[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Umformen eines plattenförmigen Bauteils,
nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
[0002] Zur Herstellung von räumlich gekrümmten Bauteilen aus gehärtetem, metallischem Material,
etwa von Tankbodensegmenten für ein Raumfahrzeug, ist es bekannt, einen ebenen, plattenförmigen
Bauteilzuschnitt gleichzeitig mit der Warmhärtung in der Weise umzuformen, daß der
Zuschnitt an einer der herzustellenden Bauteilkontur entsprechend gekrümmten Formschale
festgespannt und während des Warmhärtzyklus einer äußeren Druckeinwirkung ausgesetzt
wird, die unter Berücksichtigung der Warmhärttemperatur so gewählt wird, daß die Kriechfestigkeit
des Werkstoffs überschritten wird, so daß sich der Zuschnitt im Laufe der Warmauslagerung
an die Kontur der Formschale anpaßt. Bei diesem sog. Age-Creep-Forming zeigen sich
jedoch nach der Umformung starke Rückfederungseffekte, die vor allem bei großflächigen
Zuschnitten zu erheblichen Abweichungen der erzielten Bauteilgeometrie von der Kontur
der Formschale führen, und ferner betsteht bei Bauteilen geringer Wandstärke die Gefahr
örtlicher Faltenbildungen, zu deren Abhilfe das Bauteil über das konstruktiv erforderliche
Ausmaß hinaus aufgedickt werden muß, was unter dem Gesichtspunkt einer material- und
gewichtssparenden Bauweise insbesondere für Baukomponenten der Luft- oder Raumfahrt
ein gravierender Nachteil ist. Hinzu kommt, daß auch die Werkstoffeigenschaften, etwa
die mechanische Festigkeit und die Streckgrenze des so gefertigten Bauteils unter
den für den Werkstoff an sich erzielbaren Höchstwerten liegen.
[0003] Als alternatives Herstellungsverfahren für Bauteile dieser Art ist das Kugelstrahlumformen
bekannt, bei dem ein Bauteilzuschnitt in gehärtetem Zustand mit relativ geringem Fertigungsmittelaufwand
weitgehend konturgenau ohne die erwähnten, fertigungstechnischen Schwierigkeiten des
Age-Creep-Forming in eine räumlich gekrümmte Form gebracht wird. Nachteilig ist jedoch
auch hier, daß die Werkstoffeigenschaften des fertiggestellten Bauteils, nämlich inbesondere
die Restdehnfähigkeit, hinter den für den gewählten Werkstoff an sich erreichbaren
Werten zurückbleiben.
[0004] Aufgabe der Erfindung ist es, das Fertigungsverfahren der eingangs genannten Art
so auszubilden, daß die mechanischen Werkstoffeigenschaften des umgeformten und gehärteten
Bauteils auf herstellungsmäßig einfache Weise verbessert werden.
[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch das im Patentanspruch 1 angegebene Verfahren
gelöst.
[0006] Aufbauend auf der Erkenntnis, daß sich die Restdehnung eines schlagkörperumgeformten,
warmgehärteten Bauteils signifikant erhöht und Festigkeitsschwankungen im Bauteil
weitgehend verringert werden, wenn das Bauteil in noch ungehärtetem Zustand schlagkörperumgeformt
und dann unter der Wirkung eines Kriecheffekte im Werkstoff auslösenden Außendrucks
warmausgelagert wird, wird erfindungsgemäß durch die beanspruchte Kombination von
Schlagkörperumformung und Warmhärtung mit gleichzeitiger Druckbeaufschlagung des Werkstückzuschnitts
ein qualitativ hochwertiges Bauteil mit gegenüber jedem der eingangs geschilderten
Fertigungsverfahren deutlich verbesserten Werkstoffeigenschaften erhalten, so daß
sich selbst großflächige, räumlich gekrümmte Bauteile aus metallischen, warmhärtenden
Materialien, etwa Nichteisen-Metallegierungen, wie sie in der Luft- oder Raumfahrt
Verwendung finden, unter hochgradiger Materialausnutzung auf fertigungstechnisch einfache
Weise gewichtssparend, konturgenau und kostengünstig herstellen lassen.
