(19)
(11) EP 0 716 194 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.06.1996  Patentblatt  1996/24

(21) Anmeldenummer: 95118355.7

(22) Anmeldetag:  22.11.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6E04B 1/94, A62C 2/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR GB LI NL

(30) Priorität: 08.12.1994 DE 4443761

(71) Anmelder: SCHÜCO International KG
D-33609 Bielefeld (DE)

(72) Erfinder:
  • Tönsmann, Armin, Dipl. -Ing.
    D-33818 Leopoldshöhe (DE)
  • Mantwill, Frank, Dr.
    D-33739 Bielefeld (DE)

(74) Vertreter: Stracke, Alexander, Dipl.-Ing. et al
Jöllenbecker Strasse 164
D-33613 Bielefeld
D-33613 Bielefeld (DE)

   


(54) Wärmebindendes Bauteil für den Innen- und Aussenausbau in Brandschutzausführung


(57) 2.1 Das Bauteil soll aus einem Trägermaterial und aus einem wärmebindenden hydrophilen Adsorbens bestehen mit einem großen Kristallwasseranteil, der bei um 100°C oder ein wenig darunter liegenden Temperaturen das gebundene Kristallwasser freisetzt, so daß es als Kühlmittel im Rahmen von Brandschutzkonstruktionen wirkt.
2.2 Das Bauteil besteht aus Alaun als hydrophiles Adsorbens und aus Gips. Vorzugsweise wird als Adsorbens Kalium-Alaun verwendet und das Kalium-Alaun in eine Gipsmatrix eingebunden. Das Kalium-Alaun verhält sich bezüglich der Aushärtung des Gipses völlig neutral, so daß die daraus hergestellten Platten, Formteile und Profile ausreichende Stabilität für ihre Anwendung im Brandschutz beim Innen- und Außenausbau besitzen.
Beispielsweise wird die Außenfläche des Außenteils 2 durch eine wärmebindende Platte 6 abgedeckt, die als Trägermaterial Gips und als wärmebindendes hydrophiles Adsorbens Kalium-Alaun aufweist.
2.3 Anwendungsgebiet ist der Hochbau, und zwar insbesondere der Innen- und Außenausbau von Gebäuden.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein wärmebindendes Bauteil für den Innen- und Außenausbau in Brandschutzausführung.

[0002] Durch die DE 37 38 479 A1 ist ein Verfahren zur Hemmung der Verbreitung von Feuer in brennenden Gebäuden und zum Schutz gegen Feuereinwirkung durch Aufbringung eines wärmeisolierenden Stoffes auf die Oberfläche von beweglichen und fest eingebauten Bauelementen bekannt. Bei diesem Verfahren wird in die Berührungsräume zwischen den beweglichen und fest eingebauten Bauelementen ein wärmeisolierendes Material eingebaut, wobei als wärmeisolierendes Material ein wärmebindendes, hydrophiles Absorbens auf Siliziumoxid- und/oder Aluminiumsilikatbasis, vorteilhafterweise synthetische Zeolithe des Typs A, X oder P, verwendet wird. Nach dieser Literaturstelle können in die Innenkammer von aus Stahlblechen gefertigten Einkammerhohlprofilen wärmebindende Zeolithe in Form von Pulver oder Granulat eingefüllt werden. Es können auch auf Türblätter, auf Wandungen und Decken Zementplatten aufgebracht werden in die die Zeolithe in Pulver- oder Granulatform eingebettet sind. Es können auch auf die gegen Feuer zu schützenden Flächen Epoxidharzbinder aufgespritzt oder aufgestrichen werden, die das hydrophile Adsorbens in Pulver- oder Granulatform enthalten.

[0003] Die Zeolithe weisen ein relativ hohes Wasseraufnahmevermögen auf und können das Wasser physikalisch als Kristallwasser binden.

[0004] Die Zeolithe binden je nach Typ massebezogen ca. 30 Prozent Kristallwasser und geben den Großteil von massebezogen 20 bis 24 Prozent in einem Temperaturbereich von 150 bis 160°C wieder ab.

[0005] Massebezogen bedeutet diese Menge an freigesetztem Kristallwasser einen Energieverzehr von 470 bis 550 J/g.

