[0001] Die Erfindung betrifft eine gaserzeugende Mischung aus einem stickstoffreichen und
kohlenstoffarmen Brennstoff aus der Gruppe Nitroguanidin (NIGU), Triaminoguanidinnitrat
(TAGN), Diguanidinium-5,5'-azotetrazolat (GZT) und 3-Nitro-1,2,3-triazol-5-on (NTO),
Katalysatoren, Oxidatoren und gegebenenfalls Kühlmitteln.
[0002] Gaserzeugende Mischungen der vorgenannten Art - auch Gasgeneratorsätze genannt -
zeichnen sich dadurch aus, daß sie bei Verbrennung eine hohe Gasausbeute (>14 mol/kg)
ermöglichen. Sie werden für aufblasbare Rückhalte- (Airbag) und Rettungssysteme, Feuerlöscheinrichtungen
sowie für unempfindliche Festtreibstoffe für Raketen- und Rohrwaffenantriebe eingesetzt.
Besonders im zivilen Bereich werden thermisch-mechanische Unempfindlichkeit und Ungiftigkeit
der Ausgangsmischungen, aber auch fehlende Toxizität bei den entstehenden Gasen gefordert.
Viele im Einsatz befindliche Systeme erfüllen diese Forderungen nicht oder nur sehr
unzulänglich.
[0003] Bei Airbag-Systemen wurden zunächst gaserzeugende Mischungen auf der Basis von Natriumazid
eingesetzt und erprobt, das jedoch wegen seiner Toxizität und der entstehenden Feststoffpartikel
problematisch ist. Ähnliche Probleme ergeben sich auch bei den sogenannten Hybrid-Gasgeneratoren,
bei denen Nitramine oder Perchlorate eingesetzt werden.
[0004] Es hat deshalb nicht an Anstrengungen gefehlt, insbesondere ungiftige Ausgangsverbindungen
bereitzustellen. Hierzu zählen vor allem stickstoffreiche und kohlenstoffarme Brennstoffe,
wie TAGN, NIGU und NTO. Besonders gute Ergebnisse konnten mit Diguanidinium 5,5'-azotetrazolat
(GZT) erzielt werden (DE 41 08 225). Sowohl die Ausgangsmischung, als auch die entstehenden
Gase sind weitgehend ungiftig und bestehen zum überwiegenden Teil aus Stickstoff.
Nachteilig ist allerdings auch hierbei die nicht vermeidbare Entstehung von NO
x und ein nicht immer befriedigendes Abbrandverhalten. Viele Reaktionsmischungen besitzen
eine so hohe Verbrennungstemperatur, daß bei Verwendung in Airbag- Systemen die thermisch
empfindlichen Sackmaterialien geschädigt werden.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine gaserzeugende Mischung vorzuschlagen,
die selbst und deren Verbrennungsprodukte ungiftig sind, insbesondere einen geringen
CO- und NO
x-Schadgasgehalt besitzen und die bei niedriger Verbrennungstemperatur eine gleichwohl
hohe Abbrandgeschwindigkeit aufweisen.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß der Oxidator Kupferdiammindinitrat
Cu(NH₃)₂(NO₃)₂ ist und der Katalysator aus einem pyrophoren Metall oder einer solchen
Metallegierung auf einem Träger besteht.
[0007] Durch die Verwendung von Kupferdiammindinitrat als Oxidator läßt sich das Abbrandverhalten
der Reaktionsmischung in weiten Bereichen einstellen. Es wird eine hohe Abbrandgeschwindigkeit
erreicht, so daß sich der Maximaldruck innerhalb weniger Millisekunden aufbaut, gleichwohl
ist die Verbrennungstemperatur relativ niedrig, so daß insbesondere bei Airbag-Systemen
auch thermisch empfindliche Sackmaterialien nicht gefährdet werden.
