(19)
(11) EP 0 701 820 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.03.1996  Patentblatt  1996/12

(21) Anmeldenummer: 95106348.6

(22) Anmeldetag:  27.04.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6A61L 2/18, A61L 2/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE

(30) Priorität: 16.09.1994 DE 4433137

(71) Anmelder: CHEMISCHE FABRIK DR. WEIGERT (GMBH & CO.)
D-20539 Hamburg (DE)

(72) Erfinder:
  • Staffeldt, Jürgen, Dr.
    D-21423 Winsen/Luhe (DE)

(74) Vertreter: Glawe, Delfs, Moll & Partner 
Patentanwälte Liebherrstrasse 20
D-80538 München
D-80538 München (DE)

   


(54) Verfahren zum Reinigen und Desinfizieren von Apparaten und Instrumenten


(57) Ein Verfahren zum maschinellen Reinigen und thermischen Desinfizieren von medizinischen und biotechnologischen Apparaten und Instrumenten mit thermischer Desinfektion der Reinigungsflotte erfolgt dadurch, daß man die Apparate und Instrumente mit einer sauren bzw. sauer eingestellten Reinigerflotte bei Temperaturen bis zum 55°C behandelt, der Reinigerflotte in Gegenwart der Apparate und Instrumente ein mit dieser verträgliches basisches Reinigungs- und Neutralisationsmittel unter Einstellung eines pH-Wertes von mindestens 6,5 zusetzt und die neutralisierte bzw. alkalisierte Reinigerflotte sowie die mit der Reinigerflotte in Kontakt befindlichen Apparate und Instrumente unter Erhitzen desinfiziert.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum maschinellen Reinigen und thermischen Desinfizieren von medizinischen und biotechnologischen Apparaten und Instrumenten unter thermischer Desinfektion der Reinigerflotte.

[0002] Für die Reinigung und Desinfektion von medizinischen oder chirurgischen sowie biotechnologischen Instrumenten und Apparaturen werden Spezialspülmaschinen eingesetzt; die Desinfektion erfolgt thermisch. Als Spülmaschinen werden hier im wesentlichen zwei Arten von Maschinen eingesetzt, und zwar einerseits sogenannte Eintankmaschinen mit Frischwasserwechsel, z. B. gemäß DE-A 36 01 777 und DE-A 33 27 466, und andererseits sogenannte Taktstraßen, in denen die Instrumente nacheinander verschiedene Reinigungs- und Desinfektionszonen durchlaufen.

[0003] Der Programmablauf bei den Eintankmaschinen ist typischerweise wie folgt: Kalt- oder Warmwasser läuft in die Maschine ein und wird mit einem alkalischen Reiniger versetzt. Diese alkalische Reinigungslösung wird anschließend auf Thermodesinfektionstemperaturen von 93°C aufgeheizt. Nach einer Temperaturhaltezeit von z.B. 10 min erfolgt das Abpumpen der heißen alkalischen Lauge; anschließend erfolgt eine Neutralisation mit einem sauren Reagens sowie eine Nachspülung mit Wasser in mehreren Nachspülgängen. Taktstraßenmaschinen beginnen aus Gründen der besseren Reinigungswirkung mit einer warmen, sauren Vorreinigung. In einem nachfolgenden Tank erfolgt eine alkalische Hauptreinigung und die thermische Desinfektion; die üblichen Spülgänge schließen sich an.

[0004] Speziell bei Apparaten und Instrumenten, die mit Rückständen von Körperflüssigkeiten verunreinigt sind, wird im allgemeinen mit einer sauren Reinigung ein besseres Reinigungsergebnis erzielt. Ein saurer Reiniger ist jedoch in Eintankmaschinen mit Frischwasserwechsel, wie sie oben beschrieben wurden, nicht einsetzbar, weil eine Thermodesinfektion mit einer sauren Reinigungslösung erhebliche Materialschäden an den Instrumenten verursacht.