[0006] Der für die Praxis wichtigere bzw. entscheidendere Wert ist der volumenbezogene Energieverzehr, der bei Zeolithen 210 bis 245 J/cm³ beträgt und für Zeolithe auf die geringe Dichte von 0,5 bis 0,6 g/cm³ zurückzuführen ist.

[0007] Die Einbindung des Zeolithes in einen zementgebundenen Werkstoff bringt abermals ein Absinken des volumenbezogenen Energieverzehrs entsprechend der Mischung von Zeolith und Zementmörtel.

[0008] Für den Einsatz in und an Bauelementen aus Aluminium oder aus einem anderen Werkstoff, der einen niedrigeren Schmelzpunkt als Stahl aufweist, ergeben sich erhebliche Nachteile, die den Einsatz von Zeolithen als wärmebindendes, hydrophiles Adsorbens erheblich einschränken bzw. unbrauchbar machen.

[0009] Der relativ geringe volumenbezogene Energieverzehr der Zeolithe erfordert größere Aufnahmeräume bzw. großvolumige Plattierungen an den zu schützenden Elementen.

[0010] Das Füllen von Hohlräumen mit einem pulverförmigen oder granulierten wärmebindenden hydrophilen Adsorbens erfordert einen hohen Aufwand zum Abdichten der Hohlräume.

[0011] Die relativ niedrige Schmelztemperatur von Aluminium und die gute Leitfähigkeit des Aluminiums erfordern niedergere Ansprechtemperaturen des Adsorbens, und zwar deutlich unter 140°C, da bei Brandschutzabschlüssen auf der brandabgewandten Seite durch Normen Temperaturen um ca. 180°C vorgegeben sind.

[0012] Eine Zementmörtelbindung des hydrophilen Adsorbens ist beim Einsatz an und in Aluminium nachteilig, da sie die Korrosion bzw. die Zerstörung des Werkstoffes fördert. Der Zementmörtel trägt nicht zum Energieverzehr durch Freisetzen von gebundenem Wasser bei.

[0013] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein wärmebindendes Bauteil für den Innen- und Außenausbau zu entwickeln, das aus einem Trägermaterial und einem Adsorbens mit höherem Energieverzehr pro Volumen besteht und bei dem das Freisetzen des gebundenen Kristallwassers um 100°C erfolgt.

[0014] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das Bauteil aus Alaun als hydrophiles Adsorbens und Gips besteht.

[0015] Beim Alaun handelt es sich um Metalldoppelsalze, die in der Lage sind, in sehr hohem Grad gewichtsbezogen Kristallwasser zu speichern.

[0016] Es ist besonders vorteilhaft, als Adsorbens Kalium-Alaun zu verwenden und das Kalium-Alaun in eine Gipsmatrix einzubinden.

[0017] Chemisch ist Kalium-Alaun als Kalium-Aluminium-Sulfat-12-Hydrat zu bezeichnen. Die chemische Formel lautet: KAl(SO₄)₂ x 12 H₂0.

[0018] Dieses Kalium-Alaun ist in der Lage ca. 45 Prozent pro Gewichtseinheit Kristallwasser zu binden.

[0019] Das Freisetzen des Kristallwassers aus dem Kalium-Alaun in reiner Form erfolgt bei 73°C.

[0020] Aufgrund der Dichte des Alauns von 1,1 g/cm³ ergibt sich volumenbezogen ein Anteil des eingelagerten Kristallwassers von ca. 50 Prozent.

[0021] Das in eine Gipsmatrix eingebettete Kalium-Alaun verhält sich bezüglich der Aushärtung des Gipses völlig neutral, so daß die daraus hergestellten Platten, Formteile und Profile ausreichende Stabilität für ihre Anwendung im Brandschutz bei einem Innen- und einem Außenausbau aufweisen.

[0022] Das Kalium-Alaun verändert die Abbindeeigenschaften des Gipses nicht. Durch den Gips wiederum wird auch nicht die physikalische Wasseraufnahme des Alauns beeinträchtigt.

[0023] Bei einer vorteilhaften Ausführungsform der erfindungsgemäßen Bauteile als Platten, Formteile oder Profile können die Profile zu 50 Prozent aus einem modifizierten Gips und zu 50 Prozent aus Kalium-Alaun bestehen.

