(19)
(11) EP 0 710 813 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
08.05.1996  Patentblatt  1996/19

(21) Anmeldenummer: 95117307.9

(22) Anmeldetag:  03.11.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F42B 12/66, A01M 23/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 07.11.1994 DE 4439762

(71) Anmelder: Daimler-Benz Aerospace Aktiengesellschaft
D-81663 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Rieger, Ulrich
    D-83620 Feldkirchen-Westerham (DE)

   


(54) Personen-Fernfessel


(57) Die Erfindung bezieht sich auf eine Personenfernfessel, die aus einem komprimiert gefalteten, mit einem Kleber oder Klebstoff versehenen, Netzwerk besteht und in einem Geschoß, Wurfkörper etc. gelagert ist und nach dem Abschuß sich erst in der Nähe des Zieles entfaltet, dieses umhüllt und an ihm festklebt. Einige Ausführungsbeispiele sind beschrieben und in den Figuren der Zeichnung dargestellt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Personenfernfessel gemäß dem Oberbegriff des Anspruch 1
Zur Durchsetzung von Schutzbedürfnissen stehen heute neben Schuß- und Stichwaffen, für deren Besitz eine Privatperson nur in den seltensten Fällen eine Erlaubnis erhält, praktisch nur Knüppel, Tränengas- und Schreckschußpistolen, Elektroschocker etc. zur Verfügung. Bewährt haben sich - besonders für Frauen - die kleinen Blend- oder Betäubungsgassprühdosen. Alle diese Mittel setzen aber einen "Nahkampf", zumindest aber eine Distanzlosigkeit voraus und sind gewissermaßen nur "auf Tuchfühlung" wirksam.

[0002] Fur größere Distanzen stehen Wasserwerfer, Tränengas- und Handgranaten neben Schußwaffen etc. zur Verfügung. Solche Konzeptionen arbeiten entweder nur großflächig oder ihre Wirkung kann tödlich sein, außerdem sind sie generell situationsverschärfend und treffen häufig sogenannte "unbeteiligte Personen".

[0003] Durch die DE 31 46 166 A1 ist ein speziell gestalteter Wurfkörper bekanntgeworden, bei dem ein Netzwerk in einem Gehäuse angeordnet ist und in Zielnähe durch eine Energiequelle ausgestoßen und entfaltet wird. Eine mittels des ausgestoßenen Netzes gefangene Person wird sich jedoch relativ schnell von der Fessel befreien können.

[0004] Aus der DE 35 22 661 A1 ist es bekannt, zur Fesselung einer Person Klebebänder oder Klebeschnüre abzuschießen. Hier ist zwar - wie auch angegeben - mehr eine Kennzeichnung der Person als eine Fesselung gegeben, da es sehr vieler der zum Schutz begehrten Klebebänder bedarf, um auch nur eine geringe Behinderung der Person in ihrer Bewegungsfreiheit zu erzielen.

[0005] Aus der DE 93 08 186 ist eine Einrichtung zum vorübergehenden Außer-Gefecht-Setzen einer Person offenbart, wobei mittels eines Gasdruck- oder Patronengerätes ein Netz ausgeschleudert wird. Bei dieser Ausführungsform dürfte die Fesselung - wenn überhaupt eine stattfindet - in kürzester Zeit beseitigt sein.

[0006] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Hilfsmittel zu schaffen, das die Bewegung einer Einzelperson auch auf größere Distanz gezielt einschränkt und hemmt und vom Prinzip her nicht tödlich oder schwer verletzend wirkt.

[0007] Diese Aufgabe wird durch die im Anspruch 1 aufgezeigten Maßnahmen gelöst. In den Unteransprüchen sind Ausgestaltungen und Weiterbildungen angegeben und in der nachfolgenden Beschreibung sind Ausführungsbeispiele erläutert sowie in den Figuren der Zeichnung skizziert. Es zeigen:
Fig. 1
ein Schaubild eines Ausführungsbeispiels einer Personenfernfessel in seinen einzelnen Ablaufphasen,
Fig. 2
ein weiteres Ausführungsbeispiel einer Personenfernfessel in seinen Funktionsabläufen a bis d,
Fig. 3
ein drittes Ausführungsbeispiel mit einer gasdichten Verpackungshülle,
Fig. 4
ein viertes Ausführungsbeispiel auf dem Prinzip einer "Bola" basierend,
Fig. 5
ein fünftes Ausführungsbeispiel das stationär angeordnet ist und dem Schutz von Eingängen und Geräten gegen eindringende Personen dient.


