[0001] Die Erfindung betrifft eine Molekularvakuumpumpe mit Kühlgaseinrichtung und ein Verfahren
zu deren Betrieb.
[0002] Molekularvakuumpumpen der verschiedensten Bauart werden zur Förderung von Gasen und
zur Erzeugung von Vakuum eingesetzt. Der Arbeitsbereich, in welchem Molekularvakuumpumpen
sinnvoll genutzt werden können, reicht vom molekularen Strömungsgebiet, d.h. dem Druckbereich,
in welchem die mittlere freie Weglänge der Gasmoleküle groß ist gegenüber den geometrischen
Abmessungen der Pumpe bis hin zum laminaren Strömungsbereich, den Bereich, in weichem
die mittlere freie Weglänge der Gasmoleküle klein ist gegenüber den geometrischen
Abmessungen der Pumpe. In diesem Bereich kann das Gas als ein Kontinnum betrachtet
werden. Die Eigenschaften, welche für den Pumpvorgang und die Konstruktion der Pumpe
von besonderer Wichtigkeit sind, sind die innere Reibung und die Wärmeleitfähigkeit
der Gase.
[0003] Molekularvakuumpumpen werden in Form von Turbomolekularpumpen [1] besonders in der
Hoch- und Ultrahochvakuumtechnik eingesetzt. Molekularvakuumpumpen nach der Bauart
von Siegbahn [2] oder derjenigen von Holweck [3] sind für den Einsatz in dem nach
oben anschließenden Druckbereich geeignet. Sie können sowohl separat als auch in Kombination
mit Turbomolekularpumpen verwendet werden. Dadurch wird der Arbeitsbereich von Turbomolekularpumpen
nach höheren Ausstoßdrücken hin verschoben.
[0004] Wesentlich für die Funktion von Molekularpumpen jeglicher Art ist, daß der Abstand
zwischen rotierenden und stehenden Bauteilen sehr gering ist, um Rückströmungen und
Rückförderverluste klein zu halten. Weiterhin ist allen Molekularpumpen gemeinsam,
daß ihr Druckverhältnis exponentiell und ihr Saugvermögen linear von der Umfangsgeschwindigkeit
der rotierenden Teile abhängt. Daher werden diese Pumpen mit hoher Drehzahl betrieben.
Unter diesen Umständen ist es sehr kritisch, die minimalen Spalte zwischen Rotor und
Stator einzuhalten. Hierbei spielt die thermische Ausdehnung des Rotors während des
Betriebes eine entscheidende Rolle. Die Erwärmung des Rotors und auch der Statorteile
hat verschiedene Ursachen wie z.B. Verluste durch Reibung und Kompression des zu pumpenden
Gases, Wirbelstromverluste in der Antriebseinheit, Reibungsverluste in Kugellagern
oder Wirbelstromverluste bei Magnetlagern, Einwirkung äußerer Magnetfelder je nach
Einsatzgebiet.
[0005] Während die Temperatur der mit dem Gehäuse fest verbundenen Statorteile durch Luft
oder Wasserkühlung unter Kontrolle gehalten werden kann, gilt dies für den Rotor nicht.
Dieser ist in idealer Weise thermisch von den Statorteilen isoliert. Je nach Art der
Lagerung schwebt er völlig berührungslos in einer Magnetlagerung oder hat nur eine
minimale Berührung mit den Statorteilen über Kugellager. Der Betrieb im Vakuum verhindert
eine Wärmeübertragung durch Konvektion. Es bleibt fast nur ein Temperaturausgleich
durch Wärmestrahlung. Dieser ist jedoch unzureichend und läßt eine zuverlässige Kontrolle
der Temperatur des Rotors nicht zu.
[0006] Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, eine Molekularpumpe und ein Verfahren zu
deren Betrieb vorzustellen, bei der die Möglichkeit zu einer effektiven Kühlung, insbesondere
des Rotors vorgesehen ist.
[0007] Die Aufgabe wird durch die kennzeichnenden Merkmale des ersten Patentanspruches gelöst.
Die Ansprüche 2 bis 8 stellen weitere Ausgestaltungen der Erfindung dar.
