(19)
(11) EP 0 735 247 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.10.1996  Patentblatt  1996/40

(21) Anmeldenummer: 95104535.0

(22) Anmeldetag:  28.03.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F01L 3/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IE IT LI LU NL PT SE

(71) Anmelder: BLEISTAHL Produktions-GmbH & Co. KG
D-58300 Wetter/Ruhr (Wengern) (DE)

(72) Erfinder:
  • Schmidt, Holger
    D-42389 Wuppertal (DE)
  • Krüger, Gerd, Dr. Ing.
    D-58300 Wetter (DE)

(74) Vertreter: Finkener und Ernesti Patentanwälte 
Heinrich-König-Strasse 119
44795 Bochum
44795 Bochum (DE)

   


(54) Verfahren zur Montage und zur Fertigbearbeitung von pulvermetallurgisch vorgefertigten Ventilsitzringen


(57) Das beschriebene Verfahren betrifft die Montage und die Fertigbearbeitung von pulvermetallurgisch vorgefertigten Ventilsitzringen. Die Fertigbearbeitung erfolgt dabei während der Gebrauchsstellung in einer dafür vorgesehenen Aufnahmebohrung (2) am Anfang eines Gaskanals (7) im Zylinderkopf (3) von Verbrennungsmotoren aus Leichtmetallegierungen, z. B. auf Al-Basis. Mit Hilfe eines bekannten Rollierwerkzeuges (4, 5) wird ein durch Pulverpressen und Sintern vorgefertigter Ringkörper (1) mit Spiel in eine Aufnahmebohrung (2) eingebracht, anschließend durch Rollieren radial bis zum formschlüssigen Halt an der Bohrungswandung expandiert und auf Fertigmaß mit Gebrauchsdichte verdichtet. Mit dem Verdichten wird zugleich auch der Übergang Ventilsitzring/Gaskanal durch Rollieren bearbeitet. Wenn dies erwünscht ist, kann mit einem Rollensatz mit Profilrollen der Ringkörper auch auf ein Fertigmaß mit einer gegenüber dem Gaskanal vorstehenden konturierten Innenmantelfläche verdichtet werden. Die Hauptvorteile gegenüber der bekannten Methode sind weniger Arbeitsgänge, weniger Materialeinsatz, keine Entsorgung von Spänen, keine zusätzliche thermische Behandlung von Zylinderkopf und Ventilsitzringen, die rollierten Oberflächen haben eine geringere Rauhigkeit im Vergleich zur spanenden Bearbeitung und alles in allem geringere Fertigungskosten.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Montage und zur Fertigbearbeitung von pulvermetallurgisch vorgefertigten Ventilsitzringen gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.

[0002] Pulvermetallurgisch hergestellte Ventilsitzringe sind seit Jahren bekannt. Sie sind im Zylinderkopf von Otto-Motoren geeignet für den Betrieb mit bleihaltigem und bleifreiem Kraftstoff sowie gleichermaßen verwendbar für Gas- und Dieselmotore. Die erforderliche Gebrauchsdichte, die für einen verschleißarmen Betrieb notwendig ist, wird durch axiales Pressen erzeugt. Die so vorgefertigten Ventilsitzringe müssen anschließend aufwendig geschliffen werden, um mit enger Maßtoleranz in die Bohrung des Zylinderkopfes eingeschrumpft werden zu können. Auch nach dem Einbau sind weitere spanende Bearbeitungen erforderlich. Dabei werden zunächst der Ventilsitz und anschließend der Übergang Ventilsitzring/Gaskanal spanend bearbeitet.

[0003] Die bekannte Technik der Herstellung und Montage von Ventilsitzringen auf pulvermetallurgischer Basis ist zeitaufwendig und kostenintensiv. So besteht zunächst bei den Presswerkzeugen eine große Vielfalt an Werkzeugteilen. Hinzu kommt, daß bei der relativ hohen Anzahl von unterschiedlichen Arbeitsgängen viel Handling-Arbeit anfällt und bei den Einzelvorgängen wenig Möglichkeiten für Vereinfachungen oder Verbesserungen bestehen, um so eine nennenswerte Kostenreduzierung zu erreichen.

