgültigen Geschoßspitze umgeformt wird.

[0009] Dieses Verfahren erfordert bis zum Vorliegen des fertigen Geschosses im wesentlichen nur drei Arbeitsschritte, nämlich das Pressen, Sintern und Kalibrieren. Die nach dem Stand der Technik recht aufwendige Ausformung der Hohlspitzkonstruktion erfolgt dabei während des ohnehin erforderlichen Pressens, so daß hierzu kein gesonderter Arbeitsschritt erforderlich ist.

[0010] In weiterer Ausgestaltung der Erfindung wird in die Matrix des Metallpulvers, wofür vorzugsweise Kupferpulver zum Einsatz kommt, mindestens ein schweres Element, wie z. B. Wolfram, eingelagert.

[0011] Die nach dem Stand der Technik bekannten Geschosse aus Kupfer bzw. aus einer Kupferlegierung haben den Nachteil einer geringen Querschnittsbelastung, da diese Materialien gegenüber einer Gesamtdichte von etwa 10 g/cm³ bei Mantel geschossen nur eine Dichte von etwa 8,8 g/cm³ besitzen. Daher müssen diese Geschosse, wenn ihr Gewicht beibehalten werden soll, länger ausgeführt werden. Daraus resultiert eine Verschlechterung des außen- und zielballistischen Verhaltens, weil die Drallstabilisierung nur in einem engen Bereich von Geschoßlänge und Rotationsgeschwindigkeit optimal ist. Das erfindungsgemäße Verfahren bringt hier Vorteile, da sich

[0012] in die Kupfermatrix zur Erhöhung der Gesamtdichte schwere Elemente, wie z. B. Wolfram, einbetten lassen, obwohl diese keine Legierung mit dem Basismaterial eingehen. Auf diese Weise sind Gesamtgeschoßdichten erreichbar, die annähernd denen konventioneller Mantelgeschosse entsprechen.

[0013] Das erfindungsgemäße Verfahren hat auch Vorteile hinsichtlich des Dichte- und damit Festigkeitsverlaufes im Geschoß, der sich beim einachsigen Pressen im Geschoßkörper einstellt. Es hat sich gezeigt, daß damit ein relativ hartes Geschoßheck erreichbar ist, was sich, wie im Stand der Technik bereits ausgeführt, positiv auf die Eindringtiefe und den Ausschuß des Geschosses auswirkt.

[0014] Ein weiterer Vorteil ist nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erzielbar, wenn die Innenwandung der Preßmatrize vor dem Preßvorgang mit einem Gleithilfsmittel, insbesondere Graphit oder Bornitrid, z. B. durch Besprühen, versehen wird. Abgesehen davon, daß dadurch das Pulver während des Pressens an der Matrizenwandung besser gleitet, lagern sich dabei auch Graphit- bzw. Bornitridteilchen auf der Geschoßoberfläche bzw. im oberflächennahen Bereich ab, wodurch beim Gebrauch die Reibung zwischen Lauf und Geschoß reduziert wird.

[0015] Die Erfindung wird nachstehend anhand eines Ausführungsbeispieles näher erläutert. In der dazugehörigen Zeichnung zeigt:
Fig. 1.1
einen Pyramidenstempel zum Einbringen einer Hohlspitzkonstruktion während des Pressens eines Geschoßkörpers in Seitenansicht und Draufsicht,
Fig. 1.2
den Pyramidenstempel nach Fig. 1.1 um 90° gedreht,
Fig. 2.1
eine andere Ausführungsform eines Pyramidenstempels ebenfalls in Seitenansicht und Draufsicht,
Fig. 2.2
den Pyramidenstempel nach Fig. 2.1 um 90° gedreht und
Fig. 3
einen Schnitt durch einen Stempel zum Kalibrieren der Geschoßspitze sowie die dazugehörige Kalibriermatrize im Schnitt.