[0008] Ein Gas niedrigerer Temperatur zur Kühlung der Pumpe und insbesondere zur Wärmeübertragung
vom Rotor zum Stator in eine Molekularpumpe einzulassen, ist deswegen besonders effektiv,
weil sich Rotor- und Statorteile jeweils großflächig und mit engen Abständen gegenüberstehen.
Um jedoch den Pumpvorgang so wenig wie möglich zu stören, sollte die eingelassene
Gasmenge klein gegen die Menge des zu pumpenden Gases sein. Daraus ergibt sich die
Forderung nach einer umso höheren Wärmeleitfähigkeit des Kühlgases.
[0009] Da das eingelassene Kühlgas von dem Pumpvorgang miterfaßt und sowohl gefördert als
auch komprimiert wird, muß andererseits vermieden werden, daß die dadurch bedingte
zusätzliche Reibung wieder eine merkliche Temperaturerhöhung mit sich bringt. Dies
erfordert, daß die innere Reibung des Kühlgases klein ist gegenüber der inneren Reibung
des zu pumpenden Gases.
[0010] Zur Berücksichtigung der beiden letztgenannten Forderungen werden die Abhängigkeiten
für Wärmeleitfähigkeit λ und der inneren Reibung η von dem Molekulargewicht M betrachtet.
Dabei gilt, daß λ proportional

und η proportional √M ist. Daraus folgt, daß mit abnehmendem Molekulargewicht die
Wärmeleitfähigkeit zunimmt, und die innere Reibung abnimmt. Daher sind Gase mit niedrigem
Molekulargewicht wie z.B. Helium als Kühlgas besonders geeignet. Dies umso mehr, als
im allgemeinen mit Molekularvakuumpumpen Gase mit höherem Molekulargewicht gefördert
werden.
[0011] Die Menge des eingelassenen Kühlgases sollte so bemessen sein, daß ein Maximum an
Wärme transportiert werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn das laminare Strömungsgebiet
erreicht ist. Die Wärmeleitfähigkeit steigt vom molekularen Strömungsgebiet bis zum
laminaren Strömungsgebiet mit dem Druck an und bleibt dann druckunabhängig. Das laminare
Strömungsgebiet ist dadurch gekennzeichnet, daß die mittlere freie Weglänge der Moleküle
klein ist gegenüber den geometrischen Abmessungen der Gefäßwände. Das bedeutet z.B.
bei Abständen zwischen Rotor- und Statorscbeiben von ca. 1 mm einen Arbeitsdruck des
Kühlgases von ca. 0,1 mbar.
[0012] Die Zuführung des Kühlgases kann in Abhängigkeit der Eigenschaften der Pumpe und
des Pumpprozesses an verschiedenen Stellen der Molekularvakuumpumpe erfolgen. Ein
Einlaß auf der Hochvakuumseite bringt den Vorteil mit sich, daß in diesem Fall die
maximale Anzahl von sich gegenüberstehenden Stator- und Rotorflächen von dem Kühlgas
umspült werden und so der größtmögliche Kühleffekt eintritt. Dabei muß aber berücksichtigt
werden, daß der Pumpprozess nicht wesentlich beeinträchtigt werden darf. Bei Verwendung
eines Kühlgases mit niedrigem Molekulargewicht, für welches gemäß den charakteristischen
Eigenschaften einer Molekularpumpe das Druckverhältnis besonders klein ist, kann ein
Einlaß auf der Hochvakuumseite nur dann sinnvoll sein, wenn die Pumpe selbst eine
ausgesprochen hohe Kompression aufweist.
[0013] Diese Verhältnisse wirken sich weniger kritisch aus, wenn das Kühlgas auf der Vorvakuumseite
eingelassen wird. Man hat dann zwar weniger sich gegenüberstehende Flächen für den
Wärmeaustausch zur Verfügung, dafür aber wird das Gas in einem Druckbereich eingelassen,
in welchem die Wärmeleitfähigkeit schon ihren maximalen Wert erreicht hat. Dabei kann
man sich noch den Vorteil zunutze machen, daß an dieser Stelle oft schon ein Spülgasanschluß
vorhanden ist. Das Kühlgas kann dann dem Spülgas beigemengt werden. Durch einen Einlaß
von Kühlgas zwischen den vorgenannten Positionen können je nach Pumpentyp oder Art
des Pumpprozesses die genannten Vorteile ausgenutzt und Nachteile vermieden werden.