[0004] Hier will die Erfindung Abhilfe schaffen. Sie verfolgt das Ziel, den Produktionsvorgang bei der Herstellung und Montage von Ventilsitzringen wesentlich zu vereinfachen, vor allem dahingehend, daß eine Verringerung des Zeitaufwandes insgesamt und damit eine beachtliche Einsparung an Herstellungskosten erzielbar ist.

[0005] Die Lösung dieser Aufgabe besteht erfindungsgemäß in einem Verfahren zur Montage und zur Fertigbearbeitung von pulvermetallurgisch vorgefertigten Ventilsitzringen gemäß dem Patentanspruch 1.

[0006] Anders als bei der bislang bekannten Methode wird bei dem neuen Verfahren der vorgefertigte Ventilsitzring mit Hilfe eines bekannten Rollierwerkzeuges bei seiner Montage in der Aufnahmebohrung im Zylinderkopf durch radiales Expandieren auf Fertigmaß mit Gebrauchsdichte verdichtet. Hauptvorteile eines solchen Verfahrens sind weniger Arbeitsgänge bei der Herstellung und Montage, weniger Materialeinsatz und erheblich geringere Kosten. Auf weitere Vorteile wird nachfolgend noch eingegangen.

[0007] Vorteilhafte weitere Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in den Unteransprüchen beschrieben.

[0008] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird der vorgefertigte Ventilsitzring zunächst mit dem Rollierwerkzeug der Aufnahmebohrung zugeführt und anschließend expandiert. In den Fällen, in denen der fertige Ventilsitzring mit seiner inneren Mantelfläche mit der Wandung des Gaskanals fluchtet, wird der Ringkörper erfindungsgemäß mit einem Rollensatz mit zylindrischer Umhüllungskontur auf das der zylindrischen Wandung des Gaskanals angepaßte Fertigmaß verdichtet. Dabei wird der Rolliervorgang durch Rotation bei gleichzeitiger Spreizung der am Umfang befindlichen Rollen durch Anstellen des Konusses des Rollierwerkzeugs durchgeführt. Die Expansion gibt dem Ventilsitzring in der Aufnahmebohrung formschlüssigen Halt. Zugleich mit dem Verdichten wird auch der Übergang Ventilsitzring/Gaskanal durch Rollieren bearbeitet.

[0009] Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird anschließend mit Hilfe eines am Rollierwerkzeug vorgesehenen zweiten Rollensatzes mit kegliger Umhüllungskontur an der freien Innenkante des Ringkörpers der Ventilsitz unter einem vorgegebenen Winkel von z. B. 45° bzw. 60° durch Rollieren bei gleichzeitiger weiterer Verdichtung des Werkstoffes erzeugt. Hierbei können auch Sitznebenflächen durch Rollieren gebildet werden. Bei der Erzeugung von Sitz- und Sitznebenflächen erhält der Ventilsitzring in diesem Bereich Gebrauchsdichte.

[0010] Das erfindungsgemäße Verfahren bietet den weiteren Vorteil, daß einfacher als bisher Ventilsitzringe mit einer konturierten Innenmantelfläche herstellbar sind, wobei die Mantelfläche auch gegenüber dem Gaskanal vorstehen kann. Zu diesem Zweck wird gemäß der Erfindung ein Rollierwerkzeug mit einem Rollensatz mit Profilrollen angewendet und der vorgefertigte Ventilsitzring nach Zufuhr in die Aufnahmebohrung zunächst expandiert und in einem Arbeitsgang auf Fertigmaß mit der gewünschten konturierten Innenmantelfläche verdichtet.

[0011] Eine andere vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung besteht darin, daß der vorgefertigte Ringkörper während der radialen Expansion auch nach Berührungsschluß mit der Wandung der Aufnahmebohrung anfänglich weiter in Rotation versetzt wird, wobei durch die dabei entstehende Erwärmung der Teile eine Reibschweißverbindung entsteht.

