(19)
(11) EP 0 704 258 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
03.04.1996  Patentblatt  1996/14

(21) Anmeldenummer: 95112736.4

(22) Anmeldetag:  12.08.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B21D 26/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE DE DK ES FR GB IT SE

(30) Priorität: 29.09.1994 DE 4434799

(71) Anmelder: SMG Süddeutsche Maschinenbau GmbH
D-68753 Waghäusel (DE)

(72) Erfinder:
  • Käsmacher, Harald
    D-68789 St. Leon-Rot (DE)

(74) Vertreter: Lichti, Heiner, Dipl.-Ing. et al
Patentanwälte, Dipl.-Ing. Heiner Lichti, Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Jost Lempert, Dipl.-Ing. Hartmut Lasch, Postfach 41 07 60
D-76207 Karlsruhe
D-76207 Karlsruhe (DE)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zum Umformen von Metallblech


(57) Bei einem Verfahren zum Umformen von Metallblech wird eine Platine (8) in der Trennebene zwischen einem Oberwerkzeug (2) und einem Unterwerkzeug (1), von denen eines die Formkontur aufweist, flüssigkeitsdicht eingespannt und durch Einwirken eines hydraulischen Druckmittels auf ihre der Formkontur gegenüberliegende Seite auf die Formkontur aufgeformt. Ein solches Verfahren zeichnet sich dadurch aus, daß die Platine (8) unter gesteuerter Einwirkung des Druckmittels zunächst bis zu einer Dehnung von 10 bis 15% in Richtung auf die Formkontur vorgeformt und anschließend bei anhaltendem Druck unter Nachziehen des Blechs ohne weitere Dehnung bis zum vollständigen Aufliegen auf der Formkontur endgeformt wird.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Umformen von Metallblech, indem eine Platine in der Trennebene zwischen einem Oberwerkzeug und einem Unterwerkzeug, von denen eines die Formkontur aufweist, flüssigkeitsdicht eingespannt und durch Einwirken eines hydraulischen Druckmittels auf ihre der Formkontur gegenüberliegende Seite auf die Formkontur aufgeformt wird.

[0002] Neben dem herkömmlichen mechanischen Tiefziehen zum Umformen von Metallblech sind auch solche Verfahren bekannt, bei denen das Wirkmedium ein hydraulisches Druckmittel ist. So wird beispielsweise bei dem sogenannten Hydro-Mec-Ziehverfahren die zwischen Blechhalter und Ziehring eingespannte Platine mit einem Formstempel, der die Kontur des fertigen Formteils aufweist, in ein entsprechendes Gegenwerkzeug -auch Wasserkasten genanntgezogen, in welchem sich das Druckmittel befindet und aus dem das Druckmittel entsprechend dem Vorschub des Ziehstempels verdrängt wird. Dieses Verfahren hat gegenüber reinen mechanischen Ziehverfahren den Vorteil, daß das Blech im Bereich des Ziehradius' des Ziehrings ausgewölbt und folglich nicht über den Ziehradius gezogen wird, so daß die dort besonders starke Beanspruchung des Blechs vermieden wird. Auch bleibt die Außenseite weitgehend ohne Ziehmarken. Dieses Verfahren ist für flache Formteile mit nur geringer Konturierung nicht geeignet, da das fertige Formteil eine nur geringe Formstabilität besitzt.

[0003] Zur Herstellung flacher Formteile bei vergleichsweise geringer Wandstärke ist das Streck-Umformen bekannt, bei dem die Platine zwischen einem Oberwerkzeug und einem Unterwerkzeug fest eingespannt wird. Eines der Werkzeuge besitzt die gewünschte Formkontur, während das andere Werkzeug an eine steuerbare Hydraulikquelle angeschlossen ist. Durch Beaufschlagung der Platine an der der Formkontur gegenüberliegenden Seite wird diese in das andere Werkzeug eingeformt. Der gesamte Umformgrad wird hierbei allein durch Strecken des Blechs erarbeitet. Das Verfahren ist deshalb sowohl hinsichtlich des Umformgrades als auch der umformbaren Blechstärken stark eingeschränkt. Um insbesondere tiefere Konturen ausformen zu können, ist das Streck-Stülp-Umformen bekannt, bei dem das eine Werkzeug eine Vorform geringerer Konturierung, das andere Werkzeug die endgültige Formkontur aufweist und beide Werkzeuge mit Druckmittel beaufschlagbar sind. Es wird die fest eingespannte Blechplatine zunächst durch Druckmittel in das Vorformwerkzeug eingeformt und anschließend durch Druckbeaufschlagung von der anderen Seite in die endgültige Formkontur gebracht. Dieses Verfahren ist vom Ablauf her, wie auch werkzeug- und maschinentechnisch sehr aufwendig.

