(19)
(11) EP 0 718 391 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
26.06.1996  Patentblatt  1996/26

(21) Anmeldenummer: 95118290.6

(22) Anmeldetag:  21.11.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C10B 53/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 22.11.1994 DE 4441423

(71) Anmelder:
  • DBI DEUTSCHES BRENNSTOFFINSTITUT ROHSTOFF & ANLAGENTECHNIK GmbH
    D-09599 Freiberg (DE)
  • Klöckner-Humboldt-Deutz Aktiengesellschaft
    D-51149 Köln (DE)

(72) Erfinder:
  • Eidner, Dieter, Dr.
    D-09599 Freiberg (DE)
  • Mottitschka, Wilhelm
    D-09599 Freiberg (DE)
  • Kadlubowski, Wolfgang
    D-09599 Freiberg (DE)
  • Jungk, Klaus
    D-51143 Köln (DE)

(74) Vertreter: Lorenz, Werner, Dipl.-Ing. 
Lorenz & Gordon, Fasanenstrasse 7
D-89522 Heidenheim
D-89522 Heidenheim (DE)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zur Gewinnung von verwertbarem Gas durch Pyrolyse


(57) Bei einem Verfahren zur Gewinnung von verwertbarem Gas aus Müll durch Pyrolyse wird der zerkleinerte Müll in eine gasdicht abgeschlossene Pyrolysetrommel eingebracht. In der Pyrolysetrommel wird Pyrolysegas erzeugt und vom gleichzeitig gebildeten Pyrolysereststoff abgetrennt. Das erzeugte Pyrolysegas wird in einem Gaswandler unter Zufuhr von Luft und in Gegenwart eines glühenden Koksbettes zu einem Spaltgas gespalten. Die zur Durchführung der Pyrolyse benötigte Wärme wird durch ein Gas in direktem Kontakt mit dem zu pyrolysierenden Gut übertragen. Für für diese Übertragung der Wärme auf das zu pyrolysierende Gas wird ein Teilstrom des aus dem Gaswandler austretenden Spaltgases genutzt.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von verwertbarem Gas aus Müll durch Pyrolyse, wobei der zerkleinerte Müll in eine gasdicht abgeschlossene Pyrolysetrommel eingebracht wird, in der Pyrolysegas erzeugt und vom gleichzeitig gebildeten Pyrolysereststoff abgetrennt wird, und wobei das erzeugte Pyrolysegas in einem Gaswandler unter Zufuhr von Luft und in Gegenwart eines glühenden Koksbettes zu einem Brenngas gespalten wird.

[0002] Die Erfindung betrifft weiterhin auch eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.

[0003] Ein Verfahren und eine Vorrichtung dieser Art ist z.B. in der DE 33 47 554 beschrieben.

[0004] Bei der Pyrolyse von Müll aus Haushaltungen, Gewerbe und Industrie werden in bekannter Weise die in den Abfällen enthaltenen organischen Bestandteile entgast. Das dabei anfallende Pyrolysegas wird in anschließenden Prozessen soweit nachbehandelt, wie es seine Nutzung z.B. Gasmotoren oder Gasturbinen erfordert.

[0005] Zur Pyrolysegaserzeugung dient dabei im allgemeinen eine leicht gegen die Horizontale geneigte Pyrolysetrommel, die um ihre Längsachse rotiert. Die Pyrolysetrommel ist gasdicht ausgeführt und wird durch eine indirekte Beheizung auf einer Temperatur von 450 bis 600 °C gehalten.

[0006] Bei diesen Temperaturen erfolgt unter weitgehendem Ausschluß von Sauerstoff eine vollkommene Pyrolyse auch schwieriger Stoffe. Die übrigbleibenden Reststoffe bestehen aus Asche, Metallen, Glas sowie Pyrolysekoks und bilden den Pyrolysereststoff.

[0007] Das in der Pyrolysetrommel erzeugte Pyrolysegas wird anschließend beispielsweise in einem Gaswandler nach DE 33 17 977 in ein Spaltgas umgewandelt. Im Gaswandler erfolgt an glühendem Koks unter Zuführung von Luft eine Teilverbrennung des Pyrolysegases. Bei den dabei erreichten Temperaturen von 1100 bis 1200 °C findet eine weitgehende Umsetzung langkettiger Kohlenwasserstoffe in Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Methan statt. Die Gasaustrittstemperatur des Gaswandlers ist abhängig von der Reaktionsfähigkeit des eingesetzten Kokses und vom λ-Wert der Teilverbrennung. Für eine weitgehende Spaltung der Kohlenwasserstoffe sind Austrittstemperaturen von 900 bis 950 °C notwendig. Das gebildete Spaltgas wird vor der weiteren Verwertung gekühlt und gereinigt.

[0008] Ein wesentlicher Nachteil dieses bekannten Verfahrens besteht darin, daß die zur Übertragung der für die Pyrolyse benötigten Prozeßwärme dienenden metallischen Wände der Pyrolysetrommel einer hohen Beanspruchung durch Korrosion und Abrasion ausgesetzt sind.

