(19)
(11) EP 0 704 518 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
03.04.1996  Patentblatt  1996/14

(21) Anmeldenummer: 95114026.8

(22) Anmeldetag:  07.09.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C10J 3/66
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR LI

(30) Priorität: 30.09.1994 DE 4435144

(71) Anmelder: Klöckner-Humboldt-Deutz Aktiengesellschaft
D-51149 Köln (DE)

(72) Erfinder:
  • Jungk, Klaus
    D-51143 Köln (DE)

   


(54) Verfahren und Anlage zur thermischen Verwertung von Abfallstoffen


(57) Um die thermische Verwertung von organische und anorganische Bestandteile enthaltenen Abfallstoffen wie Hausmüll, Klärschlamm etc. mit Schwelung der Abfallstoffe und Hochtemperaturvergasung des Pyrolysekokses in einem Vergasungszyklon so zu gestalten, daß außer einer laugungsresistenten Schlacke nicht ein Rauchgas, sondern ausschließlich ein hochwertiges CO + H₂-reiches Synthesegas entsteht, ohne daß die Gefahr einer unerwünschten Kondensatbildung bei der Gasabkühlung besteht, wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, das bei der Schwelung erhaltene Pyrolysegas (12, 21) in heißem Zustand direkt in den Vergasungszyklon (17) einzuführen, in welchem der Kohlenstoff des Pyrolysekokses (16) sowie die Kohlenwasserstoffe des Pyrolysegases (21) bei Temperaturen oberhalb 1400°C zu einem CO + H₂-reichen Synthesegas (25) umgesetzt werden.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren sowie eine Anlage zur thermischen Verwertung von organische und anorganische Bestandteile enthaltenden Abfallstoffen wie Hausmüll, Klärschlamm oder dergleichen, wobei die Abfallstoffe in einem Drehrohrofen unter Bildung von Pyrolysegas verschwelt werden und der bei der Schwelung erhaltene Pyrolysekoks nach seiner mechanischen Aufbereitung in einem Vergasungszyklon unter Zusatz von Sauerstoff zu einem Synthesegas vergast wird.

[0002] Beim Verfahren zur thermischen Verwertung von organische und anorganische Bestandteile enthaltenden Abfallstoffen (Hausmüll, Klärschlamm oder dergleichen) der älteren, aber nicht vorveröffentlichten Patentanmeldung P 43 38 927.9, von dem die Erfindung ausgeht, werden die zerkleinerten Abfallstoffe in einem Drehrohrofen unter Bildung von Pyrolysegas verschwelt und der bei der Schwelung erhaltene Pyrolysekoks wird nach seiner mechanischen Aufbereitung mit Abtrennung von Metallen und anderen Wertstoffen in einem Vergasungszyklon unter Zusatz von Sauerstoff zu einem Synthesegas vergast, welches dann seinem Verwendungszweck zugeführt wird. Die bei der Hochtemperatur-Vergasung nicht vergasungsfähigen Inhaltsstoffe werden aus dem Vergasungszyklon als schmelzflüssige Schlacke abgezogen, die nach ihrer Erstarrung laugungsresistent deponiert werden oder als Baustoff Verwendung finden kann. Das aus dem Drehrohrofen als Schwelreaktor abgezogene heiße Pyrolysegas wird dadurch thermisch verwertet, indem es in einem Abhitzekessel zwecks Dampferzeugung verbrannt wird.

[0003] Da die vom Drehrohrofen als Schwelreaktor abgezogenen heißen Pyrolysegase in der Hauptsache aus gasförmigen Kohlenwasserstoffen und Wasserdampf sowie geringen Anteilen an Stickstoff, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und anderen gasförmigen Schadstoffen bestehen, ist es nicht zu vermeiden, daß die dampfförmigen Komponenten des heißen Pyrolysegases auf dem Wege ihrer Abkühlung im Abhitzekessel oder danach im Rauchgaskanal kondensieren. Die kondensierbaren Pyrolysegasbestandteile ergeben aber bei Raumtemperatur ein Gemisch aus Wasser sowie flüssigen und festen Kohlenwasserstoffen, wobei dieses Gemisch wiederum einen Reststoff ergibt, der verhältnismäßig aufwendig entsorgt werden muß.