[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung vorzuschlagen, die insbesondere die Herstellung flacher Formteile mit schwacher Konturierung bei gleichwohl guter Formstabilität gestatten.

[0005] Ausgehend von dem eingangs genannten Verfahren, bei dem also das Umformen durch ein aktiv wirkendes, hydraulisches Druckmittel erfolgt, wird diese Aufgabe erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Platine unter gesteuerter Einwirkung des Druckmittels zunächst bis zu einer Dehnung von 10 bis 15% in Richtung auf die Formkontur vorgeformt und anschließend bei anhaltendem Druck unter Nachziehen des Blechs ohne weitere Dehnung bis zum vollständigen Aufliegen auf der Formkontur endgeformt wird.

[0006] Das erfindungsgemäße Verfahren arbeitet also im wesentlichen zweistufig, indem in der Vorformphase durch gesteuerte Druckbeaufschlagung in das Blech eine Dehnung von 10 bis 15% eingebracht wird, wobei sich die Platine im wesentlichen nur membranartig durchwölbt, in der Regel also im mittleren Bereich die größte Auswölbung aufweist. Durch die eingebrachte Dehnung von 10 bis 15% wird eine Materialverfestigung erreicht. Beim anschließenden Endformen unter anhaltendem Druckmittel-Druck wird das Blech ohne weitere Dehnung bis zum vollständigen Aufliegen auf der Formkontur umgeformt.

[0007] Auf diese Weise lassen sich selbst großflächige schwachkonturierte Formteile, wie beispielsweise Motorhauben oder Kofferraumdeckel oder auch Dachteile von Kraftfahrzeugen herstellen, ohne daß die Formteile "lappig" und schwingungsempfindlich sind. Auch lassen sich solche schwachen Formteile maßgetreu fertigen und es können insbesondere auch Bleche verarbeitet werden, die bereits eine veredelte Oberfläche aufweisen und somit Formteile mit anspruchsvollen Oberflächen erzeugen.

[0008] Die in der Vorformphase gewünschte Dehnung läßt sich auf unterschiedliche Art verwirklichen. In einer Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, daß die Formkontur zu Beginn des Umformvorgangs auf einem solchen kleinsten Abstand zur Trennebene eingestellt wird, daß die Platine beim Vorformen die Formkontur bereichsweise berührt.

[0009] Bei dieser Verfahrensvariante wird also das Blech in der Vorformphase soweit durchgewölbt, bis es die vorspringenden Teile der Formkontur berührt, wobei der Abstand der Formkontur zur Trennebene so eingestellt wird, daß die Berührung etwa zu dem Zeitpunkt stattfindet, wenn eine Dehnung von 10 bis 15% erreicht ist, während beim weiteren Umformen das Blech nur noch auf die übrige Formkontur aufgeformt wird.

[0010] Bei der vorgenannten Verfahrensvariante ist die größte Formtiefe unter anderem durch den für das Vorformen eingestellten kleinsten Abstand der Formkontur zur Trennebene bestimmt. Dies kann dazu führen, daß im Randbereich mit den tieferen Konturen das Formteil anschließend besäumt werden muß, was mit einem entsprechenden Materialabfall verbunden ist. Es ist deshalb erfindungsgemäß weiterhin vorgesehen, daß während des Endverformens die Formkontur in Richtung auf die Trennebene verfahren wird. Dadurch läßt sich die Formtiefe bis nahe auf das Wunschmaß reduzieren, so daß das Formteil nachträglich nicht mehr oder mit nur noch geringem Materialabfall besäumt werden muß. Auch beugt diese Verfahrensweise einer weiteren Dehnung nach Abschluß der Vorformphase vor.

[0011] Die gewünschte Dehnung läßt sich besonders einfach dann verwirklichen, wenn die Platine während des Vorformens zwischen Ober- und Unterwerkzeug fest eingespannt und beim Endverformen die Einspannung soweit gelöst wird, daß das Blech nachziehen kann. Bei dieser Verfahrensvariante findet also in der Vorformphase vornehmlich ein Strecken statt, während beim Endverformen ein typisches Tiefziehen vorliegt.

