[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Verbund aus gewebten Leitungen, insbesondere
elektrischen Leitungen.
[0002] In der flexiblen Verdrahtung haben sich im wesentlichen zwei Tendenzen herauskristallisiert.
Ist zwischen zwei Endstellen eine hohe parallele Datenübertragungsrate erforderlich,
kommen in aller Regel Kabelbänder unterschiedlichster Herstellung zum Einsatz, wobei
der hohe Organisationsgrad der Leitungen im Band zu deutlich besseren elektrischen
Eigenschaften führt, als sie in Kabelbündeln zu erwarten sind. Auch die Harmonie zum
Stecker oder Verbinder ist wesentlich höher als beim Kabelbündel. Standardisierungen
und neue Konstruktionen, wie Schneid-Klemm-Kontakte usw. haben hier zur Vereinfachung
und Zeiteinsparung bei der Steckeranbindung geführt. Besonders in der On-Board-, Board-
zu Board-, Board- zu Chassis- und Chassis- zu Chassis-Verkabelung läßt sich diese
Variante wiederfinden.
[0003] Dabei ist diese Variante der elektrischen Verbindung auf den Anschluß von nur zwei
Punkten begrenzt. Eine Trennung oder Verzweigung von einzelnen Leitern zwecks Verbindung
mehrerer Anschlußpunkte ist ohne mechanische Zerstörung des Verbundes nicht möglich.
[0004] Außerdem sind die meisten Kabelbänder aufgrund ihrer Herstellungsweise auf bestimmte
Aderzahlen (3, 5, 10, 20, ...), auf eine einheitliche Größe und Beschaffenheit der
Adern, auf ein einheitliches Isoliermaterials, sowie niedrige Querschnitte und somit
niedrige Ströme begrenzt. Die Leitungen werden in einer gemeinsamen, durch Stege getrennten
Isolierung aus vorzugsweise laminierten oder extrudierten PVC eingebettet.
[0005] Im Gegensatz dazu steht das Kabelbündel oder der Kabelbaum. Wo immer ein komplexes,
vielverzweigtes elektrisches Verbindungssystem erforderlich ist, kommt ein auf konventionelle
Weise hergestellter Kabelbaum zum Einsatz. Sein größter Vorteil besteht in der Verwendung
aller nur denkbaren Materialien und Querschnitte zur Übertragung elektrischer Ströme
sowie seiner theoretisch uneingeschränkten Verzweigbarkeit. Bisher ist kein anderes
Verbindungssystem bekannt, daß auch nur annähernd die Individualität eines konventionell
hergestellten Kabelbaums erreicht. Dieser immense Vorteil ist jedoch nur aufgrund
extrem niedriger Produktionseffektivität möglich, denn die Herstellung ist zum Großteil
manuell und nur zu geringen Anteilen maschinell oder gar automatisiert. Das unorganisierte
Layout führt zu niedrigen elektrischen Gebrauchseigenschaften oder verlangt den Einsatz
spezieller und teuerer Leiter. Zeitsparende Steckeranbindungen, wie die Verwendung
von Schneid-Klemm-Kontakten sind bei dieser Herstellungsweise ausgeschlossen. Aufwendig
sind auch die notwendigen Prüfungen auf vollständige, richtige und kurzschlußfreie
Verlegung innerhalb des Kabelbaums.
[0006] Moderne Kabelverlegemaschinen teilautomatisieren den Prozeß der Kabelbaumherstellung,
beschränken sich dabei jedoch auf Zuschnitt und Verlegen der Leiter sowie auf das
Aufbringen von Markierungen und sind auch in der Verwendung von Materialien, vor allem
aber deren Querschnitte, eingeschränkt. Für die Herstellung von kleinen und mittleren
Serien ist deren Einsatz uneffektiv.
[0007] Aus der DE 32 35 968 A1 ist eine Bandleitung mit mehreren, in eine gemeinsame Isolierung
eingebettete elektrische Leitern bekannt, bei der durch zweifaches Umschlagen an bestimmten
Stellen des Bandes und Abisolieren der äußeren umgeschlagenen Enden Herausführungen
zwecks Kontaktierung realisiert werden. Die sich dadurch ergebenden Möglichkeiten
einer Verdrahtung sind jedoch äußerst begrenzt und erfüllen nicht die Anforderungen
an eine beliebige Konfigurierbarkeit einzelner Zu- und Ableitungen.