[0024] Da der Gips wie auch das Alaun eine Dichte von 1,1 g/cm³ haben, ist dieses Verhältnis gewichts- wie auch volumenbezogen.

[0025] Der Energieverzehr eines solchen Bauteiles beträgt ca. 1.100 J/cm³. Dieser Wert liegt deutlich über den zuvor genannten Werten für die Zeolithe, insbesondere wenn diese in Füllmaterialien eingebunden sind.

[0026] Je nach dem Einsatzfall kann das Mischungsverhältnis zwischen Alaun und Gips variiert werden.

[0027] Bei einem Mischungsverhältnis von 50 : 50 von Gips und Alaun ergibt sich ein Anteil des eingelagerten Kristallwassers von 32 Prozent.

[0028] Obwohl Kalium-Alaun für sich allein eine Reaktionstemperatur von 73°C aufweist, wird die Reaktionstemperatur in Verbindung mit dem Gips auf einen höheren Wert, nämlich ca. 85°C verlegt. Dieses hängt damit zusammen, daß das im Alaun frei werdende Wasser durch einfaches Aufsaugen durch den Gips zur Temperatur von 85°C gehalten wird, bevor es in die Dampfphase übergeführt wird.

[0029] Es ist somit eine günstige Reaktionstemperatur gegeben, die in ausreichender Distanz zu den Gebrauchstemperaturen liegt, die u.U. 70°C bei direkter Sonneneinstrahlung bei solchen Bauelementen erreichen kann.

[0030] Der Aufbau der erfindungsgemäßen Bauteile aus Alaun und Gips hat noch den weiteren Vorteil, daß das im Gips gebundene Kristallwasser erst bei einer Reaktionstemperatur von ca. 125°C freigesetzt wird und sich diese mehrstufige Kristallwasserfreisetzung positiv auf den Kühlungsverlauf der Bauteile auswirkt.

[0031] Darüber hinaus findet bei ca. 215°C eine nochmalige geringe Freisetzung von im Gips gebundenem Wasser statt, die aber von untergeordneter Bedeutung ist.

[0032] Weitere Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Bauteils ergeben sich aus den Unteransprüchen und aus der folgenden Beschreibung zeichnerisch dargestellter Ausführungsformen. Es zeigen:
Fig. 1
ein Schaubild, in dem die Kurve I die Reaktionstemperaturen über der unteren Temperaturachse darstellt, während die Kurve II den Masseverlust angibt, der sich im Verlauf der Temperaturerhöhung einstellt,
Fig. 2
ein Leichtmetallprofil in Brandschutzausführung im Schnitt und
Fig. 3
eine Fassaden- oder Dachkonstruktion im Schnitt.


[0033] Die Kurven I und II betreffen ein Bauteil, das sich aus dem Trägermaterial Gips und dem wärmebindenden, hydrophilen Adsorbens Alaun zusammensetzt.

[0034] Aus der Kurve I sind die Ansprechtemperaturen zu entnehmen. Die Fläche unter der Kurve I stellt den Gesamtenergieverzehr dar.

[0035] Die Kurve II zeigt lediglich den Masseverlust, der sich im Verlauf der Temperaturerhöhung einstellt.

[0036] Die Fig. 2 zeigt ein Profil 1, das sich aus einem Außenteil 2, einem Mittelteil 3 und einem weiteren Außenteil 4 zusammensetzt. Die Außenteile 2 und 4 sind aus Aluminium gefertigt, während das Mittelteil 3 ebenfalls aus Aluminium oder einem anderen Metall hergestellt sein kann. Das Mittelteil setzt sich aus zwei parallel zueinander verlaufenden Profilen 5 zusammen, die mit den Außenteilen 2 und 4 verbunden sind und Aussparungen aufweisen, so daß der Wärmefluß im Bereich des Mittelteils geringer ist als in den Außenteilen.

[0037] Die Außenfläche des Außenteils 2 wird durch eine wärmebindende Platte 6 abgedeckt, die als Trägermaterial Gips und als wärmebindendes hydrophiles Adsorbens Kalium-Alaun aufweist.

[0038] Diese Platte wird durch in die Außenseiten eingebundene Gewebe, vorzugsweise durch Glasfasergewebe 7 stabilisiert, so daß sie wie eine Gipskartonplatte gehandhabt werden kann.

