(19)
(11) EP 0 731 278 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.09.1996  Patentblatt  1996/37

(21) Anmeldenummer: 96101951.0

(22) Anmeldetag:  10.02.1996
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F04D 19/04, F04D 29/58
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 10.03.1995 DE 19508566

(71) Anmelder: Balzers-Pfeiffer GmbH
35614 Asslar (DE)

(72) Erfinder:
  • Conrad, Armin
    D-35745 Herborn-Hörbach (DE)

   


(54) Molekularvakuumpumpe mit Kühlgaseinrichtung


(57) Die Erfindung betrifft eine Molekularvakuumpumpe, bei welcher der Rotor durch die Zuführung von Kühlgas gekühlt wird. Als Kühlgas wird ein Gas mit großer Wärmeleitfähigkeit und geringer innerer Reibung verwendet. Die zugeführte Menge ist so bemessen, daß sie einerseits den Pumpprozess nicht stört und andererseits eine optimale Kühlung bewirkt. Der Einlaß (12,13,14) kann auf der Hochvakuumseite, auf der Vorvakuumseite oder über eine Zwischenposition erfolgen.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Molekularvakuumpumpe mit Kühlgaseinrichtung und ein Verfahren zu deren Betrieb.

[0002] Molekularvakuumpumpen der verschiedensten Bauart werden zur Förderung von Gasen und zur Erzeugung von Vakuum eingesetzt. Der Arbeitsbereich, in welchem Molekularvakuumpumpen sinnvoll genutzt werden können, reicht vom molekularen Strömungsgebiet, d.h. dem Druckbereich, in welchem die mittlere freie Weglänge der Gasmoleküle groß ist gegenüber den geometrischen Abmessungen der Pumpe bis hin zum laminaren Strömungsbereich, den Bereich, in weichem die mittlere freie Weglänge der Gasmoleküle klein ist gegenüber den geometrischen Abmessungen der Pumpe. In diesem Bereich kann das Gas als ein Kontinnum betrachtet werden. Die Eigenschaften, welche für den Pumpvorgang und die Konstruktion der Pumpe von besonderer Wichtigkeit sind, sind die innere Reibung und die Wärmeleitfähigkeit der Gase.

[0003] Molekularvakuumpumpen werden in Form von Turbomolekularpumpen [1] besonders in der Hoch- und Ultrahochvakuumtechnik eingesetzt. Molekularvakuumpumpen nach der Bauart von Siegbahn [2] oder derjenigen von Holweck [3] sind für den Einsatz in dem nach oben anschließenden Druckbereich geeignet. Sie können sowohl separat als auch in Kombination mit Turbomolekularpumpen verwendet werden. Dadurch wird der Arbeitsbereich von Turbomolekularpumpen nach höheren Ausstoßdrücken hin verschoben.

[0004] Wesentlich für die Funktion von Molekularpumpen jeglicher Art ist, daß der Abstand zwischen rotierenden und stehenden Bauteilen sehr gering ist, um Rückströmungen und Rückförderverluste klein zu halten. Weiterhin ist allen Molekularpumpen gemeinsam, daß ihr Druckverhältnis exponentiell und ihr Saugvermögen linear von der Umfangsgeschwindigkeit der rotierenden Teile abhängt. Daher werden diese Pumpen mit hoher Drehzahl betrieben. Unter diesen Umständen ist es sehr kritisch, die minimalen Spalte zwischen Rotor und Stator einzuhalten. Hierbei spielt die thermische Ausdehnung des Rotors während des Betriebes eine entscheidende Rolle. Die Erwärmung des Rotors und auch der Statorteile hat verschiedene Ursachen wie z.B. Verluste durch Reibung und Kompression des zu pumpenden Gases, Wirbelstromverluste in der Antriebseinheit, Reibungsverluste in Kugellagern oder Wirbelstromverluste bei Magnetlagern, Einwirkung äußerer Magnetfelder je nach Einsatzgebiet.

[0005] Während die Temperatur der mit dem Gehäuse fest verbundenen Statorteile durch Luft oder Wasserkühlung unter Kontrolle gehalten werden kann, gilt dies für den Rotor nicht. Dieser ist in idealer Weise thermisch von den Statorteilen isoliert. Je nach Art der Lagerung schwebt er völlig berührungslos in einer Magnetlagerung oder hat nur eine minimale Berührung mit den Statorteilen über Kugellager. Der Betrieb im Vakuum verhindert eine Wärmeübertragung durch Konvektion. Es bleibt fast nur ein Temperaturausgleich durch Wärmestrahlung. Dieser ist jedoch unzureichend und läßt eine zuverlässige Kontrolle der Temperatur des Rotors nicht zu.

