[0001] Die Erfindung betrifft eine Hochtemperatur-Knetlegierung auf Nickelbasis, die Aluminium,
Chrom, Eisen und Hafnium enthält. Eine solche umformbare, hitzebeständige Nickelbasislegierung
ist durch CA 1.166.484 mit der Zusammensetzung 8 bis 25 % Cr, 2,5 bis 8 % Al und einem
kleinen, aber effektiven Y-Gehalt, sowie mit insgesamt bis zu 15 % Hf und weiterer
Elemente und bis 30 % Fe bekannt. Weiterhin sind unter anderem bis zu 20 % Co und
bis zu 5 % Ti zugelassen. Vor ihrem bestimmungsgemäßen Einsatz in Brennöfen insbesondere
als Auflagen für die zu brennenden keramischen Produkte, wobei Temperaturen bis 1220
°C auftreten können, wird diese Legierung noch einer geeigneten Wärmebehandlung zum
Erzeugen eines Aluminiumoxidfilms unterzogen. Insgesamt ist diese bekannte Legierung
darauf abgestellt, daß sie bei den hohen Brenntemperaturen die keramischen Artikel
nicht beeinflußt. Für einen breiten Langzeiteinsatz im Anlagenbau ist diese für den
genannten speziellen Einsatz optimierte Legierung wegen der speziellen Rahmenbedingungen
aber weniger geeignet.
[0002] Mit der Obergrenze von 25 % Chrom liegt die vorstehende Legierung noch nahe den hochchromhaltigen
Legierungen, bei denen die Schutzwirkung durch Chromoxide Bedeutung hat. So werden
für Wärmetauscherrohre in Kohlevergasungsanlagen derzeit Legierungen vom Typ X1NiCrMoCuN
31 27 4 (deutsche Werkstoffnummer 1.4563) und X1NiCrMoCu 32 28 7 (1.4562) erprobt.
Setzt man aber auf die Schutzwirkung der Chromoxide, so muß im Prozeßmedium genügend
Sauerstoff für die Oxidbildung zur Verfügung stehen. Gerade in Anlagen der petrochemischen
Industrie und der Energietechnik ist das jedoch nicht der Fall, so daß derzeit die
zulässige Metalltemperatur von Wärmetauscherrohren und -wänden auf etwa 450 °C begrenzt
werden muß, um eine unzulässige Aufschwefelung des Werkstoffes zu verhindern.
[0003] Sollen Prozeßtemperaturen erhöht werden, so werden Werkstoffe benötigt, die auch
in sauerstoffarmen Atmosphären eine schützende Oxidschicht ausbilden können. Von besonderem
Interesse sind hier hochaluminiumhaltige Legierungen, welche auch unter extremen Bedingungen
dichte, stabile Al₂O₃-Schichten ausbilden können. Neue Nickelbasislegierungen mit
hohen Aluminiumgehalten, beispielsweise mit 9 bis 12 % Al, 8 bis 15 % Cr, 9 bis 16
% Fe, 0,2 bis 1,5 % Zr, 0,2 bis 1,5 % Hf und 0,05 bis 0,2 % B (DE 3634635) sind für
den Einsatz in der Energietechnik für Turbinenleitschaufeln vorgesehen. Sie sind als
typische Gußlegierungen jedoch spröde und können nicht als Halbzeug in Form von Blech,
Rohr oder Draht bereitgestellt werden.
[0004] Aufgabe der Erfindung ist es, die bekannten Nickelbasislegierungen bezüglich ihrer
Beständigkeit gegen Aufkohlung und Aufschwefelung im Temperaturbereich von 400 bis
1100 °C weiterzuentwickeln, dabei ihre Oxidationsbeständigkeit und auch die Warm-
und Kaltumformbarkeit zu erhalten.
[0005] Erfindungsgemäß wird daher eine Hochtemperatur-Knetlegierung mit feinkörnigem Duplexgefüge
vorgeschlagen, die (in Masse %) aus
< 0,05 C
< 0,5 Si
< 0,5 Mn
8,5 bis 11 Al
< 0,02 P
< 0,01 S
4 bis 10 Cr
23 bis 28 Fe
0,025 bis 0,2 Hf und/oder Seltene Erden und/oder Zr
< 0,5 Ti
< 0,005 B
Rest Nickel und erschmelzungsbedingte Beimengungen besteht.