[0009] Bei den für die Übertragung der Prozeßwärme notwendigen Wandtemperaturen von 600 °C liegt Hochtemperaturkorrosion vor und in der Kombination mit der Abrasion durch den Pyrolysereststoff kann es zu einem schnellen Verschleiß dieser metallischen Wände kommen.

[0010] Besonders problematisch wird dieser Verschleiß, wenn die Einsatzstoffe bei der Pyrolyse Chlorwasserstoff bilden. In diesem Fall wird den Einsatzstoffen zur Bindung des Chlorwasserstoffes Kalk zugegeben und es wird mit niedrigeren Pyrolysetemperaturen von ca. 500 °C gearbeitet.

[0011] Trotz dieser Maßnahmen, die vom Gesichtspunkt des eigentlichen Pyrolyseprozesses aus betrachtet unerwünscht sind, müssen diese Wände aus speziellen Materialien und mit einer hohen Wandstärke von über 20 mm gefertigt werden. Ein weiterer Nachteil besteht darin, daß für die übertragung der Prozeßwärme der Pyrolyse große Wärmeübertragungsflächen benötigt werden. Dies bedingt große Trommelabmessungen.

[0012] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Gewinnung von verwertbarem Gas aus Müll durch Pyrolyse und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens zu schaffen, mit dem die Pyrolyse chlorwasserstoffbildender Einsatzstoffe ohne Zusatz von Kalk und ohne Senkung der Pyrolyseendtemperatur möglich ist und die Abmessungen der Pyrolysetrommel wesentlich reduziert werden können.

[0013] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die zur Durchführung der Pyrolyse benötigte Prozeßwärme durch ein Gas in direktem Kontakt mit dem zu pyrolysierenden Gut übertragen wird, und daß für diese Wärmeübertragung auf das zu pyrolysierende Gut ein Teilstrom des im Gaswandler gebildeten Spaltgases genutzt wird.

[0014] In vorteilhafter Weise kann eine zur Förderung des Spaltgases in die Pyrolysetrommel erforderliche Druckerhöhung, z.B. über Injektoren, realisiert werden, wobei die Injektoren in Gaseinleitungsstutzen des Gaswandlers angeordnet sein können und deren Treibmittel entweder Luft zur Teilverbrennung oder Dampf ist.

[0015] Durch den unmittelbaren Kontakt des Spaltgases mit dem zu pyrolysierenden Gut steht dessen gesamte Oberfläche für den Wärmeaustausch zur Verfügung. Damit ist eine wesentliche Reduzierung der Trommelabmessungen bzw. des Trommelvolumens möglich.

[0016] Da die Wandungen der Pyrolysetrommel nicht mehr zur Übertragung der Prozeßwärme dienen, ist ihr Schutz gegen Korrosion und Abrasion durch eine geeignete keramische Auskleidung realisierbar. Weiterhin ergibt diese keramische Innenauskleidung der Pyrolysetrommel eine wesentliche Reduzierung der Temperatur der metallischen Wandung und eine Senkung der Wärmeverluste über diese Wandung.

[0017] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen sind in den Unteransprüchen angegeben.

[0018] Nachfolgend ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der Zeichnung beschrieben aus dem weitere erfindungsgemäße Vorteile hervorgehen.

[0019] Es zeigt:
Fig. 1
ein Fließschema;
Fig. 2
eine vergrößerte Darstellung eines Stutzens mit einem Injektor.


[0020] Der Eintrag des zu pyrolysierenden Gutes erfolgt mittels einer Förderschnecke 1 in eine Pyrolysetrommel 2.

[0021] Dieser Pyrolysetrommel 2 wird an der Stirnseite der Förderschnecke 1 ein als Wärmeträger dienendes heißes Spaltgas vom Gaswandler 5 über eine Spaltgaszuleitung 22 zugeführt. Die Temperatur dieses Gases beträgt ca. 900 °C. In der Pyrolysetrommel 2 wird das zu pyrolysierende Gut durch das heiße Gas auf ca. 550 °C erhitzt und damit pyrolysiert. Das dabei gebildete Pyrolysegas einschließlich des dampfförmigen Pyrolyseöles mischt sich mit dem in der Pyrolysetrommel 2 abgekühlten Spaltgas des Gaswandlers 5 und wird als Gemisch mit gleichfalls ca. 550 °C auf der Austragsseite der Pyrolysetrommel 2 abgeführt.

[0022] Der Austrag des in der Pyrolysetrommel 2 gebildeten Pyrolysekokses erfolgt über eine Austragsschnecke 3. Das aus der Pyrolysetrommel 2 ausströmende Gemisch aus Spaltgas und Pyrolyseprodukten strömt über einen Zyklon 4 zur Entstaubung zu einem Gaswandler 5. Der im Zyklon 4 abgeschiedene Staub wird dem aus der Pyrolysetrommel 2 über eine Austragsleitung 15 ausgetragenem Pyrolysekoks zugegeben. Der Gaswandler 5 ist mit am Umfang gleichmäßig verteilten Gaszuführungsstutzen 6 ausgestattet, denen das zu spaltende Gas, das über eine Pyrolysegaszuleitung 17 von dem Zyklon 4 aus kommt, über eine Ringleitung 7 und davon abzweigende Stichleitungen 18 zugeführt wird. Die Zuführung der Vergasungsluft zu den Stutzen 6 erfolgt von einer Zuleitung 20 aus über eine Ringleitung 8 und davon zu den Stutzen 6 abzweigende Stichleitungen 19. In den Stutzen 6 befinden sich gemäß Fig. 2 Injektoren 9 zur Mischung von Pyrolysegas und Vergasungsluft.