[0006] Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, eine Molekularpumpe und ein Verfahren zu deren Betrieb vorzustellen, bei der die Möglichkeit zu einer effektiven Kühlung, insbesondere des Rotors vorgesehen ist.

[0007] Die Aufgabe wird durch die kennzeichnenden Merkmale des ersten Patentanspruches gelöst. Die Ansprüche 2 bis 8 stellen weitere Ausgestaltungen der Erfindung dar.

[0008] Ein Gas niedrigerer Temperatur zur Kühlung der Pumpe und insbesondere zur Wärmeübertragung vom Rotor zum Stator in eine Molekularpumpe einzulassen, ist deswegen besonders effektiv, weil sich Rotor- und Statorteile jeweils großflächig und mit engen Abständen gegenüberstehen. Um jedoch den Pumpvorgang so wenig wie möglich zu stören, sollte die eingelassene Gasmenge klein gegen die Menge des zu pumpenden Gases sein. Daraus ergibt sich die Forderung nach einer umso höheren Wärmeleitfähigkeit des Kühlgases.

[0009] Da das eingelassene Kühlgas von dem Pumpvorgang miterfaßt und sowohl gefördert als auch komprimiert wird, muß andererseits vermieden werden, daß die dadurch bedingte zusätzliche Reibung wieder eine merkliche Temperaturerhöhung mit sich bringt. Dies erfordert, daß die innere Reibung des Kühlgases klein ist gegenüber der inneren Reibung des zu pumpenden Gases.

[0010] Zur Berücksichtigung der beiden letztgenannten Forderungen werden die Abhängigkeiten für Wärmeleitfähigkeit λ und der inneren Reibung η von dem Molekulargewicht M betrachtet. Dabei gilt, daß λ proportional

und η proportional √M ist. Daraus folgt, daß mit abnehmendem Molekulargewicht die Wärmeleitfähigkeit zunimmt, und die innere Reibung abnimmt. Daher sind Gase mit niedrigem Molekulargewicht wie z.B. Helium als Kühlgas besonders geeignet. Dies umso mehr, als im allgemeinen mit Molekularvakuumpumpen Gase mit höherem Molekulargewicht gefördert werden.

[0011] Die Menge des eingelassenen Kühlgases sollte so bemessen sein, daß ein Maximum an Wärme transportiert werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn das laminare Strömungsgebiet erreicht ist. Die Wärmeleitfähigkeit steigt vom molekularen Strömungsgebiet bis zum laminaren Strömungsgebiet mit dem Druck an und bleibt dann druckunabhängig. Das laminare Strömungsgebiet ist dadurch gekennzeichnet, daß die mittlere freie Weglänge der Moleküle klein ist gegenüber den geometrischen Abmessungen der Gefäßwände. Das bedeutet z.B. bei Abständen zwischen Rotor- und Statorscbeiben von ca. 1 mm einen Arbeitsdruck des Kühlgases von ca. 0,1 mbar.

[0012] Die Zuführung des Kühlgases kann in Abhängigkeit der Eigenschaften der Pumpe und des Pumpprozesses an verschiedenen Stellen der Molekularvakuumpumpe erfolgen. Ein Einlaß auf der Hochvakuumseite bringt den Vorteil mit sich, daß in diesem Fall die maximale Anzahl von sich gegenüberstehenden Stator- und Rotorflächen von dem Kühlgas umspült werden und so der größtmögliche Kühleffekt eintritt. Dabei muß aber berücksichtigt werden, daß der Pumpprozess nicht wesentlich beeinträchtigt werden darf. Bei Verwendung eines Kühlgases mit niedrigem Molekulargewicht, für welches gemäß den charakteristischen Eigenschaften einer Molekularpumpe das Druckverhältnis besonders klein ist, kann ein Einlaß auf der Hochvakuumseite nur dann sinnvoll sein, wenn die Pumpe selbst eine ausgesprochen hohe Kompression aufweist.