[0006] Auf die vorteilhafte Einengung der Analyse gemäß dem Unteranspruch sei verwiesen,
nämlich auf eine Zusammensetzung mit
< 0,05 C
< 0,5 Si
< 0,5 Mn
9 bis 11 Al
< 0,02 P
< 0,01 S
8 bis 10 Cr
25 bis 28 Fe
0,05 bis 0,15 Hf und/oder Seltene Erden und/oder Zr
< 0,5 Ti
< 0,005 B
Rest Nickel und erschmelzungsbedingte Beimengungen.
[0007] Die erfindungsgemäße Legierung zeichnet sich durch ein feinkörniges Duplexgefüge
aus. Bei einer der Phasen handelt es sich um einen ungeordneten kubisch flächenzentrierten
Ni,Fe,Al,Cr-Mischkristall, die zweite Phase ist eine kubisch raumzentriertem B2-geordnete
unterstöchiometrische intermetallische Phase.
[0008] Die erfindungsgemäße Legierung ist schmied- und walzbar, sowie schweißbar und ermöglicht
den Einsatz in kohlenstoff- und schwefelhaltigen Prozeßgasen auch bei Temperaturen
oberhalb von 750 °C.
[0009] Tabelle 1 zeigt beispielhaft einige Analysen der erfindungsgemäßen Legierung (Analysen A bis
F) sowie Legierungen (G,H,I) von zu Vergleichszwecken herangezogenen, außerhalb der
erfindungsgemäßen Zusammensetzung liegenden Chargen. Die rechte Spalte zeigt die hohe
Beständigkeit der erfindungsgemäßen Legierungen A bis F in korrosiver Atmosphäre bei
1100 °C.
[0010] Zum Einfluß der Legierungselemente Nickel, Eisen und Aluminium zeigt die Abb. 1 einen
isothermen Schnitt durch das Dreistoffsystem Fe-Ni-Al bei 850°C. Konventionelle Hochtemperatur-Knetlegierungen
des Typs 1.4958 (X5NiCrAlTi3120) liegen im Einphasengebiet (Ni). Zweiphasige (Ni)+α'
Legierungen mit Aluminiumgehalten über 5 % sind typisch für die Turbinenschaufel-Feingußlegierungen;
diese zweiphasigen Legierungen sind jedoch spröde und weder schmiedbar noch walzbar.
Einphasige Legierungen sind warmspröde und anfällig für Sulphidierung.
[0011] Wie Abbildung 1 zu entnehmen ist, liegt die erfindungsgemäße Legierung mit 10 % Aluminium
und etwa 55 bis 60% Nickel in der Nähe der Grenze zwischen dem Zweiphasengebiet (Ni)+β₂
und dem Dreiphasengebiet (Ni)+β₂+α'. Bei der β₂. Phase handelt es sich um eine kubisch
raumzentrierte, B2-geordnete intermetallische Ni(Fe)Al-Verbindung; die Phase (Ni)
ist ein ungeordneter, kubisch flächenzentrierter Mischkristall. In bestimmten Temperaturbereichen
kann feinverteilt die intermetallische, L12-geordnete α'- Phase als dritter Gefügebestandteil
vorliegen.
[0012] Auch Legierungen dieser Phasengebiete sind üblicherweise spröde und nur als Gußlegierungen
oder pulvermetallurgisch herstellbar. Ein Beispiel mit 2-20% Aluminium, höheren Chrom-Eisen-
und Wolframgehalten und einem extrem hohem Gehalt des an sich unzulässigen, versprödend
wirkenden Sauerstoffes von 0,1-3% ist in DE 1812144 beschrieben. Nun hat es sich aber
überraschenderweise gezeigt, daß (Ni)+β₂ - Legierungen bzw. (Ni)+β₂+α'-Legierungen
sowohl kalt- als auch warmumformbar sind, wenn die Legierungszusammensetzung so eingestellt
wird, daß der Anteil der (Ni) -Phase und der β₂- Phase jeweils etwa 50 % betragen.
Dies wird mit einem Aluminiumgehalt von 10 % + 1 % erreicht. Um ein gutes Umformvermögen
zu gewährleisten, muß das Eisen/Nickel-Verhältnis genau eingestellt werden. Wie Abbildung
2 zu entnehmen ist, ist die beste Schmied- und Warmwalzbarkeit gegeben, wenn der Eisengehalt
etwa 26 % beträgt. Bei der Eintragung der Beispiellegierungen in das Diagramm wurde
zugrunde gelegt, daß Chrom etwa zur Hälfte die Gitterplätze des Eisens und zur Hälfte
die Gitterplätze des Nickels besetzt. Bei Eisengehalten unter 20 % ist eine deutliche
Abnahme des Umformvermögens feststellbar; zu hohe Eisengehalte reduzieren Oxidationsbeständigkeit
und das Umformvermögen.