[0012] Außer den genannten Vorteilen bietet die Erfindung weitere wichtige Vorteile wie weniger Materialeinsatz, keine Entsorgung von Spänen, der Zylinderkopf muß nicht erwärmt werden, die Ventilsitzringe müssen nicht unterkühlt werden und das Rollieren ergibt im Vergleich zur spanenden Bearbeitung Oberflächen mit hohem Traganteil.

[0013] Im Armaturenbau sind Rollierwerkzeuge bei der Montage von Sitzringen aus Stahl bereits benutzt worden. Dabei wird ein in bezug auf seinen Gebrauchszustand fertiger Sitzring durch radiales Dehnen in die Bohrung einer Armatur aus Grauguß eingepaßt. Irgendwelche Nachbearbeitungen des Stahlringes wie Verdichten oder Verformen werden hierbei nicht vorgenommen.

[0014] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von in der Zeichnung schematisch dargestellten Ausführungsbeispielen näher erläutert. Dargestellt sind in den einzelnen Figuren Ausschnitte einer Aufnahmebohrung am Ende eines Gaskanals als Schnitte in einer Radialebene. Es zeigt:
Fig. 1
einen zugeführten Ventilsitzring vor dem Expandieren,
Fig. 2
ein Rollierwerkzeug in Verbindung mit einem expandierten Ventilsitzring,
Fig. 3
eine weitere Arbeitsstellung des Rollierwerkzeugs der Fig. 2,
Fig. 4
ein Rollierwerkzeug mit einem zweiten Rollensatz mit Profilrollen,
Fig. 5
ein Rollierwerkzeug mit einem einzigen Rollensatz mit Profilrollen und
Fig. 6
den Zustand des Rollierwerkzeugs der Fig. 5 am Ende des Bearbeitungsvorgangs.


[0015] Fig. 1 veranschaulicht einen vorgefertigten Ringkörper 1 innerhalb einer Aufnahmebohrung 2 eines Zylinderkopfes 3 vor seiner Weiterbearbeitung. Zugeführt wird der Ringkörper 1 mit einem an sich bekannten Rollierwerkzeug, welches in Fig. 1 nicht angedeutet ist. Durch das Anstellen des Konusses mit den Rollen des Rollierwerkzeugs wird der Ringkörper 1 gehalten.

[0016] In Fig. 2 ist der Ringkörper 1 expandiert und auf Paßmaß verdichtet. Vom Rollierwerkzeug 4 ist der Kopf mit dem Konus 5 dargestellt, der an seinem Umfang einen Rollensatz 6 mit zylindrischer Umhüllungskontur trägt. Der Rolliervorgang wird durch die Rotation des Werkzeugs 4 bei gleichzeitiger Spreizung der am Umfang befindlichen Rollen 6 durch Anstellen des Konusses 5 durchgeführt. Das Expandieren verleiht dem Ringkörper 1 formschlüssigen Halt in der Aufnahmebohrung 2. Nach dem Expandieren wird der Übergang Ringkörper 1/Gaskanal 7 mitbearbeitet.

[0017] Die Montage des Ringkörper 1 kann auch wie folgt durchgeführt werden. Durch eine entsprechende Steuerung des Konusses 5 kann bei einsetzendem Berührungsschluß des Ringkörpers 1 mit der Wandung der Aufnahmebohrung 2 eine anfängliche weitere Drehung des Ringkörpers 1 zu einer Erwärmung des Werkstoffes der Aufnahmebohrung 2 und damit zu einer Reibschweißverbindung mit formschlüssigen Sitz des Ringkörpers 1 führen.

[0018] Für das abschließende Erzeugen des eigentlichen Ventilsitzes enthält der Kopf des Rollierwerkzeugs 4 einen zweiten Rollensatz 8 mit kegliger Umhüllungskontur. Durch axiales Verfahren des Kopfes kommt der zweite Rollensatz 8 an der freien Innenkante des Ringkörpers 1 zur Anwendung. Mit diesem zweiten Rollensatz 8 wird der Ventilsitz 9 unter einem Winkel von z. B. 45° bei weiterer Verdichtung des Werkstoffes rolliert.