[0008] Der allgemeine Erfindungsgedanke sieht zur Lösung der gestellten Aufgabe eine sogenannte Personenfernfessel vor, die aus einem Netz besteht, das in komprimierter Form in einem abschieß- oder schleuderbaren Gehäuse gelagert ist, in Zielnähe sich automatisch entfaltet und anschließend das Ziel umfaßt, einbindet und an ihm festklebt.

[0009] In Fig. 1 ist ein erstes Ausführungsbeispiel einer solchen Konzeption dargestellt. In einem geschoßartigen Körper ist ein unzerreißbares Netz in komprimierter Form - das heißt zu einem kleinstmöglichen Paket gefaltet - (ähnlich einem Fallschirm etc.) gelagert, der auf die Zielperson abgeschossen wird. Das Netz ist mit einem Kleber beschichtet, der seine Klebwirkung erst nach dem Zielumschließvorgang voll erhält und dadurch einerseits die Entfaltung des Netzes nicht behindert und andererseits dem "gefangenen" Objekt eine schnelle Befreiung verwehrt.

[0010] Ein weiteres Ausführungsbeispiel veranschaulicht die Fig. 2. Hier wird das Netz bis zur Entfaltung von einer gasdichten Hülle umschlossen. Das Netz ist mit einem Kleber getränkt, der durch ein leichtflüchtiges Lösungsmittel in seiner Klebekraft stark herabgesetzt ist. Für den Entfaltungsvorgang in Zielnähe zerplatzt die Hülle und das Lösungsmittel beginnt zu verdampfen, wodurch die Klebkraft zunimmt. Da der Entfaltungsvorgang schnell abläuft, ist die Klebkraft während seines Verlaufs noch gering, so daß die zur Entfaltung erforderlichen Kräfte klein bleiben können. Hierfür geeignete Kleber und Lösungsmittel sind grundsätzlich bekannt. Bei geeigneter Auswahl kann die volle Klebkraft innerhalb von Sekunden erreicht werden, also rechtzeitig genug, um das Abstreifen des Netzes wirkungsvoll zu verhindern. Als alternative Möglichkeiten zur Aktivierung des Klebers sind chemische Reaktionen, die mit dem oder parallel zum Entfalten eingeleitet werden, gegeben, beispielsweise durch das Entweichen eines Inhibitors oder durch Oxidationsprozesse.

[0011] Die Entfaltung des Netzes wird durch an sich bekannte Einrichtungen bewerkstelligt, wie zum Beispiel durch radial zur Flugbahn in verschiedene Richtungen ausgeschleuderte Massen (Bleikügelchen etc.), die an einigen Stellen an der Netzperipherie befestigt sind. Es sind hierzu eine Reihe von Möglichkeiten gegeben, wie Verwendung von Rotationsenergie, pyrotechnische Maßnahmen, gegebenenfalls auch Federkraft etc. Andere Wirkmaßnahmen sind beispielsweise das Aufblasen eines Sackes oder Schlauches ähnlich dem Airbag-System oder "Bladder-Prinzip", wie in Fig. 3 skizziert. Als Energiespeicher können Druckgasspeicher, Gasgeneratoren usw. dienen, wobei Netz und Sack eine integrale Einheit bilden.

[0012] Die Geometrie des Netzes kann im wesentlichen zweidimensional, aber auch dreidimensional geformt sein. Als Variante ist auch eine im wesentlichen eindimensionale Ausführung machbar, beispielsweise in der Form, daß einzelne Fäden in mehr oder weniger großer Menge auf das Ziel geschleudert werden.

[0013] Eine besondere Ausführungsform - (Fig. 4) - greift auf das "Bola-Prinzip" zurück. Hier wird ein Faden, Band oder Seilstück in linearem oder sternförmigem Arrangement an allen Enden beschwert und in Rotation versetzt. Beim Auftreffen auf ein Ziel umschlingt es dieses und bewirkt so die beabsichtigte Fesselung, wobei auch hier die einzelnen Fäden etc. mit Klebstoff versehen sind.