[0013] Diese Verhältnisse wirken sich weniger kritisch aus, wenn das Kühlgas auf der Vorvakuumseite eingelassen wird. Man hat dann zwar weniger sich gegenüberstehende Flächen für den Wärmeaustausch zur Verfügung, dafür aber wird das Gas in einem Druckbereich eingelassen, in welchem die Wärmeleitfähigkeit schon ihren maximalen Wert erreicht hat. Dabei kann man sich noch den Vorteil zunutze machen, daß an dieser Stelle oft schon ein Spülgasanschluß vorhanden ist. Das Kühlgas kann dann dem Spülgas beigemengt werden. Durch einen Einlaß von Kühlgas zwischen den vorgenannten Positionen können je nach Pumpentyp oder Art des Pumpprozesses die genannten Vorteile ausgenutzt und Nachteile vermieden werden.

[0014] Die erfindungsgemäße Einrichtung und das entsprechende Verfahren ermöglicht es, den Rotor einer Molekularpumpe in Abhängigkeit von den Eigenschaften der Pumpe und dem Pumpprozess so zu kühlen, daß selbst bei extremen Anwendungsfällen die Temperatur unter dem höchst zulässigen Wert bleibt.

[0015] An Hand der beigefügten Abbildung soll die Erfindung beispielsweise näher erläutert werden.

[0016] Die Molekularvakuumpumpe stellt als Beispiel eine Kombination aus einer Turbomolekularpumpe 1 mit Rotorscheiben 2 und Statorscheiben 3 und einer Molekularpumpe nach der Bauart von Holweck 4 mit rotierenden 5 und stehenden 6 Teilen. Beide Teile der Pumpe besitzen einen gemeinsamen Antrieb 7 und gemeinsame Lager 8 und 9. Die Hochvakuumseite ist mit dem Anschlußflansch 10 versehen. Die Gasaustrittsöffnung befindet sich bei 11. Die Anschlüsse für den Kühlgaseinlaß sind je nach Ausführungsform wahlweise bei 12, 13 oder 14 vorgesehen. Die Anschlüsse 13 und 14 können gleichzeitig als Spülgas-Einlaß dienen. Die Zuführung des Kühlgases auf der Hochvakuumseite kann anstatt über den Anschluß 12 auch über den Anschlußflansch 10 erfolgen.

Literatur:



[0017] 

[1] W. Becker, Vakuumtechnik 15 (1966)

[2] M. Siegbahn, Arch. Math. Astr. Fys. 30 B (1943)

[3] M. Holweck, Comptes rendus 177 (1923), 43




Ansprüche

1. Molekularvakuumpumpe zur Förderung von Gasen und zur Erzeugung und Aufrechterhaltung eines Druckverhältnisses und Verfahren zum Betrieb der Molekularvakuumpumpe, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen dem Ansaugflansch (10) und der Gasaustrittsöffnung (11) ein zusätzlicher Gaseinlaß (12, 13 oder 14) vorhanden ist, und daß zur Kühlung der Pumpe, insbesondere des Rotors über diesen Gaseinlaß dem Pumpenraum ein Kühlgas zugeführt wird, dessen Wärmeleitfähigkeit groß ist gegenüber der Wärmeleitfähigkeit des zu komprimierenden Gases.
 
2. Molekularvakuumpumpe und Verfahren zu deren Betrieb nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die innere Reibung des Kühlgases klein ist gegenüber der inneren Reibung des zu pumpenden Gases.
 
3. Molekularvakuumpumpe und Verfahren zu deren Betrieb nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein Kühlgas verwendet wird, dessen Molekulargewicht niedriger ist als das Molekulargewicht des zu pumpenden Gases.
 
4. Molekularvakuumpumpe und Verfahren zu deren Betrieb nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Menge des eingelassenen Kühlgases so bemessen ist, daß bei gegebener Geometrie und bei gegebenem Druck zur Erreichung der maximalen Wärmeleitfähigkeit der Bereich erreicht wird, in dem die Wärmeleitfähigkeit mit dem Druck konstant bleibt.
 
5. Molekularvakuumpumpe nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß der zusätzliche Gaseinlaß (12) sich auf der Hochvakuumseite der Pumpe befindet.
 
6. Molekularvakuumpumpe nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß der zusätzliche Gaseinlaß (14) sich auf der Vorvakuumseite der Pumpe befindet.
 
7. Molekularvakuumpumpe nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß ein auf der Vorvakuumseite sich befindender Spülgaseinlaß (14) gleichzeitig als Kühlgaseinlaß verwendet wird.
 
8. Molekularvakuumpumpe nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß der zusätzliche Gaseinlaß (13) sich zwischen Hochvakuumseite und Vorvakuumseite befindet.
 




Zeichnung







Recherchenbericht