[0001] Die Erfindung beschreibt ein neues Verfahren zur Herstellung optisch aktiver 1-substituierter
2-(Aminomethyl)pyrrolidine der allgemeinen Formel

in der R¹ und R², unabhängig voneinander, Wasserstoff, (C₁-C₆)Alkyl, das verzweigt
oder unverzweigt oder mit (C₃-C₇) Cycloalkyl oder Phenyl substituiert sein kann, (C₃-C₇)Cycloalkyl
oder Phenyl bedeuten und * ein Asymmetriezentrum bedeutet, durch Reduktion enantiomerenreiner
N-Acylprolinamide der allgemeinen Formel

in der R¹, R² und * die bei Formel (II) angegebenen Bedeutungen haben.
[0002] Die Verbindungen der allgemeinen Formel (II) sind wichtige Zwischenprodukte für die
Herstellung pharmazeutischer Wirkstoffe. So sind die substituierten 2-Methoxybenzoesäureamide
Sulpirid, Remoxiprid, Eticloprid und Racloprid, die alle (S)-2-(Aminomethy)1-1-ethylpyrrolidin
enthalten, wirksam bei der Behandlung von unter anderem Schizophrenie (J. Med. Chem.
1993, 36, 196; J. Med. Chem. 1993, 36, 3417). Dabei wurde für Sulpirid gezeigt, daß
das (S)-(-)-Enantiomer pharmakologisch wirksamer und gleichzeitig von geringerer akuter
Toxizität ist als das (R)-Enantiomer (Drugs of the Future 1987, 12 (10), 944). Daraus
ergibt sich die Notwendigkeit, diese Wirkstoffe, die bisher zum Teil noch als racemisches
Gemisch eingesetzt werden, in Zukunft in enantiomerenreiner Form herzustellen und
zu diesem Zweck die als Zwischenprodukte benötigten 1-substituierten 2-(Aminomethyl)pyrrolidine
der allgemeinen Formel (II) mit ebenfalls möglichst hoher Enantiomerenreinheit zur
Verfügung zu stellen.
[0003] Zur Herstellung der chiralen 1-substituierten 2-(Aminomethyl)pyrrolidine der allgemeinen
Formel (II) wurden verschiedene Wege beschrieben. So wurde optisch aktives 2-(Aminomethyl)-1-ethylpyrrolidin
erstmals durch Racematspaltung mit L- oder D-Weinsäure hergestellt (South African
Pat. 68 02,593, Chem. Abstr. 1969, 71, 280, 30354b). Auch wenn Weinsäure relativ billig
ist, so hat dieses Verfahren wie alle Racematspaltungen den prinzipiellen Nachteil,
daß maximal nur 50 % des racemischen Edukts genutzt werden können, falls das unerwünschte
Enantiomer nicht durch Racemisierung zurückgeführt werden kann.
[0004] Verbindungen der allgemeinen Formel (II) wurden durch Reduktion von N-Acylprolinamiden
der allgemeinen Formel (I) mit Hilfe von Lithiumaluminiumhydrid hergestellt (DE 27
35 036, Chem. Abstr. 1978, 88, 589, 152414t). Diese an sich elegante Variante, die
auf optisch aktives, relativ preiswertes Prolin zurückgreift, hat den Nachteil, daß
das verwendete Lithiumaluminiumhydrid nicht nur teuer, sondern aufgrund seiner leichten
Entzündlichkeit speziell im technischen Maßstab auch nur schwer handhabbar ist.
[0005] Eine weitere, auf L- oder D-Prolin aufbauende Synthese für optisch aktives 2-(Aminomethyl)-1-ethylpyrrolidin
führt in vier Stufen über Acetylprolin, N-Ethylprolinol, Chlorierung und Substitution
mit Ammoniak letztlich zum Zielprodukt (Drugs of the Future 1987, 12 (10), 944). Die
Eignung dieser Synthese ist jedoch schwer zu beurteilen, da keine Ausbeuten genannt
werden.