[0008] In der EP 0246 115 A2 wird die Herstellung gewebter kontinuierlicher Kabelbänder
unter Verwendung zusätzlicher polymerer Fasern für eine bessere Steckeranbindung an
insbesondere Schneid-Klemm-Kontakte beschrieben. Für eine Vielverzweigung elektrischer
Leitungen ist dieses Verfahren nicht verwendbar.
[0009] In der US 3 197 555 wird eine Möglichkeit beschrieben, blanke Flachbandleiter in
eine Webkette zu integrieren und zu einem Flachbandkabel zu verweben, indem diese
blanken Leiter mittels eines nichtleitenden Schußmaterials und unter hoher Schußdichte
gegeneinander isoliert werden. Das fertige Erzeugnis ist ein gewebtes Flachbandkabel
mit einer Anzahl von eingewebten Leitern, die sämtlich von Anfang bis zum Ende parallel
zueinander durchgeführt sind. In einem Folgearbeitsgang können durch nachträgliches
Aufschneiden und Herausziehen der Schußfäden in Teilbereichen des Kabelbandes, also
durch partielles Zerstören des Gewebes, alle blanken Leiter wieder freigelegt werden
und mittels einer Crimpzange Kontaktierungsnasen für Crimpverbindungen herausgebogen
werden. Es ist klar, daß so nur Kontaktstellen geschaffen werden können. Erst von
der Crimp-Verbinderleiste aus können dann individuell Leitungen zu- oder abgeführt
werden.
[0010] Ferner ist aus der US 4 746 769 zu entnehmen, daß Leiter in getrennten Weblagen untergebracht
sein können, wobei die Lagen über Stege untereinander verwebt und in Wiederholung
des Webrapports sich kreuzend angeordnet sind. Die Lagen mit den eingewebten Leitern
können anschließend so separiert werden, daß sie entsprechend dieser Ebenen nicht
mehr miteinander verbunden sind. Dies geschieht durch nachträgliches Zerschneiden,
also wiederum durch Zerstören des Gewebes und Entfernen der Verbindungsstege in Folgearbeitsgängen.
Die Zertrennung bewirkt stets die Selektion und den Zerfall aller in einer Ebene untergebrachten
Signalleiter über die gesamte Breite des gewebten Kabelverbundes von einer weiteren
Ebene an dieser Trennstelle.
[0011] Aus der US 3 654 381 ist schließlich auch schon ein Flachbandkabel bekannt, in das
auch andere als elektrische Leiter eingewebt sind. Individuell gestaltbare Zu- und/oder
Abführungen von Leitern sind auch hier nicht vorhanden.
[0012] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die hohen Gebrauchseigenschaften von gewebten
Kabelbändern mit der Flexibilität und Universalität von Kabelbäumen zu verbinden und
gleichzeitig die Automatisierbarkeit der Herstellung sowie die Gebrauchseigenschaften
zu verbessern.
[0013] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch das im Anspruch 1 angegebene Merkmal gelöst.
Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Ansprüchen 2 bis 7
angegeben.
[0014] Gewebte Leitungsverbunde bieten die Möglichkeit, verschiedene Materialarten und somit
auch flexible Leitungen für verschiedene Medien problemlos zu verarbeiten und zu kombinieren.
Es können elektrische Leiter, wie Polytetrafluorethylen- (PTFE-) Kabel, Mittelstromleitungen,
Signalleitungen, Doppeladern, Koaxialkabel, aber auch flexible Röhren und Schläuche
aus Kunststoff, Lichtleiterkabel, mechanische Verstärkungen, wie Stahlseile dünner
Querschnitte oder Kunststoffasern und -seile aus Kevlar oder ähnlichem Material und
textile Materialien aus natürlichen oder künstlichen Fasern miteinander verwebt oder
in ein Basisgewebe eingewebt werden.
[0015] Dadurch ergeben sich mannigfache Vorteile gegenüber konventionellen Bändern und Kabelbäumen.