[0014] Dadurch, daß die vorgeschlagene Fernfessel in komprimierter Form bis in Zielnähe "geschossen" wird und sich erst dort entfaltet, eignet sie sich für den gezielten Einsatz auch auf größere Entfernungen. Sie ist als Wurf- bzw. Geschoßkörper mit relativ großem ballistischen Faktor ( Masse/Widerstand ) ausführbar, wodurch aufgrund eines Anfangsimpulses (Abschuß) größere Entfernungen und gute Treffergenauigkeit erreichbar werden.

[0015] Diese Fernfessel-Konzeption läßt sich aber auch als sogenannte "Lauerwaffe" einsetzen. Ein Ausführungsbeispiel ist in der Fig. 5 skizziert. Ein spezieller Eingang, Torabschnitt etc. ist mit einem verdeckt installierten "Fesseltopf" versehen,.in dem ein Fernfesselnetz ausstoßbar untergebracht ist. Die Auslösung wird entweder ferngesteuert oder automatisch durch eine Signalgabe bei Überschreitung einer gewissen Grenze etc. ausgelöst. Gleichzeitig mit dem Auslösen des Netzes wird beispielsweise ein Signal an eine Zentralüberwachungsstelle etc. übergeben.In einer bestimmten Distanz, die festliegend oder voreinstellbar ist, entfaltet sich das Netz und umschließt den Eindringling, wobei das Netz ihn nicht nur umschließt sondern auch an ihm klebt. Diese Konzeption läßt sich natürlich in vielfältiger Weise variieren. So können die das Netz tragenden Entfaltungskörper selbst als richtungsorientierte Wirkkörper ausgebildet sein, die eine exakte Entfaltung des Netzes gewährleisten. Weiterhin können durch den das Netz entfaltenden Wirkkörper noch zusätzliche Einrichtungen wie Blendkörper, Betäubungsgas aktiviert werden, die gleichzeitig oder zeitlich versetzt mit der Netzaufspannung gezündet werden.


Ansprüche

1. Personenfernfessel mit einer, als Wurf- oder Geschoßkörper ausgebildeten gasdichten Hülle, die ein komprimiert gefaltetes Netzwerk enthält, das in Zielnähe durch eine Energiequelle ausgestoßen und mittels am Netz befestigten Massen radial zur Flugbahn entfaltet wird, wobei es zumindest teilweise mit einem sich während oder unmittelbar nach der Entfaltung aktivierenden, schnell bindenden Kleber versehen ist.
 
2. Personenfernfessel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das gefaltete Netzwerk von einer gasdichten Hülle umschlossen und mit einem Kleber getränkt ist, der in seiner Klebekraft durch ein leicht verdampfendes Lösungsmittel vermindert ist und seine volle Klebekraft unmittelbar nach der Netzauffaltung erhält.
 
3. Personenfernfessel nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Kleber durch chemische Reaktionen innerhalb der Netz-Entfaltungszeit zu seiner vollen Klebekraft aktiviert wird.
 
4. Personenfernfessel nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Netzauffaltung durch Bleikügelchen, kleine Stahlpfeile etc. durchgeführt wird.
 
5. Personenfernfessel nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch geknnzeichnet, daß die Netzauffaltung durch Rotationsenergie, pyrotechnische Maßnahmen oder durch Federkraft erfolgt.
 
6. Personenfernfessel nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Netz aus an einem aufblasbaren Ring angebrachten und miteinander verflochtenen Textilbändern oder -fäden besteht und durch einen integrierten Energiespeicher nach dem "Airbag- oder Bladdersystem" aufgefaltet wird.
 
7. Personenfernfessel nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß daß die Fernfessel stationär eingebaut ist und durch die zu fangende Person selbst oder ferngesteuert aktiviert wird.
 
8. Personenfernfessel nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Wirkkörper zur Entfaltung des Netzwerkes mit einer oder mehreren zusätzlichen Einrichtungen in Wirkverbindung steht, wie beispielsweise Blendkörper, Signalgeber, Gassprüher.
 




Zeichnung
















Recherchenbericht