[0006] Schließlich wurde aus L- oder D-Prolin in mehreren Stufen letztlich N-Alkylprolinamid
hergestellt, wobei entweder Prolin, ein Prolinester oder Prolinamid am Ringstickstoff
direkt alkyliert wurde. Das N-Alkylprolinamid wurde dann mit Lithiumaluminiumhydrid,
Natrium[bis(2-methoxyethoxy)aluminiumdihydrid] oder Natriumborhydrid/Essigsäure zum
optisch aktiven 1-substituierten 2-(Aminomethyl)pyrrolidin reduziert (WO 87/07271).
Dabei wurden jedoch zum Teil teure und sicherheitstechnisch problematische Reduktionsmittel
und vor allem in allen Fällen Alkylierungsmittel eingesetzt, welche sehr häufig gesundheitsschädlich
sind.
[0007] Angesichts des hierin dargelegten Standes der Technik war es daher Aufgabe der Erfindung,
ein weiteres Verfahren zur Herstellung der optisch aktiven 1-substituierten 2-(Aminomethyl)pyrrolidine
der allgemeinen Formel (II) zur Verfügung zu stellen, das die hier beschriebenen Nachteile
und Gefahren vermeidet und insbesondere einfach und mit preiswerten Chemikalien durchführbar
ist und die Herstellung der angestrebten Produkte in guter Ausbeute und hoher Enantiomerenreinheit
gestattet.
[0008] Gelöst werden diese und weitere nicht weiter angegebene Aufgaben durch ein Verfahren
mit dem Merkmal des kennzeichnenden Teils von Anspruch 1.
[0009] Vorteilhafte Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind Gegenstand der
von Anspruch 1 abhängigen Unteransprüche.
[0010] Dadurch, daß zur Reduktion der N-Acylprolinamide der allgemeinen Formel I erfindungsgemäß
ein aktiviertes Alkaliborhydrid verwendet wird, gelingt es, optisch aktive 1-substituierte
2-(Aminomethyl)pyrrolidine der allgemeinen Formel II auf einfache Weise mit einem
auch im technischen Maßstab gut handhabbaren System in guter Ausbeute und mit ausgezeichneter
Enantiomerenreinheit herzustellen.
[0011] Das erfindungsgemäße Verfahren geht aus von optisch aktiven N-Acylprolinamiden der
allgemeinen Formel (I), die aus L-oder D-Prolin durch Veresterung, Amidierung und
Acylierung nach bekannten Verfahren leicht, ungefährlich und in guter Ausbeute herstellbar
sind, wobei die Reihenfolge dieser Schritte variieren kann. Erfindungsgemäß werden
die optisch aktiven N-Acylprolinamide dann mit einem Alkaliborhydrid unter Zusatz
eines aktivierenden Reagenzes in einem Schritt zu den 2-(Aminomethyl)pyrrolidinen
der allgemeinen Formel (II) reduziert, wobei diese in guter Ausbeute und in hoher
Enantiomerenreinheit erhalten werden. Das erfindungsgemäße Verfahren wird also gemäß
der folgenden allgemeinen Gleichung durchgeführt:

Das Alkaliborhydrid kann Lithium-, Natrium- oder Kaliumborhydrid sein, wobei Lithium-
und Natriumborhydrid wegen ihrer besseren Löslichkeit bevorzugt sind und Natriumborhydrid
aufgrund des günstigsten Preises besonders bevorzugt ist.
[0012] Als aktivierende Reagentien können unter anderem Chlorwasserstoff oder Schwefelsäure
eingesetzt werden, wobei Schwefelsäure aufgrund ihrer leichteren Dosier- und Handhabbarkeit
besonders bevorzugt ist.
[0013] Diese Aktivatoren sind aus der Literatur bereits für die Reduktion von Aminosäuren
und N-Acylaminosäuren zu den entsprechenden Amino- und N-Alkylaminoalkoholen bekannt
(Tetrahedron Lett. 1992, 33 (38), 5517). Überraschenderweise wurde nunmehr gefunden,
daß diese Aktivatoren zusammen mit einem Alkaliborhydrid auch und besonders günstig
zur Reduktion von N-Acylprolinamiden der allgemeinen Formel (I) eingesetzt werden
können, wobei sich vorteilhafterweise herausstellte, daß die Reduktion beider Amidfunktionen
in einem Schritt gelingt, die Stereochemie am Chiralitätszentrum erhalten bleibt und
das Produkt jeweils in guter Ausbeute erhalten wird.
