(19)
(11) EP 0 723 022 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
24.07.1996  Patentblatt  1996/30

(21) Anmeldenummer: 95108737.8

(22) Anmeldetag:  07.06.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C21C 5/28, C22B 9/05, C21C 7/072
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE DE ES FR GB IT LU

(30) Priorität: 23.01.1995 DE 19501871

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
D-65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Veranneman, Georg
    D-82049 Pullach (DE)

(74) Vertreter: Kasseckert, Rainer 
Linde Aktiengesellschaft, Zentrale Patentabteilung
D-82049 Höllriegelskreuth
D-82049 Höllriegelskreuth (DE)

   


(54) Verfahren zum Behandeln von Metallschmelzen mit einem unter Umgebungstemperatur abgekühlten Behandlungsgas


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Behandeln von Metallschmelzen mit einem Behandlungsgas, insbesondere zum Behandeln von Eisenschmelzen mit Sauerstoff (Frischen), durch Auf- oder Einblasen des Behandlungsgases. Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß ein erheblich unter die Umgebungstemperatur abgekühltes Behandlungsgas auf die Schmelze auf- oder in die Schmelze eingeblasen wird.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Behandeln von Metallschmelzen mit einem Behandlungsgas, insbesondere zum Behandeln von Eisenschmelzen mit Sauerstoff (Frischen), bei dem das Behandlungsgas eine geeignete Zeitdauer auf die Schmelze auf- bzw. in die Schmelze eingeblasen wird.

[0002] Durch das sogenannte Frischen wird kohlenstoffreiches Roheisen in kohlenstoffarmen Stahl umgewandelt. Dies gelingt bekanntermaßen durch das Auf- oder Einblasen von sauerstoffhaltigem Gas oder etwa auch CO2 auf bzw. in eine Roheisenschmelze (Ullmanns Encyklopadie der techn. Chemie, Band 3, 4.Aufl. S. 401, 1973; DE-PS 19 04 442; EP-PA 005 506-1978). Nach dem Frischen erfolgt häufig eine Weiterbehandlung der erhaltenen Schmelze, die oftmals wiederum in einer Zu- oder einleitung bestimmter Gase zur oder in die Schmelze besteht (DE-PS 972 263). Ebenso sind über das Frischen hinaus weitere Behandlungen von Schmelzen mit Behandlungsgasen bekannt, z.B. dehydrierende Behandlungen (DE-AS 11 85 635) und Legieren mit Stickstoff.

[0003] Die Aufgabenstellung der vorliegenden Erfindung bestand darin, die Effektivität der angesprochenen Behandlungsverfahren für Schmelzen und insbesondere der Stahl-Frischverfahren auf möglichst einfache Weise zu erhöhen.

[0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß ein erheblich unter die Umgebungstemperatur abgekühltes Behandlungsgas auf die Schmelze auf- oder in die Schmelze eingeblasen wird.

[0005] Durch die Anwendung des jeweiligen Blasmediums als Kaltgas wird - wie festgestellt wurde - die Ablaufgeschwindigkeit des jeweils zugehörigen Prozesses im allgemeinen erhöht. Dies liegt vor allem in der sich aufgrund der Abkühlung ergebenden, erhöhten, verfügbaren Stoffmenge pro Volumeneinheit, also in der erhöhten Dichte des Blasmediums begründet. Beispielsweise hat Sauerstoffgas bei 10 bar Druck und Normaltemperatur eine Dichte von ca. 14 kg/cbm auf, während es bei gleichem Druck und bei - -150°C etwa 40 kg/cbm aufweist, also etwa die dreifache Stoffmenge beinhaltet.

[0006] Als weiterer Vorteil beim erfindungsgemäßen Vorschlag erweist sich die Kühlwirkung der eingesetzten Kaltgase auf die zuführenden Bauteile wie Blaslanzen, Zufuhrkanäle und Zufuhrdüsen, da diese gewöhnlich einer von der Schmelze herrührenden, hohen Hitzebelastung ausgesetzt sind. Die Lebensdauer dieser Elemente wird erhöht.