[0005] Eine kalte oder warme saure Vorreinigung mit anschließendem Abpumpen der dabei verwendeten sauren Reinigungslösung, gefolgt von einem zweiten Reinigungsschritt mit einem alkalischen Reiniger und einer thermischen Desinfektion, ist in diesen Maschinen jedoch ebenfalls nicht anwendbar, da derartige Maschinen vom Bundesgesundheitsamt (BGA) nicht zugelassen werden. Die BGA-Zulassung hat zur Voraussetzung, daß im ersten Behandlungsschritt in der Maschine bereits die Thermodesinfektion erfolgen muß, d.h. es muß bereits das erste, aus der Maschine ablaufende Abwasser desinfiziert sein.

[0006] Somit war es bisher nicht möglich, in einer Eintankmaschine mit Frischwasserwechsel einer handelsüblichen Art, z. B. eines von der Firma Miele, Gütersloh, hergestellten Typs, eine saure Vorreinigung, wie sich diese z. B. bei Laborglas mit Blutrückständen bewährt hat, durchzuführen.

[0007] Da jedoch saure Reiniger im Vergleich zu alkalischen Reinigern verbesserte Reinigungsergebnisse liefern, besteht ein Bedürfnis an Verfahren für Eintankmaschinen, in denen die erste Reinigung im sauren Milieu erfolgt.

[0008] Dieses Ziel läßt sich erfindungsgemäß dadurch erreichen, daß man in Eintankmaschinen der handelsüblichen Art ein Verfahren einsetzt, gemäß dem man die Apparate und Instrumente mit einer sauren bzw. sauer eingestellten Reinigerflotte bei Temperaturen bis zu 55°C behandelt, der Reinigerflotte in Gegenwart der Apparate und Instrumente ein mit dieser verträgliches basisches Reinigungs- und Neutralisationsmittel unter Einstellung eines PH-Wertes von mindestens 6,5 zusetzt und die neutralisierte bzw. alkalisierte Reinigerflotte sowie die mit der Reinigerflotte in Kontakt befindlichen Apparate und Instrumente thermischen Desinfektionsbedingungen unterwirft.

[0009] Gemäß dem Verfahren der Erfindung wird somit eine Eintankmaschine der üblichen Art mit Frischwasserwechsel mit Kaltwasser befüllt. Dem kalten Wasser wird ein sauer Reiniger zudosiert; das sauer eingestellte Reinigungsmedium wird anschließend für die Reinigung in einem relativ niedrigen Temperaturbereich benutzt. Damit lassen sich Beschädigungen an Instrumenten, insbesondere durch Korrosion, ausschalten. Nach einer gewissen Einwirk- bzw. Reinigungszeit, wobei die dabei verwendete kalte, saure Reinigungslösung auch allmählich auf Temperaturen bis zu 55°C, insbesondere bis zu 40°C, erwärmt werden kann, erfolgt die Zudosierung eines alkalischen Reinigungs- und Neutralisationsmittels zur Erzeugung der für die Thermodesinfektion aus Korrosionsschutzgründen erforderlichen alkalischen Reinigungslösung. Der Reiniger muß dabei so beschaffen sein, daß er beim Zudosieren in die saure Reinigungslösung nicht zu Ausflockungen oder Ausfällungen führt. Dabei wird neutralisiert, bis der pH-Wert mindestens 6,5 und bis zu 7,5 beträgt, oder es wird insbesondere überneutralisiert, bis der pH-Wert der Reinigerlösung im Bereich von 9 bis 10 liegt. Anschließend folgt ein weiteres Aufheizen bis zur Thermodesinfektionstemperatur. Anschließend wird wie üblich eine Reinigungszeit von z. B. 10 min eingehalten; die üblichen Neutralisations- und Nachspülgänge schließen sich an. Die vorerwähnten Zeiten können im übrigen - je nach Bedarf - verkürzt oder verlängert werden, solange das angestrebte Ergebnis der Desinfektion von Instrumenten und Reinigerflotte hierdurch nicht beeinträchtigt wird. Das Verfahren der Erfindung hat den weiteren Vorteil, daß die Reinigung der zu behandelnden Apparate und Instrumente einmal im sauren Milieu und zum anderen im neutralen bzw. alkalischen Milieu erfolgt, so daß auch solche Verunreinigungen wirksam entfernt werden, die sich nur im Sauren oder nur im Neutralen bis Alkalischen besonders gründlich entfernen lassen.