[0014] Das erfindungsgemäße Verfahren wird vorteilhaft in einem Lösungsmittel ausgeführt.
Dieses sollte ein hinreichendes Lösungsvermögen für die Reaktionspartner besitzen,
dabei aber unter den Reaktionsbedingungen möglichst inert sein. Besonders bevorzugt
sind Lösungsmittel mit Etherstruktur, doch ist prinzipiell auch der Einsatz von Alkoholen
und Acetalen möglich.
[0015] Prinzipiell kann die Reduktion innerhalb eines weiten Temperaturbereichs (ca. -20
°C - Siedetemperatur des jeweiligen Lösungsmittels) vorgenommen werden, doch wird
erfindungsgemäß bevorzugt so verfahren, daß zu einer Lösung oder Suspension von Natriumborhydrid
und dem optisch aktiven N-Acylprolinamid der allgemeinen Formel (I) in dem jeweiligen
Lösungsmittel eine Lösung des Aktivators in diesem oder einem anderen geeigneten Lösungsmittel
bei 0 - 40 °C, ggf. unter Kühlung, getropft und anschließend zur Vervollständigung
der Reaktion mehrere Stunden bis maximal zur Siedetemperatur des verwendeten Lösungsmittels
erhitzt wird. Pro Äquivalent N-Acylprolinamid der Formel (I) werden dabei 2 - 5, bevorzugt
3 - 4 Äquivalente Alkaliborhydrid, bevorzugt Natriumborhydrid, zugesetzt, das vorteilhaft
mit 1 Äquivalent Chlorwasserstoff oder, besonders bevorzugt, 1/2 Äquivalent Schwefelsäure
aktiviert wird.
[0016] Nach Beendigung der Reaktion wird das Reaktionsgemisch mit einem Alkohol und Wasser
hydrolysiert, das organische Lösungsmittel abdestilliert, der Rückstand in Wasser
aufgenommen, mit Salzsäure oder einer anderen Säure sauer gestellt, einige Zeit gerührt,
dann, bevorzugt mit Natronlauge, alkalisch gestellt und das optisch aktive 1-substituierte
2-(Aminomethyl)pyrrolidin der allgemeinen Formel (II) mit einem geeigneten organischen
Lösungsmittel extrahiert. Es kann dann als Öl, Feststoff oder Hydrochlorid isoliert
und ggf. durch Chromatographie, Destillation oder Umkristallisation weiter gereinigt
werden.
[0017] Insgesamt wird mit diesem neuen Verfahren ein einfacher, sicherer und besonders wirtschaftlicher
Weg zur Herstellung der optisch aktiven 1-substituierten (2-Aminomethyl)pyrrolidine
der allgemeinen Formel (II) beschrieben. Es wird durch die nachfolgenden Ausführungsbeispiele
näher erläutert:
Beispiel 1:
[0018] Zu einer Suspension von 30,4 g (0,8 mol) Natriumborhydrid in 200 ml 1,2-Dimethoxyethan
(DME) wurden 31,24 g (0,2 mol) N-Acetyl-L-prolinamid gegeben. Anschließend wurde innerhalb
von 90 min bei 30 - 35 °C eine Lösung von 21,4 ml (0,4 mol) Schwefelsäure in 50 ml
DME zugetropft und anschließend über Nacht bei 75 °C gerührt. Nach Abkühlen wurden
dann 50 ml Methanol zugesetzt. Danach wurde zur Trockne einrotiert, der Rückstand
in 150 ml Wasser aufgenommen, mit 50 ml konz. Salzsäure sauer gestellt und über Nacht
bei Raumtemperatur gerührt. Anschließend wurde mit 75 ml 50 %iger Natronlauge basisch
gestellt und dreimal mit je 150 ml Methylenchlorid extrahiert. Nach Einrotieren verblieb
ein Rückstand von 25,7 g. Durch Destillation wurden 17,8 g (69,4 %) S-2-(Aminomethyl)-1-ethylpyrrolidin
als farblose Flüssigkeit erhalten. Die Struktur wurde durch ein NMR-Spektrum bestätigt.