[0004] Beim Verfahren zur Erzeugung von brennbaren Gasen aus Abfallstoffen der EP-B 0 152 912 werden die Abfallstoffe in einem Drehreaktor verschwelt, und das bei der Schwelung gewonnene Pyrolysegas wird nach einer Gasreinigung bei Temperaturen von 800 bis 1200°C teilweise verbrannt und dann durch eine glühende Schicht von stückigem Fremdkoks zum Zwecke des Crackens crackbarer Gasbestandteile geleitet. Der bei der Schwelung anfallende ausgeschwelte Pyrolysekoks wird nach einer mechanischen Aufbereitung deponiert, das heißt der im Pyrolysekoks enthaltene Kohlenstoff wird nicht zur Energieerzeugung herangezogen.

[0005] Schließlich ist aus der DE-Z "Müll und Abfall" 8/1993, Seiten 569 bis 572 ein "Schwel-Brenn-Verfahren" zur thermischen Entsorgung von Abfällen wie Hausmüll und Klärschlamm bekannt, bei dem die Abfälle in einer Drehtrommel bei ca. 450°C verschwelt werden. Der anfallende feste Schwelreststoff wird dann nach seiner mechanischen Aufbereitung in einer Brennkammer bei einer Temperatur von ca. 1300°C verbrannt, und zwar unter Einsatz des von der Schweltrommel abgezogenen brennbaren Pyrolysegases, welches in derselben Brennkammer verbrannt wird. Bei diesem bekannten Verfahren fallen als gasförmige Produkte ausschließlich Rauchgase an, keinesfalls ein Synthesegas oder Brenngas.

[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die eingangs beschriebene thermische Verwertung von organische und anorganische Bestandteile enthaltenen Abfallstoffen wie Hausmüll, Klärschlamm etc. mit Schwelung der Abfallstoffe und Hochtemperaturvergasung des Pyrolysekokses in einem Vergasungszyklon so zu gestalten, daß außer einer laugungsresistenten Schlacke nicht ein Rauchgas, sondern ausschließlich ein hochwertiges CO + H₂-reiches Synthesegas entsteht, ohne daß die Gefahr einer unerwünschten Kondensatbildung bei der Gasabkühlung besteht.

[0007] Diese Aufgabe wird verfahrensmäßig mit den Maßnahmen des Anspruchs 1 und vorrichtungsmäßig mit den Maßnahmen des Anspruchs 4 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen angegeben.

[0008] Charakteristisch für das erfindungsgemäße Verfahren ist, daß das bei der Schwelung erhaltene Pyrolysegas in heißem nicht abgekühltem Zustand von zum Beispiel ca. 400 bis 650°C direkt in den Vergasungszyklon eingeführt wird, in welchem der Kohlenstoff des Pyrolysekokses sowie die Kohlenwasserstoffe des Pyrolysegases bei Temperaturen oberhalb 1400°C zu einem CO + H₂-reichen Synthesegas umgesetzt werden. Im Hochtemperatur-Vergasungszyklon erfolgt also eine möglichst vollständige Ausnutzung sowohl des im Pyrolysekoks enthaltenen Kohlenstoffs nach der Bruttoreaktion

als auch der im Pyrolysegas enthaltenen Kohlenwasserstoffe nach der Bruttoreaktion

zur Bildung des hochwertigen CO + H₂-reichen Synthesegases. Weil das heiße Pyrolysegas nicht abgekühlt wird und sein H₂O-Dampfanteil direkt im Hochtemperatur-Vergasungszyklon gemäß der Bruttoreaktion

umgesetzt wird, ist die Gefahr einer unerwünschten Kondensatbildung nicht gegeben, und auf diese Weise entsteht auch bei der Abkühlung des gewonnenen Synthesegases kein Gemisch mehr aus Wasser sowie flüssigen und festen Kohlenwasserstoffen, wobei dieses Gemisch ein zu entsorgender Reststoff wäre. Die Hochtemperaturvergasung im Vergasungszyklon erfolgt bei unterstöchiometrischer Sauerstoffzufuhr, das heißt mit einem Sauerstoffunterschuß bei einem Lamda-Wert von zum Beispiel 0,4 bis 0,8. Aus dem Vergasungszyklon werden das CO + H₂-reiche Synthesegas sowie eine schmelzflüssige laugungsresistente Schlacke abgezogen, wobei Synthesegas und Schlackenschmelze in einem dem Vergasungszyklon nachgeschalteten Unterofen voneinander getrennt werden. Die abgekühlte schmelzflüssige Schlacke kann beispielsweise als Baustoff verwendet oder zu Steinwolle verarbeitet werden, und das nahezu stickstoffreie und wasserdampffreie CO + H₂-reiche Synthesegas kann nach seiner Abkühlung und Reinigung seiner Verwendung zugeführt werden.

