(19)
(11) EP 0 694 624 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
31.01.1996  Patentblatt  1996/05

(21) Anmeldenummer: 95107457.4

(22) Anmeldetag:  17.05.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C22C 38/08, C21D 8/12, H01F 1/147, C22F 1/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 30.06.1994 DE 4422870

(71) Anmelder: Krupp VDM GmbH
D-58791 Werdohl (DE)

(72) Erfinder:
  • Gehrmann, Bodo, Dipl.-phys.
    D-58840 Plettenburg (DE)

(74) Vertreter: Cohausz & Florack 
Patentanwälte Kanzlerstrasse 8a
D-40472 Düsseldorf
D-40472 Düsseldorf (DE)

   


(54) Eisen-Nickel-Legierung mit besonderen weichmagnetischen Eigenschaften


(57) Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf einen weichmagnetischen Eisen-Nickel-Werkstoff mit 46-49% Nickel, Rest im wesentlichen Eisen. Kennzeichen der Erfindung ist, daß der Eisen-Nickel-Werkstoff nach einer Wärmebehandlung an einer Bandprobe der Dicke 0,20 mm eine Texturverteilung aufweist, bei der von gemessenen {111} Polfiguren die Mengenanteile der Texturkomponenten mit den Eulerwinkeln (1, φ, 2) = (0, 0, 0) 20 bis 50% und (1, φ, 2) = (26, 45, 30) 10 bis 40% betragen.













Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Eisen-Nickel-Legierung mit etwa 48 % Nickel mit besonderen weichmagnetischen Eigenschaften, die durch Einstellung einer Gefügestruktur mit einer bestimmten Texturverteilung nach einer Wärmebehandlung erreicht werden.

[0002] Es ist bekannt, daß bei den Eisen-Nickel-Legierungen mit Nickelgehalten zwischen etwa 40 % und 65 % durch Einstellung von Texturen mit Vorzugsrichtung 〈100〉 in Walzrichtung, wie die Würfeltextur oder die (210)〈001〉-Textur, bestimmte magnetische Eigenschaften erreicht bzw. positiv beeinflußt werden können , F. Pfeifer, Gefüge der Metalle, Deutsche Gesellschaft für Metallkunde e.V., Oberursel, 1981, S. 293 ff). Dies ist dadurch möglich, daß bei den Eisen-Nickel-Legierungen mit mittleren Nickelgehalten die Würfelkante 〈100〉 des kubisch flächenzentrierten Gitters die magnetische Vorzugsrichtung ist.

[0003] Bereiche für die Würfeltextur (100)〈001〉 und für die (210) 〈001〉-Textur sind durch den Endumformungsgrad und der Zwischenglühtemperatur, bzw. der hierdurch erzielten Korngröße vor der letzten Kaltumformung, nach abschließender Schlußglühbehandlung bestimmt. Diese Abhängigkeit der Gefügestruktur ist schematisch in Fig. 1 dargestellt.

[0004] Anhand von gemessenen {111} Polfiguren wird für jede Texturkomponente, die jeweils durch die Eulerwinkel (



1, φ,

2) beschrieben werden, der Mengenanteil genannt und hierdurch der Werkstoff charakterisiert. Die drei Euler-Winkel geben eine bestimmte Folge von drei Rotationswinkeln vor, die das probenfeste Koordinatensystem in das kristallfeste überführen. Ihre Definition ist beschrieben in G. Goltstein "Rekristallisation metallischer Werkstoffe", 1984, ed.: Deutsche Gesellschaft für Metallkunde e.V.

