(19)
(11) EP 0 702 094 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.03.1996  Patentblatt  1996/12

(21) Anmeldenummer: 95110134.4

(22) Anmeldetag:  29.06.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C22C 9/06, B22D 11/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB IT LI PT SE

(30) Priorität: 06.08.1994 DE 4427939

(71) Anmelder: KM Europa Metal Aktiengesellschaft
D-49023 Osnabrück (DE)

(72) Erfinder:
  • Gravemann, Horst
    D-49088 Osnabrück (DE)
  • Rode, Dirk, Dr.
    D-49088 Osnabrück (DE)

   


(54) Verwendung einer aushärtbaren Kupferlegierung


(57) Für die Herstellung von Gießformen, insbesondere Stranggießkokillen, die beim Stranggießen von Stahl mit einer elektromagnetischen Rühreinrichtung betrieben werden, werden thermisch hochleitende Werkstoffe mit geringer magnetischer Felddämpfung benötigt.
Erfindungsgemäß wird für diese Anwendung eine aushärtbare Kupferlegierung vorgeschlagen, die aus 0,1 bis 2 % Nickel, 0,3 bis 1,5 % Chrom, 0,01 bis 0,5 % Zirkonium, bis zu 0,04 % mindestens eines Elements aus der Phosphor, Lithium, Kalzium, Magnesium, Silizium und Bor umfassenden Gruppe, Rest Kupfer einschließlich herstellungsbedingter Verunreinigungen besteht.
Zur weiteren gezielten Erhöhung der Festigkeit kann die aushärtbare Kupferlegierung noch bis zu 0,2 % Titan, bis zu 0,4 % Eisen und außerdem bis zu 0,8 % Aluminium und/oder Mangan enthalten.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung einer aushärtbaren Kupferlegierung als Werkstoff mit gezielt einstellbarer elektrischer Leitfähigkeit zur Herstellung von Gießformen, insbesondere Stranggießkokillen, bei denen schmelzflüssiges Metall durch Einwirkung von elektromagnetischen Kräften gerührt wird.

[0002] Beim Stranggießen von insbesondere Stahl ist es allgemein bekannt, daß eine Qualitätsverbesserung durch elektromagnetisches Rühren der in der gekühlten Stranggießkokille befindlichen Schmelze erreicht werden kann. Mit elektromagnetischen Rühreinrichtungen wird dem flüssigen Kern der Metallschmelze innerhalb der erstarrten Strangschale eine gewünschte Strömung aufgezwungen, die das Gußgefüge des Strangs nachteilig beeinflussende Seigerungen während des Erstarrungsvorgangs verhindert.

[0003] Die flüssige Metallschmelze wird während des Gießens in der Rühreinrichtung unter Einwirkung eines elektrischen Drehfeldes quer zur Strangabzugsrichtung gebracht und durch die entstehenden Induktionsströme in eine kreisende Bewegung versetzt, die im wesentlichen konzentrisch zur Stranglängsachse verläuft. Als Ergebnis erhält man ein homogenes Gußgefüge, das besonders hohe Qualitätsansprüche erfüllt. Um den technischen Aufwand möglichst gering zu halten, ordnet man Rühreinrichtungen üblicherweise unterhalb der Kokille an, damit das restliche schmelzflüssige Metall im teilerstarrten Strang dicht unter der Kokille gerührt werden kann. Um aber das Erstarrungsgefüge auch in den zuerst erstarrenden äußeren Randbereichen des Strangs beeinflussen zu können, ist es günstig, die Rühreinrichtung entweder in Höhe der Kokille oder in der Kokille selbst unterzubringen.