[0013] Abbildung 3 zeigt die Aufkohlungsbeständigkeit der erfindungsgemäßen Legierung im
Vergleich mit der des Werkstoffes 1.4958 und des Werkstoffes 1.4877. Die gute Aufkohlungsbeständigkeit
der erfindungsgemäßen Legierung resultiert aus dem hohen Aluminiumgehalt. Um die schützenden
Aluminiumoxidschichten auch über lange Einsatzzeiten hinweg aufrechtzuerhalten, ist
ein Aluminiumgehalt von etwa 10 % günstig. Wie Tabelle 2 anhand der Ergebnisse aus
Versuchen in einer H₂S-haltigen, aufschwefelnden Kohlevergasungsatmosphäre bei 750°C
zeigt, ist der Korrosionsangriff der erfindungsgemäßen Legierung durch Sulphidierung
marginal.

[0014] Die ausgezeichnete Sulphidierungsbeständigkeit in sauerstoffhaltigen und sauerstoffarmen
Medien wird durch die Kombination aus hohen Chrom- und hohen Aluminiumgehalten erzielt.
Wie Abb. 4 zeigt, ist für eine hohe Beständigkeit gegen Aufschwefelung in H₂S-haltigen
Gasen ein Mindest-Chromgehalt erforderlich. Wird der Chromgehalt jedoch über 10 %
erhöht, so ist eine deutliche Verringerung des Umformvermögens feststellbar. Aus diesen
Gründen wird der Chromgehalt auf 10 % begrenzt.
[0015] Da Bauteile in der Prozeßtechnik oft auf der dem Prozeßmedium abgewandten Seite dem
Luftsauerstoff bei hohen Temperaturen ausgesetzt sind, wird von den in der Prozeßtechnik
eingesetzten Werkstoffen meist auch eine hohe Oxidationsbeständigkeit verlangt. Das
bedeutet, daß der Werkstoff stabil sein muß gegen innere Oxidation sowie gegen Abplatzen
schlechthaftender Oxidschichten. Eine gute Haftung der schützenden Oxidschichten wird
erzielt durch das Zulegieren von 0,1 % Hafnium zu der erfindungsgemäßen Legierung.
Die gute Oxidationsbeständigkeit dieser Legierung und der günstige Einfluß des Hafniums
ist aus Abb. 5 ersichtlich. In diesem Diagramm ist die Massenänderung bei 1100°C an
Luft, gemessen im zyklischen Oxidationsversuch mit einem 24-Stunden-Zyklus, als Funktion
der Auslagerungszeit dargestellt. Eine Zunahme der Masse bedeutet eine Sauerstoffaufnahme,
eine Abnahme der Masse deutet darauf hin, daß schlechthaftende Oxidschichten abplatzen.
Während die beiden Legierungen 1.4958 und 1.4877 ebenso wie die erfindungsgemäße Legierung
ohne Zusatz von Hafnium bei 1100°C an Luft eine deutliche Abnahme der Masse durch
Abplatzungen aufweisen, bleibt die hafniumlegierte erfindungsgemäße Legierung stabil.
Der Hafniumgehalt darf jedoch 0,2 % nicht überschreiten, da dann die Gefahr der Bildung
innerer Hafniumoxide besteht, was zu einer Versprödung des Werkstoffes führen würde.
[0016] Die hohe Oxidationsbeständigkeit dieser Legierung macht sie auch sehr geeignet für
eine Verwendung als Heizleiterwerkstoff im Industrieofenbau und in anderen Anwendungen,
beispielsweise als Alternative zu den schwierig zu verarbeitenden hochlegierten ferritischen
Eisen-Chrom-Aluminium-Werkstoffen.
[0017] Aus dem gleichen Grund werden die Gehalte an Silizium und Titan auf 0,5 % begrenzt.
Beide Elemente können in höherer Konzentration durch Bildung intermetallischer Phasen
versprödend wirken. Mangan hat einen ungünstigen Einfluß auf die Oxidationsbeständigkeit
und wird aus diesem Grund ebenfalls auf einen Maximalwert von 0,5 % begrenzt.
[0018] Die Gehalte an Phosphor und Schwefel sollten so gering wie möglich gehalten werden,
da beide Elemente sowohl die Hochtemperaturkorrosionsbeständigkeit verringern als
auch durch Verringerung der Korngrenzenkohäsion den interkristallinen Sprödbruch begünstigen
können.