[0007] In besonders bevorzugter Ausgestaltung werden bei der Warmauslagerung nach Anspruch
2 die Warmhärttemperatur bis zu etwa 12 % und die Warmhärtzeit bis zu etwa 20 % unterhalb
der für den unverformten Werkstoff definierten Werte gehalten. Gestützt auf die Feststellung,
daß sich der maximale Härtungseffekt der Warmauslagerung aufgrund der vorhergehenden
Schlagkörperumformung in Richtung geringerer Warmhärttemperaturen und -Zeiten verschiebt,
werden hierdurch die mechanischen Bauteileigenschaften und insbesondere die Werkstoffestigkeit
weiter verbessert.
[0008] Im Hinblick auf eine erhöhte Konturgenauigkeit wird das schlagkörperumgeformte Bauteil
gemäß Anspruch 3 in besonders bevorzugter Weise während der Warmauslagerung in einer
vollflächigen Werkzeugschale mit einer der endgültigen Bauteil-Kontur entsprechenden
Formfläche druckbeaufschlagt, so daß das umgeformte Bauteil während des durch die
Druck- und Temperatureinwirkung beim Warmhärten erzeugten Kriechprozesses formstabil
gehalten wird und nach der Schlagkörperumformung im Bauteil möglicherweise noch verbliebene
Konturungenauigkeiten und zu Rückfederungen führende Eigenspannungen auf einfache
Weise selbsttätig ausgeglichen werden.
[0009] Um auch für Bauteile, die nur einseitig glattflächig gekrümmt, auf der gegenüberliegenden
Bauteilseite aber ungleichförmig profiliert, also etwa stufenförmig aufgedickt sind,
mit geringem Fertigungsmittelaufwand eine gleichförmige Flächenpressung im Preßwerkzeug
sicherzustellen, wird der Formraum des Preßwerkzeugs auf der der Formfläche abgewandten
Bauteilseite gemäß Anspruch 4 zweckmäßigerweise durch eine flexible, während der Warmauslagerung
von außen druckmittelbeaufschlagte Begrenzungswand dichtend verschlossen, wobei die
Druckmittelbeaufschlagung und Warmauslagerung vorzugsweise in einem Autoklaven erfolgt
und der Formraum zwischen flexibler Begrenzungswand und Formfläche gemäß Anspruch
5 im Hinblick auf eine erhöhte Bauteilkompression evakuiert wird.
[0010] Die Erfindung wird nunmehr anhand eines Ausführungsbeispieles in Verbindung mit den
Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen in stark schematisierter Darstellung:
- Fig. 1
- einen ebenen, plattenförmigen Bauteil-Zuschnitt im nicht umgeformten Zustand;
- Fig. 2
- das Bauteil nach der Kugelstrahlumformung in eine räumlich gekrümmte Kontur;
- Fig. 3
- das Bauteil während der Warmauslagerung und Druckbeaufschlagung in einem Preßwerkzeug
und
- Fig. 4
- einen Ausschnitt des Preßwerkzeugs gemäß Fig. 3 im vergrößerten Maßstab.
[0011] Anhand der Fig. wird die Herstellung eines sphärisch gekrümmten Bodensegments für
die Tankböden des Treibstofftanks eines Raumfahrzeugs beschrieben. Gemäß Fig. 1 wird
zunächst aus einer ebenen Metallplatte, z.B. aus einer schweißbaren Aluminium-Kupfer-Legierung
mit einem 6 %-igen Kupferanteil, ein kreissektorförmiger Zuschnitt 2 hergestellt und
entsprechend dem geforderten Wanddickenverlauf des Tankbodensegments spanabhebend
bearbeitet, so daß stufenförmige Aufdickungen 4 erhöhter Wandstärke stehenbleiben.
[0012] Anschließend wird der Bauteilzuschnitt 2 auf die in der DE 38 42 064 C2 beschriebene
Weise, auf die hiermit vollinhaltlich Bezug genommen wird, im Wege der Kugelstrahlumformung
dergestalt kaltumgeformt, daß er zumindest annähernd mit der sphärisch gekrümmten
Endkontur des herzustellenden Tankbodensegments 6 übereinstimmt (Fig. 2).