[0007] Besonders vorteilhaft ist eine Ausgestaltung der Erfindung derart, daß - im Falle des Einsatzes von extrem tief siedenden Gasen (z.B. O2, N2, Ar, He) als Behandlungsgas - Gastemperaturen von unterhalb -100 °C zur Anwendung kommen. In diesem Temperaturbereich kommen die erfindungsgemäßen Effekte erst besonders ausgeprägt zur Wirkung. Im Falle von Kohlendioxid - Verflüssigungspunkt bei 10 bar ist -40°C - und anderen, vom Verflüssigungspunkt vergleichbar liegenden Medien (z.B. Kohlenwasserstoffgase) können lediglich entsprechend höher liegende Temperatureinstellungen (etwa -25 bis -80°C) zur Anwendung kommen. Hierbei kann die Kaltgasbereitstellung auch noch mittels entprechenden Kältemaschinen und geeigneten Wärmetauschsystemen bewerkstelligt werden.

[0008] Die tiefkalte Abkühlung von entsprechenden Behandlungsgasen, insbesondere diejenige von Frischsauerstoffgas, auf Temperaturen von unterhalb -100 °C wird jedoch vorteilhaft durch indirekten Wämetausch mit relativ preisgünstig zur Verfügung stehenden, tiefkalten Flüssiggasen (N2, Ar oder O2 selbst) erzielt, wobei mit großem Vorteil jeweils dasjenige Flüssiggas als Kühlmittel angewandt wird, dessen gasförmige Form gerade als Behandlungsgas oder als Behandlungsgasbestandteil zum Einsatz kommt. Auf diese Weise wird eine Doppelnutzung eines notwendigen Mediums erzielt und es entfällt die Notwendigkeit eines tiefkalten Flüssiggases, das lediglich als Kühlmittel dient.

[0009] Bei einer erfindungsgemäß ausgeführten Schmelzebehandlung werden bevorzugt die üblichen Einrichtungen (Lanzen, Ventile) am Konverter selbst zur Behandlungsdurchführung eingesetzt, wodurch ein einfacher Anlagenaufbau gewahrt bleibt. Lediglich die vorgeschaltete Gasbereitstellung ist gemäß dem Erfindungsgedanken ausgestaltet und besteht in einer Anlage, die gekennzeichnet ist durch
  • einen Flüssiggasspeichertank, der über eine Flüssiggasleitung mit einer, aus einem Behälter mit innenliegendem Wärmetauscher bestehenden, Wärmetauscheinheit (4) verbunden ist,
  • einen Pegelstandsregler für Flüssiggas am Behälter der Wärmetauscheinheit,
  • einem am Behälter der Wärmetauscheinheit kopfseitig angeschlossenen Druckregler,
  • eine Zuleitung, die den innenliegenden Wärmetauscher mit einer Gasquelle verbindet,
  • einen Druckregler, der sich in dieser Gaszuleitung befindet
sowie einer Verbindungsleitung vom innenliegenden Wärmetauscher zur Lanze.

[0010] Im folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels und in Verbindung mit den Figuren näher erläutert. Es zeigt:
Figur 1
eine erfindungsgemäße Anlage zum Frischen von Eisen in einem Aufblaskonverter unter Verwendung von tiefkaltem Sauerstoffgas;
Figur 2
einen Ausschnitt aus der Dampfdruckkurve von Sauerstoff.


[0011] Die in Figur 1 gezeigte, besonders günstig ausgebidete O2-Kaltgasversorgungsanlage weist einen Flüssigsauerstofftank 1 auf, der über eine dort bodenseitig angeschlossene Verbindungsleitung 2 mit einer Wärmetauscheinheit 4, bestehend aus einem Behälter mit innenliegender Rohrschlange 7, verbunden ist. In der Verbindungsleitung 2 ist ein Ventil 3 zur Schaltung des Flüssigsauerstoffzuflusses vom Speichertank 1 zur Wärmetauscheinheit 4 angeordnet. Das Ventil 3 steht mit einem am Behälter der Wärmetauscheinheit 4 befindlichen Pegelstandsmesser 5 in Verbindung und beide Elemente, also Ventil 3 und Pegelstandsmesser 5, halten den Pegel des Flüssigsauerstoffs in der Wärmetauscheinheit 4 auf einem gewünschten Niveau.