[0014] Die erfindungsgemäße Einrichtung und das entsprechende Verfahren ermöglicht es, den
Rotor einer Molekularpumpe in Abhängigkeit von den Eigenschaften der Pumpe und dem
Pumpprozess so zu kühlen, daß selbst bei extremen Anwendungsfällen die Temperatur
unter dem höchst zulässigen Wert bleibt.
[0015] An Hand der beigefügten Abbildung soll die Erfindung beispielsweise näher erläutert
werden.
[0016] Die Molekularvakuumpumpe stellt als Beispiel eine Kombination aus einer Turbomolekularpumpe
1 mit Rotorscheiben 2 und Statorscheiben 3 und einer Molekularpumpe nach der Bauart
von Holweck 4 mit rotierenden 5 und stehenden 6 Teilen. Beide Teile der Pumpe besitzen
einen gemeinsamen Antrieb 7 und gemeinsame Lager 8 und 9. Die Hochvakuumseite ist
mit dem Anschlußflansch 10 versehen. Die Gasaustrittsöffnung befindet sich bei 11.
Die Anschlüsse für den Kühlgaseinlaß sind je nach Ausführungsform wahlweise bei 12,
13 oder 14 vorgesehen. Die Anschlüsse 13 und 14 können gleichzeitig als Spülgas-Einlaß
dienen. Die Zuführung des Kühlgases auf der Hochvakuumseite kann anstatt über den
Anschluß 12 auch über den Anschlußflansch 10 erfolgen.
Literatur:
[0017]
[1] W. Becker, Vakuumtechnik 15 (1966)
[2] M. Siegbahn, Arch. Math. Astr. Fys. 30 B (1943)
[3] M. Holweck, Comptes rendus 177 (1923), 43
1. Molekularvakuumpumpe zur Förderung von Gasen und zur Erzeugung und Aufrechterhaltung
eines Druckverhältnisses und Verfahren zum Betrieb der Molekularvakuumpumpe, dadurch
gekennzeichnet, daß zwischen dem Ansaugflansch (10) und der Gasaustrittsöffnung (11)
ein zusätzlicher Gaseinlaß (12, 13 oder 14) vorhanden ist, und daß zur Kühlung der
Pumpe, insbesondere des Rotors über diesen Gaseinlaß dem Pumpenraum ein Kühlgas zugeführt
wird, dessen Wärmeleitfähigkeit groß ist gegenüber der Wärmeleitfähigkeit des zu komprimierenden
Gases.
2. Molekularvakuumpumpe und Verfahren zu deren Betrieb nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß die innere Reibung des Kühlgases klein ist gegenüber der inneren Reibung des zu
pumpenden Gases.
3. Molekularvakuumpumpe und Verfahren zu deren Betrieb nach Anspruch 1 oder 2, dadurch
gekennzeichnet, daß ein Kühlgas verwendet wird, dessen Molekulargewicht niedriger
ist als das Molekulargewicht des zu pumpenden Gases.
4. Molekularvakuumpumpe und Verfahren zu deren Betrieb nach einem der vorhergehenden
Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Menge des eingelassenen Kühlgases so bemessen
ist, daß bei gegebener Geometrie und bei gegebenem Druck zur Erreichung der maximalen
Wärmeleitfähigkeit der Bereich erreicht wird, in dem die Wärmeleitfähigkeit mit dem
Druck konstant bleibt.
5. Molekularvakuumpumpe nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß der zusätzliche Gaseinlaß (12) sich auf der Hochvakuumseite der Pumpe befindet.
6. Molekularvakuumpumpe nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß
der zusätzliche Gaseinlaß (14) sich auf der Vorvakuumseite der Pumpe befindet.
7. Molekularvakuumpumpe nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß ein auf der Vorvakuumseite
sich befindender Spülgaseinlaß (14) gleichzeitig als Kühlgaseinlaß verwendet wird.
8. Molekularvakuumpumpe nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß
der zusätzliche Gaseinlaß (13) sich zwischen Hochvakuumseite und Vorvakuumseite befindet.