(19)
(11) EP 0 717 118 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.06.1996  Patentblatt  1996/25

(21) Anmeldenummer: 95117228.7

(22) Anmeldetag:  02.11.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C22C 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE

(30) Priorität: 08.11.1994 DE 4439793

(71) Anmelder: DEGUSSA AG
D-60311 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Kempf, Bernd, Dr.
    D-63839 Kleinwallstadt (DE)
  • Ringelstein, Hans-Martin
    D-60358 Frankfurt/M (DE)
  • Baumgärtner, Thomas, Dr.
    D-72760 Reutlingen (DE)
  • Völkl, Lothar, Dr.
    D-63773 Goldbach (DE)

   


(54) Verfahren zur Herstellung von Gussformstücken aus Gold-Titan-Legierungen


(57) Gold-Titan-Legierungen mit 0,1 bis 4 Gew.% Titan lassen sich an der Luft ohne störende Schlackenbildung und Tiegelstörung aufschmelzen, wenn man Tiegel aus Kohlenstoff verwendet.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Gußformstücken aus Gold-Titan-Legierungen mit 0,1 bis 4 Gew.% Titan, insbesondere für Dental- und Schmuckteile, durch Aufschmelzen von Portionsstücken der Legierung an der Luft und anschließendes Vergießen.

[0002] Festsitzender und herausnehmbarer Zahnersatz wird normalerweise aus korrosionsbeständigen, biokompatiblen Edelmetallegierungen hergestellt, wobei das gegossene Objekt anschließend oft mit Dentalkeramik verblendet wird, um ein dem natürlichen Zahn entsprechendes Aussehen zu erzielen. Die Eignung von Legierungen für diesen Zweck ist an eine Reihe von Eigenschaften geknüpft, die auf die Dentalkeramik abgestimmt sein müssen, wie thermischer Ausdehnungskoeffizient, Schmelzintervall und Haftung zwischen Keramik und Legierung. Grundvorraussetzung ist auch eine gute Korrosionsbeständigkeit und eine ausreichende Festigkeit, um die Belastungen beim Kauvorgang zu ertragen. Nach ihrer mechanischen Belastbarkeit werden Dentallegierungen in verschiedene Klassen von Typ 1 bis Typ 4 eingeteilt. Die höchste Festigkeit und damit die breiteste Indikation besitzen
Typ 4-Legierungen.

[0003] Hochgoldhaltige Edelmetallegierungen sind die traditionellen Legierungssysteme, die für diesen Zweck eingesetzt werden. Sie haben sich seit vielen Jahren klinisch bewährt. In der Korrosionsbeständigkeit und Biokompatibilität sind diese Legierungen nach wie vor unerreicht. Die zahlreichen Anforderungen, die an diese Legierungen gestellt werden, konnten bisher nur mit in aller Regel sehr kompliziert aufgebauten Legierungssystemen erfüllt werden. Die hochgoldhaltigen Aufbrennlegierungen sind charakterisiert durch einen Goldgehalt ab ca. 70 Gew.%. Zur Steigerung der Hochtemperaturstabilität während des Keramikbrandes ist in der Regel Palladium und Platin zulegiert. Zur Erhöhung der Härte und der mechanischen Festigkeit werden eine ganze Reihe verschiedener Nichtedelmetalle zugesetzt. Weitere Elemente werden zulegiert, um die Feinabstimmung weiterer zahntechnisch relevanter Daten, wie thermischer Ausdehnungskoeffizient, Keramikhaftung, Oxidfarbe oder ausreichende Duktilität bei hoher Temperatur zu gewährleisten. Gebräuchliche weitere Legierungselemente sind zum Beispiel Silber, Kupfer, Indium, Zink, Zinn und Eisen. Bekannt ist, daß eine Reihe dieser Elemente auch wieder unerwünschte Eigenschaften haben kann, so daß versucht wird, diese zu vermeiden oder nur in geringer Menge einzusetzen. Beispielsweise kann Silber zu Grünverfärbung bei empfindlichen Keramiken führen und Kupfer kann speziell beim Auftreten von Spaltkorrosionseffekten zu Verfärbungen führen.