[0012] Am oberhalb des Flüssigkeitspegels befindlichen Gehäuseteil der Wärmetauscheinheit 4 ist ein Druckregler 6 angeschlossen, der den Druck in der Wärmetauscheinheit 4 regelt. Das bei Überdruck aus der Wärmetauscheinheit abzuführende Gas wird der Rohrschlange 7 zugeführt, wozu eine Verbindungsleitung 9 zwischen dem Druckregler 6 und der Rohrschlange 7 vorgesehen ist. Die Rohrschlange 7 wird über eine Zuleitung 10 mit gasförmigem (!) Sauerstoff versorgt, wobei ein in dieser Zuleitung angeordneter Druckregler 8 einen im Vergleich zum Druck in der Wärmetauscheinheit 4 niedrigeren Basisdruck pB einzustellen hat. Das über die Leitung 10 zugeführte Sauerstoffgas kann gemäß gezeigtem Anlagenschema unterschiedlicher Herkunft sein; es kann entweder ebenfalls aus dem Speicherbehälter 1 entnommen und mittels eines Verdampfers 11 in den gasförmigen Zustand gebracht worden sein oder es kann auch aus einer sonstigen Sauerstoffquelle - beispielsweise einem adsorptiven oder permeativen Luftzerleger - stammen.

[0013] Zur weiteren Verdeutlichung der gezeigten Kaltgasversorgung werden im folgenden Zahlenbeispiele vorgestellt, wobei die als Figur 2 beigefügte Dampfdruckkurve von Sauerstoff weitere Informationen liefert.

[0014] Besteht also beispielsweise die Zielsetzung darin, ein Sauerstoff auf einem Druckniveau von etwa 2 bar bereitzustellen, so resultiert, daß in der Rohrschlange 7 mittels des Druckreglers 8 ein Druck von 2 bar aufrechtzuerhalten ist, welcher dem oben bereits angesprochenen Basisdruck pB entspricht. Bei 2 bar liegt der Verflüssigungspunkt von Sauerstoff bei einer Temperatur von 97 K (-176°C). Eine geeignete Druckeinstellung für die Wärmetauschereinheit 4 besteht, ausgehend von dem genannten Basisdruck pB in einem 1 bis ca. 20 bar höheren Druck p2, also beispielsweise in einer Druckeinstellung von 12 bar. Diese Druckeinstellung wird mittels des kopfseitig an der Wärmetauscheinheit 4 angeschlossenen Druckreglers 6 vorgenommen.

[0015] Die Verflüssigungs- bzw. Siedetemperatur von Sauerstoff bei 12 bar Druck liegt höher als bei 2 bar, nämlich bei 123 K (-150 °C - siehe Punkt B in Figur 2). Daraus folgt, daß das Temperaturniveau in der Wärmetauschereinheit 4 so ist, daß keine Verflüssigung des 2-bar-Verbrauchsgases in der Rohrschlange 7 auch bei einem zeitweise auf Null sinkenden Gasverbrauch eintreten kann (siehe Punkt C in Fig. 2). Die Verflüssigungstemperatur von Sauerstoff bei 2 bar Druck beträgt - wie bereits ausgeführt - 97 K, und es kann bei dieser Einstellung der Wärmetauscheinheit 7 also lediglich eine Behandlungsgastemperatur von 123 K (-150°C) erreicht werden (123 K ist die Kühlgrenze bei 12 bar).

[0016] Vergleicht man damit die naheliegenste Ausgestaltung einer derartigen Kaltgasbereitstellung, nämlich daß das Verbrauchsgas auf dem Druckniveau p1 des Speicherbehälters 1 bereitgestellt wird, also beispielsweise mit etwa 14 bar, so läge die Verflüssigungstemperatur des Sauerstoffs bei 125 K und das so bereitgestellte Verbrauchsgas könnte bei einer Wärmetauschertemperatur von 123 K also kondensiert und somit eine Betriebsstörung verursacht werden. Dies wird mit der gezeigten Anlage und den genannten Maßgaben relativ einfach und vorteilhaft vermieden.

[0017] Mit der beschriebenen Anlage ist es ferner problemlos möglich, auch andere, deutlich höher liegende Verbrauchsgasdrücke anzubieten, so lange nur der Verbrauchsgas- und somit Basisgasdruck wenigstens 0,5 bar, vorzugsweise 1 bis 3 bar, unterhalb der Druckeinstellung in der Wärmetauschereinheit 4 - also dem Druck p2 - verbleibt. Es ist im oben geschilderten Beispiel also ohne weiteres möglich, Verbrauchsgas mit ca. 10 bar anzubieten. Bei 10 bar weist Sauerstoff eine Verflüssigungstemperatur von 120 K auf und kann daher bei einer Wärmetauschereinstellung von 12 bar und einer daraus folgenden Temperatureinstellung der Wärmetauscheinheit 4 von 123 K völlig betriebssicher geliefert werden (siehe Punkt A in Figur 2).