Bei Einsatz von PTFE-Isolierungen erreicht man zunächst eine Temperaturbeständigkeit
in tiefen und hohen Temperaturbereichen und eine hohe Feuerresistenz. Weiter erzielt
man eine höhere Packungsdichte der nebeneinanderliegenden Leitungen. Alle gewünschten
Farbkombinationen sind herstellbar. Die Leitungen sind über die gesamte Länge des
Bandes in einem fest definierten Layout organisiert und ein willkürliches Layout ist
ausgeschlossen. Elektrische Leiter können physikalisch gruppiert und voneinander getrennte
werden, um z.B. Leitungsübersprechungen zu vermeiden. Problemlos sind Formübergänge
von flach zu rund und umgekehrt möglich. Diese Leitungsverbunde zeichnen sich durch
eine hohe Biegewechselverträglichkeit und gute Verformbarkeit aus, da kein kontinuierlicher
Materialschluß zwischen den Adern besteht und sich benachbarte Adern im Gewebe frei
gegeneinander verschieben könne. Dies führt unter anderem zu einer besseren Standfestigkeit
und zu einer längeren Lebensdauer. Da eine bessere Wärmeableitung als in konventionellen
Flachkabeln oder Kabelbündeln möglich ist, können bei gleichem Querschnitt der Leiter
höhere Ströme übertragen werden. Das Anschließen der Leitungsenden an elektrische
Verbinder ist problemlos möglich. Mit z.B. einem elektrischen Kabel können weitere
Medienleitungen geführt werden, beispielsweise Glasfaserleitungen oder Kunststoffschläuche.
Gewebte Kabelverbunde bieten die Möglichkeit, ein oder mehrere Massekabel zwischen
einzelne Signalleitungen zwecks Cross-Talk-Reduzierung zu integrieren.
[0016] Bei Verweben unter Zuhilfenahme eines Trägergewebes erschließen sich weitere Anwendungsmöglichkeiten.
Es können z.B. mehrere Leitungsverbunde hintereinander oder parallel auf Abstand gerätegerecht
auf einem Basisgewebe vorkonfektioniert und fixiert werden oder Einzelleitungen können
ein Trägergewebe kreuzen und an den Kreuzungsstellen eingewebt sein. Auch kann im
Basisgewebe ein Mittelstreifen frei bleiben, etwa um eine Befestigung des Kabels zu
erleichtern. Werden anstelle von Adern natürliche oder künstliche Materialien in das
Basisgewebe eingewebt, können hochgenaue Abstände der Adern untereinander realisiert
werden, was z.B. für den Anschluß an Schneid-Klemm-Kontakte (IDC-Stecker) Bedeutung
hat. Durch die maschinenorientierte Herstellung, z.B. Herstellung auf einer programmgesteuerten
Schaftwebmaschine, wird nicht nur die Fertigungszeit drastisch gesenkt, es wird auch
ausgeschlossen, daß einzelne Leitungen "vergessen" werden oder in einer unerwünschten
Position liegen. Damit kann eine aufwendige Nachkontrolle des fertigen Erzeugnisses
entfallen. Außer ebenen Kabelverbunden können ebenso im Röhren- oder C-Webverfahren
dreidimensionale Stränge gewebt werden, aus denen Leitungen zu- oder abgeführt werden.
[0017] Durch die erfindungsgemäß unmittelbar im Webprozeß an beliebiger Stelle in beliebiger
Anzahl und beliebiger Länge zugeführten oder abgeführten Leitungen, sogenannter Breakouts,
kann ein Layout geschaffen werden, daß einen konventionell gebundenen Kabelbaum voll
substituiert und qualitativ weit übertrifft. Eine programmierte Schaftsteuerung ermöglicht
dabei eine beliebige Wiederholbarkeit in bisher unbekannter Zuverlässigkeit und Produktivität.
Alle einem gewebten Kabelband zuzusprechenden positiven Eigenschaften bleiben erhalten,
ohne daß Abstriche an der Universalität eines bisher größtenteils manuell gelegten
und verbundenen Kabelbaums gemacht werden müßten.
[0018] Die Erfindung soll anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert werden.
[0019] In der zugehörigen Zeichnung zeigt
- Fig. 1:
- Einen unter Verwendung eines Basisgewebes erfindungsgemäß hergestellten Leitungsverbund,
- Fig. 2:
- Verschiedene Kettschnitte durch den Leitungsverbund nach Fig. 1.
[0020] Mit 1 in Fig. 1 ist ein planes Textilgewebe bezeichnet, daß im Beispiel als Basisgewebe
dient. Es wird im Prozeß der Herstellung des Leitungsverbunds mittels Schaftwebens
aus Kett- und Schußfäden hergestellt, im Beispiel erfolgt nach jeder Ketthebung oder
Kettsenkung ein Schuß. Fig. 2 zeigt den Kettschnitt bei A-A. Die Kettfäden 12 sind
geschnitten, weshalb sie sich rund darstellen, der erste Schußfaden 11 ist als Schlangenlinie
zu sehen.