[0004] Im Zuge eines allgemein gestiegenen Gesuchtheitsbewußtseins und einer generell zu beobachtenden höheren Anfälligkeit gegenüber Allergien und Unverträglichkeiten bei den Menschen der modernen Industriestaaten ist auch die Biokompatabilität von Dental- und Schmucklegierungen verstärkt in die Diskussion geraten. Bisherige Untersuchungen zeigen, daß Art und Menge der durch Korrosionsvorgänge in Lösung gehenden Bestandteile einer Legierung für die Biokompatibilität entscheidend sind. Anzustreben ist generell ein möglichst hoher Edelmetallanteil für gute Korrosionsbeständigkeit und eine möglichst geringe Anzahl der Legierungskomponenten, speziell der Nichtedelmetalle, um dadurch die Wahrscheinlichkeit einer allergischen Reaktion auf eine bestimmte Komponente so gering wie möglich zu halten. Selbstverständlich sollten nur Elemente Verwendung finden, die keinerlei toxische Wirkungen besitzen.

[0005] Aus Gründen der optimalen Biokompatibilität und der Ästhetik wäre es wünschenswert, Dental-Aufbrennlegierungen zur Verfügung zu haben, die lediglich aus Gold und einem weiteren unbedenklichen Element bestehen und die bezüglich der Farbe und der Korrosionsbeständigkeit sowie der Verarbeitbarkeit möglichst nahe am reinen Gold liegen und gleichzeitig die mechanische Festigkeit besitzen, die von einer Typ 4 Legierung gefordert werden.

[0006] Aus der EP-A-0 190 648 sind Gold-Titan-Legierungen mit 0,1 bis 4 Gew.% Titan bekannt, die als Werkstoff für Schmuckstücke oder Münzen eingesetzt werden. Diese Legierungen sind härter und damit abriebfester als reines Gold. Außerdem zeigen sie eine brillante Goldfarbe.

[0007] Solche Gold-Titanlegierungen sind auch schon für Dentalteile vorgeschlagen worden (Dental Product Report, November 1991).

[0008] Generell ist für Dentallegierungen sicherzustellen, daß zur Erzeugung individueller Gußstücke der Feinguß über das Wachsausschmelzverfahren problemlos funktioniert. Dies bedeutet, daß die Legierung durch das Aufschmelzen und Vergießen nicht gravierend in ihren Eigenschaften verändert werden darf und daß der Guß in eine konventionelle zahntechnische Einbettmasse möglich sein sollte. Außerdem sollten solche Güsse an Luft durchgeführt werden können.

[0009] Titan hat als Legierungsbestandteil im schmelzflüssigen Zustand ein großes Reaktionsvermögen mit den Luftbestandteilen und den Tiegelmaterialien unter Ausbildung von beispielsweise Oxiden, Nitriden oder Carbiden. Dadurch bilden sich während des Aufschmelzens und Vergießens störende Schlackenschichten, die außerdem auch die Zusammensetzung der Legierung und damit deren Eigenschaften verändern.

[0010] In der EP-A-0 190 648 erfolgt das Schmelzen und Vergießen der Legierungsschmelze aus Gold und Titan daher im Vakuum oder unter Schutzgas in Form von Argon. Das Schmelzen erfolgt in einem Keramiktiegel, der Guß in eine Graphitform. Beide Materialien sind allerdings nur verwendbar unter Vakuum oder Argonatmosphäre, falls eine Schlackenbildung vermieden werden soll. An Luft erfolgt eine Schlackenbildung unter Anreicherung des Titangehaltes der Legierung und Unbrauchbarwerden des Keramiktiegels.

[0011] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung von Gußstücken aus Gold-Titan-Legierungen mit 0,1 bis 4 Gew.% Titan, insbesondere für Dental- und Schmuckteile zu entwickeln, durch Aufschmelzen von Portionsstücken der Legierung an der Luft und anschließendes Vergießen, bei dem trotz Anwesenheit von Luft möglichst wenig Schlackenbildung und Anreicherung von Titan erfolgen sollte. Außerdem sollte der Schmelztiegel mehrfach verwendbar sein.