[0005] Zunächst bildet sich bei Endumformungsgraden bis etwa 80 % nach der Schlußglühbehandlung durch Primärrekristallisation ein feinkörniges isotropes Korngefüge aus, wobei die Korngröße im allgemeinen mit ansteigender Schlußglühtemperatur und mit steigendem Endumformungsgrad zunimmt. Bei Endumformungsgraden größer als 80 % und, wenn die Schlußglühtemperatur nicht zu hoch ist - etwa zwischen 900 und 1050 °C - und nicht zu langen Haltezeiten, bildet sich die Würfeltextur (100)〈001〉 aus, deren Schärfe mit steigendem Endumformungsgrad und fallender Zwischenglühtemperatur zunimmt. Ab einer gewissen höheren Schlußglühtemperatur ab etwa 1080 °C bei ausreichend langer Verweildauer bei dieser Temperatur setzt die Sekundärrekristallisation ein, die die Würfellage zerstört. Die Schlußglühtemperatur, bei der die Sekundärrekristallisation beginnt ist u.a. von Verunreinigungen und von sauerstoffaffinen Zusätzen abhängig. Im allgemeinen erhöhen diese die notwendige Schlußglühtemperatur. Auch wird hierdurch der Bereich hinsichtlich des Endumformungsgrades und der Zwischenglühtemperatur, in der Sekundärrekristallisation stattfinden kann, beeinflußt. Dieser Bereich geeigneter Zwischenglühtemperaturen und Umformungsgraden entspricht dem der Würfeltextur, da diese Voraussetzung für die Sekundärrekristallisation ist. In einem bestimmten eingeengten Bereich bilden sich durch Wachstumauslese bei der Sekundärrekristallisation bevorzugt Körner mit der Orientierung (210)〈001〉 aus. Bei höheren Umformungsgraden bildet sich Grobkorn aus.

[0006] Der erfindungsgemäße Werkstoff ist dadurch gekennzeichnet, daß nach einer Wärmebehandlung an einer Probe der Banddicke 0,20 mm die Mengenanteile der Texturkomponenten mit den Eulerwinkeln (

1, φ,

2) = (0,0,0) 20 bis 50 % und (

1, φ,

2) = (26, 45, 30) 10 bis 40 % betragen, s. Charakterisierung A in Tabelle 1. Mit einer Wärmebehandlung von z.B. 1080 °C bei einer Haltezeit von 4 Stunden, die einer längeren stationären Glühung angelehnt ist, kann diese Texturverteilung erzielt werden. Das kaltgewalzte Band der Dicke 0,20 mm des erfindungsgemäßen Werkstoffs ist durch eine Walztextur gekennzeichnet, welche durch die Mengenanteile der Texturkomponenten mit den Eulerwinkeln (

1, φ,

2) = (88, 31, 45) 5 bis 25 %, (

1, φ,

2) = (62, 34, 65) 15 bis 30 % und (

1, φ,

2) = (43, 38, 77) 5 bis 20 % betragen, charakterisiert ist.

[0007] Wie die Fig. 2 verdeutlicht, besitzt der erfindungsgemäße Werkstoff dahingehend Vorteile, daß die hohen Werte für die Flußdichte B auch bei mittleren und höheren Feldstärken, bei relativ niedrigen Schlußglühtemperaturen und bei relativ kurzen Glühzeiten erreicht werden, weil die Sekundärrekristallisation in diesem Fall nicht notwendige Voraussetzung für die beschriebenen guten magnetischen Eigenschaften ist. In diesem Fall, d.h. nach einer Wärmebehandlung, die einer kurzen Durchlaufglühung angelehnt ist, wird an einer Probe der Banddicke 0,20 mm der erfindungsgemäße Werkstoff dadurch gekennzeichnet, daß die Mengenanteile der Texturkomponenten mit den Eulerwinkeln (

1, φ,

2) = (0,0,0) 10 bis 40 %, (

1, φ,

2) = (26, 45, 30) 5 bis 25 % und (

1, φ,

2) = (30, 35, 35) 10 bis 25 % betragen, s. Charakterisierung B in Tabelle 1. Diese Texturverteilung kann z.B. durch eine Wärmebehandlung von 1060 °C bei einer Verweildauer von 20 Minuten an einer Bandprobe der Dicke 0,20 mm erzielt werden.

[0008] Die folgende Tabelle 1 gibt den Mengenanteil M in % für jede Texturkomponente an, die jeweils durch Eulerwinkel (

1, φ,

2) beschrieben werden, ermittelt aus gemessenen {111} Polfiguren an unterschiedlich wärmebehandelten Proben der Banddicke 0,20 mm, wodurch der erfindungsgemäße Werkstoff durch zwei Texturverteilungen A und B charakterisiert wird.