[0010] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform weist die Reinigerflotte einen pH-Wert im Bereich von 1 bis 4 auf; die Behandlung mit der sauren Reinigerflotte erfolgt vorzugsweise im Temperaturbereich zwischen 10 und 30°C, insbesondere bei Umgebungstemperatur.

[0011] Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung weist die Reinigerflotte nach der Neutralisation bzw. der Alkalisierung einen pH-Wert im Bereich von 7 bis 12, insbesondere von 9 bis 12, auf.

[0012] Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung erfolgt die thermische Desinfektion bei Temperaturen oberhalb von 90°C, wobei die Dauer der thermischen Desinfektion vorzugsweise mindestens 10 min beträgt. Es handelt sich hierbei um für Deutschland empfohlene Parameter. Es sind jedoch auch nach den jeweiligen nationalen Vorschriften andere Betriebsparameter für die thermische Desinfektion möglich, z. B. 85°C und 3 Minuten.

[0013] Nach Beendigung der thermischen Desinfektion wird die Reinigerlösung abgepumpt und die Reinigungsanlage mit Frischwasser beschickt. Diesem Frischwasser wird, falls bei der thermischen Desinfektion alkalisch gearbeitet wurde, ein Neutralisationsmittel zugesetzt, vorzugsweise die in der ersten Stufe eingesetzte saure Reinigerlösung. Es ist auch möglich, die saure Reinigerlösung direkt in die alkalische Lösung nach der thermischen Desinfektion zur Neutralisation derselben einzudosieren. Das Verfahren wird durch mindestens einen Spülgang mit Frischwasser, vorzugsweise gefolgt von einem Spülgang mit erwärmtem, entmineralisiertem Wasser und den üblichen thermischen Trocknungsstufen, abgeschlossen.

[0014] Nachfolgend werden bevorzugte Ausführungsbeispiele für die Durchführung des Verfahrens der Erfindung gegeben.
Programmschritt/Funktion Beispiel 1 Beispiel 2
Wassereinlauf, enthärtet oder demineralisiert 10 l kalt = 10-20°C 5 l kalt + 5 l warm = 30-40°C
Dosierung eines sauren Reinigungsmittels, 10-20ml auf 10 l Wasservolumen pH-Wert 2,5 -3,5 pH-Wert 2,5-3,5
Saure Reinigungsphase Wassereinflauftemperatur ohne Einschalten der Heizung oder Aufheizen der sauren Reinigungslösung auf bis zu 55°C; Zeit: 0,5-5 min
Zudosierung des alkalischen Reinigers, 30-40 ml auf 10 l Wasser pH-Wert > 11 pH-Wert > 11
Erfolgt die saure Reinigung bei Wassereinlauftemperaturen, wird der alkalische Reiniger nach Abschluß der sauren Reinigung zudosiert; erfolgt eine Aufheizung der sauren Reinigungslösung, wird die Zudosierung des alkalischen Reinigers vorgenommen, wenn die saure Reinigungslösung eine Temperatur von etwa 40°C erreicht hat.
Weiteres Aufheizen bis zur Thermodesinfektionstemperatur 93°C 93°C
Thermodesinfektion wie nach dem Stand der Technik 10 min 10 min


[0015] Typische Beispiele für in dem Verfahren der Erfindung einzusetzende saure Reiniger sind organische Monocarbonsäuren wie Ameisensäure oder Essigsäure oder Hydroxycarbonsäuren wie Zitronensäure oder Äpfelsäure. Auch anorganische Säuren wie Phosphorsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure oder Amidosulfonsäure sind möglich, weiterhin können auch Persäuren, z. B. Peressigsäure, eingesetzt werden.

[0016] Der saure Reiniger kann außer den oben beschriebenen Säuren Hilfsstoffe wie Dispergatoren, Netzmittel, korrosionsverhindernde Zusätze oder dergleichen enthalten.

[0017] Der in dem Verfahren der Erfindung einsetzbare alkalische Reiniger kann z. B. Kaliumhydroxid, Natriumhydroxid, Nitrilotrisessigsäure, EDTA (Ethylendiamintetraessigsäure), Polyphosphat, Härtedispergatoren, Tenside sowie korrosionsverringernde Zusätze, z. B. Aminderivate wie Triethanolamin enthalten. Die vorerwähnten Inhaltsstoffe sind an sich nicht neu und sind dem Reinigungsfachmann auf dem hier angesprochenen Gebiet bestens bekannt.