[0021] Im weiteren Verlauf werden an frei definierbaren Stellen vermittels einer Schaftsteuerung
zusätzlich zu den Kettfäden flexible elektrische Leitungen 2 eingewebt. Die elektrischen
Leitungen 2 stellen also völlig oder teilweise, kombiniert mit natürlichen oder künstlichen
Fäden, die Kette dar. Zum Zeitpunkt x1 wird die erste elektrische Leitung 2 zugeführt.
Der Kettschnitt bei B-B unterscheidet sich insoweit vom Kettschnitt A-A, als an einer
Stelle zu dem Kettfaden 12 diese elektrische Leitung 2 als zusätzlicher Bestandteil
der Kette eingewebt ist. Hierfür ist ein besonderer Schaft vorgesehen, dessen Bewegung
programmgesteuert abläuft.
[0022] Bei dem Kettschnitt C-C sind im Beispiel vier elektrische Leitungen 2 zusätzlich
eingewebt. Beim Kettschnitt D-D sind noch zwei elektrische Leitungen 2 eingewebt und
der Kettschnitt E-E entspricht wieder dem Bindungsrapport beim Schnitt A-A.
[0023] Das Herausführen der elektrischen Leitungen 2 erfolgt in der Weise, daß an der jeweils
vorgesehenen Stelle der Schaft mit mindestens einer elektrischen Leitung 2 für x (mit
x>1) Schuß oder Doppelschuß in seiner oberen oder unteren Stellung verweilt, so daß
die in diesem Schaft eingelesene/n elektrischen Leitung/en 2 nicht in das entstehende
Gewebe eingewebt werden kann/können. Die so "aufgelegte" elektrische Leitung 2 kann
nach der Fertigstellung des Leitungsverbundes an der nicht eingewebten Stelle einer
elektrischen Anschlußstelle zugeführt werden.
[0024] Einzelne elektrische Leitungen, die den Leitungsverbund orthogonal kreuzen sollen,
können in entsprechender Länge während einer Unterbrechung des Webvorganges quer zur
Kette in das Vorderfach der Kette eingelegt und anschließend eingewebt werden. In
Fig. 1 ist bei x5 eine solche den Leitungsverbund kreuzende elektrische Leitung 3
gezeigt.
[0025] Sind einem Leitungsverbund mehr als zwei Zu- und Abführungen zugeordnet, ist dem
Layout der Kette (Anordnung der elektrischen Leitungen 2 nebeneinander in der Kette)
ein besonderes Layout zuzuweisen, das dadurch gekennzeichnet ist, daß zwischen zwei
benachbarten elektrischen Leitungen 2 mindestens zwei natürliche oder künstliche Fasern
12a, 12b verwebt werden, die ein Basisgewebe 1 bilden, das die Stabilität des Leitungsverbundes
über seine gesamte Länge aufrechterhält, auch wenn alle elektrischen Leitungen 2 aus
dem Gewebeverbund abgeführt sind. Dabei sind die Fäden 12a, 12b in zwei Schäfte einzulesen,
in denen sich keine elektrischen Leitungen 2, die an irgendeiner Stelle des Leitungsverbundes
während des Webprozesses zu- oder abgeführt werden, befinden. Von den zwischen zwei
elektrischen Leitungen 2 befindlichen Fäden 12 muß die Hälfte der Fäden 12a in den
einen, die andere Hälfte der Fäden 12b in den zweiten Schaft eingelesen werden. Der
Webrapport beträgt dabei 1/1.
1. Gewebter Leitungsverbund mit mehreren, parallel zueinander verlaufenden, flexiblen
Einzelleitungen, dadurch gekennzeichnet, daß über seine gesamte Länge mindestens eine Zu- und/oder Abführung mindestens einer
Leitung (2) eingewebt ist.
2. Gewebter Leitungsverbund nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Verbund aus webtechnisch hergestellten Teilstücken besteht, die nach einzelner
Herstellung miteinander verbunden sind.
3. Gewebter Leitungsverbund nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Leitungsverbund mit einem Basisgewebe (1) verwebt ist.
4. Gewebter Leitungsverbund nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Leitungen (2) elektrische, photoelektrische, pneumatische, hydraulische und/oder
weitere signalübertragende Medien führen und medienrein oder gemischt verwebt sind.
5. Gewebter Leitungsverbund nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mindesten eine den Leitungsverbund kreuzende Leitung (3) eingewebt ist.
6. Gewebter Leitungsverbund nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Leitungsverbund durch Röhren- bzw. C-Weben hergestellt ist.
7. Gewebter Leitungsverbund nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch die Verwendung einer Schaftwebmaschine mit steuerbaren Schäften zu seiner Herstellung.