[0019] Sauerstoff wirkt versprödend und sollte aus diesem Grunde auf ein Minimum beschränkt
werden. Auch Kohlenstoff wirkt versprödend und wird aus diesem Grund auf 0,05 % begrenzt.
[0020] Die Herstellung der erfindungsgemäßen Legierung kann sowohl durch Blockguß als auch
durch Strangguß nach Erschmelzung im Vakuuminduktionsofen oder offener Erschmelzung
erfolgen. Die Warmformgebung erfolgt durch Warmwalzen oder Schmieden, die Kaltformgebung
durch Walzen. Die Gefügeeinstellung erfolgt durch eine Rekristallisationsglühung bei
einer Temperatur oberhalb von 1000°C; bei geringeren Glühtemperaturen ist keine vollständige
Rekristallisation des Gefüges gewährleistet. Nach dem Glühen liegt ein sehr feinkörniges,
gleichmäßiges Duplexgefüge vor, wie es in Abb. 6 dargestellt ist. Die an diesem Gefüge
ermittelten mechanischen Eigenschaften sind in Abbildung 7 beispielhaft dargestellt.
Die Zugfestigkeit und die Rp0,2-Dehngrenze liegen im gesamten Temperaturbereich deutlich
über den am Werkstoff 1.4958 gemessenen Werten. Die Bruchdehnung erreicht bei Raumtemperatur
die Werte hochwarmfester ferritischer Stähle; sie nimmt mit steigender Temperatur
zu. Bei Temperaturen oberhalb von 1150°C ist der Werkstoff sehr gut warmumformbar.
Abhängig von den Abkühlbedingungen kann im Gefüge feinverteilt eine dritte Phase vorliegen.
Durch entsprechende Wahl von Wärmebehandlungstemperatur und Abkühlgeschwindigkeit
können die mechanischen Eigenschaften in einem weiten Bereich variiert werden.
[0021] Das Hafnium kann ganz oder teilweise durch Seltene Erden wie beispielsweise Cer,
Lanthan, Mischmetall oder auch Yttrium ersetzt werden. Darüber hinaus ist es auch
möglich, Zirkonium anstelle dieser Elemente zu verwenden.
[0022] Die erfindungsgemäße Legierung eignet sich hervorragend zur Herstellung von Gegenständen,
die bei Temperaturen zwischen 400 und 1100 °C beständig gegen Sulphidierung, Aufkohlung
und Oxidation sein müssen, nämlich für den Einsatz in Kraftwerken und in der chemischen
und petrochemischen Industrie.
[0023] Die mit der erfindungsgemäßen Legierung im Hochtemperaturteil solcher energietechnischer
oder chemischer Anlagen eingesetzten Anlagenteile, die auch geschweißt sein können,
zeichnen sich durch hohe Beständigkeit gegen Aufkohlung und Aufschwefelung auf. Da
diese Anlagenteile, wie Rohre und Kesselwände oft an der dem Prozeßgas abgewandten
Seite dem Luftsauerstoff ausgesetzt sind, kommt auch ihre gute Oxidationsbeständigkeit
zum Tragen. Auch die bei regelmäßigen Temperaturen zwischen 400 und 1000 °C geforderte
Warmfestigkeit ist gegeben und bei 1100 °C noch ausreichend.

1. Hochtemperatur-Knetlegierung mit feinkörnigem Duplexgefüge bestehend (in Masse %)
aus
< 0,05 C
< 0,5 Si
< 0,5 Mn
8,5 bis 11 Al
< 0,02 P
< 0,01 S
4 bis 10 Cr
23 bis 28 Fe
0,025 bis 0,2 Hf und/oder Seltene Erden und/oder Zr
< 0,5 Ti
< 0,005 B
Rest Nickel und erschmelzungsbedingte Beimengungen.
2. Hochtemperatur-Knetlegierung nach Anspruch 1, bestehend (in Masse %) aus
< 0,05 C
< 0,5 Si
< 0,5 Mn
9 bis 11 Al
< 0,02 P
< 0,01 S
8 bis 10 Cr
25 bis 28 Fe
0,05 bis 0,15 Hf und/oder Seltene Erden und/oder Zr
< 0,5 Ti
< 0,005 B
Rest Nickel und erschmelzungsbedingte Beimengungen.
3. Verwendung der Legierung nach Anspruch 1 oder 2 zur Herstellung von Gegenständen,
die bei Temperaturen Zwischen 400 und 1100 °C beständig sind gegen Sulphidierung,
Aufkohlung und Oxidation.