[0018] Zum Frischen einer typischen Roheisenschmelze wird nun in einer vorteilhaften, erfindungsgemäßen Verfahrensvariante ein auf -150°C abgekühltes, mit 10 bar Druck bereitgestelltes Sauerstoffgas angewandt und auf das im Konverter K befindliche Roheisen mit der Lanze L aufgeblasen. Alternativ ist selbstverständlich auch ein Einblasen der Sauerstoffgases in die Eisenschmelze mit einer entsprechenden Unterbadlanze möglich. Bei Verwendung üblicher Lanzen und Düsenquerschnitte wird bei gleichem Druck die geförderte Masse an Sauerstoff um etwa 50% erhöht (die Stoffmenge pro Volumen wird erhöht, während sich die Flußgeschwindigkeit bei Kaltgas im gleichen Querschnitt etwas verringert). Mit diesen Maßgaben ist - nach vorliegenden Erfahrungen - die Frischzeit bis auf etwa 2/3 der üblichen Frischzeit verkürzbar, wobei sich ein etwas erhöhter, jedoch im Rahmen bekannter Größenordnungen befindlicher Sauerstoffbedarf pro Tonne Stahl ergibt (ca. 60 Normalkubikmeter pro Tonne).

[0019] Aufgrund des relativ einfachen und ohne wesentlichen Zusatzaufwand zum üblichen auskommenden Anlagenaufbaus und aufgrund der Tatsache, daß kein Bedarf an einem zusätzlichen Kühlmittel besteht, ist das vorgeschlagene Verfahren eine problemlose und offenkundig vorteilhafte Alternative zu bekannten Verfahren.


Ansprüche

1. Verfahren zum Behandeln von Metallschmelzen mit einem Behandlungsgas, insbesondere zum Behandeln von Eisenschmelzen mit Sauerstoff (Frischen), durch geeignet andauerndes Auf- oder Einblasen des Behandlungsgases, dadurch gekennzeichnet, daß ein erheblich unter die Umgebungstemperatur abgekühltes Behandlungsgas auf die Schmelze auf- oder in die Schmelze eingeblasen wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß - im Falle der Anwendung von extrem tief siedenden Gasen (z.B. O2, N2, Ar, He) als Behandlungsgas - Behandlungsgastemperaturen von unterhalb -100 °C eingestellt werden.
 
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Abkühlung des Behandlungsgases durch indirekten Wämetausch mit einem tiefkalten Flüssiggas erzielt wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Abkühlung des Behandlungsgases durch indirekten Wämetausch mit seiner eigenen Flüssigphase erreicht wird.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Abkühlung des Behandlungsgases durch Eindüsen seiner tiefkalten Flüssigphase in einen Behandlungsgasstrom erzielt wird.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß am Behandlungsgefäß selbst die üblichen Einrichtungen (Lanzen, Ventile) zur Behandlungsdurchführung eingesetzt und diese mit Kaltgas versorgt werden.
 
7. Vorrichtung zur Behandlung von Metallschmelzen mit Gas mit einer, in ein entsprechendes Behandlungsgefäß führenden Lanze, gekennzeichnet durch

- einen Flüssiggasspeichertank (1),der über eine Flüssiggasleitung mit einer, aus einem Behälter mit innenliegendem Wärmetauscher (7) bestehenden, Wärmetauscheinheit (4) verbunden ist,

- einen Pegelstandsregler (5) für Flüssiggas am Behälter der Wärmetauscheinheit,

- einem am Behälter der Wärmetauscheinheit kopfseitig angeschlossenen Druckregler,

- eine Gaszuleitung (10), die den innenliegenden Wärmetauscher mit einer Gasquelle verbindet,

- einen Druckregler (8), der sich in dieser Gaszuleitung befindet

sowie einer Verbindungsleitung vom Wärmetauscher (7) zur Lanze (L).
 
8. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Druckregler (6) an der Wärmetauscheinheit (4) auf einen höheren Druck als der Druckregler (8) in der Gaszuleitung (10) eingestellt ist.
 
9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Gaszuleitung (10) mit dem Flüssiggasspeichertank (1) verbunden ist, wobei in der Verbindung ein Verdampfer (11) angeordnet ist.
 
10. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Ausgangsseite des Druckreglers (6) an der Wärmetauscheinheit mit dem Wärmetauscher (7) verbunden ist.
 




Zeichnung







Recherchenbericht