[0004] Die beim Stranggießen von Stahl eingesetzten Kokillenwerkstoffe weisen in der Regel bei hoher mechanischer Festigkeit gleichzeitig eine hohe Wärmeleitfähigkeit auf, um eine optimale Wärmeabfuhr und Kühlleistung sicherzustellen. Die damit verbundene hohe maximale Gießgeschwindigkeit vergrößert die Wirtschaftlichkeit des Stahlstranggießens. Bei Anordnung einer Induktions-Rühreinrichtung erweist sich die hohe elektrische Leitfähigkeit der bewährten Kokillenwerkstoffe, wie beispielsweise Kupfer-Chrom-Zirkonium-Legierungen, mit größer als 85 % IACS jedoch als nachteilig. Die hohe elektrische Leitfähigkeit führt zu einer unerwünscht hohen Abschirmwirkung des Kokillenwerkstoffs in Bezug auf das zum Rühren erzeugte Magnetfeld. Diese Abschwächung des Magnetfeldes resultiert in einer geringeren Tiefenwirkung des Rühreffekts. Zwar kann die Rührwirkung durch Erhöhung der Stromstärke verstärkt werden, wodurch allerdings der dazu notwendige technische Aufwand überproportional ansteigt. Insgesamt ist also eine optimale Rührwirkung mit eine hohe Wärmeleitfähigkeit aufweisenden Kokillenwerkstoffen nicht erreichbar.

[0005] Es sind zwar auch schon Kokillenwerkstoffe mit geringerer Wärmeleitfähigkeit bekannt. Diese weisen jedoch extrem hohe Festigkeiten auf, so daß sie vorzugsweise bei höheren Temperaturen eingesetzt werden. Zudem ist die Bearbeitung dieser Kokillenwerkstoffe durch die extrem hohe Festigkeit relativ aufwendig. Als weiterer Nachteil kommt hinzu, daß die Bruchdehnung bei Temperaturen oberhalb von 350 °C zu gering ist.

[0006] Die bekannten Kokillenwerkstoffe geringerer Wärmeleitfähigkeit stellen somit keine wirtschaftliche Alternative zu den hochleitfähigen Kokillenwerkstoffen, wie beispielsweise Kupfer-Chrom-Zirkonium-Legierungen, für den Einsatz in Gießanlagen mit elektromagnetischer Rühreinrichtung dar.

[0007] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, einen aushärtbaren Kupferwerkstoff, insbesondere für den Einsatz in Gießanlagen mit einer elektromagnetischen Rührvorrichtung, bereitzustellen, der eine geringe Felddämpfung hervorruft und der weiterhin günstige Festigkeits- und Bruchdehnungseigenschaften besitzt.

[0008] Die Lösung dieser Aufgabe besteht in der Verwendung einer aushärtbaren Kupferlegierung aus 0,1 bis 2,0 % Nickel, 0,3 bis 1,3 % Chrom, 0,1 bis 0,5 % Zirkonium, bis zu 0,2 % mindestens eines Elements aus der Phosphor, Lithium, Kalzium, Magnesium, Silizium und Bor umfassenden Gruppe, Rest Kupfer einschließlich Verunreinigungen als Werkstoff mit gezielt einstellbarer elektrischer Leitfähigkeit für die Herstellung von Gießformen, insbesondere Stranggießkokillen, bei denen schmelzflüssiges Metall durch Einwirkung elektromagnetischer Kräfte gerührt wird.

[0009] Vorzugsweise enthält die erfindungsgemäß zu verwendende Legierung 0,4 bis 1,6 % Nickel, 0,6 bis 0,8 % Chrom, 0,15 bis 0,25 % Zirkonium, mindestens ein Element aus der Gruppe 0,005 bis 0,02 % Bor, 0,005 bis 0,05 % Magnesium und 0,005 bis 0,03 % Phosphor, Rest Kupfer einschließlich unvermeidbarer Verunreinigungen. Der Borzusatz kann der Schmelze beispielsweise als Kalziumborid zugegeben werden.

[0010] Überraschenderweise zeichnet sich die erfindungsgemäße Kupferlegierung durch eine besonders vorteilhafte Kombination von mechanischen und physikalischen Eigenschaften aus. Mit einer unterhalb 80 % IACS liegenden elektrischen Leitfähigkeit erfüllt diese Kupferlegierung auch die wesentliche Anforderung an eine geringe Felddämpfung einer aus dieser Legierung hergestellten Kokillenwand.