[0039] Die Platte ist in unterschiedlichen Dicken und Abmessungen herstellbar, so daß auch hierdurch die Intensität der Feuerhemmung beeinflußt werden kann.

[0040] Sofern die Platten 6 bei einem Fensterrahmen oder einem Türrahmen zur Abdeckung der Außenflächen dienen, können sie zu einem dem Metallrahmen entsprechend großen Rahmen zusammengefaßt und an der Außenseite der Metallprofile durch Kleber oder durch mechanische Mittel festgelegt werden.

[0041] Aus der Fig. 3 ist ferner zu entnehmen, daß aus Alaun und Gips bestehende Formkörper 8,9 und 10 in Hohlkammern der Außenteile und des Mittelteils eingesetzt werden können, so daß bei einer Aufheizung dieser Formkörper auf die Ansprechtemperatur Wasser frei wird und das Metallprofil durch dieses frei werdende Wasser gekühlt wird.

[0042] Die plattenförmigen Bauteile nach der Erfindung können auch, wie die Fig. 3 zeigt, bei einer Fassaden- oder Dachkonstruktion, bei der die Fassadenfelder oder die Dachfelder, die von Metallprofilen begrenzt werden, durch Glasscheiben 10 ausgefüllt sind, zur Abdeckung von Metallflächen an der Rauminnenseite verwandt werden.

[0043] Bei der Konstruktion nach der Fig. 3 ist ein aus Aluminium gefertigtes Hauptprofil 11, das im Gebäudeinnenraum liegt, an seinen Außenflächen durch Platten 12,13 und 14 abgedeckt, die aus Alaun und Gips bestehen.

[0044] Diese Platten weisen ebenfalls in die Außenschichten eingebundene Gewebe, vorzugsweise Glasfasergewebe 15 zur Stabilisierung auf. Die Platten 12,13 und 14 sind über Kleber oder über mechanische Mittel mit dem Hauptprofil 11 verbunden.

[0045] In dem dargestellten Ausführungsbeispiel ist noch eine Metallabdeckung 16 vorgesehen, die aus einem aus Leichtmetall oder aus Edelstahl gefertigten Blech bestehen kann. Diese Metallabdeckung kann auch zur Festlegung der Platten 12,13,14 herangezogen werden.

[0046] Die erfindungsgemäßen Bauteile in der Form von Platten, Formteilen oder Profilen können auch zur Verbesserung des Brandschutzes zur Abdeckung oder Verkleidung von aus Holz oder aus Kunststoff gefertigten Bauelementen verwendet werden.

[0047] Aus den erfindungsgemäßen Bauteilen können auch Trennwände gefertigt werden. Sie können auch zur Verkleidung von Trennwänden oder anderen Wänden benutzt werden, die aus Bauelementen aus Metall, Holz oder Kunststoff hergestellt sind.

Bezugszeichen



[0048] 
1
Profil
2
Außenteil
3
Mittelteil
4
Außenteil
5
Profil
6
Platte
7
Glasfasergewebe
8
Formkörper
9
Formkörper
10
Glasscheibe
11
Hauptprofil
12
Platte
13
Platte
14
Platte
15
Glasfasergewebe
16
Metallabdeckung



Ansprüche

1. Wärmebindendes Bauteil für den Innen- und Außenausbau in Brandschutzausführung, dadurch gekennzeichnet, daß es aus Alaun als hydrophiles Adsorbens und Gips besteht.
 
2. Bauteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als hydrophiles Adsorbens Kalium-Alaun verwendet wird und das Kalium-Alaun in eine Gipsmatrix eingebunden ist.
 
3. Bauteil nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß es zu 50 Prozent aus Kalium-Alaun und zu 50 Prozent aus einem modifizierten Gips besteht.
 
4. Bauteil nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß es plattenförmig ausgebildet ist und mehrere Platten zu einem Rahmen verbunden sind, der einen entsprechenden Rahmen aus Metall, Holz oder Kunststoff abdeckt.
 
5. Bauteile nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß es als Formkörper oder als Profilstrang ausgebildet und als Füllung von Profilhohlkammern oder als Abdeckung im Innen- oder Außenausbau verwendet wird.
 




Zeichnung