[0016] Als Basismaterial für das herzustellende Geschoß kommt ein schweres Elektrolyt-Kupferpulver mit einer maximalen Korngröße von 200 µm und einer dendritischen Kornform zur Anwendung. Aufgrund der Korngröße und der Kornform sind mit diesem Pulver hohe Grünfestigkeiten und Gründichten erzielbar. Diesem Kupferpulver werden 15 % Wolfram-Metallpulver HC 1000 zugemischt. Die fertige Mischung wird dann einem Preßwerkzeug dosiert zugeführt, welches von oben mit einem Pyramidenstempel, wie in den Figuren 1.1 - 2.2 dargestellt, geschlossen wird. Der Preßdruck wird von unten mittels eines zylindrischen Unterstempels aufgebracht. Er beträgt ca. 560 MPa. Nach Beendigung der Verdichtung wird der pyramidenförmige Oberstempel hochgefahren und der Grünling mit dem Unterstempel nach oben ausgestoßen. Nach Entnahme des Grünlings durch ein Handlingsystem wird der Unterstempel zur Vorbereitung des nächsten Preßvorganges wieder in Nullage gefahren.

[0017] Die Ausformung der Hohlspitzkonstruktion erfolgt während des Preßvorganges mittels des pyramidenförmigen Oberstempels. Der in den Figuren 2.1 und 2.2 gezeigte Pyramidenstempel mit Absatz hat den Vorteil, daß die Grünlinge im oberen Bereich nicht so dünnwandig sind und somit wesentlich stabiler werden. Es empfiehlt sich aber generell, der Pulvermischung etwa bis zu 1 Gew.-% Preßhilfsmittel zuzugeben, da dadurch die Festigkeit der dünnwandigen Kanten in dem Bereich der eingepreßten Pyramide steigt.

[0018] Nach dem Pressen werden die Grünlinge chargenweise in einem Schutzgasofen mit Wasserstoffatmosphäre etwa zwei Stunden gesintert. Die Sintertemperatur beträgt etwa 1000° C.

[0019] Da die Geschoßkörper nach dem Sintervorgang über ihre Länge etwas im Durchmesser variieren, müssen sie im Anschluß an das Sintern kalibriert werden. Die Sinterlinge werden dazu einem Preßwerkzeug zugeführt, welches schematisch in Fig. 3 dargestellt ist. Die Beladung erfolgt von oben. Das Preßwerkzeug wird dann mit einem Oberstempel geschlossen, der die Negativkonturen der Geschoßspitze besitzt. Der Umform- bzw. Kalibrierdruck von etwa 820 MPa wird durch einen nicht dargestellten Unterstempel aufgebracht. Während des Kalibriervorganges erhält die Geschoßspitze durch den Oberstempel ihre endgültige Form, wobei die zuvor beim Pressen in den Geschoßkörper eingebrachte pyramidenförmige Vertiefung zusammengedrückt wird. Wie aus Fig. 3 hervorgeht, ist der Oberstempel mit einem mittig angeordneten Stahlstift ausgestattet. Während des Kalibrierens wird das Material der Geschoßspitze um diesen Stahlstift gepreßt. Auf diese Weise erhält das Geschoß eine nach vorn geöffnete Hohlspitze. Nach dem Kalibrieren wird das fertige Geschoß aus dem Preßwerkzeug ausgestoßen.

[0020] Zur Verbesserung des zielballistischen Verhaltens kann das Geschoß nach dem Kalibrieren noch weichgeglüht werden. Dadurch ergibt sich im Ziel ein im Durchmesser größerer Geschoßrestkörper.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines Jagdgeschosses mit Hohlspitze, dadurch gekennzeichnet, daß das gesamte Geschoß auf pulvermetallurgischem Wege aus Metallpulver hergestellt und anschließend kalibriert wird, wobei während des Pulverpressens die Hohlspitzkonstruktion eingebracht wird, welche während des Kalibrierens zur endgültigen Geschoßspitze umgeformt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zur Erhöhung der Gesamtdichte des Geschosses mindestens ein schweres Element, wie z. B. Wolfram, dem Metallpulver, insbesondere Kupferpulver, zugemischt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Innenwandung der Preßmatrize vor dem Preßvorgang mit einem Gleithilfsmittel, insbesondere Graphit oder Bornitrid, versehen wird.
 




Zeichnung







Recherchenbericht