[0009] Nach einem weiteren Merkmal der Erfindung kann das aus dem Drehrohrofen abgezogene heiße Pyrolysegas vor Einführung in den Vergasungszyklon entstaubt und der Staub in den Vergasungszyklon eingeführt werden. Es handelt sich dabei um eine trockene Pyrolysegasentstaubung bei einer Temperatur oberhalb der Kondensationstemperatur der dampfförmig mit dem Pyrolysegas mitgeführten Kohlenwasserstoffe sowie des Wasserdampfes.

[0010] Der Pyrolyse-Drehrohrofen kann indirekt beheizt sein. Nach einem weiteren Merkmal der Erfindung kann der Pyrolyse-Drehrohrofen aber auch direkt beheizt werden, indem eine Teilmenge des aufbereiteten Schwelreststoffes bzw. Pyrolysekokses vor dessen Einführung in den Vergasungszyklon abgezweigt und zum direkt beheizten Drehrohrofen rezirkuliert wird zwecks Bildung eines im Drehrohrofen liegenden heißen Tauchbetts, innerhalb dessen die in den Drehrohrofen eingeführten Abfallstoffe verschwelt werden. Die zur Aufrechterhaltung der Schwelung im Pyrolyse-Drehrohrofen erforderliche Energie wird in den Drehrohrofen durch das heiße Tauchbett aus den rezirkulierten ungekühlten Schwelreststoffen eingebracht, sowie auch durch Verbrennung von Brennstoff, zum Beispiel einer Teilmenge des erzeugten Synthesegases im Drehrohrofen.

[0011] Eine erfindungsgemäße Anlage zur thermischen Verwertung von organische und anorganische Bestandteile enthaltenen Abfallstoffen mit Pyrolyse-Drehrohrofen und Hochtemperatur-Vergasungszyklon ist dadurch gekennzeichnet, daß der Austrag des Pyrolyse-Drehrohrofens für den Pyrolysekoks über eine mechanische Aufbereitung mit dem Vergasungszyklon verbunden ist, und der Pyrolysegas-Abzug des Drehrohrofens über einen Staubabscheider ebenfalls mit dem Vergasungszyklon verbunden ist.

[0012] Die Erfindung und deren weitere Merkmale und Vorteile werden anhand des in der Zeichnung schematisch dargestellten Ausführungsbeispieles näher erläutert.

[0013] Gemäß zeichnerischem Ausführungsbeispiel werden zerkleinerte organische und anorganische Bestandteile enthaltene Abfallstoffe (10) wie Hausmüll, Klärschlamm oder dergleichen in einen Pyrolyse-Drehrohrofen (11) eingeführt und dort unter Bildung von Pyrolysegas (12) verschwelt, und der bei der Schwelung erhaltene Pyrolysekoks (13) wird seiner mechanischen Aufbereitung (14) mit Zerkleinerung, Abtrennung von Metallen sowie in Inertstoffen (15) sowie ggfs. weiteren Sortierstufen zugeführt.

[0014] Nach seiner mechanischen Aufbereitung (14) wird der Pyrolysekoks (16), gebracht auf eine Komgröße von < 3 mm, in einen Hochtemperatur-Vergasungszyklon (17) eingebracht und dort mit unterstöchiometrisch eingebrachtem Sauerstoff (18) oder sauerstoffangereicherter Luft bei einer Temperatur oberhalb 1400°C zu einer Schlackenschmelze sowie zu einem Synthesegas umgesetzt, wobei beide Phasen (19) den Vergasungszyklon bzw. Schmelzzyklon (17) nach unten verlassen. Das bei der Schwelung im Drehrohrofen (11) erhaltene Pyrolysegas (12) wird nach seiner Staubabscheidung (20) in heißem nicht abgekühlten Zustand über Leitung (21) ebenfalls in denselben Vergasungszyklon (17) eingeführt, in welchem also sowohl der Kohlenstoff des Pyrolysekokses (16) als auch die Kohlenwasserstoffe des Pyrolysegases (21) nach den oben angegebenen Bruttoreaktionsgleichungen zu einem CO + H₂-reichen Synthesegas umgesetzt werden. Dabei wird der im Pyrolysegas (21) enthaltene Wasserdampfanteil verbraucht, so daß sich bei einer Abkühlung des Synthesegases keine unerwünschten Kondensate mehr bilden können, die einen wiederum aufwendig zu entsorgenden Reststoff bedeuten würden.