[0012] Die Erfindung betrifft weiterhin eine Vorrichtung zum Umformen von Metallblech, bestehend aus einem Oberwerkzeug und einem Unterwerkzeug, von denen eines die Formkontur, das andere mit einer steuerbaren Hydraulikquelle verbunden ist und in deren Trennebene eine Platine flüssigkeitsdicht einspannbar ist. An einer solchen Vorrichtung wird die Erfindungsaufgabe dadurch gelöst, daß das die Formkontur aufweisende Werkzeug zweiteilig ausgebildet ist und aus einem mit dem anderen Werkzeug zusammenwirkenden Ziehring und einem die Formkontur aufweisenden Formstempel besteht, der relativ zur Trennebene verfahrbar ist.

[0013] Eine bevorzugte Ausführungsform dieser Vorrichtung zeichnet sich dadurch aus, daß der Formstempel zu Beginn des Umformens in eine Position bezüglich der Trennebene einstellbar ist, in der die Platine während einer Vorformphase bis zum Erreichen einer Dehnung von 10 bis 15% die Formkontur bereichsweise berührt, und daß anschließend beim Endverformen der Formstempel in Richtung zur Trennebene verfahrbar ist.

[0014] Mit einer solchen Vorrichtung ist es in besonders einfacher Weise möglich, die in das Blech einzubringende Dehnung von 10 bis 15% zu realisieren und zu begrenzen, um anschließend beim Endverformen ein reines Tiefziehen zu verwirklichen.

[0015] Dem gleichen Zweck dient die Maßnahme, daß der Abstand von Ziehring und gegenüberliegendem Werkzeug zur Steuerung der die Platine randseitig haltenden Einspannkraft einstellbar ist. Beispielsweise kann die Platine während der Vorformphase fest eingespannt und während des Endverformens der Einspannkraft soweit gelöst werden, daß das Blech nachziehen kann.

[0016] Nachstehend ist die Erfindung anhand eines in der Zeichnung wiedergegebenen Ausführungsbeispiels beschrieben. In der Zeichnung zeigen:
Figur 1
einen Schnitt durch eine Ausführungsform der Vorrichtung im geöffneten Zustand;
Figur 2
einen der Figur 1 entsprechenden Schnitt bei geschlossenen Werkzeugen in der Vorformphase;
Figur 3
einen der Figur 2 entsprechenden Schnitt nach Abschluß des Umformvorgangs.


[0017] Die in der Zeichnung wiedergebenene Vorrichtung besteht aus einem Unterwerkzeug 1 und einem Oberwerkzeug 2. Das Unterwerkzeug weist an seiner Oberseite eine Kammer 3 auf, die über eine Leitung 4 an eine steuerbare Hydraulikquelle angeschlossen ist. Ferner ist an der Oberseite des Unterwerkzeugs 1 eine umlaufende Flüssigkeitsdichtung 5 eingesetzt.

[0018] Das Oberwerkzeug besteht beim wiedergegebenen Ausführungsbeispiel aus zwei Teilen, nämlich einem Ziehring 6 und einem die Formkontur aufweisenden Formstempel 7, wobei aus der Zeichnung erkennbar ist, daß es sich um eine flache bzw. leicht gewölbte Formkontur für ein großflächiges Formteil handelt. Dies kann beispielsweise die Motorhaube oder das Dach eines PKWs oder ein anderes großflächiges Blechteil sein.

[0019] Auf das Unterwerkzeug 1 wird die Blechplatine 8 aufgelegt und werden anschließend Unterwerkzeug 1 und Oberwerkzeug 2 zusammengefahren, bis die Blechplatine in der Trennebene 9 (Fig. 2) zwischen dem Ziehring 6 und der Oberseite des Unterwerkzeugs 1 eingespannt ist und zugleich die Dichtung 5 den Innenraum abdichtet. Anschließend wird über die Leitung 4 Druckmittel in die Kammer 3 gesteuert eingespeist, wie dies mit den Pfeilen angedeutet ist, so daß sich die Platine 8 zu einer Art Membran 10 auswölbt. Der Überstand des Ziehrings 6 über der höchsten Erhebung der Formkontur am Formstempel 7 ist so ausgelegt, daß nach Abschluß der in Figur 2 gezeigten Vorformphase das Blech eine Dehnung von etwa 10 bis 15% erfahren hat, bis es die Formkontur im Bereich ihrer höchsten Erhebung berührt. Diese Dehnung läßt sich einerseits durch entsprechende Steuerung des Druckmittels, andererseits durch Steuerung der Einspannkraft in der Trennebene 9 sehr genau einstellen. Bei weiterer Druckbeaufschlagung wird das Blech schließlich auf die gesamte Kontur des Formstempels 7 aufgeformt, wie dies in Figur 3 gezeigt. Dabei kann gegebenenfalls die Einspannkraft gesteuert reduziert werden, damit das Blech in der Trennebene 9 nachziehen kann, ohne daß es in der Endformphase zu einer weiteren Dehnung des Blechs kommt und schließlich das in Figur 3 gezeigte Blechformteil 11 erhalten wird.