[0018] Eine besonders bevorzugte Rezeptur für den sauren und den alkalischen Reiniger zur Verwendung in dem Verfahren der Erfindung wird im folgenden wiedergegeben.
Saurer Reiniger:
62 % Phosphorsäure
2 % Zitronensäure
Rest: vollentsalztes Wasser
Alkalischer Reiniger:
14 % Natriumhydroxid
16 % Nitrilotrisessigsäure
1,5 % Tensid (Natriumalkylaminodipropionat)
Rest: vollentsalztes Wasser
Die vorgenannten Prozentzahlen beziehen sich auf Gew.-%.

Beispiel 3:



[0019] Es wurde eine handelsübliche Eintankmaschine vom Typ Miele G 7735 OP zur Instrumentenaufbereitung mit Mikroprozessorsteuerung verwendet. Der Programmablauf war wie folgt:

[0020] In die Spülmaschine wurden 10 l kaltes enthärtetes Wasser eingegeben und mit 10 ml eines sauren Reinigers mit 39 Gew.-% Zitronensäure und 1 Gew.-% Äpfelsäure versetzt. Die resultierende saure Reinigungslösung wurde von der Umwälzpumpe der Spülmaschine 2 min lang für eine saure Reinigung chirurgischer Instrumente verwendet. Anschließend wurde die saure Reinigungslösung durch automatisches Einschalten der Heizung auf 40°C aufgeheitzt. Hierfür wurde eine Zeit von 4 min benötigt. Anschließend erfolgte eine Zudosierung von 30 ml eines alkalischen Reinigers. Der alkalische Reiniger enthielt 14 % Natriumhydroxid, 16 % NTA sowie 1,5 % Natriumalkylaminodipropionat (handelsüblich). Nach Zudosierung des alkalischen Reinigers wies die Flotte einen pH-Wert von 11 auf. Ausflockungen in der nun alkalisierten Flotte wurden nicht beobachtet. Während der Zudosierung des alkalischen Reinigers und nach Beendigung der Dosierung wurde weiter aufgeheizt, bis eine Thermodesinfektionstemperatur von 93°C erreicht war. Von Beginn der Dosierung des alkalischen Reinigers bei 40°C bis zum Erreichen der Temperatur von 93°C vergingen 7 min. Nach dem Erreichen von 93°C erfolgte die übliche und bekannte Thermodesinfektion sowie der dann anschließende übliche und bekannte Programmablauf des Nachspülens und Trocknens.


Ansprüche

1. Verfahren zum maschinellen Reinigen und thermischen Desinfizieren von medizinischen und biotechnologischen Apparaten und Instrumenten mit thermischer Desinfektion der Reinigerflotte, dadurch gekennzeichnet, daß man die Apparate und Instrumente mit einer sauren bzw. sauer eingestellten Reinigerflotte bei Temperaturen bis zu 55°C behandelt, der Reinigerflotte in Gegenwart der Apparate und Instrumente ein mit dieser verträgliches basisches Reinigungs- und Neutralisationsmittel unter Einstellung eines pH-Wertes von mindestens 6,5 zusetzt und die neutralisierte bzw. alkalisierte Reinigerflotte sowie die mit der Reinigerflotte in Kontakt befindlichen Apparate und Instrumente unter Erhitzen desinfiziert.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Reinigerflotte einen pH-Wert im Bereich von 1 bis 4 aufweist.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Behandlung mit der sauren Reinigerflottte im Temperaturbereich zwischen 10 und 30°C, insbesondere bei Umgebungstemperatur erfolgt.
 
4. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Reinigerflotte nach der Neutralisation bzw. der Alkalisierung einen pH-Wert im Bereich von 7 bis 12 aufweist.
 
5. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die thermische Desinfektion bei Temperaturen über 84°C, insbesondere über 90°C erfolgt.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die thermische Desinfektion über mindestens 3 min, insbesondere mindestens 10 min erfolgt.
 





Recherchenbericht