[0019] In Fig. 4 ist ein Kopf eines Rollierwerkzeugs 4 mit einer abgewandelten Ausführung hinsichtlich des zweiten Rollensatzes veranschaulicht, bei dem die Rollen 10 als Profilrollen ausgebildet sind, um Sitz- und Sitznebenflächen in einem Arbeitsgang rollieren zu können.

[0020] Eine weitere Ausführungsform eines Kopfes eines Rollierwerkzeugs 4 ist in den Fig. 5 und 6 veranschaulicht. Bei dieser Ausführungsform sind die am Anstellkonus 5 angeordneten Rollen als Profilrollen 11 ausgebildet. Dabei ist für die Oberfläche der Rollen 11 ein solches Profil gewählt, das nach dem Expandieren des Ringkörpers 1 ein Ventilsitzring gebildet ist, der eine gegenüber dem Gaskanal 7 vorstehende konturierte Innenmantelfläche aufweist. Bei dem in Fig. 6 gezeigten Ausführungsbeispiel hat die Innenmantelfläche 12 im wesentlichen einen trichterförmig eingeschnürten Verlauf, wobei die Übergänge an den Kanten abgerundet sind. Auch ein solcher Ventilsitzring wird in einem Arbeitsgang durch Rollieren auf das gewünschte Fertigmaß verdichtet.


Ansprüche

1. Verfahren zur Montage und zur Fertigbearbeitung von pulvermetallurgisch vorgefertigten Ventilsitzringen in ihrer Gebrauchsstellung in einer dafür vorgesehenen Aufnahmebohrung am Anfang eines Gaskanals im Zylinderkopf von Verbrennungsmotoren aus Leichtmetallegierungen, z. B. auf Al-Basis, dadurch gekennzeichnet, daß jeweils ein durch Pulverpressen und Sintern vorgefertigter Ringkörper (1) mit Hilfe eines Rollierwerkzeuges (4) mit Spiel in eine Bohrung (2) eingebracht, anschließend durch Rollieren radial bis zum formschlüssigen Haltan der Bohrungswandung expandiert und auf Fertigmaß mit Gebrauchsdichte verdichtet wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Ringkörper (1) mit einem Rollensatz (6) mit zylindrischer Umhüllungskontur auf das der zylindrischen Wandung des Gaskanals (7) angepaßte Fertigmaß verdichtet wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß mit dem Verdichten zugleich auch der Übergang Ventilsitzring/Gaskanal durch Rollieren bearbeitet wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß mit Hilfe eines am Rollierwerkzeug (4) vorgesehenen zweiten Rollensatzes (8) mit kegliger Umhüllungskontur an der freien Innenkante des Ringkörpers (1) der Ventilsitz unter einem vorgegebenen Winkel von z. B. 45° bzw. 60° durch Rollieren bei gleichzeitiger weiterer Verdichtung des Werkstoffes erzeugt wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß mit Hilfe eines am Rollierwerkzeug (4) vorgesehenen zweiten Rollensatzes mit Profilrollen (10) am Ringkörper (1) Sitz- und Sitznebenflächen durch Rollieren bei gleichzeitiger weiterer Verdichtung des Werkstoffes erzeugt werden.
 
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Ringkörper mit einem Rollensatz mit Profilrollen (11) auf ein Fertigmaß mit einer konturierten Innenmantelfläche (12) verdichtet wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß eine gegenüber der Wandung des Gaskanals (7) vorstehende Innenmantelfläche (12) erzeugt wird.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Ringkörper (1) während der radialen Expansion auch nach Berührungsschluß mit der Bohrungswandung anfänglich weiter in Rotation versetzt und durch die dabei entstehende Erwärmung der Teile eine Reibschweißverbindung erzeugt wird.
 




Zeichnung










Recherchenbericht