[0020] Nach Ablassen des Druckmittels über die Leitung 4 werden die Werkzeuge 1, 2 geöffnet und kann das Formteil 11 entnommen werden.

[0021] Wie aus Figur 3 ersichtlich, weist das Formteil 11 einen relativ hohen Rand 12 auf, der im gegebenen Fall unerwünscht ist, so daß das Formteil 11 nach dem Umformvorgang noch besäumt werden muß und das Material im Bereich 12 als Abfall anfällt. Um dies zu vermeiden, kann in einer nicht gezeigten Ausführungsform der Formstempel 7 gegenüber dem Ziehring 6 verfahrbar sein. Dadurch ist es zunächst möglich, den Formstempel für die Vorformphase mit Bezug auf die Trennebene 9 reproduzierbar zu positionieren. Ferner kann der Formstempel 7 nach Abschluß der Vorformphase gemäß Figur 2 in Richtung zur Trennebene 9 unter Verringerung des Abstandes verfahren werden, so daß einerseits der Umformgrad im äußeren Bereich des Vorformteils 10 reduziert, andererseits der unnötige Materialüberstand 12 (siehe Fig. 3) vermieden werden kann, und zwar soweit, daß das fertige Formteil 11 nicht mehr besäumt werden muß.


Ansprüche

1. Verfahren zum Umformen von Metallblech, indem eine Platine in der Trennebene zwischen einem Oberwerkzeug und einem Unterwerkzeug, von denen eines die Formkontur aufweist, flüssigkeitsdicht eingespannt und durch Einwirken eines hydraulischen Druckmittels auf ihre der Formkontur gegenüberliegende Seite auf die Formkontur aufgeformt wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Platine unter gesteuerter Einwirkung des Druckmittels zunächst bis zu einer Dehnung von 10 bis 15% in Richtung auf die Formkontur vorgeformt und anschließend bei anhaltendem Druck unter Nachziehen des Blechs ohne weitere Dehnung bis zum vollständigen Aufliegen auf der Formkontur endgeformt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Formkontur zu Beginn des Umformvorgangs auf einen solchen kleinsten Abstand zur Trennebene eingestellt wird, daß die Platine beim Vorformen die Formkontur bereichsweise berührt.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß während des Endverformens die Formkontur in Richtung auf die Trennebene verfahren wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Platine während des Vorformens zwischen Ober- und Unterwerkzeug fest eingespannt und beim Endverformen die Einspannung soweit gelöst wird, daß das Blech nachziehen kann.
 
5. Vorrichtung zum Umformen von Metallblech, bestehend aus einem Oberwerkzeug und einem Unterwerkzeug, von denen eines die Formkontur aufweist, das andere mit einer steuerbaren Hydraulikquelle verbunden ist und in deren Trennebene eine Platine flüssigkeitsdicht einspannbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß das die Formkontur aufweisende Werkzeug zweiteilig ausgebildet ist und aus einem mit dem anderen Werkzeug zusammenwirkenden Ziehring und einem die Formkontur aufweisenden Formstempel bestehend, der relativ zur Trennebene verfahrbar ist.
 
6. Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Formstempel zu Beginn des Umformens in eine Position bezüglich der Trennebene einstellbar ist, in der die Platine während einer Vorformphase bis zum Erreichen einer Dehnung von 10 bis 15% die Formkontur bereichsweise berührt, und daß anschließend beim Endverformen der Formstempel in Richtung zur Trennebene verfahrbar ist.
 
7. Vorrichtung nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Abstand von Ziehring und gegenüberliegendem Werkzeug zur Steuerung der die Platine randseitig haltenden Einspannkraft einstellbar ist.
 




Zeichnung













Recherchenbericht