[0015] Der im Staubabscheider (20) vom heißen Pyrolysegas (12) abgetrennte Staub wird über Leitung (22) sowie Leitung (16) in den Vergasungszyklon (17) eingeführt. Die aus dem Vergasungszyklon (17) austretenden Phasen (19) Schlackenschmelze einerseits und Gasphase andererseits werden in einem Unterofen (23) anschließend in eine Schlacke (24) sowie in das hochwertige CO + H₂-reiche Synthesegas (25) voneinander getrennt. Die Schlacke (24) liegt schmelzflüssig vor, was für eine Weiterverarbeitung, beispielsweise zur Herstellung von Steinwolle ausgenutzt werden kann. Nach ihrer Abkühlung sind in die Schlacke etwa vorhandene Schadstoffe wie beispielsweise Schwermetalle laugungsresistent eingebunden, so daß die Schlacke (24) auch problemlos deponiert werden oder als Baustoff Verwendung finden kann.

[0016] Wie in der Zeichnung durch gestrichelte Linie angezeigt, kann eine Teilmenge (26) der aufbereiteten Schwelreststoffe abgezweigt und zum in diesem Falle direkt beheizten Drehrohrofen (11) rezirkuliert werden zwecks Bildung eines im Drehrohrofen (11) liegenden heißen Tauchbettes, innerhalb dessen die in den Drehrohrofen eingeführten Abfallstoffe (10) verschwelt werden. Die das Tauchbett bildenden aufbereiteten feinkörnigen Schwelreststoffe (26) werden ungekühlt in den Drehrohrofen (11) rezirkuliert, und ein Teil der durch die Schwelung freigesetzten Schwelgase bzw. Pyrolysegase verbrennt oberhalb des Tauchbettes im Drehrohrofen (11) und hält dort einen nahezu autarken Betrieb des Schwelvorganges aufrecht, der im Bedarfsfall aber durch Verbrennung von zusätzlich zugeführtem Brennstoff, zum Beispiel eines Teilstroms des erzeugten Synthesegases (25), unterstützt werden kann. Innerhalb des Pyrolyse-Drehrohrofens (11) sorgt das vorhandene Tauchbett dafür, daß nur Schwelgasanteile verbrennen, während die Abfallstoffe (10) durch das Tauchbett vor einem Kontakt mit Verbrennungssauerstoff weitgehend geschützt bleiben.


Ansprüche

1. Verfahren zur thermischen Verwertung von organische und anorganische Bestandteile enthaltenen Abfallstoffen wie Hausmüll, Klärschlamm oder dergleichen, wobei die Abfallstoffe (10) in einem Drehrohrofen (11) unter Bildung von Pyrolysegas (12) verschwelt werden und der bei der Schwelung erhaltene Pyrolysekoks (13) nach seiner mechanischen Aufbereitung (14) in einem Vergasungszyklon (17) unter Zusatz von Sauerstoff (18) zu einem Synthesegas vergast wird, dadurch gekennzeichnet, daß das bei der Schwelung erhaltene Pyrolysegas (12, 21) in heißem Zustand direkt in den Vergasungszyklon (17) eingeführt wird, in welchem der Kohlenstoff des Pyrolysekokses (16) sowie die Kohlenwasserstoffe des Pyrolysegases (21) bei Temperaturen oberhalb 1400°C zu einem CO + H₂-reichen Synthesegas (25) umgesetzt werden.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das heiße Pyrolysegas (12) vor Einführung in den Vergasungszyklon (17) bei einer Temperatur oberhalb der Kondensationstemperatur der dampfförmig mitgeführten Kohlenwasserstoffe sowie des Wasserdampfes entstaubt (20) und der Staub (22) in den Vergasungszyklon (17) eingeführt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine Teilmenge (26) der aufbereiteten Schwelreststoffe abgezweigt und zum direkt beheizten Drehrohrofen (11) rezirkuliert wird zwecks Bildung eines im Drehrohrofen (11) liegenden heißen Tauchbettes, innerhalb dessen die in den Drehrohrofen eingeführten Abfallstoffe (10) verschwelt werden.
 
4. Anlage zur thermischen Verwertung von organische und anorganische Bestandteile enthaltenen Abfallstoffen, insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, gekennzeichnet durch einen Pyrolyse-Drehrohrofen (11), dessen Austrag (13) für den Pyrolysekoks über eine mechanische Aufbereitung (14) mit einem Vergasungs-Schmelzzyklon (17) verbunden ist, und der Pyrolysegas-Abzug (12) des Drehrohrofens (11) über einen Staubabscheider (20) ebenfalls mit dem Vergasungs-Schmelzzyklon (17) verbunden ist.
 




Zeichnung







Recherchenbericht