[0008] Das Katalysator-System besteht aus der wirksamen Hauptkomponente, für die ein pyrophores
Metall oder eine Legierung verwendet wird, und einem geeigneten Träger, der noch weitere
Eigenschaften in sich vereinigt. Die komplexe Wirkungsbeziehung dieses Systems macht
es erforderlich, die Begriffe "Katalysator" und "Träger" genauer zu beschreiben. Beide
Begriffe werden in einem erweiterten Sinn gebraucht. Als "Katalysator" wird in diesem
Zusammenhang ein aktiver Reaktionsbestandteil bezeichnet, der selbst umgesetzt werden
kann und reaktionslenkend und/oder reaktionsbeschleunigend wirkt. Die wirksame Hauptkomponente
des Katalysators ist das pyrophore Metall bzw. die eingesetzte Legierung. Der Träger
dient dazu, die Hauptkomponente mit einer großen spezifischen Oberfläche und einer
definierten Korngrößenverteilung bereitzustellen. Eine weitere Eigenschaft des Trägers
besteht darin, durch physikalische und/oder chemische Prozesse - in einer speziellen
Phase der Reaktion - eine Kühlwirkung zu entfalten, die über eine rein kapazitive
Kühlwirkung hinausgeht. Der Träger kann ferner als Promotor der Hauptkomponente wirken.
[0009] Das Katalysator-System und der Oxidator erfüllen die thermo-mechanischen Stabilitätsanforderungen
und sind insbesondere auch nicht hygroskopisch, was eine dauerhafte Funktionstüchtigkeit
und hohe Lebensdauer garantiert.
[0010] Eine bevorzugte Mischung besteht aus dem Brennstoff GZT und dem Oxidator Cu(NH₃)₂(NO₃)₂
mit ausgeglichener Sauerstoffbilanz im Masse-Verhältnis 21,6 : 78,4. In diesem System
werden - je nach Anforderungsprofil hinsichtlich Abbrand und Gasreinheit - bis zu
30 Mass.-% des Katalysators homogen eingearbeitet. Als Hauptkomponente des Katalysators
wird vorzugsweise pyrophores Ag mit einer mittleren Korngröße < 25 µm verwendet. Als
Trägermaterial wird ein Schichtsilikat bevorzugt. Schließlich kann noch ein Kühlmittel,
vorzugsweise Fe₂O₃ zugegeben werden.
Beispiel:
[0011] Es wird eine Mischung bestehend aus GZT und dem Oxidator Cu(NH₃)₂(NO₃)₂ im Masse-Verhältnis
21,6 : 78,4 hergegestellt und bis zu 30 Mass.-% des Ag-Katalysators auf einem Schichtsilikat-Träger
homogen eingearbeitet.
[0012] Formulierungen dieser Art werden bezüglich ihres Anzünd- und Verbrennungsverhaltens
mit Hilfe von Experimenten in der ballistischen Bombe charakterisiert. Dazu wird ein
Druck/Zeit-Diagramm ermittelt. Aus dem beigefügten Diagramm geht hervor, daß die Reaktionsmischungen
gute Anzünd- und Verbrennungseigenschaften besitzen. Bei einer Ladedichte von 0,1
g/cm³ ergibt sich ein Maximaldruck von 74,9 [MPa], der nach ca. 13 [ms] erreicht wird
(t(pmax) = 13 [ms]). Die Druckanstiegszeit zwischen 30 bis 80 % des Maximaldrucks
beträgt 0,96 [ms] (t₃₀₋₈₀ = 0,96 [ms]).
1. Gaserzeugende Mischung, bestehend aus einem stickstoffreichen und kohlenstoffarmen
Brennstoff aus der Gruppe Nitroguanidin (NIGU), Triaminoguanidinnitrat (TAGN), Diguanidinium-5,5'-azotetrazolat
(GZT) und 3-Nitro-1,2,3-triazol-5-on (NTO), Katalysatoren, Oxidatoren und gegebenenfalls
Kühlmitteln, dadurch gekennzeichnet, daß der Oxidator Kupferdiammindinitrat Cu(NH₃)₂(NO₃)₂
ist und der Katalysator aus einem pyrophoren Metall oder einer solchen Metallegierung
auf einem Träger besteht.
2. Mischung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Träger für den Katalysator
ein Silikat, insbesondere ein Schicht- oder Gerüstsilikat dient.
3. Mischung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Katalysator pyrophores Ag
auf einem Schicht- oder Gerüstsilikatträger dient.
4. Mischung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Katalysator
eine mittlere Korngröße < 25 µm aufweist.
5. Mischung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, bestehend aus GZT und Cu(NH₃)₂(NO₃)₂ mit
ausgeglichener Sauerstoffbilanz und bis zu 30 Mass.-% des Katalysators.
6. Mischung nach Anspruch 5 mit GZT und Cu(NH₃)₂(NO₃)₂ in einem Verhältnis von 21,6 :
78,4 Mass.-%.
7. Mischung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Kühlmittel
ganz oder teilweise aus Fe₂ O₃ besteht.