Siedebereich: 58 - 63 °C/12 mm
[α]D20: -89,8° (c = 1, EtOH)
Beispiel 2:
[0019] Zu einer Suspension von 30,4 g (0,8 mol) Natriumborhydrid in 200 ml 1,2-Dimethoxyethan
(DME) wurden 28,4 g (0,2 mol) N-Formyl-L-prolinamid gegeben. Anschließend wurde innerhalb
von 90 min bei 25 - 33 °C eine Lösung von 21,4 ml (0,4 mol) Schwefelsäure in 50 ml
DME zugetropft und anschließend über Nacht bei 75 °C gerührt. Nach Abkühlen wurden
dann 50 ml Methanol zugesetzt. Danach wurde zur Trockne einrotiert, der Rückstand
in 150 ml Wasser aufgenommen, mit 40 ml konz. Salzsäure sauer gestellt und mit 100
ml Toluol über Nacht bei Raumtemperatur gerührt. Anschließend wurde mit 65 ml 50 %iger
Natronlauge basisch gestellt, nach Zusatz von weiteren 100 ml Toluol und Erwärmen
auf 75 °C die organische Phase abgetrennt und die Wasserphase nochmals mit 100 ml
Toluol extrahiert. Nach Trocknen über Natriumsulfat wurde das Toluol am Rotationsverdampfer
abdestilliert, wobei 12,1 g Rückstand erhalten wurden. Nachextraktion der Wasserphase
mit Methylenchlorid und Einrotieren lieferte weitere 0,9 g Rohprodukt. Nach Kugelrohrdestillation
wurden 7,0 g (30,6 %) S-2-(Aminomethyl)-1-methylpyrrolidin als farblose Flüssigkeit
erhalten. Die Struktur wurde durch ein NMR-Spektrum bestätigt.
Siedebereich: 50 - 52 °C/15 mm
[α]D20: -76,8° (c = 1, EtOH)
1. Verfahren zur Herstellung optisch aktiver 1-substituierter 2-(Aminomethyl)pyrrolidine
der allgemeinen Formel

in der R¹ und R², unabhängig voneinander, Wasserstoff, (C₁-C₆)Alkyl, das verzweigt
oder unverzweigt oder mit (C₃-C₇)Cycloalkyl oder Phenyl substituiert sein kann, (C₃-C₇)Cycloalkyl
oder Phenyl bedeuten und * ein Asymmetriezentrum bedeutet, durch Reduktion enantiomerenreiner
N-Acylprolinamide der allgemeinen Formel

in der R¹, R² und * die bei Formel (II) angegebenen Bedeutungen haben,
dadurch gekennzeichnet,
daß zur Reduktion ein aktiviertes Alkaliborhydrid verwendet wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Alkaliborhydrid mit Chlorwasserstoff oder Schwefelsäure aktiviert wird.
3. Verfahren nach Ansprüchen 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß als Alkaliborhydrid Lithium- oder Natriumborhydrid eingesetzt werden.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Reaktion in einem Lösungsmittel, bevorzugt in einem Ether, durchgeführt wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Reaktion zwischen -20 °C und der Siedetemperatur des verwendeten Lösungsmittels
durchgeführt wird.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Reaktionsgemisch nach beendeter Reduktion durch Zugabe eines Alkohols, dann
Wasser und dann einer Säure hydrolysiert wird, anschließend alkalisiert wird, das
optisch aktive 1-substituierte 2-(Aminomethyl)pyrrolidin der allgemeinen Formel II
mit einem organischen Lösungsmittel extrahiert, anschließend durch Eindampfen isoliert
und bei Bedarf durch Kristallisation, Destillation, Chromatographie oder Fällung als
Hydrochlorid weiter gereinigt wird.