[0013] Das so umgeformte Bauteil 6 wird dann in ein Preßwerkzeug 8 (Fig. 3) eingelegt, welches
eine starre Formschale 10, z.B. aus Carbonfaserverbundwerkstoff mit einer der Bauteil-Endkontur
entsprechend sphärisch gekrümmten Formfläche 12 enthält. Auf der mit den Aufdickungen
4 versehenen Innenseite wird das Bauteil 6 unter Zwischenlage eines luftdurchlässigen
Sauggewebes 14 durch eine flexible Vakuumfolie 16 abgedeckt, welche am Rand durch
eine Dichtmasse 18 druckdicht mit der Formschale 10 verbunden wird, woraufhin das
Preßwerkzeug 8 mit dem im Formraum zwischen Formfläche 12 und Vakuumfolie 16 eingeschlossenen
Bauteil 4 in einen - nicht gezeigten - Autoklaven eingebracht und dort warmausgelagert
wird, wobei die Warmhärttemperatur um etwa 12 % und die Warmhärtzeit um etwa 20 %
unter den für den unverformten Werkstoff geltenden Werten gehalten werden. Gleichzeitig
mit der Warmaushärtung wird der Formraum evakuiert und der Autoklavendruck auf einem
so hohen Niveau gehalten, daß der Bauteil-Werkstoff zum Kriechen gebracht wird.
[0014] Nach Beendigung des Warmhärtzyklus ist das Bauteil 6 fertiggestellt und kann mit
weiteren, auf gleiche Weise gefertigten Bauteilen zu einem halbkugelförmigen Tankboden
eines Treibstofftanks für ein Raumfahrzeug zusammengeschweißt werden.
[0015] Bei einem konkreten Ausführungsbeispiel der Erfindung wurde ein kreisringsektorförmiger,
ebener Bauteilzuschnitt 2 aus dem oben erwähnten Werkstoff mit einer Radiallänge von
2500 mm und einer Breite von 2100 mm hergestellt und spanabhebend auf eine Wandstärke
von 1,3 mm mit örtlichen Aufdickungen bis zu 4,5 mm gebracht. Durch die Kugelstrahlumformung
wurde das Bauteil in eine zweiachsig gekrümmte Form (Krümmungsradius R
1 etwa 3000 mm und Krümmungsradius R
2 etwa 2700 mm) gebracht. Die Warmauslagerung im Preßwerkzeug 8 erfolgte bei einem
Autoklavendruck von 5 bar mit einer Aufheizrate von 30° C/h und einer Haltezeit von
14 Stunden bei 160° C. Dabei wurden alle noch vorhandenen Konturungenauigkeiten beseitigt.
Anhand von Proben wurde festgestellt, daß die Werkstoffeigenschaften gegenüber einem
gleichartigen, kugelstrahlumgeformten, jedoch ohne Kriechprozeß warmgehärteten Bauteil
entscheidend verbessert werden konnten und die geforderten Sollwerte überschritten
wurden. Die Hauptvorteile lagen in einer höheren Restdehnung und mechanischen Festigkeit
sowie einer Verringerung der Streuung der Werkstoffeigenschaften innerhalb der Bauteilflächen
und dem fast restlosen Abbau von Eigenspannungen.
1. Verfahren mm Umformen eines plattenförmigen Bauteils aus einem elastisch und plastisch
umformbaren, durch Warmauslagerung härtbaren, insbesondere metallischen Werkstoff,
bei dem das Bauteil in eine räumlich gekrümmte Form schlagkörper-, insbesondere kugelstrahlumgeformt
wird,
dadurch gekennzeichnet, daß
das Bauteil vor der Warmauslagerung schlagkörperumgeformt und während der Warmauslagerung
einer äußeren, die Kriechfestigkeit des Werkstoffs übersteigenden Druckeinwirkung
ausgesetzt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß
die Warmhärttemperatur und -zeit der Warmauslagerung unterhalb der für den unverformten
Werkstoff definierten Werte gehalten werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß
das schlagkörperverformte Bauteil während der Warmauslagerung in einem Preßwerkzeug
mit einer der endgültigen Bauteil-Kontur entsprechenden Formfläche vollflächig druckbeaufschlagt
wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, daß
der Formraum des Preßwerkzeugs auf der der Formfläche abgewandten Bauteilseite durch
eine flexible, während der Warmauslagerung von außen druckmittelbeaufschlagte Begrenzungswand
dichtend abgeschlossen wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet, daß
der Formraum zwischen flexibler Begrenzungswand und Formfläche des Preßwerkzeugs während
der äußeren Druckmittelbeaufschlagung und Warmauslagerung des Bauteils evakuiert wird.