[0023] Als Treibmittel der Injektoren 9 zur Druckerhöhung dient die Vergasungsluft oder auch Dampf, die über eine Treibluftdüse 10 einem Mischrohr 11 des Injektors 9 zugeführt wird. Im Mischrohr 11 und in einem nachgeschalteten Diffusor 12 erfolgt die für die Kreislaufführung des Spaltgases erforderliche Druckerhöhung.

[0024] Am Kopf des Gaswandlers 5 strömt das durch Umsetzung der Pyrolyseprodukte gebildete heiße Spaltgas nach dessen Teilverbrennung und Crackung in eine Spaltgasleitung 16 aus. Ist die Temperatur dieses Spaltgases ausreichend hoch, so kann es der Pyrolysetrommel 2 direkt zugeführt werden. Ist dies nicht der Fall, so kann durch Zugabe von Luft über eine Luftleitung 21 in einer dem Gaswandler 5 nachgeschalteten Brennkammer 13 eine weitere Temperaturerhöhung realisiert werden.

[0025] Das überschüssige Spaltgas wird aus der Spaltgasleitung 16 abgezweigt und einer schematisch angedeuteten Spaltgasreinigung und Spaltgasnutzung 14 zugeführt.


Ansprüche

1. Verfahren zur Gewinnung von verwertbarem Gas aus Müll durch Pyrolyse, wobei der zerkleinerte Müll in eine gasdicht abgeschlossene Pyrolysetrommel (2) eingebracht wird, in der Pyrolysegas erzeugt und vom gleichzeitig gebildeten Pyrolysereststoff abgetrennt wird, und wobei das erzeugte Pyrolysegas in einem Gaswandler (5) unter Zufuhr von Luft und in Gegenwart eines glühenden Koksbettes zu einem Spaltgas gespalten wird,
dadurch gekennzeichnet, daß die zur Durchführung der Pyrolyse benötigte Wärme durch ein Gas in direktem Kontakt mit dem zu pyrolysierenden Gut übertragen wird, und daß für diese Übertragung der Wärme auf das zu pyrolysierende Gas ein Teilstrom des aus dem Gaswandler (5) austretenden Spaltgases genutzt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß zwischen Gaswandler (5) und Pyrolysetrommel (2) zur Temperaturerhöhung eine Teilverbrennung von Spaltgas mit Luft durchgeführt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß zur Förderung des Spaltgases zurück in die Pyrolysetrommel (2) eine Druckerhöhung vorgenommen wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, daß das zur Rückführung wenigstens eines Teilstromes des aus dem Gaswandler (5) austretenden Spaltgases benötigte Druckgefälle zwischen Gaswandler (5) und Pyrolysetrommel (2) durch Anhebung des Druckes des Pyrolysegases vor Eintritt in den Gaswandler (5) realisiert wird, wobei als Treibmittel zur Druckerhöhung die zur Teilverbrennung in dem Gaswandler (5) benötigte Luft oder Dampf verwendet wird.
 
5. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 4 mit einer Pyrolysetrommel (2) und einem dieser nachgeschalteten Gaswandler (5) zur Erzeugung von Spaltgas,
dadurch gekennzeichnet, daß von dem Gaswandler (5) eine Spaltgasleitung (22) zum Eingangsbereich der Pyrolysetrommel (2) zurückgeführt ist.
 
6. Vorrichtung nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet, daß in dem Spaltgaskreislauf eine Druckerhöhungseinrichtung (6,9) angeordnet ist.
 
7. Vorrichtung nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet, daß die Druckerhöhungseinrichtung Gaszuführungsstutzen (6) mit Injektoren (9) aufweist, die an dem Gaswandler (5) angeordnet sind.
 
8. Vorrichtung nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet, daß mehrere Gaszuführungsstutzen (6) mit Injektoren (9) am Gaswandler (5) verteilt an dessen Umfang angeordnet sind, wobei die Gaszuführungsstutzen (6) über Stichleitungen (18) mit einer Ringleitung (7) verbunden sind, die über eine Pyrolysegaszuleitung (17) mit der Pyrolysetrommel (2) verbunden ist.
 
9. Vorrichtung nach Anspruch 7 oder 8,
dadurch gekennzeichnet, daß in die Injektoren (9) Stichleitungen (19) zur Verbrennungsluftzuführung münden.
 
10. Vorrichtung nach Anspruch 6 bis 9,
dadurch gekennzeichnet, daß in der Spaltgasrückleitung (22) eine Brennkammer (13) angeordnet ist.
 




Zeichnung