[0011] Zur weiteren gezielten Erhöhung der Festigkeit ist es vorteilhaft, der Legierung noch bis zu 0,2 % Titan und/oder 0,4 % Eisen zuzusetzen. Ein geringer Titangehalt bildet mit den in der Legierung vorhandenen Komponenten Nickel und Eisen intermetallische Verbindungen, die festigkeitssteigernd wirken.

[0012] Bis zu jeweils 0,8 % Aluminium und/oder Mangan bewirken ebenfalls eine Festigkeitssteigerung, die sich bei nur geringer Beeinflussung der niedrigen elektrischen Leitfähigkeit vorteilhaft nutzen läßt.

[0013] Die Erfindung wird anhand einiger Ausführungsbeispiele im folgenden noch näher erläutert.

[0014] Die Zusammmensetzung von neun Beispiellegierungen ist in Tabelle 1 jeweils in Gew.-% angegeben. Mit X ist der Gesamtgehalt der Einzelelemente Bor, Magnesium und/oder Phosphor zu verstehen, die bis zu insgesamt 0,05 % als Desoxidationsmittel zugesetzt werden. Höhere Gehalte können ebenfalls zur Festigkeitssteigerung der Legierung eingesetzt werden.
Tabelle 1
Leg. Ni Cr Zr X Ti Fe Al Mn Cu
1 0,20 0,70 0,18 0,015         Rest
2 0,38 0,65 0,16 0,016         Rest
3 0,65 0,60 0,20 0,012     0,41 0,25 Rest
4 0,81 0,68 0,16 0,014         Rest
5 0,81 0,66 0,17 0,014 0,10 0,22     Rest
6 1,25 0,70 0,15 0,015         Rest
7 1,60 0,66 0,18 0,016         Rest
8 1,68 0,72 0,17 0,016         Rest
9 2,0 0,73 0,16 0,013         Rest


[0015] Kupferlegierungen mit unterschiedlichen Nickelgehalten von 0,2 bis 2 %, etwa 0,7 % Chrom, 0,16 bis 0,2 % Zirkonium, bis zu 0,02 % Bor, Magnesium und/oder Phosphor, Rest Kupfer einschließlich herstellungsbedingter Verunreinigungen wurden zunächst geschmolzen, zu Walzbarren vergossen und dann bei 950 °C in mehreren Stichen mit einem Gesamtumformgrad von 65 % warmgewalzt. Nach einer mindestens einstündigen Lösungsglühung bei 1 030 °C und einem nachfolgenden Abschrecken in Wasser wurden die gewalzten Platten mindestens 4 Stunden bei 475 °C ausgehärtet. Nach abschließender spanender Bearbeitung wiesen die Kokillenplatten jeweils abhängig vom Nickelanteil (0,2 bis 2 % Nickel) die in Tabelle 2 zusammengefaßten Eigenschaftswerte auf. Wird ein Bereich angegeben, so ist der zuerst genannte Eigenschaftswert der erfindungsgemäß zu verwendenden Kupferlegierung mit 0,2 % Nickelgehalt zugeordnet.
Tabelle 2
Elektrische Leitfähigkeit 80 bis 35 % IACS
Erweichungstemperatur (10 % Abfall der Festigkeit bei R.T. nach 1 h Glühdauer) 525 °C
Härte HB 2,5/62 130 bis 150
Zugfestigkeit 430 bis 450 N/mm²
Dehngrenze 325 bis 340 N/mm²
Bruchdehnung 28 bis 22 %
Warmfestigkeit bei 350 °C 340 bis 355 N/mm²
Dehngrenze bei 350 °C 270 bis 290 N/mm²
Bruchdehnung bei 350 °C 22 bis 10 %