[0012] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß ein Schmelztiegel verwendet wird, bei dem die mit der Legierungsschmelze in Kontakt kommenden Flächen aus Kohlenstoff bestehen.

[0013] Vorzugsweise verwendet man zum Aufschmelzen der Gold-Titan-Legierung einen Graphittiegel. Dabei kann der Graphit einige Prozent eines anderen Materials enthalten.

[0014] Überraschenderweise führt das Schmelzen von Gold-Titan-Legierungen mit 0,1 bis 4 Gew.% Titan in Tiegeln aus Kohlenstoff an der Luft nicht zur Bildung von Titancarbid in störenden Mengen, sondern man erhält nach dem Angießen einwandfreie Gußformstücke mit vorgegebenem Titangehalt der Goldlegierung. Der Schmelztiegel wird hierbei nicht merklich angegriffen und kann daher vielfach wiederverwendet werden.

[0015] Eine weitere Verbesserung beim Aufschmelzen der Gold-Titan-Legierung ergibt sich, wenn die Legierung in möglichst wenig Portionsstücken in den Schmelztiegel eingebracht wird. Anzustreben ist ein möglichst kleines Verhältnis von Oberfläche zu Volumen der einzelnen Portionsstücke. Man setzt daher vorzugsweise Kugeln, Zylinderabschnitte oder Quader als Formstücke ein, wobei die Schmelzenmenge mit höchstens 5 Portionsstücken erreicht sein sollte.

[0016] Die Gußformstücke aus Gold-Titan-Legierungen mit 0,1 bis 4 Gew.% Titan lassen sich mit den handelsüblichen Dentalkeramiken sehr gut verblenden. Durch Variation des Titangehaltes lässt sich auch die Härte der Gußformstücke variieren.

[0017] Folgende Beispiele sollen das erfindungsgemäße Verfahren näher erläutern:

1. 80 g einer Gold-Titan-Legierung mit 1,7 Gew.% Titan werden in Form von handelsüblichen Plättchen in einen Keramiktiegel gegeben. Man benötigt hierzu etwa 50 Legierungsplättchen. Nach dem Aufschmelzen bei 1250o C an der Luft wird nach ca. 30 Sekunden in eine Graphitform abgegossen. Im Tiegel verblieb ein Schlackenrest von etwa 5 Gew.%, der den Ausguß verstopfte. Der Tiegel war stark angegriffen und nicht wiederverwendbar war. Der erstarrte Formkörper besitzt eine Gußhärte von 163 HV. Nach einem simulierten Keramikbrand sinkt die Härte weiter auf 144 HV ab, was auf eine nichtreproduzierbare Titanabreicherung schließen lässt.

2. 80 g einer Gold-Titan-Legierung mit 1,7 Gew.% Titan werden in Form von zwei Zylinderabschnitten von je ca. 4 cm Länge und je 40 g Gewicht in einen Graphit-Tiegel gegeben und analog Beispiel 1 aufgeschmolzen und abgegossen. Im Tiegel verblieb nur ein Schlackenrest von weniger als 1 %, der sich leicht entfernen lässt.



[0018] Der Graphittiegel ist dann wiederverwendbar. Der erstarrte Formkörper besitzt eine Gußhärte von 199 HV, enthält also den vorgegebenen Titangehalt. Nach einem simulierten Keramikbrand steigt die Härte auf 219 HV.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung von Gußformstücken aus Gold-Titan-Legierungen mit 0,1 bis 4 Gew.% Titan, insbesondere für Dental- und Schmuckteile, durch Aufschmelzen von Portionsstücken der Legierung an der Luft und anschließendes Vergießen,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Schmelztiegel verwendet wird, dessen mit der Legierungsschmelze in Kontakt kommende Flächen aus Kohlenstoff bestehen.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß als Schmelztiegel ein Graphit-Tiegel verwendet wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß zum Beschicken des Schmelztiegels Portionsstücke mit einem möglichst kleinen Verhältnis Oberfläche zu Volumen eingesetzt werden und die Zahl der Portionsstücke zum Erreichen der Schmelzenmenge 1 bis 5 beträgt.