[0009] In Tabelle 2 sind charakteristische magnetische Eigenschaften für bekannte Werkstoffe mit einem Nickelgehalt von etwa 48 % mit den oben beschriebenen Gefügestrukturen im Vergleich zu dem erfindungsgemäßen Werkstoff für die Banddicke 0,20 mm aufgeführt. Die magnetischen Werte sind bei 50 Hz gemessen.
Tabelle 2
Gefügestruktur µ41) (Ĥ = 4 mA/cm) B(Ĥ = 200 mA/cm) in mT
Bekannte Vergleichswerkstoffe feinkörnig, isotrop 6000-12000 ca. 1050
Sekundärrekristallisiert 12000-20000 ca. 1080
erfindungsgemäßer Werkstoff 6000-14000 ca.1100-1300


[0010] Die Höhe der Anfangspermeabilität µ4, richtet sich je nach Höhe der Schlußglühtemperatur und der zeitlichen Länge der Verweildauer bei der Schlußglühbehandlung. Der erfindungsgemäße Werkstoff erreicht im Vergleich zu Werkstoffen im Stande der Technik insbesondere bei höheren Feldstärken - beispielsweise H = 200 mA/cm - wesentlich höhere Werte für die Flußdichte B bei gleichzeitig noch relativ hohen Anfangs-permeabilitäten. Diese Werte werden durch einen gezielten Fertigungsweg erreicht, dadurch, daß durch einen bestimmten Endumformungsgrad und einer bestimmten Zwischenglühtemperatur nach abschließender Wärmebehandlung an Banddicke 0,20 mm eine bestimmte Verteilung an Texturkomponenten im primären Gefüge eingestellt wird.

[0011] Der erfindungsgemäße Werkstoff, von dem in Tabelle 3 zwei chemische Zusammensetzungen aufgeführt sind, ist besonders für kurze Wärmebehandlungen in Durchlauföfen bei relativ niedrigen Temperaturen geeignet. Darüberhinaus besitzt der erfindungsgemäße Werkstoff die Eisen-Nickel-Legierungen höchste Sättigungsflußdichte von etwa 1,55 T. Die meisten der in Tabelle 3 aufgeführten Elemente im Bereich bis 0,1 % sind übliche erschmelzungsbedingte Beimengungen. Ihr Gesamtgehalt sollte unter 0,5 % liegen. Die Elemente mit mehr als 0,1 %, das sind Mn, Si, Mo, sollten begrenzt werden auf max. 0,1 % Mn, max. 0,5 % Si, max. 1 % Mo.
Tabelle 3
  W1 W2
Cr 0,05 0,03
Ni 47,65 47,60
Mn 0,52 0,41
Si 0,27 0,23
Mo 0,30 0,06
Ti 0,01 0,01
Nb 0,01 0,01
Cu 0,05 0,05
Fe 51,05 51,50
S 0,002 0,002
P 0,002 0,002
Al 0,005 0,005
Mg 0,001 0,001
Pb 0,001 0,001
Sn 0,01 0,01
Co 0,05 0,05
C 0,016 0,007



Ansprüche

1. Weichmagnetischer Eisen-Nickel-Werkstoff mit 46-49% Nickel, Rest im wesentlichen Eisen,
dadurch gekennzeichnet, daß
er nach einer Wärmebehandlung an einer Bandprobe der Dicke 0,20 mm eine Texturverteilung aufweist, bei der von gemessenen {111} Polfiguren die Mengenanteile der Texturkomponenten mit den Eulerwinkeln (

1, φ,

2) = (0, 0, 0) 20 bis 50% und (

1, φ,

2) = (26, 45, 30) 10 bis 40% betragen.
 
2. Weichmagnetischer Eisen-Nickel-Werkstoff mit 46 bis 49% Nickel, Rest im wesentlichen Eisen,
dadurch gekennzeichnet, daß
er nach einer Wärmebehandlung an einer Bandprobe der Dicke 0,20 mm eine Texturverteilung aufweist, bei der von gemessenenen {111} Polfiguren die Mengenanteile der Texturkomponenten mit den Eulerwinkeln (

1, φ,

2) = (0, 0, 0) 10 bis 40%, (

1, φ,

2) = (26, 45, 30) 5 bis 25% und (

1, φ,

2) = (30, 35, 35) 10 bis 25% betragen.
 
3. Weichmagnetischer Eisen-Nickel-Werkstoff nach Anspruch 1 oder 2, der zusätzlich dadurch gekennzeichnet ist, daß bei magnetischen Feldstärken Ĥ = 120 mA/cm und höher die magnetische Flußdichte B̂ höhere Werte als 1100 mT aufweist, gemessen nach einer Schlußglühbehandlung an M42-Kernblechpaketen der Banddicke 0,20 mm bei einer Frequenz von 50 Hz.
 




Zeichnung










Recherchenbericht