[0016] Die erfindungsgemäß zu verwendenden Legierungen besitzen eine elektrische Leitfähigkeit, die durch Wahl der Nickelkonzentration innerhalb des angegebenen Bereichs von etwa 35 bis 80 % IACS eingestellt werden kann, wobei die mechanischen Eigenschaften weitgehend unverändert bleiben. Mit zunehmendem Nickelgehalt bis 2,0 % verändert sich im gesamten Konzentrationsbereich die Dehngrenze und die Zugfestigkeit des Werkstoffs im ausgehärteten Zustand nur geringfügig zu höheren Kennwerten. Ein geringer Anstieg gilt auch für die Warmfestigkeit, z. B. bei 350 °C. Demgegenüber erhält man auch für die Bruchdehnung einen vom Nickelgehalt weitgehend unabhängigen Wert, der sich bei einer Temperatur von 350 °C nur bis auf 10 % Dehnung bei einer Legierung mit 2,0 % Nickelanteil reduziert.

[0017] In ergänzenden dehnungsgeregelten Ermüdungsversuchen wurde die Beständigkeit der erfindungsgemäß zu verwendenden Legierung sowohl bei Raumtemperatur als auch bei einer Temperatur bis zu 350 °C - entsprechend einer zyklischen Temperaturbeanspruchung im Gießbetrieb - geprüft. Die Ermüdungsrißbildung ergab dabei eine weitgehende Unabhängigkeit vom Nickelgehalt, so daß das bekannt günstige Verhalten der im Gießbetrieb bisher eingesetzten Kupfer-Chrom-Zirkonium-Legierungen auch bezüglich auf die hohe Lebensdauer gegeben ist. Die mit steigendem Nickelgehalt zunehmende Härte liefert eine zusätzliche Eigenschaftsverbesserung, aus der auch ein günstigeres tribologisches Verhalten des Kokillenwerkstoffs resultiert.

[0018] Der Einsatz der erfindungsgemäß zu verwendenden Legierung ist nicht nur auf die in den Ausführungsbeispielen beschriebene Plattenkokille beschränkt. Entsprechende Vorteile ergeben sich auch bei anderen Kokillen, mit denen sich in halb- oder vollkontinuierlicher Weise metallische Formstränge herstellen lassen, zum Beispiel Rohrkokillen, Blockkokillen, Gießräder, Gießwalzen und Gießwalzenmäntel.


Ansprüche

1. Verwendung einer aushärtbaren Kupferlegierung aus 0,1 bis 2 % Nickel, 0,3 bis 1,3 % Chrom, 0,1 bis 0,5 % Zirkonium, gegebenenfalls bis zu 0,2 % mindestens eines Elements aus der Phosphor, Lithium, Kalzium, Magnesium, Silizium und Bor umfassenden Gruppe, Rest Kupfer einschließlich herstellungsbedingter Verunreinigungen als Werkstoff mit gezielt einstellbarer elektrischer Leitfähigkeit zur Herstellung von Gießformen, insbesondere Stranggießkokillen, bei denen schmelzflüssiges Metall durch Einwirkung von elektromagnetischen Kräften gerührt wird.
 
2. Verwendung einer aushärtbaren Kupferlegierung nach Anspruch 1, die 0,4 bis 1,6 % Nickel, 0,6 bis 0,8 % Chrom, 0,15 bis 0,25 % Zirkonium, mindestens ein Element aus der Gruppe 0,005 bis 0,02 % Bor, 0,005 bis 0,05 % Magnesium und 0,005 bis 0,03 % Phosphor, Rest Kupfer einschließlich herstellungsbedingter Verunreinigungen für den in Anspruch 1 genannten Zweck.
 
3. Verwendung einer aushärtbaren Kupferlegierung nach Anspruch 1 oder 2, die außerdem noch bis zu 0,2 % Titan und/oder bis zu 0,4 % Eisen enthält.
 
4. Verwendung einer aushärtbaren Kupferlegierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, die außerdem noch bis zu 0,8 % Aluminium und/oder bis zu 0,8 % Mangan enthält.
 





Recherchenbericht